TE Vwgh Erkenntnis 1970/12/16 0426/70

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.12.1970
beobachten
merken

Index

50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung

Norm

GelVerkG §5 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Strau und die Hofräte Dr. Striebl, Dr. Rath, Kobzina und Dr. Hrdlicka als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dohnal, über die Beschwerde des RS in N, vertreten durch Dr. Alois Fuchs, Rechtsanwalt in Landeck, gegen den Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung - mittelbare Bundesverwaltung vom 14. Jänner 1970, Zl. II a-59/2, betreffend die Verweigerung einer Taxikonzession, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Dem am 3. Oktober 1968 überreichten Antrag des Beschwerdeführers, es möge ihm für einen bestimmten Standort in N die Konzession zur Ausübung des Taxigewerbes, beschränkt auf einen Personenkraftwagen mit neun Sitzplätzen, verliehen werden, gab die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck mit Bescheid vom 2. Oktober 1969 unter Berufung auf § 5 Abs. 1 des Gelegenheitsverkehrsgesetzes mangels Bedarfes - nicht Folge. In der dagegen erhobenen Berufung wendete sich der Beschwerdeführer unter Hinweis auf den durch den steigenden Ausflugsverkehr, durch die Besucher des Landeskrankenhauses sowie durch Patienten des sogenannten „Doktor“ bewirkte steigende Nachfrage gegen die Annahme mangelnden Bedarfes und beantragte die „Einholung eines Sachbefundes durch einen objektiven Wirtschaftsfachmann“ mit dem Ziel, den nach seiner Auffassung im Standort bestehenden Bedarf nachzuweisen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, namens des Landeshauptmannes erlassenen Bescheid vom 14. Jänner 1970 gab das Amt der Tiroler Landesregierung der Berufung nicht Folge und bestätigte den Bescheid der Vorinstanz. Zur Begründung wurde im wesentlichen Nachstehendes ausgeführt: Nach dem Berufungsvorbringen und nach eigener Kenntnis der belangten Behörde werde die in N bestehende Nachfrage nach Leistungen des Taxigewerbes durch zwei Personengruppen, nämlich die fremden Gäste auf der einen sowie die Besucher des Landeskrankenhauses und die Patienten des „Doktor“ auf der anderen Seite repräsentiert. Auf der Angebotseite seien zwei Taxifahrzeuge vorhanden, deren eines nur während der Sommersaison verwendet werden dürfe. Hinsichtlich der durch die Fremden bewirkten Nachfrage wurde gesagt, daß zwar die Zahl der in der Standortgemeinde zu verzeichnenden Nächtigungen eine steigende Tendenz aufweise, daß aber die - für die Jahre 1966 bis 1969 für Winter- und Sommersaison getrennt angegebenen - absoluten Nächtigungsziffern darauf hindeuteten, daß der Fremdenverkehr in der Standortgemeinde noch keine besondere Rolle spiele. Ferner sei in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen gewesen, daß es sich zumindest teilweise um größere Reisegruppen handle, denen auch für die Ausflugsfahrten in die nähere und weitere Umgebung Omnibusse zur Verfügung stünden. Daraus könne geschlossen werden, daß dieser Teil der Nachfrage durch die vorhandenen Taxifahrzeuge in zufriedenstellender Weise gedeckt werden könne, zumal diese über Funk erreichbar und daher schneller einsatzfähig seien. Die von der einheimischen Bevölkerung (Krankenhausbesucher und Patienten - des „Doktor“ -) ausgehende Nachfrage könne bei der amtsbekannten Tatsache der stets steigenden Metarisierung auch der Landbevölkerung nicht als besonders groß angesehen werden, Insbesondere werde es aber infolge der verhältnismäßig geringen Entfernung zwischen N und Innsbruck keine besonderen Schwierigkeiten bieten, telefonisch ein Taxi aus Innsbruck herbeizurufen, wenn gerade in N selbst kein Fahrzeug vorhanden sein sollte. Im übrigen könne eine Nachfrage nach ganz bestimmten Leistungen des Taxigewerbes (Transfer N - Bahnhof Innsbruck) keineswegs die Verleihung einer hinsichtlich der Beförderungsleistungen völlig unbeschränkten Taxikonzession rechtfertigen. Bei dieser Sach- und Rechtslage, so wurde abschließend gesagt, sei die Einholung eines Sachbefundes durch einen Wirtschaftsfachmann entbehrlich gewesen, zumal Fragen der wirtschaftlichen Rentabilität eines Betriebes und dergleichen im Konzessionsverleihungsverfahren keinen Platz hätten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Verwaltungsgerichtshof hat über sie erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem ihm aus § 3 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes erfließenden Recht auf Erteilung der angestrebten Taxikonzession verletzt. Den Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führt er dem Sinne nach dahin aus, daß der maßgebliche Sachverhalt infolge Ablehnung seines im Berufungsverfahren gestellten Beweisantrages - auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Bedarfsfrage - ergänzungsbedürftig geblieben sei. Nun handelt es sich zwar bei der Bedarfsfrage insofern um eine Rechts- und nicht um eine Tatfrage, als sie in der Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes „Bedarf“ besteht und demnach einen Subsumptionsvorgang darstellt; daß Rechtsfragen einer Beweisführung durch einen Sachverständigen nicht zugänglich sind, bedarf keiner weiteren Erörterung. Dessen ungeachtet hatte die belangte Behörde die für den Subsumptionsvorgang, für die Lösung der Rechtsfrage also, maßgeblichen Tatsachen, das ist die in der Standortgemeinde tatsächlich bestehende Bedarfssituation, in einem vollständigen Ermittlungsverfahren zu prüfen. Auch der Beweisantrag des Beschwerdeführers konnte nicht anders als in dem Sinne verstanden werden, daß dieser die Heranziehung eines weiteren Erkenntnismittels deshalb für geboten hielt, weil ihm die Sachverhaltsannahme, auf der der erstinstanzliche Bescheid beruht hatte, unvollständig erschien. Auch das Beschwerdevorbringen geht, wie schon erwähnt, dem Sinne nach in die Richtung des Vorwurfes der nicht vollständigen Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes. Diesen Vorwurf aber mußte der Verwaltungsgerichtshof aus folgenden Erwägungen heraus für berechtigt erkennen:

Der weiter oben wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides ist zunächst mit aller Deutlichkeit zu entnehmen, daß die belangte Behörde das Bestehen einer Nachfrage, die durch das in der Standortgemeinde selbst (anders als die Behörde erster Rechtsstufe hatte die belangte Behörde ihre Untersuchungen auf diesen örtlichen Bereich beschränkt) vorhandene Angebot nicht voll befriedigt werden kann, keineswegs von vornherein ausgeschlossen hat. Dies traf offenkundig insbesondere hinsichtlich der fremden Gäste zu; wäre doch anders der Hinweis auf die Möglichkeit der Heranziehung von Omnibussen nicht verständlich. Aber auch in Ansehung der durch die einheimische Bevölkerung repräsentierten Nachfrage gelangte die belangte Behörde zu ihrer Annahme, diese Nachfrage könne voll befriedigt werden, nur unter Berücksichtigung der Möglichkeit, Taxis aus Innsbruck herbeizuholen.

Vom Boden dieser Beurteilung der Sachlage aus durfte es aber die belangte Behörde nicht dabei bewenden lassen, in jenen Bereichen, in denen sie die volle Befriedigung der Nachfrage durch die vorhandenen Taxifahrzeuge für nicht gesichert hielt, abstrakte Schlüsse - wie etwa jenen, die Nachfrage der einheimischen Bevölkerung könne „nicht als besonders groß angesehen werden“ - zu ziehen; es wäre vielmehr ihre Aufgabe gewesen, den ihr offenbar als Nachweis eines voll befriedigten Bedarfes ungeeignet erscheinenden Gendarmeriebericht vom 6. November 1969, in dem lediglich festgehalten ist, daß die Nachfrage von Personen, die das Landeskrankenhaus oder den „Doktor“ besuchen, durch zum Teil nicht in der Standortgemeinde etablierte Unternehmen voll befriedigt werde, durch weitere Beweiserhebung zu ergänzen und sich so ein vollständiges Bild vom maßgeblichen Sachverhalt zu verschaffen. Diese Beweiserhebung hätte allerdings keineswegs in der vom Beschwerdeführer beantragten Befragung eines Sachverständigen bestehen müssen; vielmehr hätten die Beweise in jeder der belangten Behörde zweckdienlich erscheinenden Form (§ 46 AVG 1950) beschafft werden können.

Da sohin der angefochtene Bescheid auf einem Sachverhalt beruht, der in einem wesentlichen Punkte der Ergänzung bedarf, mußte er gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 der Aufhebung anheim fallen.

Wien, am 16. Dezember 1970

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1970:1970000426.X00

Im RIS seit

12.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.05.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten