TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/10 W192 1423016-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.03.2021
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Entscheidungsdatum

10.03.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch


W192 1423016-3/34E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.02.2016, Zahl 810542407-1361117, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 i.d.g.F., § 9 BFA-VG i.d.g.F., §§ 46, 52, 55 FPG i.d.g.F. als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1.1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Georgien, stellte nach ihrer Einreise in Österreich am 05.06.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde zuletzt im Beschwerdeweg mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 01.10.2015, Asyl und subsidiären Schutz betreffend, als unbegründet abgewiesen und es wurde das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zurückverwiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht hielt im Rahmen der Entscheidungsbegründung im Wesentlichen fest, die Beschwerdeführerin habe keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht. Nicht festgestellt werden habe können, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Georgien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für die Beschwerdeführerin als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde. Die Beschwerdeführerin leide an einer polyzystischen Nierenerkrankung und nehme derzeit Medikamente ein. Sowohl eine postoperative ärztliche Betreuung als auch eine medikamentöse Therapie der Beschwerdeführerin seien im Herkunftsland möglich. Es befänden sich zahlreiche Verwandte sowie der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin nach wie vor im Herkunftsland. Die Beschwerdeführerin verfüge über eine gesicherte Existenzgrundlage. Das Bundesverwaltungsgericht habe die Beschwerde der Tochter der Beschwerdeführerin gegen den sie betreffenden abweisenden Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ebenfalls als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerdeführerin habe den Großteil ihres Lebens im Herkunftsstaat verbracht. Der familiäre und berufliche Lebensmittelpunkt der Beschwerdeführerin habe sich bis zur Ausreise im Jahr 2011 in Georgien befunden.

Es hätten keine Anhaltspunkte, welche für die Annahme einer in hohem Maß bestehenden Integration der unbescholtenen Beschwerdeführerin in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sprechen würden, festgestellt werden können.

1.2. Mit Bescheid vom 08.02.2016 sprach das BFA sodann aus, dass der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel gemäß den §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt werde. Unter einem erließ das BFA gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass ihre Abschiebung nach Georgien zulässig sei, und bestimmte gemäß § 55 FPG eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde, in der sie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragte. Dazu machte sie insbesondere eine Verschlechterung ihres psychischen Zustandes geltend und verwies darauf, dass sie in Bezug auf ihre Nierenerkrankung regelmäßiger ärztlicher Kontrolle bedürfe. In Georgien, wo sie auch keine Wohnmöglichkeit habe, sei eine weiterführende ärztliche Behandlung für sie nicht leistbar und somit nicht möglich.

1.3. Mit Erkenntnis vom 07.01.2019 wies das BVwG - ohne Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung - die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass der Revisionswerberin „eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gem. § 57 AsylG“ nicht erteilt werde (es entfiel somit der Abspruch bezüglich § 55 AsylG 2005).

Begründend führte das BVwG zur Rückkehrentscheidung (zusammengefasst) aus, die Revisionswerberin leide insbesondere an arterieller Hypertonie und dem (inhaltlich näher beschriebenen) Zustand nach einer Nierentransplantation. Es bestehe die Notwendigkeit engmaschiger Kontrollen an einem Transplantationszentrum und der regelmäßigen Einnahme einer immunsuppressiven Therapie sowie deren Kontrolle zur Abwendung des Organverlustes. Die Weiterführung sowohl der postoperativen ärztlichen Kontrollen als auch der derzeit in Anspruch genommenen medikamentösen Therapie sei im Herkunftsstaat möglich. Es könne nicht festgestellt werden, dass sich die wirtschaftliche Situation der Beschwerdeführerin - auch unter Berücksichtigung allenfalls künftig notwendig werdender Behandlungs- und Medikamentenkosten - als derart desolat erweise, dass sie in Georgien Gefahr liefe, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten. Da sich im Herkunftsstaat mehrere Angehörige der Revisionswerberin samt ihren Familien aufhielten, sei weder damit zu rechnen, dass sie im Fall ihrer Rückkehr mit Obdachlosigkeit konfrontiert wäre, noch dass sie keinerlei Unterstützung bei der Finanzierung von Medikamenten- und Behandlungskosten erhalten würde. Dass sie im Fall ihrer Rückkehr real Gefahr liefe, mangels Finanzierbarkeit einer benötigten medizinischen Behandlung in eine als unmenschlich zu bezeichnende Notlage versetzt zu werden, könne somit nicht prognostiziert werden.

Im Hinblick auf die im Herkunftsstaat bestehenden familiären Anknüpfungspunkte sei unter weiterer Berücksichtigung der Kenntnis der Landessprache auf muttersprachlichem Niveau und des Verbringens des prägenden Teils ihres Lebens in diesem Staat mit einer Reintegration der Revisionswerberin zu rechnen sei.

In Österreich habe die unbescholtene Beschwerdeführerin Deutschkenntnisse lediglich auf dem Niveau A 2 erworben und verfüge über Sozialkontakte, sei jedoch trotz der Dauer ihres Aufenthaltes keiner nennenswerten Berufstätigkeit nachgegangen und nie selbsterhaltungsfähig, sondern auf den Bezug der Grundversorgung angewiesen gewesen.

Im Rahmen seiner Interessenabwägung nach § 9 Abs. 2 BFA-VG verwies das BVwG auf die eben dargestellten Umstände, auf das bloß vorläufige Aufenthaltsrecht im Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz, der sich letztlich als unberechtigt erwiesen habe, sowie das Bewusstsein des unsicheren bzw. unrechtmäßigen Aufenthaltsstatus. Die privaten Interessen der Revisionswerberin an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet hätten daher hinter das große öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen zurückzutreten.

Die Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung habe gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben können, weil der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheine. Die gesundheitliche Situation der Revisionswerberin sei im rechtskräftigen Erkenntnis des BVwG vom 01.10.2015 einer umfassenden Beurteilung unterzogen worden. Im gegenständlichen Verfahren sei keine seither eingetretene Änderung der gesundheitlichen Situation respektive der Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsstaat ins Treffen geführt worden. Es seien also keine Sachverhaltselemente aufgezeigt worden, die einer mündlichen Erörterung bedurft hätten.

1.4. Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 08.06.2020 ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Die in der Folge ausgeführte außerordentliche Revision hat der Verwaltungsgerichtshof soweit sie sich gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 richtet, zurückgewiesen und im Übrigen der Revision Folge gegeben und das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit nachstehender Begründung aufgehoben:

„Das BVwG ist dem (in Rn. 3 wiedergegebenen) Beschwerdevorbringen, betreffend Verschlechterung des psychischen Zustandes der Revisionswerberin und das Fehlen einer Wohnmöglichkeit im Herkunftsstaat nicht gefolgt. Entgegen dem Vorbringen der Revisionswerberin ging es letztlich zudem davon aus, die unstrittig nach der Nierentransplantation weiterhin erforderliche medizinische Betreuung der Revisionswerberin werde von dieser im Herkunftsstaat finanzierbar sein und sei damit auch sichergestellt, wobei es sich jedoch mit der erforderlichen immunsuppressiven Behandlung und deren Kosten nicht näher auseinandergesetzt hat.

Diesen Gesichtspunkten kommt im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung Bedeutung zu. Zumal vor dem Hintergrund des langen Zurückliegens der vor dem BVwG bekämpften Entscheidung des BFA (laut Rn. 2) wäre daher die Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung geboten gewesen. Es lag nämlich kein hinreichend geklärter Sachverhalt vor, der es erlaubt hätte, ausnahmsweise von der Abhaltung der beantragten Beschwerdeverhandlung Abstand zu nehmen.“

2. Das BVwG führte am 09.03.2021 eine mündliche Verhandlung durch, an der die Beschwerdeführerin und ihre Rechtsvertreterin teilnahmen und zu der das BFA keinen Vertreter entsandt hat. Dabei wurden die persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin und deren Rückkehrsituation im Herkunftsstaat erörtert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Georgiens, deren Identität nicht feststeht, stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 05.06.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.11.2011 unter gleichzeitigem Ausspruch einer Ausweisung der Beschwerdeführerin nach Georgien sowohl hinsichtlich der Zuerkennung von Asyl als auch hinsichtlich der Gewährung subsidiären Schutzes abgewiesen wurde. Eine gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde wurde letztlich mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.10.2015 gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen und das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 insoweit zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Eine gegen dieses Erkenntnis eingebrachte außerordentliche Revision hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 25.02.2016, Zahl Ra 2016/19/0024, zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin leidet an arterieller Hypertonie, schwerer depressiver Episode ohne psychotische Symptome unter Medikamenten teilremittiert, Zustand nach 1. Nierentransplantation links am 21.10.2014, renale Grunderkrankung: polyzystische Nierendegeneration, Zustand nach Zysteneigennephrektomie rechts 25.10.2018, Zustand nach Narbenhernie, Lumbalgie sowie Skoliose mit Knick auf Höhe L4/5, Laktose-/Fruktoseintoleranz, ACE-Hemmer-Unverträglichkeit. Bei einer ambulanten Kontrolle am 21.12.2020 wurde eine stabile ausgezeichnete exkretorische Transplantatnierenfunktion festgestellt und neben medikamentösen Therapieempfehlungen ein nächster Kontrolltermin für 22.03.2021 festgelegt. Die Beschwerdeführerin ist seit der Nierentransplantation 2014 nicht mehr dialysepflichtig.

Sie hat sich zuletzt vom 18.12.2019 bis 29.01.2020 in einem Zentrum für psychosoziale Gesundheit bei Diagnosen einer Rezidivierend depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode und Posttraumatischer Belastungsstörung in stationärer Behandlung befunden und wurde mit medikamentösen Therapieempfehlungen und der Empfehlung weiterführender fachärztlicher und psychotherapeutischer Betreuung entlassen.

Aufgrund des vorliegenden Krankheitsbildes besteht die Notwendigkeit engmaschiger Kontrollen an einem Transplantationszentrum und der regelmäßigen Einnahme der entsprechenden immunsuppressiven Therapie sowie deren Kontrolle zur Abwendung des Organverlustes. Sowohl die Weiterführung der (postoperativen) ärztlichen Kontrollen als auch der derzeit in Anspruch genommenen medikamentösen Therapien, fachärztlicher und psychiatrischer Betreuung ist der Beschwerdeführerin zufolge den Feststellungen zur dortigen Situation im Herkunftsstaat möglich. Die Beschwerdeführerin, welche sich nicht in dauernder stationärer Behandlung befindet, hat nicht dargetan, dass sie zum Entscheidungszeitpunkt eine ärztliche Behandlung benötigen würde, welche in Georgien nicht erhältlich oder für sie nicht individuell zugänglich ist. Sie hat nach den Feststellungen über die Lage im Herkunftsstaat Zugang zur Bereitstellung von Immunsuppressiv-Medikamenten für Transplantatempfänger ohne Zuzahlung durch den Patienten sowie zum staatlichen Programm „Psychische Gesundheit“, dessen Leistungen, darunter Besuch bei einem Psychiater und die Versorgung mit Medikamenten vollständig vom Staat finanziert werden.

Die Beschwerdeführerin hat den überwiegenden und prägenden Teil ihres bisherigen Lebens in Georgien verbracht, spricht Georgisch auf muttersprachlichem Niveau und verfügt über verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat zu ihrem älteren Sohn und entfernteren Verwandten.

Sie hat im georgischen Pensionssystem Anspruch auf eine Alterspension.

Der jüngere Sohn der Beschwerdeführerin lebt mit seiner Familie seit 2010 in Österreich und verfügt seit 2011 über Aufenthaltstitel, zuletzt „Daueraufenthalt-EU“ mit Gültigkeit der Karte vom 03.03.2017 bis 03.03.2022. In Österreich ist weiters die Schwester der Beschwerdeführerin seit 2011 auf Grund von Aufenthaltstitel niedergelassen, zuletzt „Rot-Weiß-Rot-Karte-Plus“ gültig bis 10.08.2022.

Die Tochter der Beschwerdeführerin ist in Polen berufstätig und verfügt dort über einen Aufenthaltstitel.

Die Beschwerdeführerin hat regelmäßige Kontakte mit ihrem Sohn und ihrer Schwester, sie steht zu beiden jedoch in keinem Abhängigkeitsverhältnis und hat mit ihnen nie im gemeinsamen Haushalt gelebt, sondern in einer Unterkunft für Asylwerber. Sie hat ihren Lebensunterhalt in Österreich aus Leistungen des Grundversorgungssystems für Asylwerber bestritten.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr Gefahr liefe, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten. Sie hat nach den Feststellungen über die Lage im Herkunftsstaat Anspruch auf die staatliche Alterspension. Auch die Kosten für Immunsuppressiv-Medikamente und die Leistungen des Programms „Psychische Gesundheit“ werden von einem staatlichen Programm abgedeckt und es ist eine Zuzahlung durch den Patienten nicht erforderlich. Die Beschwerdeführerin kann Hilfe bei der Reintegration im Herkunftsstaat durch ihren dort lebenden Sohn und die Nachkommen ihres verstorbenen Bruders sowie ihrer Tanten und Onkel finden. Eine zusätzliche Unterstützung der Beschwerdeführerin ist insbesondere durch ihren in Österreich niedergelassenen Sohn und ihre in Polen niedergelassene Tochter sowie auch ihre in Österreich niedergelassene Schwester möglich. Zu diesen Familienangehörigen kann die Beschwerdeführerin Kontakt über moderne Medien sowie durch wechselseitige Besuchsaufenthalte aufrechterhalten.

Die unbescholtene Beschwerdeführerin verfügt sonst über keine verwandtschaftlichen Bindungen im Bundesgebiet, bestreitet ihren Lebensunterhalt aus Leistungen der Grundversorgung und war während ihres bisherigen Aufenthalts im Bundesgebiet zu keinem Zeitpunkt selbsterhaltungsfähig. Die Beschwerdeführerin hat eine Deutschprüfung auf dem Niveau A2 absolviert und besuchte einen weiterführenden Sprachkurs auf dem Niveau B1. Sie hat Bekanntschaften im Bundesgebiet geknüpft, nahm regelmäßig an einem „Sprachencafé“ teil und besucht die orthodoxe Kirche in ihrer Heimatgemeinde.

1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat.

COVID-19

Letzte Änderung: 01.12.2020

Georgien hat die Verbreitung von COVID-19 im Frühling 2020 durch strenge Maßnahmen weitgehend eingedämmt. Nachdem im Sommer 2020 die strengen Regeln aufgehoben, die Einreisebestimmungen an den Grenzen gelockert und Inlandstourismus beworben wurde, kam es ab Ende August 2020 zu einem exponentiellen Anstieg der positiven Tests. Bis Mitte September 2020 stieg die Zahl der täglichen positiven Testergebnisse von niedrigen zweistelligen Zahlen auf etwa 150 (Eurasianet 18.9.2020) und um Mitte Oktober auf ungefähr 1000 (Jam 16.10.2020). Gegen Ende November 2020 lag die tägliche Zahl positiver Tests um die 4.000 und die der Verstorbenen an oder mit SARS-CoV-2 bei 35-50 Personen (Agenda 26.11.2020; vgl. WOM 30.11.2020). COVID-19-Infektionen kommen in allen Regionen des Landes vor; und es kommt landesweit zu unkontrollierter Übertragung von COVID-19 (USEMB 30.11.2020a).

Tagesaktuelle Zahlen zu bestätigten Infektionen, Genesungen, Todesfällen und Hospitalisierungen werden von der Regierung auf der Webseite https://stopcov.ge/en/ veröffentlicht (StopCoV.ge o.D.).

Aufgrund der steigenden Zahlen wurden mit Wirkung vom 28.11.2020 unter anderem folgende Beschränkungen landesweit, vorerst bis 31.1.2021, in Kraft gesetzt: Während der nächtlichen Ausgangssperre zwischen 21 und 5 Uhr sind öffentliche und private Verkehrsbewegungen, einschließlich zu Fuß gehen, sowie der Aufenthalt im öffentlichen Raum nicht gestattet. Der öffentliche Überlandverkehr einschließlich Bahn, Bus und Kleinbus ist ganztägig eingestellt. Reisen in Kleinfahrzeugen (einschließlich Taxis) sind – außerhalb der nächtlichen Ausgangssperre - zulässig. Es herrscht eine Tragepflicht von Gesichtsmasken im Freien sowie in allen geschlossenen öffentlichen Räumen. Personen über 70 Jahren wird empfohlen, zu Hause zu bleiben (USEMB 30.11.2020b; vgl. Agenda 26.11.2020).

Für die Großstädte Tiflis, Batumi, Kutaissi, Rustawi, Poti, Sugdidi und Telawi sowie die Wintersportorte Bakuriani, Gudauri, Goderdzi und Mestia gelten zusätzlich u.A. folgende Einschränkungen: Der innerstädtische öffentliche Verkehr ist vollständig eingestellt. Geschäfte sind geschlossen, mit Ausnahme von Lebensmittelgeschäften, Apotheken, Hygieneprodukten und Kiosken für Printmedien. Agrarmärkte, Schönheitssalons, Friseurläden und Zentren für ästhetische Medizin sind weiterhin in Betrieb. Kindergärten sind geschlossen, Schulen und Universitäten bieten ausschließlich Fernlehre an (USEMB 30.11.2020b; vgl. Agenda 26.11.2020).

Für die Periode Neujahr-Weihnachten (24.12.2020 bis 15.1.2021) werden einzelne Beschränkungen gelockert (USEMB 30.11.2020b; vgl. Agenda 26.11.2020).

Die Einschränkungen von Linienflügen nach Georgien wurden mit 1.11.2020 gelockert, seither sind auch wieder Linienflüge nach Tiflis ex Wien erlaubt (GCAA 21.10.2020). Diese Flüge werden Stand Ende November 2020 ein Mal wöchentlich von Georgian Airways durchgeführt (F24 30.11.2020; vgl. VIE 30.11.2020)

Bei der Einreise aus dem Ausland müssen sich georgische Staatsangehörige sowie ihre Familienangehörigen für 8 Tage in Selbstisolation begeben, wenn sie an der Grenzübertrittsstelle einen negativen PCR-Test nicht älter als 72 Stunden vorweisen können. Sollte ein solcher Test nicht vorgewiesen werden, wird eine obligatorische Quarantäne verhängt (MoF o.D.; vgl. StopCoV.ge o.D.) und die Person wird in eine Quarantänezone verbracht (StopCoV.ge o.D.). In den Wintersportorten Bakuriani, Gudauri, Goderdzi und Mestia werden Hotels ausschließlich als Quarantäne- oder COVID-Unterkünfte betrieben (USEMB 30.11.2020b; vgl. Agenda 26.11.2020).

Trotz der Zugangsbeschränkungen unterstützt die Georgische Regierung die separatistische Region Abchasien bei der Bekämpfung von COVID-19 materiell und fachlich. Auch die Behandlung von abchasischen COVID-19-Patienten in Kern-Georgien wurde ermöglicht (CW 27.11.2020; vgl. Jam 16.10.2020). Internationale Hilfe in Südossetien ist auf das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) beschränkt. Die georgische Zentralregierung hat Zchinwali ebenfalls humanitäre Hilfe angeboten, aber der Vorschlag wurde nicht weiterverfolgt (CW 27.11.2020). Dennoch werden auch COVID-Patienten aus Südossetien in Georgien behandelt, wenn auch in geringerem Ausmaße als aus Abchasien (Jam 16.10.2020)

Der georgische Staat hat Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie gesetzt.

Bei der Einreise am Luftweg ist ein Impfnachweis (über zwei Impfdosen) oder ein negatives PCR-Testergebnis (nicht älter als 72 Stunden) vorzulegen. Zudem ist am 3. Tag nach der Einreise auf eigene Kosten ein weiterer PCR-Test zu machen.

Für georgische Staatsbürger besteht entweder eine 8-tägige Selbstisolationspflicht mit Vorlage eines PCR-Tests. Die Selbstisolationspflicht kann durch einen weiteren PCR-Test am 3. Tag aufgehoben werden. Kann ein georgischer Staatsbürger bei der Einreise keinen negativen PCR-Test vorlegen, so gilt eine 8-tägige Selbstisolationspflicht ohne Möglichkeit, diese vorzeitig zu beenden.

Alle Landesgrenzen bleiben weiterhin geschlossen.

Es gilt Maskenpflicht in öffentlichen, Räumen und im Freien sowie ein Versammlungsverbot von mehr als 10 Personen bei Veranstaltungen, wie z.B. Hochzeits- und Trauerfeiern.

Seit 28.11.2020 gilt eine Ausgangssperre zwischen 21:00 und 05:00 Uhr.

Weitere restriktive Maßnahmen wurden in der Zwischenzeit wieder aufgehoben: Öffentliche Verkehrsmittel operieren wieder in ganz Georgien. Hotels, Museen und Bibliotheken sind überall wieder geöffnet, dazu Restaurants in Batumi. Die Schigebiete würden ab 08.03.2021 wieder aufsperren.Ab 08.03.2021 dürfen alle Restaurants, Geschäfte, Einkaufszentren und Märkte landesweit wieder öffnen.

Fitnesscenter und Sportzentren dürfen ab 15.03.2021 öffnen. Veranstaltungen in Theatern, Konzerthäusern und Sportklubs dürfen ab 01.04.2021 wieder abgehalten werden.

Bei Nichteinhaltung der Maßnahmen werden Geldstrafen von 2.000 GEL für Privatpersonen und 10.000 GEL für juristische Personen verhängt. Wiederholte Missachtung kann zu Strafverfolgung und Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren führen. Juristischen Personen droht Lizenzentzug sowie Geschäftsauflösung. (Quelle: https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/georgien/ eingesehen 08.03.2021)

Sicherheitslage

Letzte Änderung: 02.09.2020

Die Lage kann in den meisten Landesteilen als stabil bezeichnet werden. Die Konflikte um die beiden separatistischen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien sind indes ungelöst und verursachen Spannungen. (EDA 23.3.202013.8.2019; vgl. BMEIA 13.5.2020). Die Kriminalität ist gering (MSZ 25.5.2020; vgl. EDA 23.3.2020).

Die EU unterstützt durch die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die EU-Beobachtermission (EUMM) aktiv die Bemühungen um Konfliktlösung. 2009 wurde der Incident Prevention and Response Mechanism (IPRM) geschaffen, der Risiko- und Sicherheitsfragen der Gemeinden in den abtrünnigen Regionen Abchasiens und Südossetens erörtern soll (EC 30.1.2019).

Frauen

Die Gleichstellung der Geschlechter stellt nach wie vor eine Herausforderung dar. Frauen zählen zu den vulnerabelsten Gruppen (PD 2.4.2020).

Georgien hat seine innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt überarbeitet, um sie an die Standards des Europarates (Übereinkommen von Istanbul) anzunähern. Anzeigen von Fällen häuslicher Gewalt haben infolge verstärkter Sensibilisierungskampagnen zugenommen (EC 30.1.2019; vgl. USDOS 11.3.2020, HRC 2019). 2019 wurden 4.185 Fälle häuslicher Gewalt von den Behörden strafrechtlich verfolgt, verglichen mit 3.232 im Jahr 2018 und 1.986 im Jahr 2017. Im Jahr 2019 wurden 51 % der Beschuldigten in Untersuchungshaft genommen. Laut NGOs zeigten sowohl Strafverfolgungsbehörden als auch die Staatsanwälte in Tiflis eine verbesserte Professionalität bei der Bekämpfung von Verbrechen in Verbindung mit häuslicher Gewalt (USDOS 11.3.2020). Eine deutliche Veränderung der öffentlichen Einstellung und die Einführung einer Abteilung für den Schutz der Menschenrechte durch das Innenministerium im Januar 2018 sind gleichfalls zu vermerken. Die genannte Abteilung arbeitet daran, die Kapazität zur Untersuchung von häuslicher Gewalt und Hassverbrechen zu erhöhen. Dennoch besteht nach wie vor eine hohe Zahl von Fällen zu Gewalttaten gegen Frauen (EC 30.1.2019).

Im Jahr 2019 wurden 19 Morde an Frauen gemeldet, von denen zehn Anzeichen von häuslicher Gewalt aufwiesen. Darüber hinaus wurden 22 versuchte Morde an Frauen gemeldet, davon 18 aufgrund häuslicher Gewalt (PD 2.4.2020).

Gesetze über häusliche Gewalt schreiben die Anordnung vorübergehender Schutzmaßnahmen vor, einschließlich einstweilige Verfügungen, die es einem Täter verbieten, sich dem Opfer für sechs Monate zu nähern und Gemeinschaftseigentum, wie beispielsweise einen Wohnsitz oder ein Fahrzeug, zu nutzen. Das Büro der Ombudsperson erklärte, dass die Opfer oft berichteten, dass sie unangemessene Antworten von Strafverfolgungsbeamten auf Verstöße gegen einstweilige Verfügungen erhielten. Seit August 2018 gilt die Verletzung einer einstweiligen Verfügung als Straftat (USDOS 11.3.2020).

Lokale NGOs und die Regierung betreiben gemeinsam eine 24-Stunden-Hotline und Unterkünfte für misshandelte Frauen und ihre minderjährigen Kinder. Plätze in Schutzeinrichtungen sind begrenzt und nur vier der zehn Regionen des Landes verfügen über solche Einrichtungen (USDOS 11.3.2020). Häusliche Gewalt wird oft nur mit bedingten Strafen geahndet und es gibt Fälle, in denen die Polizei versucht, zwischen Opfer und Täter zu vermitteln, anstatt eine Anzeige aufzunehmen; insbesondere wenn Täter und Polizist sich kennen (ifact 12.7.2018).

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz und im öffentlichen Raum wurden 2019 gesetzlich definiert (PD 2.4.2020; vgl. HRC 2020).

Der Global-Gender-Gap-Index des World Economic Forums sah Georgien 2020 auf Rang 74 (2018: 99) von 153 Ländern in Hinblick auf die Gesamtlage der Frauen. Beim Subindex 'political empowerment' lag das Land 2018 auf Rang 119 (WEF 2018).

Grundversorgung

Letzte Änderung: 02.09.2020

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet (AA 19.10.2019), wobei zwei Drittel der Lebensmittel importiert werden (KP 16.6.2020). Die staatliche Sozialhilfe liegt bei GEL 180 (ca. EUR 60) im Monat, bei Rentnern bei GEL 200 [ca. EUR 70]. Die soziale Absicherung erfolgt in aller Regel durch den Familienverband. Eine große Rolle spielen die Geldtransfers der georgischen Diaspora im Ausland (AA 19.10.2019).

Trotz der beachtlichen wirtschaftlichen Entwicklung seit 2003 sind große Teile der georgischen Bevölkerung unterbeschäftigt oder arbeitslos. Knapp 22 % der Georgier leben in Armut. Vor allem die Bewohner der ländlichen Bergregionen sind betroffen, aber auch städtische Arbeitslose sowie zumeist in Isolation lebende Binnenvertriebene und Alleinerzieherinnen. Ländliche Armut führt meist zu Landflucht oder Emigration. Die Rücküberweisungen von saisonalen und permanenten Auslandsmigranten machen mit rund 11,8% einen nennenswerten Anteil des Bruttoinlandsprodukts aus (ADA 11.2018).

Die Arbeitslosenquote betrug 2018 12,7% (2017: 13,9%) (GeoStat 17.5.2019). Laut der Daten des nationalen Statistikamtes von 2018 sind 63,9% der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter erwerbstätig (Geostat 17.5.2019; vgl. GT 21.10.2019). Die Arbeitslosenrate ist im ländlichen Raum (2018: 5,8%) geringer als im städtischen Raum (2018: 19,3%) (Geostat 17.5.2019). Die hohe Zahl Erwerbstätiger in ländlichen Gegenden ist mit den gering vergüteten Jobs im Agrarsektor zu erklären. Viele Pensionisten sind noch erwerbstätig, da die Pension alleine zum Überleben nicht ausreicht. Dagegen ist die Arbeitslosigkeit unter 15-25-Jährigen recht hoch. Die meisten Erwerbstätigen befinden sich im Alter von 40 bis 60 Jahren (IOM 2020). Es wird davon ausgegangen, dass sich die Zahl der ca. 220.000 Arbeitslosen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie mindestens verdoppeln wird (KvP 20.4.2020)

Zu Jahresbeginn 2020 nahm eine Agentur zur Beschäftigungsförderung (Employment Support Agency), die im Ministerium für Binnenflüchtlinge aus den besetzten Gebieten, Arbeit, Gesundheit und Soziales angesiedelt ist (MOH 24.12.2019; vgl. KP 1.2020, GT 21.10.2019). Die neue Agentur soll u.a. durch Fortbildungen, Umschulungen, Beratung und Karriereplanung die Beschäftigung im Land fördern (KP 1.2020). Die Agentur soll auch legale Arbeitsmigration fördern (GT 21.10.2019; vgl. KP 1.2020). Eine Priorität der Agentur ist es, Arbeitsmöglichkeiten für sozial benachteiligte Personen zu erschließen (GT 21.10.2019).

Die meisten Arbeitsplätze gibt es im Groß- und Einzelhandel sowie in Autowerkstätten und im Kleinwarengeschäft, in der Industrie und im Bauwesen (IOM 2019). Das Durchschnittseinkommen (nominal) der unselbständig Beschäftigten lag im ersten Quartal 2019 bei den Männern bei GEL 1.294 [rund EUR 400] und bei den Frauen bei GEL 876 [rund EUR 270] (GeoStat 2019).

Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie wird ein Rückgang des BIP um 5,5% im Jahr 2020 prognostiziert. Der Tourismus (ca. 20% der Wirtschaftsleistung) und Überweisungen aus dem Ausland werden am stärksten betroffen sein (ChH 4.6.2020). Der Wert des Georgischen Lari kann sich trotz der Wirtschaftskrise einigermaßen halten (KP 16.6.2020).

Sozialbeihilfen

Letzte Änderung: 02.09.2020

Das Sozialsystem in Georgien umfasst die folgenden finanziellen Zuschüsse:

•        Existenzhilfe

•        Re-Integrationshilfe

•        Pflegehilfe

•        Familienhilfe

•        Soziale Sachleistungen

•        Sozialpakete

Menschen unterhalb der Armutsgrenze können zum Beispiel mit einer Unterstützung von GEL 10-60 pro Familienmitglied rechnen. Der Sozialdienst ist für Personen unterhalb der Armutsgrenze verantwortlich. Der staatliche Fond zum Schutz und Unterstützung für Opfer von Menschenhandel hilft schutzbedürftigen Personen, wie z.B. Opfern häuslicher Gewalt, Personen mit Einschränkungen, Alten und Waisen. Dabei bietet er: Kinderheime, Pflegeheime für Personen mit Einschränkungen, Unterkünfte für Opfer von Menschenhandel, Krisenzentren und Unterkünfte für Opfer häuslicher Gewalt (IOM 2019). Eine Arbeitslosenunterstützung gibt es nicht (IOM 2019). Laut einer Erklärung des Internationalen Währungsfonds (IWF) werden vom Staat 150 GEL an Personen bezahlt, die im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie ihren Arbeitsplatz verloren haben und zuvor Einkommenssteuer bezahlt hatten (Fortuna 13.4.2020).

Familien, die unter der Armutsgrenze leben, können um Sozialhilfe ansuchen. Dafür muss der Vertreter der Familie zunächst ein Ansuchen für sich und alle übrigen Familienmitglieder stellen, um in das staatliche Register für besonders schutzbedürftige Familien aufgenommen zu werden. Danach besucht ein Vertreter des Sozialamtes die Familie vor Ort, wobei in der „Familiendeklaration“ der sozio-ökonomische Stand der Familie festgestellt wird. Mittels eines Punktevergabesystems wird die Bedürftigkeit festgestellt. Bis zu einem Wert von 57.000 Punkten besteht der Anspruch auf finanzielle Unterstützung wie folgt: GEL 60 für Alleinstehende; ab zwei Personen erhält das älteste Familienmitglied GEL 60 und alle anderen GEL 48 pro Monat. Ausschlussgründe sind insbesondere die Arbeitsaufnahme eines Familienmitgliedes, Gefängnishaft, Militärdienst oder ein Auslandsaufenthalt von mehr als drei Monaten. Die Sozialhilfe kann nicht gleichzeitig mit der staatlichen „Haushaltsunterstützung“ oder der monatlichen Zahlung an Flüchtlinge bezogen werden (SSA o.D.a.).

Es gibt ein staatliches Pensionssystem. Bezugsberechtigt sind Männer über 65 und Frauen über 60 Jahre. Für die Registrierung der Pension ist ein Antrag beim zuständigen Sozialamt (Social Service Centre) nötig. Die Entscheidung fällt innerhalb von zehn Tagen. Personen, die bereits aus dem Ausland eine Pension beziehen, sind vom georgischen Pensionssystem ausgeschlossen (IOM 2019).

Die staatliche Alterspension (universal) beträgt GEL180 pro Monat. Die Leistungen werden ad hoc angepasst. Eine Invaliditätsleistung als Sozialhilfe beträgt GEL 180 pro Monat für eine Invalidität erster Stufe und GEL 100 für eine zweiter Stufe, wobei die Leistungen ad hoc angepasst werden (US-SSA 3.2019).

Seit dem 1.1.2019 ist das kumulierte Pensionssystem für Beschäftigte unter 40 Jahren verpflichtend, d.h., sie werden automatisch registriert. Für Selbständige und Personen über 40 Jahren ist die Aufnahme in das Programm freiwillig. Dieses System gilt sowohl für Mitarbeiter des öffentlichen als auch des privaten Sektors. Das System wird nach einem 2+2+2-Schema arbeiten. Jeder Arbeitnehmer, der Arbeitgeber und der Staat leisten einen Beitrag von je 2% des Bruttoeinkommens des Arbeitnehmers auf ein individuelles Pensionskonto. Selbständige müssen eine Einlage von 4% ihres Einkommens leisten und der Staat schießt weitere 2% zu. Das neue Pensionsgesetz sieht keine Aufhebung des bestehenden Pensionssystems vor. Am 1.1.2018 stiegen die staatlichen Pensionen um GEL 20 und beliefen sich auf GEL 200 pro Monat (Agenda.ge 3.1.2019).

Angesichts der Tatsache, dass Georgien bislang nur eine Pensionsersatzrate von 18% aufweist und über 44% der Erwerbstätigen Selbständige sind, insbesondere in der einkommensschwachen Landwirtschaft, bestehen Zweifel am Funktionieren des neuen Systems (OCM 14.12.2018).

Das Recht auf Mutterschaftskarenz- und Pflegeurlaub gewährleistet 730 Tage Freistellung, von denen 183 Tage bezahlt sind. Bei Geburtskomplikationen oder der Geburt von Zwillingen werden 200 Tage bezahlt. Das Mutterschaftsgeld, auch im Falle einer Adoption, beträgt maximal GEL 1.000 (SSA o.D.b, vgl. US-SSA 3.2019).

Medizinische Versorgung

Letzte Änderung: 02.09.2020

Im Jahr 2013 wurde das Universal Health Care (UHC) Program eingeführt. Es ist ein staatlich geleitetes, hauptsächlich staatlich finanziertes, allgemeines Gesundheitssystem mit überwiegend privaten medizinischen Institutionen. Diese staatliche Krankenkasse soll den finanziellen Zugang zur medizinischen Grundversorgung für alle Georgier sicherstellen, die noch nicht durch private Versicherungen oder über den Arbeitgeber versichert sind. Da Versicherte bei bestimmten Leistungen einen Teil der Kosten selbst bezahlen müssen, spricht man von einem co-payment System. Über die UHC sind grundsätzlich alle georgischen Staatsbürger automatisch krankenversichert. Eingeschlossen sind alle Bewohner der de facto unabhängigen Republiken Abchasien und Südossetien, denen der georgische Staat neutrale Identitäts- und Reisepapiere ausstellt. Offiziell anerkannte Staatenlose haben ebenfalls Anrecht auf UHC. Nur einen Teil der Leistungen erhält, wer vor dem 1.1.2017 eine private Krankenversicherung besaß oder über den Arbeitgeber krankenversichert war. Seit 1.5.2017 wird bei der Kostenübernahme zudem nach Einkommen differenziert. Personen mit hohem Einkommen sind von der UHC ausgeschlossen. Personen mit mittlerem Einkommen erhalten nur einen Teil der Leistungen. Für sozial schwache Gruppen, Kinder und Rentner bleiben die Leistungen wie gehabt bestehen (SEM 21.3.2018; vgl. MedCOI 2019).

Im Notfall wendet sich ein georgischer Bürger an eine beliebige medizinische Einrichtung. Alle medizinischen Einrichtungen sind an der UHC beteiligt. Für geplante stationäre Behandlungen wendet man sich mit einem gültigen Ausweis und einer Überweisung eines Allgemeinmediziners an die Abteilung Social Service Agency. Die Social Service Agency betreibt eine Hotline unter der Nummer 1505. Die Social Service Agency stellt einen Gutschein (Voucher) oder einen „Letter of Garantee“ (dt. Garantiebrief) über die von ihr berechneten Kosten für die beantragte medizinische Dienstleistung aus (SEM 21.3.2018; vgl. MedCOI 2019).

Das staatliche Gesundheitssystem (UHC) umfasst ambulante und stationäre Behandlung für Begünstigte verschiedener Alters- und Sozialgruppen, wie folgt:

•        Offen für alle Staatsbürger, sowie Asylsuchende (während des Verfahrens) und Personen mit Flüchtlingsstatus

•        Stationäre und ambulante Behandlung sind vollständig gedeckt

•        Behandlung von HIV und TB ist kostenfrei, sowie Insulin für Diabetespatienten

•        Dialyse ist ebenfalls gewährleistet

•        Für Drogenabhängige ist ein staatlich gefördertes Methadon-Ersatzprogramm kostenfrei verfügbar. Lediglich eine einmalige Registrierungsgebühr von GEL 70 muss entrichtet werden.

•        Kosten für die Behandlung von Kindern bis zu 5 Jahren ist teilweise gedeckt, abhängig von der Krankheit.

Kontaktinformationen erhält man beim Ministerium für Gesundheit (Ministry of Health). Informationen über Anbieter finden sich hier: http://cloud.moh.gov.ge/Default.aspx?languagePair=en-US (IOM 2019)

Hat man Anrecht auf die gesamten Leistungen der UHC, werden Kosten in den drei Bereichen Notfallbehandlung, stationäre Behandlung und ambulante Behandlungen ganz oder zum Teil übernommen. Eine Kostenübernahme von 100% bedeutet in den meisten Fällen, dass der Staat der medizinischen Institution einen fixen Betrag zurückerstattet. Für die Berechnung dieses Betrags analysiert der Staat, wie viel die Dienstleistung in der Vergangenheit kostete und nimmt davon einen tiefen Durchschnittswert. Kommt die Behandlung teurer, muss der Patient die Differenz selber bezahlen (SEM 21.3.2018; vgl. MedCOI 2019, IOM 2019). Ambulante und einige stationäre Notfallbehandlungen werden zu 100% übernommen (SEM 21.3.2018; vgl. IOM 2019). Behandlungen spezialisierter Ärzte nach Überweisung durch den Hausarzt werden zu 70-100% übernommen, einige Notfallbehandlungen zu 100% (IOM 2019). Von den stationären Behandlungen werden spezifische Operationen und die stationäre Nachbetreuung zu 100% übernommen. Andere Leistungen werden zu 70% übernommen (SEM 21.3.2018). Notwendige Operationen werden zu 70% übernommen (IOM 2019). Divergierende Angaben gibt es beim Thema Chemotherapie und Geburten. So werden laut SEM onkologische Behandlungen und Geburten zu 100% übernommen (SEM 21.3.2018), laut IOM hingegen werden bei Chemotherapie 80% bis zu Gesamtkosten von GEL 12.000, und bei Geburten Kosten nur bis zu GEL 500 bzw. bei Kaiserschnitten nur bis zu GEL 800 übernommen (IOM 2019).

Bei Kostenübernahmen von weniger als 100% kommt der Patient für den Rest auf. Für Pensionisten zahlt der Staat zusätzlich monatlich GEL 100 für drei Monate, erstattet bei den Bürgerämtern (IOM 2019).

Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität. In der Hauptstadt Tiflis und weiteren städtischen Zentren (Kutaissi, Batumi) bieten private Einrichtungen umfassende und moderne Behandlungen an; staatliche Einrichtungen, wie sie primär in den ländlichen Regionen anzutreffen sind, haben deutlichen Rückstand an technischer und personeller Ausstattung. Für manche überlebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist daher allein eine Behandlung in Tiflis möglich. Medikamente werden weitgehend importiert, zumeist aus der Türkei und Russland, aber auch aus EU-Ländern (AA 19.10.2019).

Georgische Staatsbürger sind automatisch versichert. Allerdings ist eine Registrierung notwendig, um alle Leistungen des Programms beanspruchen zu können. In diesem Zusammenhang sollten Rückkehrer die 15-05 Hotline des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales anrufen oder sich direkt an die nächstgelegene Poliklinik oder Krankenhaus wenden (IOM 2019).

Alle Kliniken in Georgien sind privatisiert. Obwohl die allgemeine Krankenversicherung nicht alle Bereiche abdeckt, können georgische Staatsbürger zu jeder Zeit jede Klinik aufsuchen, jedoch müssen die Leistungen dann bezahlt werden. Vorzugsweise sollten Termine vereinbart werden. Bei Notfällen ist eine Behandlung ohne Termin mit Wartezeiten möglich. Patienten können einen Termin vereinbaren, für die staatliche Versicherung muss der Hausarzt kontaktiert werden, welcher eine Überweisung zu spezialisierten Ärzten verfassen kann. Große Apotheken stellen eine Vielzahl von Medikamenten. Die Verfügbarkeit gewisser Medikamente kann anhand ihrer Handelsbezeichnung online oder telefonisch überprüft werden: Medical Information Service http://www.mis.ge/ka/FindDrug.jsp?Clear=True TEL: +995 032 2 252233. Die meisten Medikamente werden nicht vom staatlichen Programm erfasst. Daher müssen die Patienten die Kosten für diese selbst tragen. Für einige Medikamente ist eine Verschreibung nötig. In diesem Fall, sollte zunächst ein zuständiger Arzt aufgesucht werden, um von diesem das Rezept zu erhalten (IOM 2019).

Für Behandlungskosten, die von Patienten selber getragen werden müssen, kann bei der zuständigen Kommission des Ministeriums um Kostenersatz angesucht werden. Dazu muss das erforderliche Formular ausgefüllt werden. Als Beilagen müssen neben den gesicherten Personalien des Antragstellers (Kopie des Reisepasses oder Personalausweises) auch die im laufenden Jahr angefallenen Rechnungen und vorhandenen Kalkulationen, bzw. im Falle der Beantragung von Kostenersatz für Medikamente die Originalrechnung, vorgelegt werden. Zusätzlich ist noch der soziale Status des Antragstellers (Pensionisten, sozial bedürftige Personen, Binnenvertriebene, Personen mit eingeschränktem Status) und die entsprechenden Zeugnisse vorzulegen. Die Kommission entscheidet dann (mindestens zweimal im Monat) über eine allfällige Finanzierung der vorgelegten Kosten, wobei hier keine generelle Festlegung über die Höhe der Rückerstattung besteht und diese Entscheidungen individuell, von Fall zu Fall, getroffen werden (VB 31.5.2018).

Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie wurden in Georgien bereits frühzeitig und konsequent umgesetzt und somit konnte die Ausbreitung weitgehend unter Kontrolle gehalten (EE 6.4.2020; vgl. ES 3.4.2020, EN 21.5.2020, ChH 4.6.202). Die Infektions- und Sterblichkeitsraten konnten niedrig gehalten werden (CEIP 8.7.2020). Die Pandemie war für das Gesundheitssystem stets bewältigbar, allerdings zu einem hohen wirtschaftlichen Preis (EN 21.5.2020; vgl. ChH 4.6.202) Georgien weist Stand Ende Mai 2020 die niedrigste COVID-19-Todesrate in Europa auf (drei Todesfälle pro einer Million Einwohner). Tests sind ausreichend verfügbar und es gibt keine Hinweise auf eine Untererfassung der Krankheits- und Todesfälle (EN 21.5.2020). Allerdings waren in Folge des strengen Lockdowns Behandlungen für andere Krankheiten nur eingeschränkt verfügbar (IOM 24.4.2020).

Die EU hat das wegen der COVID-19-Pandemie verhängte Einreiseverbot gegen Georgien sowie 14 weitere Drittstaaten ab 1. Juli aufgehoben, wobei die genaue Umsetzung den Mitgliedsstaaten obliegt. Hauptkriterium für eine Aufhebung der Beschränkungen war, dass die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den vorangegangenen 14 Tagen mindestens so niedrig wie im EU-Durchschnitt war. Zudem muss es bei den Infektionen einen "stabilen oder sich verringernden Trend" geben und die Maßnahmen der jeweiligen Regierungen auf die Pandemie müssen gewissen Standards entsprechen. Die Länderliste soll alle zwei Wochen aktualisiert werden (Standard 30.6.2020).

Behandlungsmöglichkeiten: psychische Krankheiten

Letzte Änderung: 02.09.2020

Das staatliche Programm 'Psychische Gesundheit' bezieht sich auf die Erhöhung der geografischen und finanziellen Verfügbarkeit psychiatrischer Dienste für die georgische Bevölkerung:

Das Programm umfasst u.a. folgende ambulante Dienste:

•        Versorgung der Patienten, die an den Hausarzt/Distriktarzt weitergeleitet werden, primärer Besuch in der psychiatrischen Apotheke, und wenn der Patient nicht in die psychiatrische Einrichtung kommen kann, Hausbesuch eines Psychiaters oder eines anderen Spezialisten auf dem Gebiet der Psychiatrie beim Patienten, Erfüllung der ambulanten Überwachung des Patienten

•        Versorgung der registrierten Patienten, die an die psychiatrische stationäre Einrichtung weitergeleitet werden, unter Berücksichtigung der vom Programm vorgesehenen Krankheitsbilder, Besuche bei einem Psychiater oder bei Bedarf bei anderen Spezialisten auf dem Gebiet der Psychiatrie; nach Überweisung die Versorgung mit Medikamenten; bei Bedarf Besuche der Fachärzte für Psychiatrie zu Hause und Konsultationen mit anderen Fachärzten (Therapeuten und Neurologen)

•        Psychosoziale Rehabilitation

•        Die Versorgung minderjähriger Patienten (unter 18 Jahren), welche unter Veränderungen des psychischen Zustandes und Verhaltens, Verschlechterung der sozialen Funktionsfähigkeit und Disadaptation leiden

•        Kurzfristiger stationärer Dienst, insbesondere für Patienten ab 15 Jahren zur Eindämmung akuter psychotischer Symptome

•        Langfristiger stationärer Dienst, falls erforderlich, oder Behandlung derjenigen Patienten, denen bei schwerwiegenden Störungen des psychosozialen Verhaltens keine Hilfe aus der stationären Abteilung zur Verfügung steht

•        stationäre Behandlung per Gerichtsbeschluss eingewiesener Patienten

•        Versorgung der Patienten mit Lebensmitteln und persönlichen Hygieneartikeln, die den stationären Dienst in Anspruch nehmen

•        Rehabilitationsdienst während der stationären Langzeitbehandlung nach den Standards der psychosozialen Rehabilitation

•        Psychiatrischer stationärer Dienst für Kinder, einschließlich jener unter 15 Jahren mit psychotischen Registerstörungen

•        Dringende medizinische Versorgung für Patienten, einschließlich Notarztdienst für jene, die sich in der psychiatrischen stationären Abteilung befinden

•        Stationäre Behandlung von psychischen Störungen und Verhaltensstörungen, die durch psychoaktive Substanzen verursacht werden

•        Die psychiatrische Krisenintervention bei Erwachsenen (ab 18 Jahren) berücksichtigt den Dienst für Menschen mit psychischen Störungen und Verhaltensstörungen im administrativ-territorialen Bereich von Tiflis

•        Psychiatrische Krisenintervention in Form von Krisentagesbetten als ambulante Betreuung

•        Erfüllung der Krisenintervention durch die mobile Gruppe für häusliche Pflege am Wohnort des Patienten und, falls erforderlich, dessen Überweisung ins Krisenzentrum oder eine andere psychosoziale/psychiatrische Einrichtung

Begünstigte des staatlichen Programms - Psychische Gesundheit – sind: Bürger Georgiens, die den ambulanten und stationären Teil des Programms nutzen; sowohl Bürger Georgiens als auch andere Personen bei denen es zu einem Zwangsaufenthalt kommt, sowie Häftlinge in den Strafvollzugsanstalten ungeachtet des Besitzes eines amtlichen Identitätsdokumentes. Die Leistungen des Programms werden vollständig vom Staat finanziert, mit Ausnahme der stationären Betreuung von psychischen Störungen und Verhaltensstörungen, die durch psychoaktive Substanzen verursacht werden. Die Leistungen im letzteren Fall werden vom Staat zu 70% der tatsächlichen Kosten im Rahmen der im Programm genannten Fälle erstattet (SSA o.D.e, vgl. MedCOI 2019, SEM 21.3.2018).

Behandlungsmöglichkeiten: Nierentransplantation und Dialyse

Letzte Änderung: 02.09.2020

Patienten müssen einen Antrag bei der Social Service Agency einbringen, um auf die Warteliste für eine Dialyse gesetzt zu werden. Bei einer anstehenden Nierentransplantation muss zuerst im Krankenhaus, welches sich am staatlichen Programm beteiligt, angesucht werden, bevor die nötigen Personaldokumente der Social Service Agency unterbreitet werden. Sollten die nötigen Identitätsdokumente, die u.a. die georgische Staatsbürgerschaft nachweisen, nicht vorgelegt werden können, so gibt es für bestimmte Personengruppen eine Ausnahmeregelung. Dies sind: Kinder ohne Betreuung, Insassen von Haftanstalten und Einwohner der besetzten Gebiete [Abchasien, Südossetien].

Das Programm umfasst u.a.:

a) Die Durchführung von Blutdialysen

b) Die Durchführung von Bauchfelldialysen

c) Die Bereitstellung und Verteilung von Materialien und Medikamenten, um eine Blutdialyse und Bauchfelldialyse durchführen zu können

d) Die Durchführung von Nierentransplantationen

e) Die Bereitstellung von Immunsuppressiv-Medikamenten für Transplantat-Empfänger

Die Leistungen, die von diesem Programm angeboten werden, sind vollständig abgedeckt und benötigen keine Zuzahlung durch den Patienten (SSA o.D.f, vgl. SEM 21.3.2018, MedCOI 11.4.2019).

Laut gesetzlicher Regelung kommt für jeden georgischen Staatsbürger, beliebigen Alters, der an einer terminalen Niereninsuffizienz erkrankt ist, das staatliche Programm zur „Dialyse und Nierentransplantation“ zur Anwendung. Wenn erforderlich werden im Rahmen dieses Programms auch Nierentransplantationen durchgeführt und Anschlussversorgung (Immunsuppressiva) der Patienten gewährleistet. Die Kosten einer Nierentransplantation werden dabei nach den tatsächlich entstandenen Kosten, bis zu einer Höhe von maximal GEL 20.000 (dzt. ca. EUR 6.500) ersetzt. Die erforderlichen Medikamente werden für die betroffenen Patienten zur Gänze vom staatlichen Programm abgedeckt und eine Zuzahlung durch den Patienten ist nicht erforderlich (VB 23.1.2018, vgl. SEM 21.3.2018, MedCOI 11.4.2019). Ob sich eine Person als Spender eignet, egal ob Verwandte oder Freunde, wird durch eine entsprechende Untersuchung, die verpflichtend durchzuführen ist, festgestellt. Die dafür entstehenden Kosten in der Höhe von ca. GEL 3.000 (dzt. ca. EUR 970) müssen vom Patienten erlegt werden. Es besteht die Möglichkeit bei der zuständigen Gemeinde, bzw. beim Gesundheitsministerium einen Antrag auf finanzielle Unterstützung bzw. Refundierung dieser Kosten zu stellen. Als Zeitrahmen für die gesamten Untersuchungen und bis zur Vorlage der Bewilligung (sofern die Dokumentation vorhanden ist) werden ca. 3-4 Wochen angegeben. Nach geltender Rechtslage und Rechtsprechung gibt es in Georgien keine Organdatenbank. Die gesetzliche Regelung in Georgien sieht nicht vor, dass der Staat bzw. das Gesundheitsministerium, für das Besorgen eines Transplantats verantwortlich zeichnet (VB 23.1.2018; vgl. MedCOI 11.4.2019).

Rückkehr

Letzte Änderung: 02.09.2020

Rückkehrer und Rückkehrerinnen, die Unterstützung benötigen, sind bislang vor allem auf Familie und Freunde angewiesen. Internationale Organisationen bieten ebenfalls Unterstützung an. Das Ministerium für Binnenvertriebene, Arbeit, Gesundheit und Soziales koordiniert das staatliche Reintegrationsprogramm (State Reintegration Programme). Hier wird Beratung und auch finanzielle Hilfe zur Reintegration in den Arbeitsmarkt (auch Hilfe zur Selbständigkeit) und bei Bedarf auch Erst- bzw. Zwischenunterkunft zur Verfügung gestellt. Staatliche Repressalien gegen Rückkehrer sind nicht bekannt. Auch die Tatsache einer Asylantragstellung im Ausland ist für die Behandlung durch staatliche Stellen ohne Bedeutung. Georgien hat Rückübernahme-Abkommen mit der EU und weiteren europäischen Ländern geschlossen (AA 19.10.2019).

Um die Reintegration der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, wurden GEL 650.000 (ca. EUR 216.460) aus dem Staatshaushalt 2018 bereitgestellt, die an förderungswürdige NGOs verteilt werden. Um den Wiedereingliederungsprozess der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, sollen die NGOs für das gesamte Staatsgebiet folgende Dienstleistungen für die Begünstigten erbringen: Bereitstellung von medizinischer Behandlung und Medikamenten, Finanzierung einkommensgenerierender Projekte, Unterstützung der beruflichen Weiterbildung/Umschulung und Qualifizierung der Begünstigten und die Bereitstellung von temporären Unterkünften (SCMI 9.3.2018). Am staatlichen Programm sind jene teilnahmeberechtigt, die georgische Bürger oder staatenlos sind und über eine Aufenthaltsbewilligung verfügen; sich mehr als ein Jahr illegal im Ausland aufgehalten haben oder im Ausland um Asyl angesucht haben, und seit weniger als einem Jahr in Georgien sind (MRA o.D.).

Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie wurden alle Grenzübergänge geschlossen und sind nur für georgische Staatsbürger, die ins Heimatland zurückreisen, passierbar (USEMB 1.7.2020). Der Flugverkehr soll ab 1.8.2020 wieder aufgenommen werden (GCAA 26.6.2020; vgl. Agenda 25.6.2020a). Die Wiedereröffnung der Landgrenzen ist von bilateralen Abkommen mit den Nachbarstaaten abhängig (N/LS 28.5.2020). Alle Personen, die nach Georgien einreisen, müssen zwei Wochen in Quarantäne, bzw. Selbstisolation (Agenda 30.6.2020; vgl. 1TV 30.6.2020, GE-GOV o.D.), für die der Staat die Kosten übernimmt (Jam 8.7.2020). Gemäß Angaben des Gesundheitsministeriums wird der Quarantänemechanismus noch lange bestehen bleiben (1TV 30.6.2020).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte sowie unter Pkt. II.1.1. festgestellte Verfahrensgang ergibt sich aus den unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalten der vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl und der Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichts.

Mangels der Vorlage eines unbedenklichen Identitätsdokuments im Original konnte die Identität der Beschwerdeführerin nicht festgestellt werden. Die Feststellung ihrer georgischen Staatsbürgerschaft ergibt sich, wie bereits im Verfahren über Asyl und subsidiären Schutz festgestellt, aus ihren insofern glaubhaften Angaben in Zusammenschau mit ihren Sprach- und Ortskenntnissen.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich. Die Feststellungen über ihre Lebensumstände in Österreich sowie in Georgien ergeben sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin in Zusammenschau mit den in Vorlage gebrachten Unterlagen zum Beleg ihrer Integrationsbemühungen.

Die Feststellungen zur gesundheitlichen Situation der Beschwerdeführerin ergeben sich aus den im Verfahrensverlauf in Vorlage gebrachten unbedenklichen ärztlichen Unterlagen, zuletzt der Befund eines Facharztes für Psychiatrie vom 14.01.2021, der Arztbrief einer Transplantambulanz vom 21.12.2020 sowie die bei der Verhandlung am 09.03.2021 vorgelegte Bestätigung der Internen Abteilung eines Krankenhauses vom 08.03.2021, in Zusammenschau mit den Angaben der Beschwerdeführerin.

Die Feststellungen zur Rückkehrsituation der Beschwerdeführerin beruhen auf den Angaben der Beschwerdeführerin und den vorliegenden Länderberichten, aus denen sich ergibt, sie sie Anspruch auf eine Alterspension hat sowie dass auch in Georgien Behandlungsmöglichkeiten für das bei der Genannten diagnostizierte Krankheitsbild grundsätzlich vorhanden und der Beschwerdeführerin auch individuell zugänglich sind. Die Beschwerdeführerin hat im gegenständlichen Verfahren nicht behauptet, dass sich ihr Gesundheitszustand zuletzt in maßgeblicher Weise geändert respektive verschlechtert hätte. Derartiges lässt sich auch den zuletzt in Vorlage gebrachten medizinischen Unterlagen nicht entnehmen. Aus dem Arztbrief einer Transplantambulanz vom 21.12.2020 ist vielmehr ersichtlich, dass bei der Beschwerdeführerin eine stabile ausgezeichnete exkretorische Transplantatnierenfunktion gegeben ist. Es ist demnach davon auszugehen, dass der Beschwerdeführerin eine Fortsetzung der aufgrund ihrer Nierenerkrankung erforderlichen Behandlung im Herkunftsstaat möglich sein wird. Des Weiteren wird der Beschwerdeführerin in Georgien auch eine Fortsetzung der medikamentösen und ambulanten psychiatrischen Behandlung der depressiven Episode, des Bluthochdrucks sowie eine Behandlung der diagnostizierten Erkrankungen im Bewegungsapparat (Lumbalgie, Skoliose) möglich sein.

Die Angaben der Beschwerdeführerin in der Verhandlung am 09.03.2021, bestimmte immunsuppressive Medikamente seien im Herkunftsstaat nicht verfügbar, erweisen sich als unzutreffend, da bereits mit der im Verfahren eingeholten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 15.09.2015 (BFA AS. 191) die Verfügbarkeit von die entsprechenden Wirkstoffe enthaltende Medikamente dokumentiert wurde. Soweit die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Verfahren vorgebracht hat, dass ihr die benötigte medizinische Versorgung mangels Finanzierbarkeit individuell nicht zugänglich sein werde, ist zunächst festzuhalten, dass es in Georgien, wie festgestellt, ein staatliches Gesundheitsprogramm für georgische Staatsbürger gibt, wodurch ambulante oder stationäre Behandlung vollständig gedeckt werden. Den Feststellungen über die Situation im Herkunftsstaat ist überdies zu entnehmen, dass die Bereitstellung von Immunsuppressiv-Medikamenten für Nierentransplantatempfänger vollständig abgedeckt seien und keiner Zuzahlung durch den Patienten bedürfen und auch Leistungen des Programms „Psychische Gesundheit“ vollständig von Staat finanziert werden. Im Übrigen verfügt die Beschwerdeführerin über verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat, in Österreich und in Polen, sodass davon auszugehen ist, dass ihr ausreichende Unterstützungsmöglichkeiten im Falle privat zu tragender Behandlung- und Medikamentenkosten offenstehen werden.

Die Feststellungen über die in Österreich und Polen niedergelassenen Familienangehörigen der Beschwerdeführerin beruhen auf ihren Angaben sowie Auskünften des ZMR und IZR. Die Beschwerdeführerin hat in der Verhandlung am 09.03.2021 selbst eingeräumt, dass sie mit ihrer Schwester oder ihrem Sohn nicht im gemeinsamen Haushalt lebt und hat außer regelmäßigen persönlichen Kontakten nichts vorgebracht, was ein besonders intensiv ausgeprägtes familiäres Naheverhältnis oder gar ein Abhängigkeitsverhältnis belegen würde.

Die Beschwerdeführerin gab vor der Behörde an, dass sich ihr – mittlerweile verstorbener - Bruder, zwei Onkeln sowie sechs Cousins und Cousinen mitsamt deren jeweiligen Familien unverändert im Herkunftsstaat aufhalten, sodass keinesfalls damit zu rechnen ist, dass die Beschwerdeführerin im Fall ihrer Rückkehr mit Obdachlosigkeit konfrontiert sein werde oder keine Unterstützung bei der Reintegration im Herkunftsstaat erhalten würde. Dass die Beschwerdeführerin im Fall einer Rückkehr real Gefahr liefe, mangels Finanzierbarkeit einer benötigten medizinischen Behandlung in eine als unmenschlich zu bezeichnende Notlage versetzt zu werden, kann demnach – wie bereits in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.10.2015 und der diesbezüglich ergangenen Revisionszurückweisung des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.02.2016 – nicht prognostiziert werden.

2.2. Die Feststellungen über die Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA und auf den in der Verhandlung am 09.03.2021

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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