Entscheidungsdatum
23.03.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
G306 2224587-1/22E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA.: Bulgarien, vertreten durch Rechtsanwälte Partnerschaft WINKLER REICH-ROHRWIG ILLEDITS WIEGER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.08.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 18.07.2018, wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) anlässlich seiner Anhaltung in Untersuchungshaft über den in Aussicht genommenen Ausspruch eines Aufenthaltsverbotes im Falle seiner Verurteilung in Kenntnis gesetzt. Gleichzeitig wurde der BF zur Stellungnahme binnen 10 Tagen aufgefordert.
2. Mit per Post eingebrachtem und am 31.07.2018 beim BFA eingelangtem Schreiben gab der BF eine Stellungnahme ab.
3. Mit Urteil des LG XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX .2019, wurde der BF wegen § 15 StGB, §§ 153 (1), 153 (3) 1. Fall StGB, §§ 146, 147 (1) Z 1, 147 (2) 148 2. Fall StGB, § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, wovon 17 Monate bedingt nachgesehen wurden, verurteilt.
4. Mit dem oben im Spruch genannten Bescheid des BFA, dem BF zugestellt am 26.08.2019, wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf 7 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), und dem BF gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt (Spruchpunkt II.).
5. Mit sowohl per Post als auch per E-Mail am 13.09.2019 beim BFA eingebrachten Schriftsatz erhob der BF durch seine damalige Rechtsvertretung (im Folgenden: RV), RA Dr. Rudolf MAYER, Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).
Darin wurden neben der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, die Behebung des Bescheides, in eventu die Herabsetzung der Befristung des Aufenthaltsverbotes, in eventu die Zurückverweisung der Rechtsache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde, beantragt.
6. Die gegenständliche Beschwerde und der zugehörige Verwaltungsakt wurden dem BVwG vom BFA vorgelegt, und langten am 24.10.2019 ein.
7. Mit verfahrensleitenden Beschluss des BVwG, GZ.: G314 2224587-1/4Z, vom 04.11.2019, der damaligen RV des BF zugestellt am 05.11.2019, wurde der BF zur Vorlage konkret bezeichneter Unterlagen aufgefordert.
8. Mit am 15.11.2019 beim BVwG eingelangtem Schriftsatz brachte der BF durch seine damalige RV diverse Unterlagen in Vorlage.
9. Mit Verfügung des Gechäftsverteilungsausschusses des BVwG vom 18.12.2019, wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung G314 abgenommen und der Gerichtsabteilung G306 neu zugewiesen.
10. Mit am 18.05.2020 beim BVwG eingebrachtem Schriftsatz gab der BF die Vollmachterteilung an die im Spruch genannte RV bekannt.
11. Eine mündliche Verhandlung wurde letztlich nach wiederholtem Ersuchen der RV des BF um Vertagung zweier bereits anberaumter Termine und wiederholtem Teilnahmeverzicht der belangten Behörde unter Berücksichtigung der aktuellen Corona-Pandemie nicht abgehalten.
12. Mit verfahrensleitendem Beschluss des BVwG, GZ.: G306 2224587-1/17Z, vom 09.11.2020, wurde der BF zur Abgabe einer Stellungnahme hinsichtlich bestehender Meldelücken in Österreich sowie zur Bekanntgabe von aktuellen Änderungen in seinem Privat- und Familienleben binnen 2 Wochen ab Erhalt des Schreibens aufgefordert.
13. Mit am 24.11.2020 beim BVwG eingebrachtem Schriftsatz, gab der BF durch seine RV eine Stellungnahme ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger der Republik Bulgarien, verheiratet, Vater von zwei minderjährigen Kindern, gesund und arbeitsfähig.
Der BF wurde in Bulgarien geboren, wo er auch die Schule, konkret 8 Jahre Hauptschule und 4 Jahre Gymnasium, besucht und den Beruf des Elektromonteurs erlernt hat.
Der BF hält sich seit dem Jahr 2010 durchgehend in Österreich auf und ehelichte am XXXX .2013 die bulgarische Staatsbürgerin, XXXX , geb. XXXX , mit welcher er seit 12.11.2012 im gemeinsamen Haushalt in Österreich lebt. Aus der besagte Ehe entstammen zwei in Österreich geborene gemeinsame Kinder, XXXX , geb. XXXX , und XXXX , geb. XXXX , beide bulgarische Staatsbürger, welche mit ihren Eltern ebenfalls im gemeinsamen Haushalt leben.
Der BF ist seit 28.02.2013 im Besitz einer Anmeldebescheinigung. Auch die Frau sowie die gemeinsamen Kinder sind jeweils im Besitz von Anmeldebescheinigungen.
Der BF bezog im Zeitraum 13.09.2010 bis 25.09.2010 Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung und ging beginnend mit 25.02.2013, teilweise unterbrochen durch Bezüge von Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung, immer wieder Erwerbstätigkeiten in Österreich nach. Seit 11.09.2020 ist der BF aufrecht bei der XXXX , in XXXX , beschäftigt, jedoch aktuell in Kurzarbeit.
Die Ehefrau des BF ging von 11.06.2019 bis 16.06.2019, 28.10.2019 bis 08.04.2020 und 11.09.200 bis 22.10.2020 Erwerbstätigkeiten in Österreich nach. Davor bezog sie von 24.03.2013 bis 23.03.2014 sowie von 21.02.2016 bis 20.10.2017 pauschales Kinderbetreuungsgeld und im Zeitraum zwischen 18.06.2018 bis 28.10.2018 wiederholt Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung.
Der Sohn des BF besucht die Volksschule und die Tochter des BF eine Kinderbetreuungsstätte in Österreich.
Im Bundesgebiet halten sich zudem die Mutter und die Schwester des BF auf.
Der BF weist folgende Verurteilungen in Österreich auf:
1. LG XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX .2017, in Rechtskraft erwachsen am XXXX .2017, wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden gemäß §§ 223 Abs. 2, 224 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 4 Monaten.
Der BF wurde für schuldig befunden, er habe im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten und zur Aufenthaltsermittlung im Inland ausgeschriebenen D.K. als Mittäter (§ 12 StGB) am XXXX .2017 in XXXX eine falsche Urkunde, nämlich eine gefälschte Meldebestätigung lautend auf D.K., somit eine inländische öffentliche Urkunde, im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich zum Nachweis eines Wohnsitzes im Inland, gebraucht, indem sie diese im Zuge der Eröffnung eines Bankkontos für D.K. bei der Bank vorlegten.
Als mildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit gewertet.
2. LG XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX .2019, in Rechtskraft erwachsen am 29.01.2019, wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betrugs gemäß §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB sowie des Vergehens der Untreue gemäß §§ 15, § 12 2. Fall, 153 Abs. 1 und Abs. 3 erster Fall StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, wovon 17 Monate bedingt nachgesehen wurden.
Der BF wurde für schuldig befunden, er habe
A. Mit dem Vorsatz durch das Verhalten der Getäuschten, sich und Dritte unrechtmäßig zu bereichern, gewerbsmäßig (§ 70 Abs. 1 Z 3 StGB) namentlich genannte durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen,
I. Verleitet die Personen und Banken in einem Betrag von insgesamt EUR 72.441,14, somit in einem EUR 5.000,- übersteigenden Gesamtbetrag, an deren Vermögen schädigten, und zwar
1. Am XXXX .2017 M.A. durch die Vorgabe seiner Rückzahlungsfähig- und -willigkeit zur Überweisung eines Geldbetrages von EUR 4.000,- als Darlehen auf das Konto des R.M., wobei er nur einen Teilbetrag in Höhe EUR 200,- zurückzahlte;
2. Im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit anderen Personen als Mittäter (§ 12 StGB) im Zeitraum XXXX .2017 bis XXXX .2018 in 27 Angriffen Mitarbeiter einer Bank durch die Vorgabe, den Kontorahmen nicht zu überziehen, und durch Vorlage falscher bzw. inhaltlich unrichtiger Lohn- und Meldebestätigungen zum Nachweis der Bonität bzw. eines aufrechten Wohnsitzes der Kreditnehmer im Inland, somit unter Benützung falscher Urkunden und Beweismittel, zur Eröffnung von Girokonten und Einräumung einer Verfügungsbefugnis über die Konten, wodurch die besagte Bank infolge Kontoüberziehungen im Betrag von EUR 6.262,39 geschädigt wurde, wobei der BF als Übersetzer und Vermittler fungierte;
3. Im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten nicht mehr auszuforschenden Mittäter sowie weiteren abgesondert verfolgen Personen als Mittäter (§ 12 StGB), Mitarbeiter von Elektronik-Unternehmen sowie einer Bank im Zeitraum XXXX .2017 bis XXXX .2018 in insgesamt 19 Angriffen, durch Vorgabe, die als Kunden präsentierten Mittäter seien zahlungsfähig und –willig, zum Abschluss von Ratenkaufverträgen, zur Gewährung eines Konsumkredits und zur Ausfolgung von Elektrowaren, wodurch die besagt Bank in einem Gesamtbetrag von EUR 22.223,72 geschädigt wurde, indem sie teils falsche bzw. inhaltlich unrichtige Lohnbestätigungen zum Nachweis der Bonität der Kreditnehmer vorlegten, die Mitarbeiter der Elektromärkte bei der besagten Bank Anträge auf Gewährung eines Konsumkredits stellten, die besagte Bank in weiterer Folge den Kaufpreis der den Mittätern ausgefolgten Waren an die Elektromärkte auszahlte, die Mittäter jedoch keine bzw. nur geringfügige Raten an die Bank zurückzahlten, wobei der BF als Übersetzer und Vermittler fungierte;
4. Am XXXX .2018 Mitarbeiter einer Bank mi dem abgesondert verfolgten R.M. zur Gewährung eines Darlehens in Höhe von EUR 40.155,03 unter Benützung einer inhaltlich unrichtigen Meldebestätigung zum Nachweis eines Wohnsitzes im Inland, wobei R.M. keine Rate zurückzahlte und die Bank in diesem Betrag geschädigt wurde und der BF als Übersetzer und Vermittler fungierte
II. Zu verleiten versucht, die die Personen und eine Bank an ihrem Vermögen in einem insgesamt EUR 5.000,- übersteigenden Gesamtbetrag schädigen hätte sollen, und zwar
1. Am XXXX .2018 M.A. dadurch, dass er ihn aufgrund seiner fehlenden Sprachkenntnisse bei einer Kreditaufnahme in einer Filiale bei einer Bank begleitete und ihm gegenüber vorgab, zur rascheren Auszahlung der Kreditvaluta sei eine Überweisung eines Betrages in Höhe von EUR 5.000,- auf ein ihm zuordenbares Konto erforderlich, zu einer Zustimmung zur Überweisung auf das Konto des BF wobei es infolge seiner Festnahme beim Versuch blieb;
2. Im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit weiteren Personen als Mittäter (§ 12 StGB), im Zeitraum XXXX .2018 bis XXXX .2018 in insgesamt 9 Angriffen, Mitarbeiter einer Bank durch die Vorgabe, das Kontolimit nicht zu überziehen, indem sie teils falsche bzw. inhaltlich unrichtige Meldebestätigungen zum Nachweis der Bonität der Kreditnehmer sowie zum Nachweis eines Wohnsitzes im Inland vorlegten, somit unter Benützung falscher Urkunden und Beweismittel, zur Eröffnung von Girokonten und Einräumung einer Verfügungsbefugnis über die Konten, wodurch die besagte Bank in ihrem Vermögen geschädigt hätte werden sollen, wobei es wegen des positiven Kontosaldos beim Versuch blieb;
3. Im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einer abgesondert verfolgten und nicht mehr auszuforschenden Person sowie weiteren abgesondert verfolgten Personen als Mittäter (§ 12 StGB) im Zeitraum XXXX .2017 bis XXXX .2018 in insgesamt 16 Angriffen, Mitarbeiter mehrerer Unternehmen und einer Bank durch die Vorgabe, die als Kunden präsentierten Mittäter seien zahlungsfähig und –willig, zum Abschluss von Ratenkaufverträgen, zur Gewährung eines Konsumkredits und Ausfolgung von Wertgegenständen, wodurch die besagte Bank in einem Betrag von EUR 26.511,38 an ihrem Vermögen geschädigt hätte werden sollen, indem die Mitarbeiter der jeweiligen Elektromärkte bei der besagten Bank Anträge auf Gewährung eines Konsumkredits stellten, wobei es beim Versuch blieb, weil die besagte Bank die Kredite nicht gewährte.
B. Am XXXX .2018 D.L. durch die Aufforderung, im Namen einer Bank Kreditverträge mit bulgarischen Staatsangehörigen ohne ordnungsgemäße Prüfung ihrer Bonität abzuschließen und dafür ein Entgelt zu lukrieren, dazu zu bestimmen versucht, seine Befugnis als Kundenbetreuer der besagten Bank über fremdes Vermögen zu verfügen, nämlich seine Befugnis, die besagte Bank durch den Vertragsabschluss als Kreditgeber zur Auszahlung der Darlehensvaluta zu verpflichten, wissentlich zu missbrauchen und dadurch der besagten Bank an ihrem Vermögen in einem EUR 5.000,- übersteigenden Betrag zu schädigen, wobei es beim Versuch blieb, weil D.L. der Aufforderung nicht nachkam.
Als mildernd wurden das reumütige Geständnis, der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist sowie die Mithilfe zur Wahrheitsfindung, als erschwerend wurden das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen, die zahlreichen Angriffe, der EUR 5.000,- deutlich übersteigende Schaden und eine einschlägige Vorstrafe mit raschem Rückfall gewertet.
Es wird festgestellt, dass der BF die besagten Straftaten begangen hat und die beschriebenen Verhaltensweisen gesetzt hat.
Der BF wurde von XXXX .2018 bis XXXX .2019 in Justizanstalten in Österreich angehalten.
Es konnten keine Anhaltspunkte festgestellt werden, dass der BF Soziallleistungen in Anspruch genommen hat.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen und Geburtsdatum), zur Staatsangehörigkeit, zum Familienstand, zur Vaterschaft, zum Schulbesuch und zur Berufsausbildung im Herkunftsstaat sowie zum durchgehenden Aufenthalt in Österreich getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen weder in der gegenständlichen Beschwerde noch den ergänzenden Stellungnahmen entgegengetreten wurde.
Insofern der BF Meldelücken in Österreich im Zeitraum 18.11.2015 bis 20.12.2015 und 30.01.2019 bis 17.06.2019 aufweist, konnte der BF glaubwürdig darlegen, aufgrund vergessener Meldungsvornahmen im Rahmen einer Übersiedelung in eine andere Wohnung innerhalb Österreichs sowie aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsnahme bei seiner Mutter in Österreich und verweigerter Meldungsannahme durch die Meldebehörde aufgrund überschrittener Wohnkapazitäten der betroffenen Wohnung Meldelücken aufzuweisen, jedoch durchgehend im österreichischen Staatsgebiet aufhältig gewesen zu sein. Angesichts des langen Aufenthaltszeitraumes und den kernfamiliären Bezugspunkten des BF in Österreich kann dem Vorbringen des BF letztlich Glauben geschenkt werden. Anhaltspukte die nahelegen würden, dass der BF entgegen seiner Angaben das Bundesgebiet verlassen und im Ausland Aufenthalt genommen hätte, konnten nicht festgestellt werden.
Die Personalien zur Ehefrau und zu den Kindern des BF beruhen auf in Vorlage gebrachten Unterlagen, wie Kopien der Heiratsurkunde sowie der Geburtsurkunden der Kinder (siehe OZ 5), und ergibt sich der gemeinsame Haushalt des BF mit seiner Frau und den gemeinsamen Kindern sowie die Anhaltung des BF in Justizanstalten aus einer Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister. Die Eheschließung zwischen dem BF und seiner Frau ergibt sich zudem auch aus der in Vorlage gebrachten Heiratsurkunde (siehe OZ 5).
Der Besitz von Anmeldebescheinigungen des BF, seiner Frau und den gemeinsamen Kindern ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister sowie aus in Vorlage gebrachte Ablichtungen der besagten Anmeldebescheinigungen (siehe OZ 5).
Die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF samt den näheren Ausführungen sowie die Feststellung, dass der BF die besagten Straftaten begangen und die beschriebenen Verhaltensweisen gesetzt hat, beruhen auf je einer Ausfertigung der oben zitierten Strafurteile sowie einer Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.
Der Gesundheitszustand des BF ergibt sich wiederum aus dem Nichtvorbringen eines, das Bestehen von gesundheitlichen Beeinträchtigungen nahelegenden Sachverhaltes seitens des BF, und beruht die Feststellung der Arbeitsfähigkeit des BF auf dem festgestellten Gesundheitszustand, sowie der Erwerbstätigkeit des BF.
Die Erwerbstätigkeiten sowie der Bezug von Arbeitslosengeld des BF in Österreich beruhen auf einem Sozialversicherungsauszug und folgt die Feststellung, dass der BF aktuell in Kurzarbeit ist, dem, angesichts der aktuell anhaltenden Corona-Pandemie, glaubwürdigen Vorbringen des BF vor dem BVwG. Dem besagten Sozialversicherungsauszug konnte zudem nicht entnommen werden, dass der BF Sozialleistungen bezogen hat.
Einem Sozialversicherungsauszug können zudem auch die Erwerbstätigkeiten der Ehefrau des BF sowie deren wiederholten Bezüge von Kinderbetreuungs- und Arbeitslosengeld entnommen werden.
Den Besuch der Volksschule durch den Sohn des BF konnte durch die Vorlage einer Schulbesuchsbestätigung (siehe OZ 18) sowie der Besuch einer Kinderbetreuungsstelle durch die Tochter des BF durch die Vorlage einer entsprechenden Bestätigung (siehe OZ 18) vom BF belegt werden.
Den glaubwürdigen und durch die Nennung von Personalien untermauerten Angaben des BF folgen letztlich die Feststellungen zu den familiären Bezugspunkten in Form seiner Mutter und seiner Schwester in Österreich. Ferner konnte deren Aufenthalt in Österreich durch Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister zudem ermittelt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zur Stattgabe der Beschwerde:
3.1.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jede Person die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 4 Z 8 leg cit als EWR-Bürger, jener Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.
Der BF als Staatsangehöriger von Bulgarien ist sohin EWR-Bürger iSd. § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.
3.1.2. Der mit „Ausweisung“ betitelte § 66 FPG lautet:
„§ 66. (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.
(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)“
Der mit „Aufenthaltsverbot“ betitelte § 67 FPG lautet:
„§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.
(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere
1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.
(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)“
Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:
„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“
Der mit „Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate“ betitelte § 51 NAG lautet:
„§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;
2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder
3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.
(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er
1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;
2. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;
3. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder
4. eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.
(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.“
Der mit „Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern“ betitelte § 53a NAG lautet wie folgt:
„§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.
(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von
1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;
2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder
3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.
(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie
1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;
2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder
3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;
Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.
(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.
(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn
1. sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;
2. der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder
3. der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat.“
Gemäß § 31 Abs. 1 Z 2 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind.
3.1.3. Der Beschwerde gegen den Bescheid des BFA war aus folgenden Gründen stattzugeben:
3.1.3.1. Der BF hält sich seit 2010 durchgehend in Österreich auf, und wurde ihm beginnend mit 28.02.2013 eine Anmeldebescheinigung ausgestellt. Ferner ging der BF wiederholt Erwerbstätigkeiten in Österreich nach, ist aktuell erneut erwerbstätig und bezog beginnend im Jahr 2010 wiederholt Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung. Darüber hinaus war auch seine Frau wiederholt in Österreich erwerbstätig und bezog diese zudem wiederholt Kinderbetreuungs- und Arbeitslosengeld. Der Bezug von Sozialleistungen durch den BF konnte ferner nicht festgestellt werden. Vor diesem Hintergrund ist unter Berücksichtigung des langen Aufenthaltszeitraumes des BF in Österreich vom Erwerb des unionsrechtlichen Daueraufenthaltsrechtes durch den BF iSd. § 53a iVm. § 51 Abs. 1 NAG auszugehen. Demzufolge kommt auch seiner Frau ein solches iSd. § 53a NAG iVm. § 51 Abs. 1 bzw. § 52 Abs. 1 Z 1 NAG zu.
Unter Berücksichtigung, dass der BF vom Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde zurückgerechnet die Voraussetzung eines durchgehenden Aufenthaltes von mehr als 10 Jahren nicht erfüllt hat (vgl. EuGH 16.01.2014, C-400/12), kommt für diesen trotz mittlerweile mehr als 10-jährigen Aufenthalts in Österreich gegenständlich dennoch der Gefährdungsmaßstab iSd. § 67 abs. 1 Satz 1 und 2 iVm. § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FPG (vgl. VwGH 22.01.2014, 2013/21/0135) zur Anwendung.
3.1.3.2. Gegen den BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots sohin gemäß §§ 67 Abs. 1 Satz 1 und 2 iVm. § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FPG nur zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet schwerwiegend gefährdet würde. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.
„Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. - noch zu § 86 FPG in der Fassung vor dem FrÄG 2011, der Vorgängerbestimmung des § 67 FPG - etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0197, und vom 21. Februar 2013, Zl. 2012/23/0042, mwN).“ (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039)
Zudem gilt es festzuhalten, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen eigenständig und unabhängig von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen sind (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6. Juli 2010, Zl. 2010/22/0096) und es bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes/Einreiseverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung geht. (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).
Die Bestimmungen der § 67 Abs. 1 und 2 FrPolG 2005 und § 66 Abs. 1 FrPolG 2005, beide idF FrÄG 2011, sind vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2004/38/EG - Freizügigkeitsrichtlinie, deren Umsetzung sie dienen, zu verstehen. Demnach sind sie in ihrem Zusammenspiel dahin auszulegen, dass hinsichtlich Personen, die das Daueraufenthaltsrecht erworben haben, nicht nur bei der Ausweisung, sondern auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes der in § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 vorgesehene Gefährdungsmaßstab, der jenem in Art. 28 Abs. 2 der genannten Richtlinie entspricht, heranzuziehen ist (Hinweis E 13. Dezember 2012, 2012/21/0181; E 12. März 2013, 2012/18/0228). Dieser Maßstab liegt im abgestuften System der Gefährdungsprognosen über dem Gefährdungsmaßstab nach dem ersten und zweiten Satz des § 67 Abs. 1 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011. (vgl. VwGH 22.01.2014, 2013/21/0135)
3.1.3.3. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs.
Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit ein Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie sie eine Ausweisung eines Fremden darstellt, kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die Ausweisung einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt:
Die Zulässigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, insbesondere die gegenständlichen Rückkehrentscheidung, setzt nach § 9 Abs. 1 BFA-VG unter dem dort genannten Gesichtspunkt eines Eingriffs in das Privat- und/oder Familienleben voraus, dass ihre Erlassung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (vgl. VwGH vom 12.11.2015, Zl. Ra 2015/21/0101).
Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007,
Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche – in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte – Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:
• die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),
• das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),
• die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
• den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),
• die Bindungen zum Heimatstaat,
• die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie
• auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).
Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u.a., Zl. 26940/10).
Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden etwa Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen. Diese Rechtsprechung zu Art. 8 MRK ist auch für die Erteilung von Aufenthaltstiteln relevant (vgl. E 26. Februar 2015, Ra 2015/22/0025; E 19. November 2014, 2013/22/0270). Auch in Fällen, in denen die Aufenthaltsdauer knapp unter zehn Jahren lag, hat der VwGH eine entsprechende Berücksichtigung dieser langen Aufenthaltsdauer gefordert (vgl. E 16. Dezember 2014, 2012/22/0169; E 9. September 2014, 2013/22/0247; E 30. Juli 2014, 2013/22/0226). Im Fall, dass ein insgesamt mehr als zehnjähriger Inlandsaufenthalt für einige Monate unterbrochen war, legte der VwGH seine Judikatur zum regelmäßigen Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt des Fremden zugrunde (vgl. E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082). (Vgl. VwGH 08.11.2018, Ra 2016/22/0120
Im Fall, dass ein insgesamt mehr als zehnjähriger Inlandsaufenthalt für einige Monate unterbrochen war, legte der VwGH seine Judikatur zum regelmäßigen Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt des Fremden zugrunde (vgl. E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082). (Vgl. VwGH 08.11.2018, Ra 2016/22/0120
„Nach § 66 Abs. 2 FrPolG 2005 und § 9 BFA-VG 2014 ist bei Erlassung einer auf § 66 FrPolG 2005 gestützten Ausweisung eine Abwägung des öffentlichen Interesses an der Beendigung des Aufenthalts des EWR-Bürgers mit dessen Interesse an einem Verbleib in Österreich vorzunehmen, bei der insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts im Bundesgebiet, das Alter, der Gesundheitszustand, die familiäre und wirtschaftliche Lage, die soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß der Bindungen zum Heimatstaat sowie die Frage der strafgerichtlichen Unbescholtenheit zu berücksichtigen sind.“ (VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0049)
„Es trifft zwar zu, dass im Rahmen einer Interessenabwägung nach Art. 8 MRK bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt eines Fremden in der Regel von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist (vgl. VwGH 1.2.2019, Ra 2019/01/0027, mwN). Diese Rechtsprechung betraf allerdings nur Konstellationen, in denen sich aus dem Verhalten des Fremden - abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich - sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab. Die "Zehn-Jahres-Grenze" spielte in der bisherigen Judikatur nur dann eine Rolle, wenn einem Fremden kein - massives - strafrechtliches Fehlverhalten vorzuwerfen war (vgl. VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001, mwN).“ (VwGH 28.02.2019, Ra 2018/01/0409)
Ein Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat. Dieser Zeitraum ist nach den Grundsätzen der Judikatur umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden - etwa in Hinblick auf das der strafgerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten oder einen raschen Rückfall - manifestiert hat (vgl. zum Ganzen VwGH 26.4.2018, Ra 2018/21/0027, mwN). (vgl. VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0118)
„Für Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die das Recht auf Daueraufenthalt genießen, bestimmt aber Art. 28 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie, dass eine Ausweisung nur aus "schwerwiegenden" Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügt werden darf, wobei zwar auch hier gemäß Art. 27 Abs. 2 der Richtlinie auf das persönliche Verhalten abzustellen ist, das eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, insgesamt aber ein größeres Ausmaß an Gefährdung verlangt wird. Diese Vorgaben der Unionsbürgerrichtlinie wurden im FrPolG 2005 insofern umgesetzt, als nach dessen § 66 Abs. 1 idF FrÄG 2011 die Ausweisung von EWR -Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen, die bereits das Daueraufenthaltsrecht erworben haben, nur dann zulässig ist, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.“ (vgl. VwGH 13.12.2012, 2012/21/0181)
3.1.3.4. Der BF weist zwei Verurteilungen in Österreich wegen der Vergehen der Urkundenfälschung und der Veruntreuung sowie des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 4 Monaten sowie einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten, wovon 17 Monate bedingt nachgesehen wurden, auf.
Das vom BF gezeigte Verhalten kann grundsätzlich als schwerwiegend eingestuft werden. Insbesondere angesichts der wiederholten Verurteilungen innerhalb eines kurzen Zeitraumes sowie der hohen Anzahl an Angriffen, der Schadenshöhen, dem gewerbsmäßigen Vorgehen sowie dem Vorgehen mit weiteren Tätern. Es steht außer Zweifel, dass das vom BF gezeigte Verhalten ein Fehlen einer Verbundenheit zu rechtsstaatlich geschützten Werten erkennen lässt und eine schwerwiegende Beeinträchtigung öffentlicher Interessen darstellt.
So hat der VwGH wiederholt festgehalten, dass ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von Gewalt- und Eigentumsdelikten vorherrscht (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0474).
Gegenständlich gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass die Freiheitsstrafen überwiegend bedingt ausgesprochen wurden, die letzte Straftat am XXXX .2018 begangen wurde, der BF erstmals das Haftübel verspüren musste und er sich vor dem Strafgericht geständig und im gegenständlichen Verfahren reuig zeigte. Ferner hält sich der BF seit nunmehr 10 Jahren durchgehend im Bundesgebiet auf und verfügt er über kernfamiliäre Bezugspunkte in Österreich in Form seiner Frau und seiner beiden minderjährigen Kinder, die zudem zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind. Die Ehefrau des BF hält sich mittlerweile seit 8 Jahren gemeinsam mit dem BF in Österreich auf und sind die beiden gemeinsamen minderjährigen Kinder nicht nur in Österreich zur Welt gekommen, sondern halten sich zudem ihr bisheriges Leben ununterbrochen in Österreich auf. Zudem halten sich die Mutter sowie die Schwester des BF in Österreich auf, hat der BF wiederholt versucht am österreichischen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen und geht aktuell erneut einer Erwerbstätigkeit nach, was letztlich den nachhaltigen Willen des BF selbsterhaltungsfähig zu sein aufzeigt.
Der familiäre, soziale und wirtschaftliche Lebensmittelpunkt des BF liegt seit mittlerweile 10 Jahren durchgehend in Österreich und kann letztlich in Zusammenschau des oben Ausgeführten nicht nur das Vorliegen eines ausgeprägten und berücksichtigungswürdigen Privat- und Familienlebens iSd. Art 8 EMRK beim BF festgestellt, sondern diesem auch eine positive Zukunftsprognose erstellt werden. Angesichts des Umstandes, dass der BF aufgrund seiner zweiten Verurteilung erstmals das Übel der Haft erfahren musste, seine Letzte Straftat mehr als 2 Jahre zurückliegt und er sich letztlich reuig zeigt, lässt sich aus Sicht des erkennenden Gerichts eine aktuelle Gefährlichkeit des BF nicht erschließen, was wiederum die zuvor genannte positive Zukunftsprognose stützt.
Nach erfolgter Abwägung sich widerstreitender öffentlicher und privater Interessen ist zum Schluss zu kommen, dass sich die Verhängung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot (vgl. VwGH 29.09.2020, Ra 2020/21/0196: wonach eine Ausweisung als Teil eines Aufenthaltsverbotes, das aus einer Ausreiseverpflichtung und der Verpflichtung besteht, innerhalb des festgelegten Zeitraums (oder auf Dauer) nicht zurückzukehren, gegenüber dem Aufenthaltsverbot nicht ein Aliud, sondern ein Minus darstellt, und bei Verneinung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegenüber dem Fremden somit die Prüfung des Vorliegens der Tatbestandserfordernisse für die Erlassung einer (von der erstinstanzlichen Entscheidung des BFA umfassten) Ausweisung nach § 66 FrPolG 2005 nach sich zu ziehen habe), im konkreten Fall mangels Vorliegens einer schwerwiegenden, gegenwärtigen und tatsächlichen schweren Gefährdung öffentlicher Interessen iSd. § 67 Abs. 1 iVm. 66 Abs. 1 letzter Satzteil FPG, aber auch unter Berücksichtigung von Art 8 EMRK, als nicht zulässig erweist.
Demzufolge war der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.
3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht hinreichend nachgekommen. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.
Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, weil der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde samt Ergänzung geklärt war. Was das Vorbringen des BF in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen, welches die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätte.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG),