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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
ABGB §1451Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsidenten Dr. Pilat und die Räte Dr. Umshaus, Dr. Dorazil, Dr. Naderer und Dr. Härtel als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Skorjanec als Schriftführer, über die Beschwerde des Mag. pharm. JJ in B, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Unterricht vom 11. Dezember 1957, Zl. 58.356 - 2/55, betreffend Nachzahlung von Bezügen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Wie den dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakten zu entnehmen ist, war der Beschwerdeführer am 13. März 1938 als vertragsmäßig bestellte wissenschaftliche Hilfskraft am Pharmazeutisch-chemischen Institut der Universität Wien im Dienste; in der Folge wurde er auf Grund eines Dienstvertrages des Kurators der wissenschaftlichen Hochschulen in Wien vom November 1940 mit den Dienstgeschäften eines wissenschaftlichen Assistenten am genannten Institut zunächst bis 31. Juli 1942 betraut. Der genannte Kurator hat diese Tätigkeit um weitere zwei Jahre, das ist vom 1. August 1942 bis 31. Juli 1944 gemäß Z. 11 (richtig offenbar Z. 12) der Reichsassistentenordnung (siehe Amtsblatt des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung und der Unterrichts-Verwaltungen der Länder, Jahrgang 6 (1940) S. 68) verlängert. Aus einer in den Akten erliegenden Zuschrift des Rektorates der Universität Wien an den Direktor des Institutes der Pharmazeutischen Chemie der Universität Wien vom 26. März 1943 ist außerdem ersichtlich, daß der oben genannte Kurator dem Beschwerdeführer im Namen des Reichserziehungsministers ab 1. Jänner 1943 die Stelle eines wissenschaftlichen Assistenten übertragen hat, welche Maßnahme am 8. Dezember 1944 auf Grund der Z. 5 Abs. 1 der Reichsassistentenordnung bis 31. Dezember 1946 verlängert worden ist. In dieser Verfügung heißt es, daß die Kasse der wissenschaftlichen Hochschulen in Wien Anordnung erhalten habe, dem Beschwerdeführer den seinemDienstalter und Familienstand entsprechenden Diätensatz nebst Wohnungsgeldzuschuß im Voraus zu zahlen.
Mit Bescheid des Liquidators der Einrichtungen des Deutschen Reiches in der Republik Österreich vom 29. April 1946 wurde auf Grund des § 14 des Verbotsgesetzes, StGBl. Nr. 13/1945, die Entlassung des Beschwerdeführers aus seinem Dienstverhältnis festgestellt. Mit Eingabe vom 21. Juli 1954, gerichtet an das Bundesministeriums für Unterricht, beantragte der Beschwerdeführer, über seine Übernahme auf einen Dienstposten der neugebildeten Personalstände oder seine Ausscheidung aus dem Dienstverhältnis zu entscheiden und ihm, da er bis 31. Dezember 1946 seinen Dienst am Institut weiterversehen habe, für die Zeit vom 1. März 1945 (dem Zeitpunkt, von dem an er keinen Gehalt mehr bezogen habe) bis 31. Dezember 1946 Aktivbezüge bzw. für die Zeit ab 18. Februar 1947 bis zu seinem eventuellen Ausscheiden bzw. bis zur Wiederverwendung Bezugsvorschüsse für nicht in Verwendung genommene Bedienstete flüssigzumachen. In der Folge, und zwar unter dem 11. Dezember 1957, erließ das Bundesministerium für Unterricht einen Bescheid nachfolgenden Wortlautes:
„Ihre mit Bescheid des Liquidators der Einrichtungen des Deutschen Reiches in der Republik Österreich vom 29. April 1946, Zl. 182/li /56, auf Grund des § 14 des Verbotsgesetzes in seiner ursprünglichen Fassung ausgesprochene Entlassung aus dem Dienstverhältnis als wissenschaftlicher Assistent am Pharm.-chem. Institut der Universität Wien ist auf Grund der Bestimmung des § 44 Abs. 1 der NS-Amnestie 1957, BGBl. Nr. 82/1957, rückwirkend aufgehoben.
Eine Nachzahlung von Bezügen bzw. von Bezugsvorschüssen findet gemäß § 44 Abs. 2 leg. cit. nicht statt.
Mit Bescheid des Bundeskanzleramtes vom 20. August 1957, Zl. 30.405 - 2N/L/57 wurden Sie, da die Dienstbehörde eine Übernahme gemäß § 7 des Beamten-Überleitungsgesetzes auf einen Dienstposten der neugebildeten Personalstände nicht in Aussicht genommen hat, auf Grund der Bestimmungen des § 1 Abs. 1 des Behördenüberleitungsgesetzes gemäß § 8 Abs. 3 des Beamten-Überleitungsgesetzes, StGBl. Nr. 134/1945, aus Ihrem Dienstverhältnis gegenüber dem Deutschen Reich von der Dienstleistung enthoben.
Aus diesem Dienstverhältnis können Ansprüche gegen die Republik Österreich nicht erhoben werden.
Auf Ihr Ansuchen vom 21. Juli 1954 um Nachzahlung von Aktivbezügen für die Zeit vom 1. Februar 1945 bis 31. Dezember 1946 wird Ihnen mitgeteilt, daß Ihnen schon wegen des im Grunde des § 1486 Z. 5 des ABGB eingetretenen Ablaufes der dreijährigen Verjährungsfrist ein klagbarer Anspruch auf Nachzahlung eines Entgeltes für diese Zeit Ihrer Tätigkeit am Pharm.chem. Institut der Universität Wien nicht zusteht.
Ein Anspruch auf Nachzahlung von Bezugsvorschüssen nach §3Abs. 2 des Beamten-Überleitungsgesetzes, StGBl. Nr. 134/45, für die Zeit ab 1. Februar 1947 steht Ihnen gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1954, BGBl. Nr. 176/54 gleichfalls nicht zu, da Sie am 13. März 1938 als wissenschaftliche Hilfskraft am Pharm.chem. Institut der Universität Wien nur in einem befristeten Dienstverhältnis zum Bund gestanden sind und unbestrittenerweise ab 1. Fehruar 1947 nicht tatsächlich Dienst geleistet haben.“
Gegen diesen Bescheid des Bundesministeriums für Unterricht vom 11. Dezember 1957 richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer erachtet sich, wie er vorbringt, nur dadurch in seinen Rechten verletzt, daß ihm die Nachzahlung von Aktivbezügen (worunter sowohl die sogenannten Bezugsvorschüsse für in Verwendung genommene Bedienstete als auch Bezüge nach dem Gehaltsüberleitungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1947, verstanden werden können) vom 1. August 1945 bis 31. Dezember 1946 versagt worden ist. Vorweg sei bemerkt, daß die belangte Behörde, wie dem unangefochten gebliebenen Teil des in Rede stehenden Bescheides zu entnehmen ist, von der Annahme ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer. am 27. April 1945 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis gestanden ist, denn sie hat das Begehren des Beschwerdeführers behandelt, ohne sich hiebei auf § 12 des Beamten-Überleitungsgesetzes zu berufen. Von diesem Sachverhalt hat demnach auch der Verwaltungsgerichtshof auszugehen (§ 41 VwGG 1952). Die belangte Behörde hat dem vom Beschwerdeführer geltend gemachten Anspruch auf Nachzahlung von Aktivbezügen Verjährung entgegengehalten. Den Dienstrechtsvorschriften ist aber die Rechtseinrichtung der Verjährung fremd. Wie der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 7. Mai 1934, Slg. Nr. 17.958/A, ausgesprochen hat, kann (von positiv-rechtlichen Regelungen abgesehen) eine analoge Anwendung der einschlägigen Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches über die Verjährung im Bereich des öffentlichen Rechtes nicht stattfinden. Der Verwaltungsgerichtshof hält an dieser Rechtsanschauung auch im vorliegenden Fall fest. Demnach hätte die belangte Behörde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Nachzahlung von „Aktivbezügen“ nicht die etwa eingetretene Verjährung des Anspruches entgegenhalten dürfen. Die belangte Behörde hat hiezu in ihrer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten Gegenschrift im Einklang mit den Ausführungen des Votums in ihrem Geschäftsakt Zl. 58.356 - 2/55 allerdings bemerkt, daß sie von der Rechtsmeinung ausgegangen sei, daß das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschwerdeführers durch Entlassung gemäß § 14 des Verbotsgesetzes bereits am 6. Juni 1945 sein Ende gefunden habe und daß der Dienstleistung des Beschwerdeführers von da an bis zum 31. Dezember 1946 allenfalls ein durch konkludente Handlungen begründetes privatrechtliches Dienstverhältnis zugrunde liegen könnte, Gehaltsansprüchen aus einem solchen Dienstverhältnis würde aber infolge eingetretener Verjährung im Sinne des § 1486 Z. 5 ABGB die Klagbarkeit fehlen. Sollte die belangte Behörde damit etwa einwenden wollen, daß dem angefochtenen Teil ihrer Erledigung vom 11. Dezember 1957 der Bescheidcharakter fehle und daß er lediglich als Parteierklärung zu werten sei, so muß bemerkt werden, daß sie den Antrag des Beschwerdeführers vom 21. Juli 1954 im Zusammenhang mit der endgültigen Bereinigung des von ihr angenommenen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers erledigen wollte und daß daher der Teil des angefochtenen Bescheides, der sich auf den Antrag des Beschwerdeführers auf Nachzahlung von Aktivbezügen bezieht, nicht aus diesem Zusammenhang gerissen und nur für sich selbst betrachtet werden kann. Die Fassung des in Rede stehenden Bescheides läßt auch keineswegs klar erkennen, daß die belangte Behörde entgegen ihrer sonstigen Absicht im angefochtenen Teil des Bescheides vom 11. Dezember 1957 nur eine Parteierklärung abgeben wollte. Der Verwaltungsgerichtshof hat vielmehr den in Rede stehenden Teil des Bescheides in dem Sinne aufgefaßt, daß die belangte Behörde den Beschwerdeführer belehren wollte, daß er deshalb keinen Anspruch auf Zahlung von Aktivbezügen aus seinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis mehr besitze, weil dieses gemäß § 14 des Verbotsgesetzes mit Wirkung vom 6. Juni 1945 sein Ende gefunden habe und der Beschwerdeführer für die Zeit nachher höchstens in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis habe gestanden sein können und allfällige Gehaltsansprüche aus einem solchen infolge Verjährung nicht mehr klagbar seien. Eine solche Auslegung des Bescheide steht aber mit der im vorliegenden Falle gegebenen Sachlage nicht im Einklang, weil die Entlassung des Beschwerdeführers nach § 14 des Verbotsgesetzes rückwirkend beseitigt worden ist. Trotz der rückwirkend vorgenommenen Aufhebung der Entlassung des Beschwerdeführers ist jedoch die Bestimmung des § 44 Abs. 2 der NS-Amnestie 1957 anzuwenden, daß eine Nachzahlung von Bezugsvorschüssen im Sinne des § 3 Abs. 2 Beamten-Überleitungsgesetz oder eine solche von Bezügen schlechthin nicht stattfindet, Daraus ergibt sich, daß der Beschwerdeführer für die Zeit nach dem 5. Juni 1945 (Entlassung nach § 14 Verbotsgesetz) weder Bezugsvorschüsse noch Bezüge begehren kann. Soweit der Beschwerdeführer aber Bezüge gemäß den Bestimmungen des Gehaltsüberleitungsgesetzes verlangen sollte, so steht diesem Begehren die Rechtsvorschrift des § 59 Abs. 3 dieses Gesetzes entgegen, nach der grundsätzlich nur solche Personen Anspruch auf Bezüge haben, die auf Grund des § 7 Abs. 1 Beamten-Überleitungsgesetzes auf einen Dienstposten der neugebildeten Personalstände übernommen oder gemäß § 4 Abs. 1 des gleichen Gesetzes wieder in den Dienststand aufgenommen worden sind. Weder die eine noch die andere Maßnahme ist im Falle des Beschwerdeführers getroffen worden (der Beschwerdeführer hat das Vorliegen einer solchen auch nicht behauptet) und so fehlt dem Beschwerdeführer überhaupt jegliche Rechtsgrundlage, Ansprüche auf Gehaltsbezüge aus seinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis geltend zu machen. Aus den obigen Darlegungen ergibt sich, daß mit dem angefochtenen Bescheid ein Recht des Beschwerdeführers nicht verletzt wurde; die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abgewiesen werden.
Was aber die Frage eines allfälligen Anspruches des Beschwerdeführers auf Bezüge bzw. Bezugsvorschüsse für die Zeit vom 27. April bis 5. Juni 1945 anlangt, so ist der Verwaltungsgerichtshof der Ansicht, daß für die Entscheidung über diese Frage der Umstand von Bedeutung ist, daß der Beschwerdeführer weder gemäß § 7 des Beamten-Überleitungsgesetzes (StGBl. 134/1945) auf einen Dienstposten der neugebildeten Personalstände übernommen noch gemäß § 4 Abs. 1 dieses Gesetzes in den Dienststand wiederaufgenommen worden ist und nach § 59 Abs. 3 des Beamten-Überleitungsgesetzes Aktivbezüge nur Personen zustehen, die auf einen Dienstposten der neu gebildeten Personalstände übernommen bzw. gemäß § 4 Abs. 1 B-ÜG in den Dienststand wiederaufgenommen worden sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat gemäß § 41 VwGG 1952 sowohl den Beschwerdeführer als auch die belangte Behörde aufgefordert, sich zu dieser Frage zu äußern. Der Beschwerdeführer hat eine Äußerung innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht abgegeben; dagegen hat die belangte Behörde sich dahin geäußert, daß der Beschwerdeführer gemäß § 59 Abs. 3 des Beamten-Überleitungsgesetzes keinen Anspruch auf Aktivitätsbezüge im Sinne des Gesetzes besitze; wenn er aber mit dem von ihm gewählten Ausdruck „Aktivbezüge“ auch die Bezugsvorschüsse meinen sollte, die gemäß § 3 B-ÜG an Bedienstete in vorläufiger Verwendung gezahlt worden seien, so könnte sein Verlangen mit dem Hinweis auf § 59 Abs. 3 B-ÜG nicht abgewiesen werden. Die belangte Behörde sei jedoch der Meinung, daß dem Beschwerdeführer aus den in der Gegenschrift dargelegten Gründen - wegen Verjährung und mangels Vorliegens der Voraussetzungen nach § 59 Abs. 3 B-ÜG -überhaupt kein Rechtsanspruch, weder auf Aktivbezüge noch auf Bezugsvorschüsse, zustehe.
Wien, am 10. Juli 1958
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1958:1958000213.X01Im RIS seit
10.05.2021Zuletzt aktualisiert am
10.05.2021