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L37158 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag VorarlbergNorm
AVG §8Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, in der Revisionssache des K K in H, vertreten durch Dr. Gebhard Heinzle und Mag. Astrid Nagel, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 5. Juli 2019, LVwG-318-32/2019-R15, betreffend Parteistellung in einem Bauverfahren (weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit Bescheid vom 23. Jänner 2019 versagte der Bürgermeister der Gemeinde M. Herrn S. (in der Folge: Bauwerber) die Bewilligung zur Errichtung eines Ferienhauses auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG M. mit der Begründung, das Baugrundstück verfüge über keine rechtlich gesicherte Verbindung mit einer öffentlichen Verkehrsfläche im Sinne des § 4 Abs. 2 Vorarlberger Baugesetz (in der Folge: BauG). Der Bauwerber erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (in der Folge: LVwG).
5 In diesem Beschwerdeverfahren vor dem LVwG stellte der Revisionswerber, der vormalige Eigentümer des Baugrundstückes, am 29. Mai 2019 einen „Antrag auf Zustellung der Verfahrensentscheidung“ mit der Begründung, er habe ein rechtliches Interesse am Obsiegen des Bauwerbers.
6 Mit Beschluss vom 12. Juni 2019 entschied das LVwG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Beschwerde des Bauwerbers gegen die Versagung der Baubewilligung; am 20. Juni 2019 stellte der Revisionswerber beim LVwG weiters einen Antrag auf Zustellung des Verhandlungsprotokolles der mündlichen Beschwerdeverhandlung.
7 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das LVwG die Anträge des Revisionswerbers auf Zustellung der Entscheidung sowie auf Zustellung des Verhandlungsprotokolles zurück und sprach gleichzeitig aus, dass dagegen eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
8 Begründend führte das LVwG hierzu zusammengefasst aus, der Revisionswerber sei der vormalige Eigentümer des Baugrundstückes. Die Parteistellung im BauG sei abschließend geregelt. Abgesehen von den in § 2 Abs. 1 lit. k iVm § 26 Abs. 1 BauG festgelegten Nachbarrechten komme auf Seiten des Bauwerbers neben dem Antragsteller nur dem (Mit-)Eigentümer des Baugrundstückes eine - auf seine Zustimmung zum Bauvorhaben beschränkte - Parteistellung zu (Verweis auf den Motivenbericht zu § 24 Abs. 3 lit. a BauG). Wenn schon dem vom Antragsteller verschiedenen Eigentümer des Baugrundstückes lediglich eine beschränkte Parteistellung, die in seiner Eigentümerschaft begründet sei, zukomme, könne einem Nichteigentümer umso weniger Parteistellung zukommen. Mit Erkenntnis vom 17. Mai 1991, 91/06/0045, ergangen zur Tiroler Bauordnung, habe der Verwaltungsgerichtshof darüber hinaus ausgesprochen, dass ein früherer Eigentümer eines Grundstückes nicht Partei des Bauverfahrens hinsichtlich eines Bauvorhabens auf diesem Grundstück sei.
9 In der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision wird zu deren Zulässigkeit vorgebracht, zur Rechtsfrage, „ob einer Person mit vom Ergebnis des Bauverfahrens abhängigen privatrechtlichen Interessen Parteistellung im Bauverfahren zukommen“ könne, und ob aus der Systematik des BauG abzuleiten sei, dass dieses die Parteistellung abschließend regle, liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Parteistellung komme allen Personen zu, deren subjektive Rechtssphäre im Verfahren unmittelbar berührt werde, deren (auch privatrechtliche) Rechtsstellung durch den Bescheid eine Änderung erfahren könne (Verweis auf VwSlg 10.476 A/1981). Die Frage, „ob dem Rechtsvorgänger des Baubewilligungswerber[s] im Bauverfahren insoweit Parteistellung zukommt, als die Beurteilung der rechtlich gesicherten Zufahrt durch die Baubehörde zu einer Rückabwicklung des Kaufvertrages führen kann“ sei von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung.
10 Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für den Revisionsfall nicht dargelegt:
11 Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.
12 Die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren die Rechtsstellung einer Partei besitzt, kann anhand des AVG allein nicht gelöst werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, muss die Parteistellung vielmehr aus den verwaltungsrechtlichen Vorschriften abgeleitet und auf dem Boden des materiellen Verwaltungsrechtes nach dem Gegenstand des betreffenden Verwaltungsverfahrens und dem Inhalt der zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschrift beurteilt werden. Die Begriffe „Rechtsanspruch“ und „rechtliches Interesse“ gewinnen erst durch die jeweils zur Anwendung kommende Verwaltungsvorschrift einen konkreten Inhalt, wonach allein die Frage der Parteistellung beantwortet werden kann (vgl. dazu für viele etwa VwGH 27.9.2013, 2013/05/0133, 15.12.2003, 2003/03/0223, 22.11.2001, 2001/06/0133, 30.11.1999, 97/05/0262, oder auch bereits 25.4.1991, 90/06/0212, jeweils mwN).
13 Betreffend die Parteistellung des (vom Bauwerber verschiedenen) Grundeigentümers im Baubewilligungsverfahren hat das LVwG im angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt, dass (selbst) dieser nach § 24 Abs. 3 lit. a BauG am Baubewilligungsverfahren nur hinsichtlich der Frage teilnimmt, ob seine nach der genannten Bestimmung erforderliche Zustimmung vorliegt oder nicht (vgl. sinngemäß zur Rechtslage nach der NÖ BauO 1996 VwGH 16.9.2003, 2002/05/1040). Dass der Landesgesetzgeber neben diesem genannten Mitspracherecht des Grundeigentümers auch noch einem früheren Grundeigentümer, dessen wirtschaftliches Interesse darin besteht, die allfällige Rückabwicklung eines mit dem Bauwerber abgeschlossenen privatrechtlichen Vertrages zu verhindern und sich aus dieser Position heraus an die Seite des Bauwerbers im Bauverfahren zu stellen, ein subjektiv-öffentliches Recht einräumen wollte, lässt sich der insofern klaren Rechtslage nach dem BauG nicht entnehmen. Was ein subjektives Recht ist, auf welches im Bauverfahren Bedacht zu nehmen ist, ergibt sich nach der oben dargestellten Rechtsprechung fallbezogen aus dem BauG, und dieses sieht nach der insofern eindeutigen Rechtslage die Bedachtnahme auf privatrechtliche Gründe, wie es dem Revisionswerber offenbar vorschwebt, nicht vor (vgl. zur Nichtberücksichtigung privatrechtlicher Verhältnisse durch den Baurechtsgesetzgeber im Zusammenhang mit der Parteistellung im Bauverfahren etwa auch VwGH jeweils 27.9.2005, 2005/06/0151 und 2002/06/0054, jeweils mwN). Daran ändert auch die vom Revisionswerber ins Treffen geführte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes VwSlg. 10.476 A/1981, die zu einem nicht vergleichbaren Sachverhalt, nämlich einer Ausnahmebewilligung nach dem Geländefahrzeugegesetz 1973 und einer dort zu beurteilenden Parteistellung von Nachbarn im Zusammenhang mit der Frage der zivilrechtlichen Konsequenzen von Immissionen, ergangen ist, nichts.
14 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 29. März 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019060169.L00Im RIS seit
11.05.2021Zuletzt aktualisiert am
11.05.2021