TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/22 W205 2200056-1

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Veröffentlicht am 22.02.2021
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Entscheidungsdatum

22.02.2021

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W205 2200056-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SCHNIZER-BLASCHKA nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 07.06.2018, Zl. Islamabad-OB/KONS/3609/2017, aufgrund des Vorlageantrages von XXXX , geb. XXXX , StA: Afghanistan, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 23.03.2018, Islamabad-ÖB/KONS/3609/2017, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Afghanistans, stellte am 20.09.2017 bei der Österreichischen Botschaft Islamabad (künftig: ÖB) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Begründend führte sie aus, dass sie die Ehefrau von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, sei. Diesem sei durch Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 29.06.2017 der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden. Die Ehe sei am 10.05.2014 geschlossen und im Jahr 2017 eingetragen worden.

Dem Antrag wurden folgende Dokumente in Kopie beigelegt:

-        Reisepasskopie

-        Tazkira

-        Diverse Urkunden auf Persisch

-        Marriage Certificate, ausgestellt vom Gericht der Provinz Kabul am 25.07.2017, in dem die Eheschließung von Beschwerdeführerin und Bezugsperson am 10.05.2014, registriert wird

-        Kopie Asylbescheid der Bezugsperson

-        Meldezettel der Bezugsperson

-        Kopie Asylkarte der Bezugsperson

2. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 20.02.2018 führte das BFA aus, dass betreffend die Beschwerdeführerin die Gewährung des Status einer Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Angaben der Beschwerdeführerin zur Angehörigeneigenschaft gem. § 35 AsylG in mehrfacher Hinsicht den von der Bezugsperson im Asylverfahren gemachten Angaben widersprechen würden. Näheres ergebe sich aus der beiliegenden Stellungnahme, mit welcher auch Parteiengehör eingeräumt werde. In der Stellungnahme wurde ausgeführt, dass die Bezugsperson sowohl im Rahmen der Erstbefragung als auch im Rahmen der niederschriftlichen Befragung angegeben habe, niemals verheiratet gewesen zu sein und somit ledig zu sein. Dies stehe allerdings im groben Widerspruch zu den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Dokumenten, wonach die Ehe am 10.05.2014 geschlossen worden sei. Die Heiratsurkunde sei allerdings erst mit 25.07.2017 ausgestellt worden. Somit stelle sich für die Behörde die Frage, wieso die Heiratsurkunde erst so spät ausgestellt worden sei. Unter Berücksichtigung aller Widersprüchlichkeiten sei das Bestehen der Ehe nicht glaubhaft und in weiterer Folge sei das Familienangehörigkeitsverhältnis der Beschwerdeführerin nicht glaubhaft.

Mit Schreiben vom 22.02.2018, zugestellt am 02.03.2018, wurde die Beschwerdeführerin zur Stellungnahme (Parteiengehör) aufgefordert.

3. In der Stellungnahme vom 08.03.2018 brachte die Beschwerdeführerin vor, die Ehe mit der Bezugsperson sei am 10.05.2014 in Afghanistan nach religiösem Ritus geschlossen worden. Die Heiratsurkunde sei erst nachträglich, am 25.07.2017 ausgestellt worden. Vom Zeitpunkt der Eheschließung an bis zur Flucht hätten die Eheleute im gemeinsamen Haushalt gelebt. Die Bezugsperson sei bereits vor seiner Einreise in das Bundesgebiet verheiratet gewesen. Wie in Afghanistan üblich, habe es zu diesem Zeitpunkt keine Dokumente über die Eheschließung gegeben. Aus diesem Grund dürfte bei der Erstbefragung im Juni 2015 von den Behörden angenommen worden sein, dass die Bezugsperson unverheiratet sei. Der Asylberechtigte sei sich nicht mehr ganz sicher, was er beim BFA angegeben habe, da er zu diesem Zeitpunkt in psychotherapeutischer Behandlung gewesen sei. Er sei zu diesem Zeitpunkt sehr verunsichert und pessimistisch gewesen. Laut den Angaben des Asylberechtigten sei bei seiner Befragung beim BFA ein iranischer Dolmetscher hinzugezogen worden, welcher Farsi und nicht Dari gesprochen habe. Die Ehe sei nach afghanischem Recht rechtsgültig zustande gekommen, sie sei vorerst nicht staatlich registriert worden, da dies in Afghanistan durchaus üblich sei und der Gültigkeit der Ehe keinen Abbruch tue. Da es sich bei der Beschwerdeführerin um die Ehefrau der Bezugsperson handle und dieser der Asylstatus zuerkannt worden sei, würden die Voraussetzungen des § 35 AsylG vorliegen.

Der Stellungnahme beigelegt war eine psychotherapeutische Stellungnahme betreffend die Bezugsperson vom 01.12.2016.

Mit E-Mail vom 23.03.2018 teilte das BFA der ÖB mit, dass weiterhin an der bereits getroffenen Entscheidung (negative Wahrscheinlichkeitsprognose) festgehalten werde.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid verweigerte die ÖB die Erteilung des Einreisetitels gemäß § 26 FPG 2005 iVm § 35 AsylG 2005 mit der Begründung, dass die Stattgebung des Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, zumal die Voraussetzungen nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 nicht vorlägen.

5. Gegen den Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 09.04.2018, in welcher im Wesentlichen neuerlich betont wurde, dass die Einschätzung des BFA unrichtig sei. Auf die Begründung der Beschwerdeführerin sei nicht eingegangen worden, das BFA und die Botschaft hätten es somit unterlassen, sich mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme auseinanderzusetzen.

Der Beschwerde beigelegt war eine beglaubigte Übersetzung der Heiratsurkunde und Dokumente in persischer Sprache.

6. Mit Schreiben vom 11.04.2018 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, die beiliegenden Unterlagen (ID Card 2x) in die deutsche Sprache zu übersetzen.

Dieser Aufforderung kam die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 17.04.2018 nach.

7. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 07.06.2018 wies die ÖB die Beschwerde gem. §14°Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des BFA hinsichtlich der Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Jenseits und unabhängig von der Bindungswirkung vertrete die belangte Behörde die Ansicht des BFA, dass eine Familienangehörigeneigenschaft iSd §°35 AsylG nicht vorliege. So habe die Bezugsperson einerseits mehrmals niederschriftlich angegeben, dass sie niemals verheiratet gewesen sei und andererseits habe die Beschwerdeführerin Kopien einer Heiratsurkunde vorgelegt, die auf eine Eheschließung nach islamischen Recht am 10.05.2014 verweisen würde, die Urkunde selbst sei jedoch erst am 25.07.2017 ausgestellt worden. Unstrittig sei, dass die Registrierung der Ehe im Nachhinein und in Abwesenheit des Ehegatten erfolgt sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (W161 2125339-1) widerspreche eine Stellvertreter-Ehe eindeutig den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung und folge aus § 6 IPRG, dass eine solche Stellvertreter-Ehe keinen Rechtsbestand habe.

8. Am 08.06.2018 wurde bei der ÖB ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.

9. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 04.07.2018, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 05.07.2018, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Afghanistans, stellte am 20.09.2017 bei der Österreichischen Botschaft Islamabad einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach §°35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde XXXX (im Folgenden: M), geb. XXXX , StA. Afghanistan, genannt.

Der Bezugsperson wurde mit Bescheid des BFA vom 29.06.2017, Zl. 1071912804 – 150611525/SMI-BFA_STM_RD, der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass zwischen Beschwerdeführerin und genannter Bezugsperson vor deren Einreise in Österreich eine Ehe geschlossen wurde.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt in Zusammenschau mit den Akten des Asylverfahrens der Bezugsperson.

Dass nicht festgestellt werden kann, dass tatsächlich zwischen Beschwerdeführerin und M vor dessen Einreise in Österreich eine Ehe geschlossen wurde, gründet sich auf folgende Erwägungen: Zwar legte die Beschwerdeführerin eine Urkunde vor, der zufolge eine angeblich am 10.05.2014 geschlossene Ehe registriert wurde, dies unter Anführung mehrerer Zeugen. Abgesehen davon, dass für die behauptete traditionelle Eheschließung am 10.05.2014 nie ein taugliches Beweismittel vorgelegt wurde, wird die inhaltliche Richtigkeit der vorgelegten, im Nachhinein ausgestellten, Urkunde vor dem Hintergrund der eigenen Aussagen der Bezugsperson – worauf BFA und ÖB zutreffend hinweisen – nicht anerkannt: So gab der angebliche Ehegatte (die Bezugsperson) bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 03.06.2015, als er ausdrücklich zu seinem Familienstand befragt wurde, an, er sei ledig. Zu seinen Bezugspersonen befragt (ausdrücklich „Ehefrau/mann, Kinder, Eltern; Name, Vorname, GebDaten“) nannte er Eltern und sieben Geschwister (vier Brüder und drei Schwestern) mit Namen und Alter, nicht jedoch seine angebliche Ehegattin, die nunmehrige Beschwerdeführerin.

Auch in seiner – in Anwesenheit von Rechtsanwalt und Vertrauensperson durchgeführten - Einvernahme vor dem BFA am 07.03.2017 wurde der (nunmehr) Asylberechtigte mehrmals zu seinen Familienverhältnissen befragt, wobei er zunächst auf die eingangs gestellte Frage, ob seine bisherigen Angaben im Zuge der früheren Einvernahme/n im Asylverfahren der Wahrheit entsprochen hätten, folgendes antwortete (unten wird der jeweilige Einvernahmeverlauf betreffend die Aussagen zu den Familienverhältnissen wörtlich wiedergegeben):

„A: Alles ist richtig außer meinem Alter, ich bin laut meiner Familie 30 Jahre alt, mein genaues Geburtsdatum weiß ich aufgrund der Erlebnisse nicht. Ich habe viel vergessen, auch den Monat meiner Geburt, den meine Mutter mir genannt hat.

Kann ich nicht einen anderen Dolmetscher, einen Afghanen bekommen?

A: Die Nationalität des Dolmetschers können Sie sich nicht aussuchen, aber natürlich die Sprache. Funktioniert die Verständigung soweit?

A: Ja, wir können weitermachen.“

Die Frage bei dieser Einvernahme, „Sind Sie verheiratet und haben Sie Kinder?“ beantwortete M wörtlich mit „A: Nein, ich bin ledig, ich wollte mich verloben.“

Im späteren Einvernahmeverlauf wurde M gefragt, wer von seiner Familie noch in Afghanistan wohne und wo genau. Dies beantwortete er wörtlich wie folgt:

„A: Die Eltern XXXX leben in Kabul, in der S XXXX gasse gegenüber ist die Moschee XXXX . Ich habe bis zuletzt auch dort gelebt. 2 ältere Schwestern sind verheiratet und in Kabul, die kleine Schwester F XXXX lebt bei den Eltern, 3 ältere Brüder sind verheiratet und leben auch in Afghanistan, 2 davon leben zu Hause, 1 Bruder hat Afghanistan verlassen und lebt in der Türkei.

F: Wann haben Sie sie zuletzt gesehen?

A: Als ich das Land Richtung Europa verlassen habe- auf Nachfrage- ich weiß nicht genau, wann das war. Ich war sehr traurig, dass ich nicht bei meiner Familie bleiben konnte.“

Nach Rückübersetzung der gesamten Niederschrift wurde die Bezugsperson gefragt, ob sie etwas korrigieren oder ergänzen wolle. Dies beantwortete M wie folgt:
„A: Ja, ich habe 2 ältere Brüder, einer davon kam wieder nach Hause, der 2. ist in der Türkei.

F: Haben Sie den Dolmetscher gut verstanden?

A: In der Regel verstehe ich Iraner nicht so gut aber wir haben es gut geschafft.“

Aus diesen Aussagen der Bezugsperson ist nach Auffassung des BVwG folgendes abzuleiten: Wäre tatsächlich eine Ehe mit der Beschwerdeführerin zum behaupteten Zeitpunkt vor Ausreise der Bezugsperson geschlossen worden, so wäre es naheliegend gewesen, dass die Bezugsperson dies über ausdrückliches Befragen bei den Einvernahmen zu Protokoll geben und nicht wiederholt den Status „ledig“ angegeben hätte. Insbesondere die Aussage, „ich bin ledig, ich wollte mich verloben“, lässt vielmehr deutlich erkennen, dass die Betroffenen damals noch nicht verheiratet waren. Die oben wiedergegebenen Protokollberichtigungen der Bezugsperson nach Rückübersetzung der Niederschrift lassen den klaren Schluss zu, dass der Einvernommene vollkommen orientiert und aufmerksam war, weswegen weder eine Übersetzungsproblematik erkennbar ist, noch die Ausführungen in der Stellungnahme im Einreiseverfahren, die Bezugsperson sei zum damaligen Zeitpunkt in psychotherapeutischer Behandlung gewesen, es sei ihr nicht gut gegangen, geeignet sind, ein Missverständnis in der Angabe des Familienstandes plausibel zu machen.

Wie auch BFA und ÖB geht aus diesen Gründen auch das BVwG nicht von einer tatsächlich erfolgten Eheschließung von Beschwerdeführerin und Bezugsperson vor Einreise der Bezugsperson in Österreich aus.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Der mit „Begriffsbestimmungen“ übertitelte § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 idgF lautet:

§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

[….]
22. Familienangehöriger:
a.         der Elternteil eines minderjährigen Asylwerbers, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten;
b.         der Ehegatte oder eingetragene Partner eines Asylwerbers, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten, sofern die Ehe oder eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise bestanden hat;
c.         ein zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten und
d.         der gesetzliche Vertreter eines minderjährigen ledigen Asylwerbers, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten sowie ein zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind, für das einem Asylwerber, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten die gesetzliche Vertretung zukommt, sofern die gesetzliche Vertretung jeweils bereits vor der Einreise bestanden hat.

[….]

Der mit „Familienverfahren im Inland“ übertitelte § 34 AsylG 2005 idgF lautet:

§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von
1.         einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2.         einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3.         einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1.         dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3.         gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1.         dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3.         gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4.         dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1.         auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2.         auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;
3.         im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).

§ 35 AsylG 2005 idgF lautet:

„§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."

§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018 lautet:

„(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter.“

§ 11, § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lauten:

„Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

[….]

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

[….]

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26. Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.“

3.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des BFA über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung, und es kommt ihr diesbezüglich keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz – FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offensteht, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des BFA nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist:

3.3. Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG gestellt und als Bezugsperson der in Österreich asylberechtigte M, StA. Afghanistan, als Ehemann der Beschwerdeführerin genannt.

Der im gegenständlichen Verfahren anzuwendende § 35 Abs. 5 AsylG bestimmt, dass der Ehegatte als Familienangehöriger eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, im Sinne des Abs. 1 leg. cit. zu betrachten ist, sofern die Ehe bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Da nach den getroffenen Feststellungen die von der Beschwerdeführerin behauptete Eheschließung mit der Bezugsperson bereits vor deren Einreise nicht vorliegt, kommt ihr die Familieneigenschaft iSd § 35 Abs. 5 AsylG in Bezug auf den asylberechtigten M nicht zu, weswegen die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an die Beschwerdeführerin im Rahmen dieses Verfahrens nicht wahrscheinlich ist. Der Antrag auf Erteilung eines Einreisevisums nach § 26 FPG iVm § 35 Abs. 5 AsylG 2005 wurde daher zu Recht abgewiesen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung steht der klare Wortlaut des § 11a Abs. 2 FPG entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Angehörigeneigenschaft Ehe Einreisetitel Familienbegriff Glaubwürdigkeit Nachweismangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W205.2200056.1.00

Im RIS seit

10.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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