Index
L81705 Baulärm Salzburg;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des Dkfm. Dr. K in G, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 29. Dezember 1995, Zl. 1/02-35.102/4-1996, betreffend Nachbareinwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. X-Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft m.b.H. in S, 2. Gemeinde E, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die erstmitbeteiligte Partei (in der Folge kurz: Bauwerberin) beabsichtigt die Errichtung einer Wohnhausanlage auf einer Liegenschaft im Bereich der mitbeteiligten Gemeinde und hat hiezu im Jahr 1994 mehrere Bauansuchen bei der Baubehörde eingebracht. Das beschwerdegegenständliche Verwaltungsverfahren bezieht sich auf die von der Bauwerberin angestrebte baubehördliche Bewilligung zwecks Errichtung des Bauteiles II/Haus E, des Bauteiles III/Reihenhäuser, der Errichtung einer Tiefgarage sowie auch für "geringfügige Geländeveränderungen" auf der zu bebauenden Liegenschaft. Der Beschwerdeführer ist Miteigentümer (Wohnungseigentümer) eines Grundstückes, das an die zu bebauende Liegenschaft grenzt.
Im Zuge der Bauverhandlung am 10. Jänner 1995 brachte der Beschwerdeführer vor, "auch wenn die Abstände zu unserem Grundstück nach dem BauPolGesetz eingehalten sein sollten", so ergebe sich doch aus der Tatsache, daß das von ihm bewohnte Haus 3 m tiefer als die projektierten Reihenhäuser liege, eine starke Beeinträchtigung hinsichtlich der Sonneneinstrahlung an der Front des von ihm bewohnten Hauses. "Mit diesem Einwand berufe ich mich auf § 25 Abs. 1 des BGG welches eine "entsprechende Sonneneinstrahlung" zusichert. Das 1. Stockwerk unseres Hauses (...) liegt mit seinen Fenstern etwa 3 - 4,5 m über der Grundkote von rund 425 m, d.h. wenn man die Traufenhöhe des errichteten Gebäudes mit dem bestehenden Abstand von unserem Altbau, das sind 16 m in Beziehung setzt, zur Lage der Fensterfront unseres Hauses, wird klar, daß ein Sonnenstand von mindestens 23 Grad erforderlich ist, um einen Sonneneinfall in die betreffenden Althausfenster zu gewährleisten; dies heißt in der Praxis, daß der Sonneneinfall in der Jahreszeit von Oktober bis März praktisch 0 sein wird. Diese Behinderung steht im Gegensatz zu der genannten gesetzlichen Norm. Abhilfe dieses Einwandes ist nur möglich durch Verzicht auf die Erbauung der Reihenhäuser 7, 6 und 5, welche hiemit beantragt wird. Vom Standpunkt der Gesamtkonzeption besteht auch keine Veranlassung dieses Projektdetail aufrecht zu erhalten".
Der bautechnische Amtssachverständige führte zu diesem Einwand aus, im Rahmen der Vorprüfung gemäß § 8 des Salzburger Baupolizeigesetzes (BauPolG) sei das gegenständliche Bauvorhaben hinsichtlich der Übereinstimmung mit dem rechtskräftigen Bebauungsplan und der vorliegenden Bauplatzerklärung überprüft und es sei festgestellt worden, daß die Lage der Objekte im Bauplatz und die Abstandsbestimmungen gemäß § 25 Abs. 3 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes (BGG) eingehalten worden seien. Hiezu werde noch vermerkt, daß der gesetzliche Mindestabstand im Bereich der Reihenwohnhäuser und des Blockes E1 "über das erforderliche Mindestmaß ausgewiesen" sei. Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten sei sowohl die nötige Sonneneinstrahlung als auch das erforderliche Tageslicht gewährleistet (wurde jeweils näher ausgeführt).
Mit Bescheid vom 8. März 1995 erteilte der Bürgermeister die angestrebte Baubewilligung unter Vorschreibung von Auflagen; die Einwendungen (unter anderem) des Beschwerdeführers wurden als unzulässig zurückgewiesen. Zusammengefaßt wurde dies unter Hinweis (unter anderem) auf das Gutachten des Amtssachverständigen damit begründet, daß der erforderliche Abstand gemäß § 25 Abs. 3 BGG nicht nur eingehalten, sondern auch (um 2,0 bis 2,20 m) überschritten werde und dem Beschwerdeführers das von ihm angenommene subjektiv-öffentliche Nachbarrecht auf Wahrung der Besonnung und Belichtung (als solches) nicht zukomme.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, die mit Berufungsbescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom 8. Juni 1995 als unbegründet abgewiesen wurde.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Zusammengefaßt führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage aus, vorliegendenfalls lege ein Bebauungsplan die Lage der Bauten fest, sodaß die Abstandsbestimmung des § 25 Abs. 3 BGG nicht bzw. nur subsidiär anzuwenden seien. Der entsprechende Abstand der Reihenwohnhäuser und des Blockes E1 liege unbestritten "über dem erforderlichen Ausmaß bzw. den nach § 25 Abs. 3 BGG erforderlichen Mindestabständen". Die Übereinstimmung mit dem Bebauungsplan bzw. den Festlegungen in der Bauplatzerklärung (Gebäudehöhe uam.) sei "eindeutig festgestellt" und auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden. Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes habe der Nachbar kein Recht, daß durch die Errichtung eines Neubaues die früheren Belichtungsverhältnisse nicht beeinträchtigt würden. Es entspreche auch der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, daß "das zum zweckentsprechende Wohnen erforderliche Sonnenlicht kein gesondert geltendmachbares Nachbarrecht" darstelle, doch sei dem Recht des Nachbarn auf Einhaltung des gesetzlichen Mindestabstandes der Nachbarschutz im Sinne einer entsprechenden Besonnung und Belichtung immanent. Die Zurückweisung der Einwendungen des Beschwerdeführers als unzulässig sei daher nicht zu Recht erfolgt, wobei sich die Gemeindebehörden aber diesbezüglich lediglich im Ausdruck vergriffen hätten, weil sie sich inhaltlich mit den vorgebrachten Einwendungen auseinandergesetzt hätten.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "1. in seinem subjektiv-öffentlichen Nachbarrecht auf entsprechende Belichtung und Besonnung, sohin im Recht auf gesetzeskonforme Anwendung des § 25 Abs. 1 und Abs. 3 Salzburger Bebauungsgrundlagengesetz; sowie 2. im Recht auf Feststellung des für die Erledigung der Angelegenheit maßgebenden Sachverhaltes" verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Auch die Bauwerberin hat in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt; Kostenersatz wird nicht angesprochen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn - worauf die belangte Behörde schon zutreffend verwiesen hat - im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10317/A, uva.).
Im Beschwerdefall ist das Salzburger Baupolizeigesetz (BauPolG), LGBl. Nr. 117/1973 idF LGBl. Nr. 13/1995, anzuwenden.
Gemäß § 9 Abs. 1 lit. g BauPolG, ist die Baubewilligung zu versagen, wenn durch die baulichen Maßnahmen ein subjektiv-öffentliches Recht einer Partei verletzt wird. Solche Rechte werden durch jene baurechtlichen Vorschriften begründet, welche nicht nur dem öffentlichen Interesse dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch den Parteien; hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über die Höhe und Lage der Bauten im Bauplatz. Soweit jedoch Bestimungen des Bautechnikgesetzes, LGBl. Nr. 75/1976, in Betracht kommen, ist das Mitspracherecht der Nacharn auf die im § 62 Bautechnikgesetz taxativ aufgezählten subjektiv-öffentlichen Rechte beschränkt (vgl. unter anderem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Februar 1994, Zl. 93/06/0164, uam.).
§ 25 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes (BGG), LGBl. Nr. 69/1968 (diese Bestimmung in der Fassung LGBl. Nr. 99/1992), regelt die Lage der Bauten im Bauplatz. Gemäß Abs. 1 dieser Bestimmung sollen die Bauten im Bauplatz und zueinander so gelegen sein, daß sowohl sie als auch die auf benachbarten Bauplätzen bestehenden oder zu errichtenden Bauten eine ihrem Zweck entsprechende Besonnung und Belichtung erhalten und daß die dem Aufenthalt von Menschen dienenden Räume soweit wie möglich vor Lärmeinwirkung geschützt sind.
Abs. 3 lautet (auszugsweise):
"Für den Abstand der Bauten von der Grundgrenze gegen die Verkehrsfläche gilt die Baufluchtlinie oder die Baulinie. Im übrigen müssen die Bauten im Bauplatz so gelegen seien, daß ihre Fronten von den Grenzen des Bauplatzes jeweils einen Mindestabstand im Ausmaß von drei Viertel ihrer Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe, jedenfalls aber von 4 m, haben (...). Die Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe ist an der jeweiligen Front vom gewachsenen Gelände aus zu berechnen (...)".
Den umfangreichen Ausführungen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Wahrung der Besonnung und Belichtung seiner Liegenschaft (Eigentumswohnung) ist entgegenzuhalten, daß im Gesetz ein allgemeines subjektiv-öffentliches Nachbarrecht auf Wahrung des Licht- und Sonneneinfalles nicht vorgesehen ist; dem Nachbarn steht nur ein Recht darauf zu, daß der Abstand zu seinem Grundstück eingehalten wird. Grundsätzlich hat nämlich jeder Grundeigentümer, soweit nicht zivilrechtliche Ansprüche bestehen, für eine ausreichende Belüftung und Belichtung seiner Bauten auf seinem Grundstück Sorge zu tragen (siehe dazu beispielsweise aus jüngerer Zeit das hg. Erkenntnis vom 14. September 1995, Zl. 95/06/0107, mit Hinweisen auf Vorjudikatur). Die Beschwerdeausführungen geben keinen Anlaß, von dieser Beurteilung abzugehen. Sofern demnach der Beschwerdeführer danach trachtet, zwecks besserer Besonnung und Belichtung seiner Liegenschaft (seiner Wohnung) einen größeren Grenzabstand der auf der zu bebauenden Liegenschaft zu errichtenden Gebäude zu erwirken, als sich aus § 25 Abs. 3 BGG ergibt, kommt ihm ein solches Nachbarrecht nach dem Gesagten nicht zu.
Der Beschwerdeführer macht (nun) aber auch geltend, daß dieser Mindestabstand gemäß § 25 Abs. 3 BGG nicht eingehalten werde. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf Umstände verweist, die er im Zuge der Bauarbeiten wahrgenommen habe, ist ihm zu entgegnen, daß es sich beim Baubewilligungsverfahren um ein Projektgenehmigungsverfahren handelt, in welchem es also nicht darauf ankommt, welcher Zustand besteht, sondern darauf, welcher Zustand nach Verwirklichung des Projektes herbeigeführt werden soll. Maßgeblich sind daher die (Mindest-)Abstände, wie sie sich aus den verfahrensgegenständlichen Planunterlagen ergeben (und nicht allfällige Abweichungen im Zuge des Bauverfahrens, sollten die Beschwerdeausführungen dahin zu verstehen seien). Auch ist es richtig, daß § 25 Abs. 3 BGG nicht auf das veränderte, sondern auf das natürliche Gelände abstellt. Maßgeblich ist daher im Beschwerdefall, ob der nach dieser Gesetzesstelle zu ermittelnde Mindestabstand aufgrund der Planunterlagen, die dem Baubewilligungsverfahren zugrundelagen, gewahrt ist. Daß dies nicht der Fall wäre, behauptet der Beschwerdeführer nicht. Vor allem hat er auch in seiner Vorstellung eine Abstandsverletzung nur unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung der Besonnung und Belichtung geltend gemacht, aber nicht vorgebracht, daß (davon abgesehen) der Mindestabstand gemäß § 25 Abs. 3 BGG verletzt wäre (in der Berufung hatte sich der Beschwerdeführer unter anderem darauf berufen, daß Niveauveränderungen durch Anschüttungen abstandsrelevant wären. Dem hat die Berufungsbehörde im Berufungsbescheid entgegengehalten, daß der Beschwerdeführer mit seinen Ausführungen in der Berufung der klaren und fachlich eindeutigen Aussage des Amtssachverständigen in keiner Weise auf fachlicher Ebene entgegengetreten sei. Weiters könne auch den Einreichplänen klar und deutlich entnommen werden, daß die Bemessung des Mindestabstandes im Sinne der Bestimmungen des BGG auf das jeweilige gewachsene Gelände bezogen worden sei, wobei die Kotierungen auf "Geometerdaten" basierten. Die Unrichtigkeit dieser Beurteilung wurde, wie gesagt, in der Vorstellung nicht behauptet).
Da somit die behaupteten Rechtsverletzungen (schon deshalb) nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Dies konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG unter Abstandnahme von der vom Beschwerdeführer beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung erfolgen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996060051.X00Im RIS seit
03.05.2001