Index
001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AMG 1983Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätin Dr. Julcher sowie die Hofräte Mag. Berger und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima LL.M., über die Revision der D A GmbH in W, vertreten durch die Dorda Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Universitätsring 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Juli 2018, W147 2175884-1/10E, W147 2175886-1/9E bis W147 2175899-1/9E, betreffend Streichung aus dem Erstattungskodex (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger; weitere Partei: Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1. Die Revisionswerberin ist das vertriebsberechtigte Unternehmen der verfahrensgegenständlichen Arzneispezialitäten „Olmetec“ und „Sevikar“ (in Gestalt von 15 näher bezeichneten Mono- bzw. Kombipräparaten mit verschiedenen Wirkstärken in Tablettenform). Diese Arzneispezialitäten enthalten den Wirkstoff Olmesartanmedoxomil (im Folgenden: Olmesartan), der zur Wirkstoffgruppe der Angiotensin-II-Antagonisten (auch Angiotensin Rezeptor Blocker bzw. Sartane) gehört und zur Behandlung essenzieller Hypertonie eingesetzt wird.
2.1. Mit Schreiben vom 31. Mai 2017 teilte der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (im Folgenden: Hauptverband) der Revisionswerberin die amtswegige Einleitung eines Verfahrens auf Streichung der im grünen Bereich des Erstattungskodex (im Folgenden: EKO) gelisteten gegenständlichen Arzneispezialitäten gemäß § 351f Abs. 1 ASVG iVm. den §§ 35 ff Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex (VO-EKO) mit. Auf Grund neuer medizinisch-therapeutischer Umstände seien zuletzt Sicherheitsbedenken gegen den - seit dem 1. Oktober 2004 im Heilmittelverzeichnis befindlichen und mit 1. Jänner 2005 in den EKO überführten - Wirkstoff Olmesartan aufgetreten, sodass die Voraussetzungen für die Aufnahme in den EKO nicht mehr erfüllt seien. So bestünden Hinweise auf eine erhöhte kardiovaskuläre Mortalität bei Typ-2 Diabetes-Patienten, wobei aber die Datenlage nicht schlüssig sei. Weiters weise Olmesartan mit der Sprue-ähnlichen Enteropathie (im Folgenden: SLE) eine klinisch relevante Nebenwirkung auf. Da im EKO diverse andere Sartane als etwa gleich wirksame therapeutische Alternativen zur Verfügung stünden, die die genannten Sicherheitsbedenken nicht aufwiesen, sei das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Olmesartan als negativ zu bewerten. Die weitere Anführung der gegenständlichen Arzneispezialitäten im EKO sei daher nicht zweckmäßig, diese sollten gestrichen werden.
2.2. Die Revisionswerberin trat mit Stellungnahmen vom 30. Juni 2017 dem Streichungsansinnen des Hauptverbands entgegen. Auf Grund des positiven Nutzen-Risiko-Verhältnisses sei die arzneimittelrechtliche Zulassung in den EU-Staaten erst im Jahr 2015 verlängert worden. Die dem zugrunde liegende Beurteilung reflektiere den aktuellen Stand der Wissenschaft und sei auch hier beachtlich. Für eine erhöhte kardiovaskuläre Mortalität bei Diabetes-Patienten lägen keine Daten vor. Das Auftreten von SLE stelle eine sehr seltene Nebenwirkung dar, die weit überwiegend gut zu behandeln und in kurzer Zeit reversibel sei. Ein Großteil der diesbezüglichen Nebenwirkungsmeldungen sei in Frankreich erfolgt (402 von europaweit 585 Fällen von 2002 bis 2016), wobei SLE in der Mehrzahl der Fälle nicht bestätigt werden konnte bzw. eine hinreichende Kausalitätsbeurteilung unterblieben sei. In anderen Ländern (etwa Deutschland und Italien) sei keine höhere Zahl von Meldungen im Vergleich zu den anderen Sartanen erfolgt, was auf einen Klasseneffekt hinweise. Auch in Österreich seien trotz Information der Ärzte bis 2016 nur vier Fälle gemeldet worden. Dass gegen Olmesartan keine medizinischen Bedenken bestünden, werde auch vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen geteilt. Sollte der Hauptverband SLE dennoch als relevante Nebenwirkung erachten, müsste er die Nebenwirkungsprofile aller Sartane evaluieren und gegenüberstellen.
2.3. Die Heilmittel-Evaluierungs-Kommission (im Folgenden: HEK) kam in ihrer Empfehlung vom 7. September 2017 zum Ergebnis, dass die gegenständlichen Arzneispezialitäten zum nächstmöglichen Zeitpunkt aus dem EKO gestrichen werden sollten.
Die HEK hielt eingangs fest, dass die Streichung nicht aus pharmakologischen, sondern aus medizinisch-therapeutischen Gründen zu erfolgen habe. Sodann listete sie die therapeutischen Alternativen als Grundlage für die medizinisch-therapeutische Evaluation auf. In der Folge wiederholte sie die Ausführungen des Hauptverbands in seinem Schreiben vom 31. Mai 2017.
Mit Blick auf die Stellungnahmen der Revisionswerberin führte die HEK (ergänzend) aus, die arzneimittelrechtliche Zulassung sei zwar eine Voraussetzung für die Aufnahme in den EKO. Den therapeutischen Nutzen habe jedoch der Hauptverband im Verfahren betreffend die Aufnahme (bzw. hier die Streichung) selbst zu beurteilen, eine diesbezügliche Bindung an den Zulassungsbescheid bestehe nicht. Bei der Zulassung würden auch andere Prüfmaßstäbe (Wirksamkeit, Unbedenklichkeit, Qualität des einzelnen Arzneimittels) angelegt, wohingegen bei der Aufnahme in den EKO der Behandlungsnutzen mit den therapeutischen Alternativen verglichen werde. Auch die Neuzulassung für Kinder und Jugendliche (in Österreich mit Mai 2017) stelle kein bindendes Kriterium für die Evaluation durch den Hauptverband dar. Was die möglicherweise erhöhte kardiovaskuläre Mortalität bei Diabetes-Patienten betreffe, so sei die Datenlage nicht schlüssig. Was das Auftreten von SLE anbelange, so bestehe kein Beleg für einen Klasseneffekt, wie vor allem aus der Kohortenstudie von Basson M et al (zu Daten von mehr als 4,5 Millionen Patienten aus der französischen Krankenversicherung von 2007 bis 2012) hervorgehe. Laut dieser Studie steige das Risiko einer Hospitalisierung wegen SLE bei Verabreichung von Olmesartan im Vergleich zu anderen Sartanen vom Doppelten im ersten Jahr auf das etwa Zehnfache nach dem zweiten Jahr stark an. Bei langfristiger Behandlung würden die Patienten einem immer unverhältnismäßigeren Risiko ausgesetzt. Auch andere Daten (etwa aus der österreichischen Realversorgung) bestätigten das fast ausschließliche Auftreten von SLE bei Olmesartan, wohingegen in Ansehung der anderen Sartane nur ganz wenige Fallberichte vorlägen. Was die Häufigkeit von SLE betreffe, so könne die höhere Melderate in Frankreich mit der größeren Aufmerksamkeit der dortigen Ärzte infolge öffentlicher Informationen erklärt werden. Die geringe Zahl von Meldungen in Österreich sei auch darauf zurückzuführen, dass hier die Melderate generell sehr niedrig sei. Folglich sei aber die tatsächliche Häufigkeit von SLE bei Olmesartan nicht bekannt. Es sei davon auszugehen, dass die Zahl der Meldungen die Häufigkeit nicht repräsentiere, insbesondere schienen leichte und mittelschwere Fälle nicht auf. Es sei anzunehmen, dass auch die Studie von Basson die relative Inzidenz unterschätze und nur die schwersten Fälle wiederspiegle. Zu SLE selbst sei festzuhalten, dass es sich dabei um eine schwere potenziell lebensbedrohliche Nebenwirkung mit zum Teil schweren Verläufen und Hospitalisierung handle, sodass das Nutzen-Risiko-Profil von Olmesartan als negativ zu bewerten sei. Da gleich wirksame therapeutische Alternativen vorhanden seien, die die beschriebene Nebenwirkung nicht aufwiesen, sollte Olmesartan aus dem EKO gestrichen werden.
Eine gesundheitsökonomische Evaluation habe zu unterbleiben, weil die Voraussetzungen für die Aufnahme in den EKO schon aus medizinischer Sicht nicht (mehr) gegeben seien.
3.1. Mit Bescheiden vom 9. Oktober 2017 sprach der Hauptverband die Streichung der gegenständlichen Arzneispezialitäten aus dem EKO aus. Er führte begründend aus wie die HEK in ihrer Empfehlung und folgerte, dass die Streichung aus medizinisch-therapeutischer Sicht geboten sei.
3.2. Die Revisionswerberin erhob gegen die Bescheide Beschwerden und brachte vor wie in ihren Stellungnahmen vom 30. Juni 2017. Ergänzend führte sie aus, der Hauptverband habe in der - soweit über den Inhalt seiner verfahrenseinleitenden Schreiben hinausgehenden - Bescheidbegründung neue Beweismittel und neue Argumente herangezogen, ohne ihr diese vorweg zur Kenntnis zu bringen, worin eine Verletzung des Parteiengehörs zu erblicken sei. Der Hauptverband habe den Sachverhalt unzulänglich ermittelt, indem er unterlassen habe, die gesamten Nebenwirkungsprofile der therapeutischen Alternativen zu erheben und diese den Profilen der gegenständlichen Arzneispezialitäten gegenüberzustellen. Er habe sich auf eine einzelne sehr seltene Nebenwirkung gestützt, obwohl eine solche nichts darüber aussage, ob ein Arzneimittel insgesamt schlechter als die Alternativen sei. Die Revisionswerberin habe einen diesbezüglichen Beweis nicht erbringen können, weil ihr die Nebenwirkungsmeldungen bezüglich der anderen Sartane nicht zugänglich gewesen seien. Der Hauptverband habe weiters ohne nachvollziehbare Begründung die von der Revisionswerberin vorgelegten Studien als nicht aussagekräftig erachtet und sei stattdessen den von ihm herangezogenen Publikationen und Studien gefolgt. Auch habe er willkürlich die Angaben eines Mitarbeiters der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit zur Arzneimittelsicherheit als unerheblich erachtet, wohingegen er dessen Privatmeinung zum unzureichenden Meldeverhalten gefolgt sei. Der Hauptverband habe ferner, indem er von einem ungenügenden Meldeverhalten ausgegangen sei, der gesamten Ärzteschaft ein pflichtwidriges Verhalten unterstellt; er habe sich auch mit der Awareness der Ärzte in Österreich nicht auseinandergesetzt. Soweit er einen Klasseneffekt verneinte, habe er zudem die neuesten Entwicklungen (Berichte, Literatur) außer Acht gelassen.
Die Revisionswerberin legte ferner ein Privatgutachten vom 31. Oktober 2017 vor, aus dem sich ebenso ergebe, dass SLE eine sehr seltene Nebenwirkung sei.
3.3. Der Hauptverband trat den Beschwerden mit Stellungnahme vom 30. November 2017 entgegen, wobei er im Wesentlichen seine bisherigen Ausführungen wiederholte. Er habe im gesetzlichen Auftrag und im Rahmen seiner Zuständigkeit gehandelt, das ihm zukommende Ermessen gewahrt und nachvollziehbar ausgeübt, die Verfahrensvorschriften eingehalten, hinreichende Ermittlungen durchgeführt und die Entscheidung nachvollziehbar begründet. Die Revisionswerberin träfen besondere Mitwirkungspflichten, sie habe jedoch die objektivierten Sicherheitsnachteile der gegenständlichen Arzneispezialitäten nicht entkräften können. Eine vergleichende Nutzenbewertung in Bezug auf die therapeutischen Alternativen sei erfolgt, auch die Sicherheitsnachteile seien miteinander verglichen worden. Dabei habe sich ergeben, dass das erhebliche Sicherheitsrisiko von Olmesartan der Versichertengemeinschaft nicht (mehr) zugemutet werden könne. Im Jahr 2017 seien deshalb auch zahlreiche Anträge auf Aufnahme wirkstoffgleicher Nachfolgeprodukte in den EKO abgewiesen worden.
4.1. Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab.
4.2. Es hielt in den „Feststellungen“ fest, die gegenständlichen - den Wirkstoff Olmesartan enthaltenden und im grünen Bereich des EKO gelisteten - Arzneispezialitäten seien mit der Einschränkung „wenn ACE-Hemmer nicht vertragen werden“ frei verschreibbar und wiesen einige Nebenwirkungen der Vorläufer-Gruppe (ACE-Hemmer) nicht oder seltener auf. Therapeutische Alternativen seien die im grünen Bereich gelisteten Arzneispezialitäten mit den Wirkstoffen Losartan, Valsartan, Candesartan, Telmisartan, Irbesartan und Eprosartan, die frei oder mit der gleichen Einschränkung verschreibbar seien. Arzneispezialitäten mit dem Wirkstoff Olmesartan hätten gegenüber den therapeutischen Alternativen keine nachgewiesenen Vorteile in der therapeutischen Wirksamkeit, im Vergleich zu den therapeutischen Alternativen bestehe jedoch das erhöhte Risiko von SLE; es gebe dazu wissenschaftliche Evidenz, ein ursächlicher Zusammenhang sei sehr wahrscheinlich. Die Nebenwirkung SLE sei bei der Aufnahme in das Heilmittelverzeichnis mit 1. Oktober 2004 bzw. bei der Überführung in den EKO mit 1. Jänner 2005 und bei der Aufnahme weiterer Kombinationsprodukte in den Jahren 2006 und 2010 nicht bekannt gewesen. Ein (später aufgenommener) Warnhinweis finde sich nur in den Fachinformationen der olmesartanhältigen Arzneispezialitäten.
4.3. In der - mit weiteren Feststellungen und rechtlichen Erwägungen vermengten - „Beweiswürdigung“ führte das Verwaltungsgericht aus, der Hauptverband sei zutreffend davon ausgegangen, dass - verglichen mit der seinerzeitigen Aufnahme in das Heilmittelverzeichnis bzw. den EKO - neue medizinisch-therapeutische Umstände eingetreten seien, die die Einleitung eines Streichungsverfahrens nach § 351f ASVG rechtfertigten.
Fallberichte über olmesartanassoziierte SLE seien erstmals im Jahr 2012 bekannt geworden, in der Folge seien Warnungen durch nationale Arzneimittelbehörden ausgesprochen worden. In die österreichische Fachinformation sei ein Warnhinweis im Jahr 2014 aufgenommen worden. Im Jahr 2016 sei schließlich die Studie von Basson ergangen, die ein im Vergleich zu den anderen Sartanen stark erhöhtes - im ersten Jahr doppelt so hohes, nach zwei Jahren bereits zehnmal so hohes - Hospitalisierungsrisiko wegen SLE gezeigt habe. Der zuständigen französischen Behörde seien nach Warnungen an die Ärzteschaft in den Jahren 2004 bis 2015 320 Fälle gemeldet worden, sodass mit 1. Jänner 2017 die Streichung der Erstattung in Frankreich erfolgt sei. Auch in Österreich seien aus dem Grund im Jahr 2017 olmesartanhältige Generika nicht (mehr) in den EKO aufgenommen worden.
Der Hauptverband sei nach Festlegung der unstrittigen therapeutischen Alternativen im Rahmen der medizinisch-therapeutischen Evaluation nachvollziehbar zum Ergebnis gelangt, dass Olmesartan bzw. die gegenständlichen Arzneispezialitäten nach der wissenschaftlichen Literatur keine Vorteile in der therapeutischen Wirksamkeit gegenüber den anderen Sartanen aufwiesen. Für die vom Privatgutachter der Revisionswerberin vertretene stärkere blutdrucksenkende Wirkung gebe es keine klinische Bestätigung, selbst wenn Hinweise bestünden, dass Olmesartan zu den am stärksten blutdrucksenkenden Sartanen gehöre. Aktuell lägen jedenfalls keine klinisch relevanten Unterschiede zwischen den einzelnen Wirkstoffen vor, wobei direkte Vergleichsstudien fehlten. Auch in Bezug auf die Anwendungsgebiete gebe es keine Indikation, bei der Olmesartan nicht durch ein anderes Sartan ersetzbar wäre, so auch bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen. Ein Alleinstellungsmerkmal im Sinn einer therapeutischen Überlegenheit sei daher nicht gegeben.
Was die unerwünschten Wirkungen bzw. Risiken der Sartane betreffe, so seien diese zum Großteil auf den gemeinsamen Wirkungsmechanismus zurückzuführen und daher bei allen Sartanen grundsätzlich ähnlich; daneben gebe es auch noch produkt- bzw. substanzspezifische Nebenwirkungen. So weise im Vergleich zu den anderen Sartanen lediglich Olmesartan ein erhöhtes Risiko von SLE auf. Seit der Erstbeschreibung dieser Nebenwirkung im Jahr 2012 hätten diverse Untersuchungen ein offenkundig von der Behandlungsdauer und Dosierung abhängiges Risiko und damit einen relevanten Sicherheitsnachteil ergeben. Aus dem Grund hätten die Arzneimittelbehörden die Aufnahme von Warnhinweisen in die Informationstexte veranlasst. Da das Risiko bei den anderen Sartanen epidemiologisch nicht beobachtet worden sei, liege kein Klasseneffekt vor.
Was die Häufigkeit von olmesartanassoziierter SLE betreffe, so seien die wenigen Meldungen in Österreich (laut Vorbringen in der Beschwerde vier bzw. laut Vorbringen in der Verhandlung acht) nach den Angaben eines Vertreters der Zulassungsbehörde darauf zurückzuführen, dass man „nicht zu den Weltmeistern, was Sicherheitsmeldungen angeht“, gehöre und der österreichische Markt sehr klein sei. Zudem handle es sich bei SLE unbestritten um eine seltene Nebenwirkung, deren tatsächliche Zahl aus spontanen Nebenwirkungsmeldungen nicht abgeleitet werden könne. Es bestehe offenbar eine hohe Dunkelziffer, die Annahme des Hauptverbands, dass leichtere und mittelschwere Fälle nicht dokumentiert seien, sei schlüssig.
SLE stelle eine seltene, aber erhebliche Nebenwirkung dar. Sie führe zu Diarrhö mit mehrfachen flüssigen Stühlen pro Tag, Hypokaliämie, akutem Nierenversagen, Dehydrierung, Sepsis, Venenthrombosen und Herzrhythmusstörungen. Durch das Absetzen von Olmesartan komme es in den meisten Fällen zu einer klinischen Verbesserung, aber nicht schlagartig, sondern erst innerhalb von Wochen bis Monaten. Da Diarrhö ein häufiges Problem darstelle und vielfältige Ursachen haben könne, sei die diagnostische Abklärung oft langwierig und mit unangenehmen bzw. risikobehafteten Untersuchungen verbunden. Um olmesartanassoziierte SLE diagnostizieren zu können, müssten andere Ursachen ausgeschlossen werden, gleichzeitig müssten je nach Schwere der klinischen Symptomatik intensive medizinische Maßnahmen ergriffen werden, um bedrohliche Komplikationen zu behandeln oder zu verhindern. Demnach sei SLE - selbst wenn es sich um eine reversible Erkrankung handle und bislang keine Todesfälle berichtet wurden - keineswegs als harmlose Nebenwirkung zu erachten.
Im Hinblick darauf habe der Hauptverband das erhöhte Risiko einer olmesartanassoziierten SLE im Vergleich zu den Nebenwirkungen anderer Sartane zu Recht als relevant eingestuft und als neuen Umstand der medizinisch-therapeutischen Bewertung zugrunde gelegt. Hingegen sei das Risiko einer erhöhten kardiovaskulären Mortalität bei Diabetikern als nicht schlüssig zu beurteilen, die Streichungsentscheidung stütze sich daher nicht (mehr) auf diesen Umstand.
Was das Umstellungsrisiko betreffe, so habe die Revisionswerberin nicht mit Daten belegt, dass die Umstellung auf andere Sartane gesundheitsschädliche Folgen haben könnte. Zudem sei die Umstellung ein einmaliges Ereignis.
Was die Kombinationspräparate anbelange, so komme auch diesen kein besonderer Stellenwert zu. Mit den anderen Sartanen stünden ausreichende Alternativen zur Verfügung. Dem Umstand, dass fortan womöglich zwei Pillen (statt einer) einzunehmen seien, komme keine erhebliche Bedeutung zu.
4.4. Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht - nach Wiedergabe der einschlägigen Normen -, die Streichung einer Arzneispezialität gemäß § 351f Abs. 1 ASVG erfordere, dass die Voraussetzungen für die Aufnahme in den EKO nicht mehr erfüllt seien, insbesondere weil neue pharmakologische, medizinisch-therapeutische oder gesundheitsökonomische Umstände eingetreten seien. Für die Aufnahme in den grünen Bereich komme es gemäß § 351c Abs. 9 ASVG auf medizinischer Ebene darauf an, dass zumindest eine gleiche oder ähnliche therapeutische Wirkung im Vergleich zu den bereits im grünen Bereich vorhandenen Alternativen vorliege. Seien daher neue medizinisch-therapeutische Umstände gegeben, nach denen eine Arzneispezialität die Mindestvoraussetzungen für die Aufnahme nicht mehr erfülle, so sei sie aus dem EKO zu streichen bzw. ihre Verwendung einzuschränken. Solche Umstände lägen auch bei neuen Erkenntnissen über Nebenwirkungen vor, die im Vergleich zu den therapeutischen Alternativen als (negatives) Alleinstellungsmerkmal anzusehen seien.
Vorliegend schließe sich das Verwaltungsgericht auf Basis der getroffenen Feststellungen den Ausführungen des Hauptverbands an, wonach neue medizinisch-therapeutische Umstände vorlägen, weil die gegenständlichen Arzneispezialitäten einerseits keine Vorteile in Bezug auf die Wirksamkeit gegenüber den therapeutischen Alternativen aufwiesen, andererseits jedoch das erhöhte Risiko von SLE bestehe. Im Hinblick auf dieses - durch die therapeutischen Alternativen vermeidbare - relevante Gesundheitsrisiko sei der Hauptverband zur Streichung der Arzneispezialitäten verpflichtet, weil diese nicht mehr den therapeutischen Kriterien für die Aufnahme entsprächen.
Für die aufgezeigte Beurteilung sei der Hauptverband zuständig. Dieser habe die Aufnahme in den EKO (bzw. hier die Streichung), bei der es auf das Vorliegen eines medizinischen oder ökonomischen Vorteils im Vergleich zu den verfügbaren Alternativen ankomme, vorzunehmen. Demgegenüber sei für die arzneimittelrechtliche Zulassung, bei der es auf die positive Beurteilung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses für jede Arzneispezialität einzeln - also nicht im Vergleich zu bereits zugelassenen Alternativen - ankomme, die Zulassungsbehörde zuständig. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Beurteilungen durch verschiedene Behörden sei es durchaus möglich, dass eine Arzneispezialität zwar eine gültige Zulassung - die eine Voraussetzung für die Aufnahme in den EKO sei - aufweise, die weiteren Kriterien für die Aufnahme aber nicht (mehr) erfülle. Vorliegend habe die Zulassungsbehörde keine Veranlassung gesehen, die Zulassung olmesartanhältiger Arzneispezialitäten aufzuheben, was den Hauptverband aber nicht entbinde, bei entsprechenden Signalen ein Verfahren nach § 351f ASVG einzuleiten.
In einem solchen Verfahren treffe das vertriebsberechtigte Unternehmen - wie bei der Aufnahme in den EKO - eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Dem Unternehmen obliege es, die Wirksamkeit der Arzneispezialitäten darzutun und bestehende Zweifel auszuräumen, was hier nicht geschehen sei.
Was das Ermessen des Hauptverbands anbelange, so stehe dieses bei der (End)Entscheidung über die Aufnahme in den EKO (bzw. hier die Streichung) im Rahmen der Abwägung der Ergebnisse der pharmakologischen, medizinisch-therapeutischen und gesundheitsökonomischen Evaluation zu, nicht jedoch bei den Einstufungen bzw. Festlegungen im Zuge der Evaluationen selbst, bei denen es sich um Tatsachenfeststellungen handle. Vorliegend habe der Hauptverband das ihm nach dem Vorgesagten zukommende Ermessen im Sinn des Gesetzes unter Berücksichtigung aller maßgeblichen (auch mängelfrei ermittelten) Umstände ausgeübt.
Was die behauptete Verletzung des Parteiengehörs betreffe, so seien der Revisionswerberin alle relevanten Umstände spätestens mit den Bescheiden des Hauptverbands bekannt gegeben worden. Sie habe darauf in der Beschwerde eingehen können. Auch das Verwaltungsgericht habe sich mit allen Umständen auseinandergesetzt und den Sachverhalt in der Beschwerdeverhandlung nochmals mit den Parteien erörtert. Im Hinblick darauf seien die dem Hauptverband angelasteten Verfahrensfehler als saniert anzusehen.
Nicht zuletzt liege auch keine Verletzung der Grundrechte der Erwerbsfreiheit und des Eigentums vor. Ein allfälliger Eingriff beruhe jedenfalls auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage.
4.5. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
5. Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die - Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend machende - außerordentliche Revision, zu der der Hauptverband im eingeleiteten Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung erstattete.
6. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Revision - in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
7.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7.2. Die Revisionswerberin bringt in den Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs in mehreren (im Folgenden näher erörterten) Punkten. Die Revisionswerberin vermag jedoch - trotz weitläufiger Erörterungen - keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen.
8.1. Die Revisionswerberin macht geltend, es fehle Rechtsprechung zu der Frage, wie die Pharmakovigilanz, für die die Arzneimittelzulassungsbehörden zuständig seien, von der im Verfahren betreffend die Aufnahme in den EKO bzw. hier die Streichung vorzunehmenden medizinisch-therapeutischen Evaluation, für die der Hauptverband zuständig sei, abzugrenzen sei. Es sei zu fragen, inwiefern die arzneimittelrechtliche Zulassung den Hauptverband binde und dieser daher mit der Streichung eine ihm nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nehme. Vorliegend habe sich der Hauptverband durch die Zulassung - insbesondere auch für Kinder und Jugendliche ab Mai 2017 - nicht gebunden erachtet, sondern die Arzneimittelsicherheit selbst negativ beurteilt. Er habe damit eine Zuständigkeit der Pharmakovigilanz in Anspruch genommen, die den Zulassungsbehörden vorbehalten sei.
8.2. Arzneispezialitäten dürfen - nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 7 ff AMG - im Inland erst dann abgegeben oder für die Abgabe im Inland bereitgehalten werden, wenn sie zugelassen sind. Auch in den EKO dürfen gemäß § 31 Abs. 3 Z 12 ASVG nur für Österreich zugelassene Arzneispezialitäten aufgenommen werden. Umgekehrt ist nach § 351f Abs. 2 ASVG eine Arzneispezialität, deren Zulassung aufgehoben wird, unverzüglich aus dem EKO zu streichen.
Wie der Verfassungsgerichtshof bereits klargestellt hat (vgl. VfSlg. 17.686/2005), wird zwar auch im arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren die Wirksamkeit einer Arzneispezialität geprüft (vgl. etwa die diesbezüglichen Ablehnungsgründe in § 19 AMG). Daraus folgt aber nicht, dass die Frage der Wirksamkeit im Verfahren betreffend die Aufnahme in den EKO (bzw. hier die Streichung) eine Vorfrage im Sinn des § 38 AVG wäre und daher vom Hauptverband nicht abweichend von der Zulassungsentscheidung beurteilt werden dürfte. Der Zulassungsentscheidung kommt zwar insoweit Tatbestandswirkung zu, als lediglich zugelassene Arzneispezialitäten für die Aufnahme in den EKO (bzw. den dortigen Verbleib) in Betracht kommen. Im Übrigen obliegt es aber dem Hauptverband, die Frage des therapeutischen Nutzens einer Arzneispezialität selbständig - aus dem Blickwinkel des § 133 Abs. 2 ASVG - zu beurteilen.
Der Verfassungsgerichtshof hat weiters schon zum Ausdruck gebracht (vgl. VfGH 19.9.2014, B 282/2012), dass für die jeweilige Beurteilung auch unterschiedliche Maßstäbe gelten. So ist im Verfahren betreffend die Aufnahme einer Arzneispezialität in den EKO (bzw. den dortigen Verbleib) erforderlich, dass die Arzneispezialität einen medizinischen oder zumindest einen ökonomischen Zusatznutzen gegenüber anderen bereits im EKO gelisteten Arzneispezialitäten aufweist. Es bedarf also eines entsprechenden Vorteils im Vergleich zu den bereits vorhandenen therapeutischen Alternativen (vgl. auch VwGH 28.3.2017, Ro 2016/08/0023; u.a.). Demgegenüber ist im Zulassungsverfahren primäres Ziel, die Wirksamkeit einer Arzneispezialität (des jeweiligen aktiven Inhaltsstoffs) für sich - also ohne Abwägung im Vergleich zu den therapeutischen Alternativen - zu beurteilen (siehe auch Rebhahn in Mosler/Müller/Pfeil [Hrsg.], Der SV-Komm [151. Lfg.], § 351c ASVG Rz 58).
8.3. Nach dem Vorgesagten liegt aber bereits höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Verhältnis der - einerseits im arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren, andererseits im Verfahren betreffend die Aufnahme in den EKO (bzw. hier die Streichung) vorzunehmenden - jeweiligen Beurteilung vor. Vor diesem Hintergrund ist nicht zweifelhaft, dass zwar die Zulassung einer Arzneispezialität gesetzliche Voraussetzung für die Aufnahme in den EKO bzw. den weiteren Verbleib ist und insofern Tatbestandswirkung entfaltet. Davon abgesehen ist jedoch für die Beurteilung des therapeutischen Nutzens für die Aufnahme in den EKO bzw. den dortigen Verbleib - im Rahmen der nach den Bestimmungen des ASVG und der VO-EKO vorzunehmenden Evaluation - ausschließlich der Hauptverband zuständig. Dieser ist dabei an die - auch nur partiell deckungsgleiche - Beurteilung der Wirksamkeit der Arzneispezialität im Zulassungsverfahren nicht gebunden. Fallbezogen kommt deshalb - entgegen der Auffassung der Revisionswerberin - insbesondere auch der Erweiterung der Zulassung auf Kinder und Jugendliche im Mai 2017 keine entscheidende Bedeutung (im Sinn einer Bindungswirkung) zu.
9.1. Die Revisionswerberin releviert, es fehle Rechtsprechung zu der Frage, wie die medizinisch-therapeutische Evaluation - in einem Fall wie hier - durchzuführen sei, insbesondere wie der Vergleich des Nutzen-Risiko-Verhältnisses der gegenständlichen Arzneispezialitäten zu den therapeutischen Alternativen vorzunehmen sei.
9.2. Nach § 351f Abs. 1 ASVG hat der Hauptverband den EKO regelmäßig daraufhin zu überprüfen, ob die angeführten Arzneispezialitäten (noch) den Prüfmaßstäben der §§ 31 Abs. 3 Z 12 und 351c ASVG entsprechen. Er hat eine Arzneispezialität (unter anderem) zu streichen, wenn die Voraussetzungen für die Aufnahme nicht mehr erfüllt sind, insbesondere weil neue pharmakologische, medizinisch-therapeutische oder gesundheitsökonomische Umstände eingetreten sind. § 35 Abs. 2 VO-EKO sieht vor, dass sich das Streichungsverfahren auf Betreiben des Hauptverbands - soweit in den §§ 35 bis 37 VO-EKO nicht anderes bestimmt ist (dort finden sich nur einige wenige ergänzende Regelungen, etwa dass die Bestimmungen über die mündliche Anhörung nach § 10 und das Gutachten nach § 26 Abs. 1 und 2 keine Anwendung finden sowie dass dem Unternehmen Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 30 Tagen bzw. bei gleichzeitiger Abverlangung von Unterlagen binnen 60 Tagen zu geben ist) - nach den Vorschriften über die Aufnahme in den EKO (§§ 17 bis 27 VO-EKO) richtet.
Folglich kommen im amtswegigen Streichungsverfahren, das sich vom Verfahren betreffend die Aufnahme in den EKO im Wesentlichen nur darin unterscheidet, dass es nicht um die Prüfung der Voraussetzungen für die Aufnahme, sondern um die Prüfung der weiteren Erfüllung dieser Voraussetzungen geht, grundsätzlich die Bestimmungen für das Aufnahmeverfahren - naturgemäß unter Außerachtlassung der Vorschriften über die Antragstellung - zur Anwendung. Zu diesen Bestimmungen, insbesondere zur Durchführung der pharmakologischen, medizinisch-therapeutischen und gesundheitsökonomischen Evaluation, liegt aber bereits reichhaltige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vor (vgl. etwa VwGH 6.7.2016, Ro 2016/08/0012: auch zur Berücksichtigung von Nebenwirkungen bei der Beurteilung des medizinisch-therapeutischen Nutzens; 14.9.2016, Ra 2016/08/0090; u.a.).
9.3. Davon ausgehend ist jedoch ein - als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu erachtendes - Fehlen von Rechtsprechung in Bezug auf die Durchführung der medizinisch-therapeutischen Evaluation, insbesondere die Vornahme des Nutzen-Risiko-Vergleichs der gegenständlichen Arzneispezialitäten zu den therapeutischen Alternativen, nicht zu sehen.
Im Übrigen ist - soweit zu einzelnen fallbezogenen Aspekten noch keine ausdrückliche Rechtsprechung vorliegt (vgl. dazu insbesondere die nachfolgenden Begründungspunkte) - die Rechtslage nach den betreffenden Normen des ASVG und insbesondere der VO-EKO auch nicht als unklar bzw. uneindeutig zu erachten, sodass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auch deshalb jedenfalls zu verneinen ist (vgl. allgemein VwGH 24.9.2014, Ra 2014/03/0027; 7.4.2016, Ra 2015/08/0198).
10.1. Die Revisionswerberin macht geltend, es sei zu fragen, ob eine einzelne seltene Nebenwirkung isoliert betrachtet ausreiche, um die medizinisch-therapeutische Wirksamkeit zu verneinen, obwohl die therapeutischen Alternativen ebenso (andere) Nebenwirkungen aufwiesen, die in die Vergleichsbetrachtung einzubeziehen seien, was hier nicht geschehen sei. Ferner sei zu fragen, welche Bedeutung der Seltenheit einer Nebenwirkung (in Österreich seien in zwölf Jahren nur vier Fälle von SLE dokumentiert worden) und deren Reversibilität für die medizinisch-therapeutische Evaluation zukomme. Soweit das Verwaltungsgericht eine hohe Dunkelziffer behaupte, müsste diese ebenso für die anderen Sartane gelten.
10.2. Vorweg ist festzuhalten, dass die Beurteilung, ob das Auftreten einer neuen Nebenwirkung im Vergleich zu den therapeutischen Alternativen das Nutzenprofil ins Negative verkehrt und damit zur Streichung aus dem EKO führt, von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängt. Wurde diese Beurteilung - wie hier - in vertretbarer Weise im Rahmen der vom Gesetz und der Rechtsprechung vorgegebenen Grundsätze vorgenommen, so ist sie im Allgemeinen nicht revisibel.
10.3. Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin nahm das Verwaltungsgericht im Rahmen der medizinisch-therapeutischen Evaluation - im Zuge der Nutzen-Risiko-Analyse der gegenständlichen Arzneispezialitäten im Vergleich zu den therapeutischen Alternativen - insbesondere auch auf die jeweiligen Nebenwirkungen Bedacht (vgl. vor allem schon Punkt 4.3.). Der Vorwurf der isolierten Betrachtung einer einzelnen Nebenwirkung (SLE) unter Außerachtlassung der bei den therapeutischen Alternativen ebenso vorhandenen Nebenwirkungsprofile ist daher nicht begründet.
Dass das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Vergleichsbetrachtung dennoch den Fokus auf die neu eingetretene Nebenwirkung (SLE) legte, ist darin begründet, dass (unter anderem) diese der Anlass für das amtswegige Streichungsverfahren war. Das Verwaltungsgericht hatte daher zu ermitteln und zu beurteilen, ob SLE (letztlich ausschließlich, zumal eine erhöhte kardiovaskuläre Mortalität bei Diabetikern nicht schlüssig zu beurteilen war) geeignet war, das Nutzenprofil der gegenständlichen Arzneispezialitäten im Vergleich zu den therapeutischen Alternativen ins Negative zu kehren, sodass das weitere Vorliegen der Voraussetzungen für die Aufnahme in den EKO zu verneinen sei. Die diesbezügliche Beurteilung führte das Verwaltungsgericht fallbezogen auf jedenfalls nicht unvertretbare Weise durch.
Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin begegnet es auch keinen Bedenken, dass das Verwaltungsgericht den - für den Verbleib der gegenständlichen Arzneispezialitäten im EKO erforderlichen - medizinisch-therapeutischen Nutzen letztlich auf Grund des Auftretens einer einzelnen neuen Nebenwirkung verneinte. In dem Zusammenhang ist auf die Feststellungen zu verweisen, wonach SLE zu Diarrhö mit mehrfachen flüssigen Stühlen pro Tag, Hypokaliämie, akutem Nierenversagen, Dehydrierung, Sepsis, Venenthrombosen und Herzrhythmusstörungen führt. Demnach handelt es sich zweifellos um eine schwerwiegende, potenziell lebensbedrohende, häufig auch eine stationäre Behandlung erfordernde Nebenwirkung, die fallbezogen durchaus geeignet erscheint, die Nutzenbeurteilung der gegenständlichen Arzneispezialitäten im Vergleich zu den therapeutischen Alternativen ins Negative zu kehren.
10.4. Das Verwaltungsgericht ist - entgegen der Ansicht der Revisionswerberin - auch nicht unvertretbar von einer erheblichen Häufigkeit der neu aufgetretenen Nebenwirkung (SLE) ausgegangen. Soweit die Revisionswerberin releviert, in Österreich seien in zwölf Jahren nur vier Fälle dokumentiert worden, verkennt sie, dass es nicht allein auf die Situation hierzulande, sondern nach § 31 Abs. 3 Z 12 ASVG auf die Erfahrungen im In- und Ausland sowie den aktuellen Stand der Wissenschaft ankommt. Dem zufolge ist jedoch von einer weit größeren Häufigkeit auszugehen, wie insbesondere die (schon wiederholt genannte) Kohortenstudie von Basson bestätigte. Dass es sich bei dieser Studie um eine (bloße) Beobachtungsstudie im Sinn des § 24 Abs. 3 Z 4 VO-EKO handelt, schadet nicht, liegen doch vorrangige Studien im Sinn des § 24 Abs. 3 Z 1 bis 3 VO-EKO unstrittig nicht vor. Wie die Revisionswerberin - unter Hinweis auf die notwendigen großen Patientenzahlen, die Anlegung auf Jahre hinaus und die ethisch nicht zu verantwortende Einrichtung einer Placebo-Gruppe - hervorhebt, sei die Erstellung solcher Studien auch nicht absehbar.
Dem Verwaltungsgericht kann weiters nicht entgegengetreten werden, wenn es von einer noch größeren tatsächlichen Häufigkeit (Dunkelziffer) der neu aufgetretenen Nebenwirkung (SLE) als in der Studie von Basson ausging. Es konnte sich dabei nämlich auf die schlüssige Empfehlung der HEK stützen (vgl. zu deren Beachtlichkeit etwa die §§ 351c Abs. 9 ASVG; 27 Abs. 1 bzw. 37 Abs. 1 VO-EKO; VwGH 27.1.2016, Ro 2015/08/0017), der zufolge die tatsächliche Häufigkeit von olmesartanassoziierter SLE nicht bekannt sei, die Zahl der Spontanmeldungen die Häufigkeit nicht repräsentiere (insbesondere leichtere und mittelschwere Fälle nicht aufschienen) und auch die Studie von Basson die relative Inzidenz unterschätze bzw. nur schwere Fälle widerspiegle.
Soweit die Revisionswerberin vermeint, diese Erwägungen müssten ebenso für die anderen Sartane gelten, setzt sie sich über die getroffenen Feststellungen hinweg, wonach SLE bei den anderen Sartanen epidemiologisch gar nicht beobachtet werden konnte und daher ein Klasseneffekt nicht vorliegt. Eine konkrete und substanziierte Bekämpfung dieser Feststellungen dahingehend, dass die Annahme einer Dunkelziffer (auch) bei den anderen Sartanen zu einem Klasseneffekt führen würde, ist nicht erfolgt.
10.5. Wenn die Revisionswerberin ferner auf die weitgehende Reversibilität der neu aufgetretenen Nebenwirkung (SLE) hinweist, so lässt sie außer Acht, dass es nach den getroffenen Feststellungen zwar durch das Absetzen von Olmesartan in den meisten Fällen zu einer klinischen Besserung kommt. Die Besserung tritt aber nicht schlagartig, sondern erst binnen Wochen bis Monaten ein; dabei ist die diagnostische Abklärung oft langwierig und mit unangenehmen bzw. risikobehafteten Untersuchungen verbunden, gleichzeitig müssen je nach der Schwere der klinischen Symptomatik intensive medizinische Maßnahmen erfolgen, um bedrohliche Komplikationen zu behandeln oder zu verhindern. Im Hinblick darauf ist das Verwaltungsgericht nicht unvertretbar davon ausgegangen, dass die olmesartanassoziierte SLE - selbst wenn sie zu einem großen Teil reversibel ist und bislang keine Todesfälle berichtet wurden - keineswegs als harmlose Nebenwirkung zu erachten ist.
10.6. Mit Blick auf die vorangehenden Ausführungen ist daher das Verwaltungsgericht auf jedenfalls nicht unvertretbare Weise zum Ergebnis gelangt, dass bei den gegenständlichen Arzneispezialitäten mit der olmesartanassoziierten SLE eine schwerwiegende und auch epidemiologisch erhebliche Nebenwirkung neu aufgetreten ist, die geeignet ist, die Nutzenbewertung im Vergleich zu den therapeutischen Alternativen ins Negative zu kehren.
Im Hinblick darauf begegnet es keinen Bedenken, wenn das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen für den weiteren Verbleib im EKO verneinte. Nach den §§ 351c Abs. 9 ASVG, 24 Abs. 2 VO-EKO ist nämlich aus medizinischer Sicht Voraussetzung für die Aufnahme in den grünen Bereich, dass zumindest ein gleicher oder ähnlicher therapeutischer Nutzen im Vergleich zu den therapeutischen Alternativen vorliegt. Ein solcher Nutzen ist hier jedoch nach dem vom Verwaltungsgericht als erwiesen angenommenen Sachverhalt nicht mehr gegeben.
11. Die Revisionswerberin äußert die Befürchtung, bei Billigung der gegenständlichen Streichungen könnten in der Folge sukzessiv alle Sartane (bis auf eines) aus dem EKO gestrichen werden, weil jedes zumindest eine spezielle Nebenwirkung aufweise, die bei den Alternativen nicht vorliege.
Dem ist zu entgegnen, dass hier nur zu beurteilen ist, ob die gegenständliche Streichung gesetzmäßig war oder nicht. Auf die - im Übrigen mit Blick auf die notwendigen Voraussetzungen für eine amtswegige Streichung auch inhaltlich nicht nachvollziehbare - von der Revisionswerberin geäußerte Befürchtung ist daher nicht weiter einzugehen.
12.1. Die Revisionswerberin macht geltend, es fehle Rechtsprechung zu der Frage, ob eine erhöhte Mitwirkungspflicht des vertriebsberechtigten Unternehmens auch im amtswegigen Streichungsverfahren bestehe. Richtiger Weise liege eine solche nur dann vor, wenn die Behörde den Sachverhalt nicht anders ermitteln könne. Im Übrigen könnte vorliegend die Revisionswerberin einer erhöhten Mitwirkungspflicht auch gar nicht entsprechen, weil ihr die Nebenwirkungsmeldungen der anderen Anbieter, allfällige diesbezügliche Studien bzw. sonstige relevante Informationen nicht zugänglich seien und auch direkte Vergleichsstudien fehlten.
12.2. Nach den allgemeinen Regeln des AVG ist der maßgebliche Sachverhalt grundsätzlich vom Hauptverband zu ermitteln. Das vertriebsberechtigte Unternehmen trifft jedoch - wie im Verfahren betreffend die Aufnahme in den EKO (vgl. neuerlich VwGH Ro 2016/08/0012; Ro 2015/08/0017) - auch im amtswegigen Streichungsverfahren eine besondere Mitwirkungsobliegenheit. Dies ergibt sich daraus, dass sich das Streichungsverfahren nach den Bestimmungen für das Aufnahmeverfahren richtet und dieses umfassende Mitwirkungsobliegenheiten des Unternehmens in Bezug auf die Dartuung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Aufnahme vorsieht (vgl. etwa die §§ 351c Abs. 1 und 3 ASVG; 18 f, 22 VO-EKO).
Im amtswegigen Streichungsverfahren besteht die besondere Mitwirkungsobliegenheit darin, die weitere Erfüllung der Voraussetzungen für die Aufnahme in den EKO darzulegen und dabei insbesondere die weitere Wirksamkeit der betreffenden Arzneispezialität darzutun sowie vorhandene Zweifel aus pharmakologischer, medizinisch-therapeutischer oder gesundheitsökonomischer Sicht auszuräumen. Zu dem Zweck kann dem vertriebsberechtigten Unternehmen auch die Vorlage entsprechender Unterlagen, die zur Beseitigung der bestehenden Zweifel geeignet sind, aufgetragen werden (vgl. die §§ 351f Abs. 1 ASVG; 36 Abs. 3 VO-EKO).
12.3. Vorliegend traf die Revisionswerberin daher eine besondere Mitwirkungsobliegenheit, die selbstverständlich nur so weit reicht, als sie ihr auch entsprechen konnte. Soweit sie diese Obliegenheit - ausgenommen für den Fall, dass der Hauptverband den Sachverhalt nicht anders ermitteln könne - in Abrede stellt, setzt sie sich über die aufgezeigte klare und eindeutige Rechtslage hinweg.
13.1. Die Revisionswerberin releviert, es fehle Rechtsprechung zu der Frage, ob dem Hauptverband fallbezogen ein Ermessen zukomme. Die Festlegung der therapeutischen Alternativen und die Einstufungen im Rahmen der Evaluationen beträfen die Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen und setzten entsprechende Feststellungen voraus, bei denen kein Ermessen zustehe. Ein solches sei nur insoweit eingeräumt, als es um die abschließende Abwägung und Gewichtung der Ergebnisse der Evaluationen gehe. Vorliegend sei die Streichung erfolgt, weil die gegenständlichen Arzneispezialitäten eine geringere Wirksamkeit aufwiesen als die therapeutischen Alternativen. Folglich sei es um Festlegungen im Rahmen der medizinisch-therapeutischen Evaluation gegangen, bei denen - als Teil des Ermittlungsverfahrens - ein Ermessen nicht zugestanden sei.
13.2. Gemäß § 351f Abs. 1 ASVG hat der Hauptverband (unter anderem) die Streichung einer Arzneispezialität aus dem EKO im Rahmen des ihm nach diesem Bundesgesetz eingeräumten Ermessens auszusprechen. Mit dieser Bestimmung wird grundsätzlich dasselbe Ermessen eingeräumt wie mit § 351d Abs. 1 ASVG für das Verfahren betreffend die Aufnahme in den EKO. Zur letztgenannten Bestimmung hat aber der Verwaltungsgerichtshof bereits klargestellt (vgl. VwGH 15.11.2017, Ro 2017/08/0013), dass die Einstufungen im Rahmen der pharmakologischen, medizinisch-therapeutischen und gesundheitsökonomischen Evaluation und die Festlegung der therapeutischen Alternativen nur Schritte auf dem Weg zur letztlich zu treffenden Entscheidung über die Aufnahme in den EKO sind. Sie betreffen die Ermittlung und rechtliche Aufbereitung der Grundlagen und setzen entsprechende Tatsachenfeststellungen voraus, stellen jedoch keine Entscheidungen dar, zu denen Ermessen eingeräumt werden könnte. Das gilt gleichermaßen für die pharmakologische, medizinisch-therapeutische und gesundheitsökonomische Evaluation. Soweit dabei unrichtige Einstufungen oder Festlegungen vorgenommen werden, sind diese im Beschwerdeverfahren einer Korrektur zugänglich. Nur für die (abschließende) Entscheidung, in die die Evaluationen letztlich münden, gilt, dass sie im Ermessen des Hauptverbands steht und vom Verwaltungsgericht nur dann abzuändern oder aufzuheben ist, wenn das Ermessen nicht im Sinn des Gesetzes ausgeübt wurde.
13.3. Vorliegend erfolgte die Streichung, weil der Hauptverband und ihm folgend das Verwaltungsgericht im Zuge der Ermittlung und Festlegung der Tatsachengrundlagen im Rahmen der medizinisch-therapeutischen Evaluation zum Ergebnis kam, dass die gegenständlichen Arzneispezialitäten die beschriebenen nachteiligen Nebenwirkungen nach sich zogen und damit keine zumindest gleiche oder ähnliche therapeutische Wirkung bzw. keinen dementsprechenden Nutzen im Vergleich zu den therapeutischen Alternativen aufwiesen, sodass die Voraussetzungen für die Aufnahme in den grünen Bereich nicht mehr erfüllt waren (vgl. schon Punkt 10.6.). Eine derartige Festlegung stellt jedoch - wie die Revisionswerberin richtig hervorhebt - mit Blick auf die oben dargelegte Rechtsprechung keine Ausübung von Ermessen dar. Bei der darauf beruhenden (abschließenden) Streichungsentscheidung kam hingegen dem Hauptverband Ermessen zu, wobei das Verwaltungsgericht vertretbarer Weise davon ausgegangen ist, dass der Hauptverband dieses Ermessen im Sinn des Gesetzes geübt hat.
14. Insgesamt werden daher in der - für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgeblichen (vgl. VwGH 7.8.2017, Ra 2015/08/0134) - (gesonderten) Zulässigkeitsbegründung keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen. Die Revision war deshalb zurückzuweisen.
Wien, am 20. November 2019
Schlagworte
Ermessen VwRallg8European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018080200.L00Im RIS seit
14.05.2021Zuletzt aktualisiert am
14.05.2021