TE Vfgh Beschluss 2021/5/5 UA1/2021-40

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Veröffentlicht am 05.05.2021
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Index

10/07 Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit

Norm

B-VG Art138b Abs1 Z4
ZPO §219 Abs1
VfGG §7 Abs1, §20 Abs4

Leitsatz

Abweisung eines Antrags auf Gewährung von Akteneinsicht nach Beendigung des verfassungsgerichtlichen Verfahrens mangels Vorliegens konkreter Rechtsschutzinteressen

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Begründung

1. Mit Erkenntnis vom 3. März 2021, UA1/2021, – zugestellt am Folgetag – hat der Verfassungsgerichtshof Folgendes ausgesprochen:

"I. Der Bundesminister für Finanzen ist verpflichtet, dem Untersuchungsaus-schuss betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (Ibiza-Untersuchungsausschuss) die E-Mail-Postfächer sowie lokal oder serverseitig gespeicherten Dateien der Bediensteten der Abteilung I/5 E. G., A. M. und G. B. sowie von Bediensteten des Bundesministeriums für Finanzen empfangene E-Mails von T. S., E. H.-S., M. K., B. P. und M. L. aus dem Untersuchungszeitraum vorzulegen.

II. Der Antrag wird zurückgewiesen, soweit er sich auf die Feststellung der Verpflichtung des Bundesministers für Finanzen zur Vorlage rein privater Dateien und Kommunikation sowie von E-Mails und elektronischen Dateien der Abteilung I/5 bezieht, die dem Ibiza-Untersuchungsausschuss bereits vorgelegt worden sind."

2. Mit Eingabe vom 7. April 2021 beantragen die Einschreiter gemäß §35 Abs1 VfGG iVm §219 Abs1 ZPO eine Abschrift der dem Verfassungsgerichtshof vom Bundesminister für Finanzen zum Verfahren UA1/2021 vorgelegten Akten und Unterlagen (E-Mail-Postfächer sowie lokal oder serverseitig gespeicherten Dateien) der Bediensteten der Abteilung I/5 E. G., A. M. und G. B. sowie von Bediensteten des Bundesministeriums für Finanzen empfangene E-Mails von T. S., E. H.-S., M. K., B. P. und M. L. aus dem Untersuchungszeitraum.

Trotz der bereits erfolgten Zustellung des enderledigenden Erkenntnisses bestehe weiterhin ein konkretes Rechtsschutzinteresse, weil nur durch die Gewährung der Akteneinsicht die vollständige Erfüllung der sich aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. März 2021, UA1/2021, ergebenden Verpflichtung des Bundesministers für Finanzen zur Vorlage von Akten und Unterlagen an den Ibiza-Untersuchungsausschuss nachgeprüft werden könne (vgl dazu auch den Antrag gemäß Art146 Abs2 B-VG vom 22. März 2021).

3. Über Einladung des Verfassungsgerichtshofes hat der Bundesminister für Finanzen folgende Äußerung erstattet, in der die Zurückweisung des vorliegenden Antrages, in eventu beantragt wird, diesem nicht Folge zu geben:

Die Urkunden, Daten und Dokumente, die vom Bundesminister für Finanzen dem Verfassungsgerichtshof mittels zweier USB-Sticks mit Schreiben vom 19. und 23. Februar 2021 vorgelegt worden seien und von denen nun die Antragsteller im Wege der Akteneinsicht eine Abschrift erlangen wollten, seien dem Verfassungsgerichtshof vom Bundesminister für Finanzen unter der Voraussetzung übermittelt worden, dass diese von einer Akteneinsicht ausgenommen seien. Die Urkunden, Daten und Dokumente seien nicht Bestandteil des Aktes geworden, sondern hätten der Vorbereitung der Willensbildung und Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes gedient, womit sie von Gesetzes wegen von der Akteneinsicht ausgenommen seien. Die Gewährung der Akteneinsicht würde zu einer Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen führen und sei daher auch deswegen unzulässig.

4. Die Akteneinsicht einer Partei eines verfassungsgerichtlichen Verfahrens kommt grundsätzlich nur bis zur Zustellung der Enderledigung in Betracht. Davon ist nur dann eine Ausnahme zu machen, wenn in der betreffenden Rechtssache konkrete Rechtsschutzinteressen glaubhaft gemacht werden. Als konkretes Rechtsschutzinteresse gilt insbesondere eine beabsichtigte Wiederaufnahme des Verfahrens (VfGH 21.9.2017, A2/2017).

5. Der nunmehrige Antrag auf Akteneinsicht ist abzuweisen, weil im konkreten Fall vergleichbare konkrete Rechtsschutzinteressen nicht vorliegen.

6. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass Parteien in Verfahren gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG vor Zustellung der Enderledigung dann keine Einsicht in die von vorlagepflichtigen Organen dem Verfassungsgerichtshof übermittelten Akten und Unterlagen zu gewähren ist, wenn dies bereits streitentscheidend wäre.

7. Dies konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Akteneinsicht, VfGH / Untersuchungsausschuss

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:UA1.2021

Zuletzt aktualisiert am

25.05.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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