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82/01 Gesundheitsrecht Organisationsrecht;Norm
RSG 1870;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des R in S, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Wiener Neustadt, vom 13. März 1996, Zl. Senat-SW-95-419, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 13. März 1996 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 28. Oktober 1994 um 12.00 Uhr an einem näher bestimmten Ort ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, wobei die in einem näher genannten Wachzimmer durchgeführte Atemalkoholuntersuchung am 28. Oktober 1994 um
12.18 Uhr und um 12.27 Uhr bei beiden Messungen jeweils "positive Werte" ergeben habe; der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. a StVO begangen und es wurde über ihn eine Geldstrafe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 17 Tage) verhängt.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde auch gestützt auf ergänzende Ermittlungen im Zuge einer am 18. Jänner 1996 durchgeführten mündlichen Verhandlung fest, daß die (von Beamten der Bundespolizeidirektion Schwechat durchgeführte) Atemalkoholuntersuchung am Tattag um 12.18 Uhr und um 12.27 Uhr einen Atemluftalkoholgehalt von "0,41 mg/l" ergeben habe (zuvor legte jedoch die belangte Behörde dar, daß die erste Messung 0,41 mg/l und die zweite Messung 0,42 mg/l ergeben habe). Auch habe der Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt, daß er nach Durchführung des Alkotests von den Beamten als Gegenbeweis nicht die Blutabnahme mit anschließender Bestimmung des Blutalkoholgehalts verlangt habe.
Die Verantwortung des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren, er habe vor Antritt seiner Fahrt nach Schwechat einen halben Liter Bier "zu sich genommen", habe die belangte Behörde keinen Glauben geschenkt, zumal der Beschwerdeführer unmittelbar am Wachzimmer (offenbar gemeint: im Zuge der Durchführung der Atemalkoholuntersuchung) gegenüber den Beamten angegeben habe, daß er am Tattag "keinen Alkohol" zu sich genommen habe. Es entspreche der Lebenserfahrung, daß die vom Beschuldigten bei der Erstvernehmung gemachten Angaben erfahrungsgemäß der Wahrheit am nächsten kämen.
Zur Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe im Tatzeitpunkt die 0,8 Promille Blutalkoholgrenze nicht überschritten, was anhand einer um 14.50 Uhr durchgeführten Blutabnahme (offenbar gemeint: im Zuge des Aufsuchens eines im das Verwaltungsgeschehen betreffenden Darstellungsteil des angefochtenen Bescheides näher genannten Arztes durch den Beschwerdeführer als Privatpatient auf Grund eines diesbezüglichen Ersuchens seines Sohnes), welche gerechnet auf den Zeitpunkt der Blutabnahme einen Blutalkoholgehalt von 0,5 Promille ergeben habe, erwiesen sei, sei auszuführen, daß diese Verantwortung des Beschwerdeführers anhand eines (von der belangten Behörde ergänzend eingeholten) Gutachtens eines medizinischen Sachverständigen widerlegt sei. Bei Rückrechnung auf den Tatzeitpunkt ergebe sich nach diesem Gutachten ein Blutalkoholgehalt von 0,84 Promille. Es müsse aber festgehalten werden, daß das Ergebnis der Untersuchung mittels Alkomatgerät "als Feststellung des Grades der Alkoholisierung" gelte.
Schließlich verweist die belangte Behörde auf die besonders nachteiligen Auswirkungen eines vom Beschwerdeführer behaupteten Sturztrunkes kurz vor Fahrtantritt auf die Fahrtüchtigkeit desselben. In diesem Zusammenhang gibt die belangte Behörde auch die übereinstimmenden Aussagen der seinerzeit einschreitenden Beamten als Zeugen wieder, wonach der Beschwerdeführer auf sie im Tatzeitpunkt einen alkoholisierten Eindruck gemacht habe (Alkoholgeruch aus dem Mund, gerötete Augenbindehäute und lallende Aussprache).
Nach Ansicht der belangten Behörde spreche die Tatsache, daß der Beschwerdeführer einige Stunden abgewartet habe, um den "Gegenbeweis" (offenbar gemeint: betreffend die Blutalkoholbestimmung) anzutreten, und nicht sofort von den beiden Polizeibeamten die Vorführung vor den Amtsarzt verlangt habe, gegen den Beschwerdeführer. Insgesamt kommt die belangte Behörde zu dem Schluß, daß der Beschwerdeführer die gesetzlichen Grenzwerte des Atemalkoholgehaltes überschritten und die ihm angelastete Verwaltungsübertretung objektiv verwirklicht habe; subjektiv sei dem Beschwerdeführer bedingt vorsätzliches Verschulden anzulasten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Unbestritten geblieben ist, daß der Beschwerdeführer am 28. Oktober 1994 - sohin nach Inkrafttreten der hier maßgeblichen Bestimmung des § 5 Abs. 1 StVO in der Fassung der 19. StVO-Novelle am 1. Oktober 1994 (siehe § 103 Abs. 2a leg. cit. in der Fassung der genannten Novelle) - nach Lenken eines Fahrzeuges zur Atemalkoholkontrolle aufgefordert wurde und die erste Messung um 12.18 Uhr einen Wert von 0,41 mg/l und die zweite Messung um 12.27 Uhr einen Wert von 0,42 mg/l ergeben hat. Weiters ist unbestritten, daß auf Grund einer später am selben Tag erfolgten Blutabnahme, die von einem Arzt, der vom Beschwerdeführer als Privatpatient aufgesucht wurde, vorgenommen und in weiterer Folge dem gerichtsmedizinischen Institut zur Auswertung des Blutalkoholgehaltes zugemittelt wurde, ein Blutalkoholwert von 0,5 Promille, gerechnet auf den Zeitpunkt der Blutabnahme, festgestellt wurde.
Gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz StVO (in der Fassung der 19. StVO-Novelle) gilt bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.
Gemäß § 5 Abs. 3 StVO (in der Fassung der 19. StVO-Novelle) ist die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mit einem Gerät vorzunehmen, das den Alkoholgehalt der Atemluft mißt und entsprechend anzeigt (Alkomat).
Sachverhaltsbezogen ist nicht hervorgekommen, daß der verwendete Alkomat eine Fehlmessung oder sonstige Störung anläßlich der Messung des Atemalkoholgehaltes des Beschwerdeführers angezeigt hätte. Da die belangte Behörde als Beweismittel zwei gültige Meßergebnisse mit dem Alkomat vorlagen, die beide sogar eine Überschreitung des im Gesetz genannten Wertes aufwiesen, konnte die belangte Behörde grundsätzlich zu Recht von der Annahme ausgehen, daß sich der Beschwerdeführer im Tatzeitpunkt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hatte.
Zu der in der vorliegenden Beschwerdesache wesentlichen Frage der Widerlegbarkeit von Meßergebnissen einer Untersuchung des Alkoholgehalts der Atemluft ist folgendes aufgrund der anzuwendenden Rechtslage nach der 19. StVO-Novelle auszuführen:
Der Gesetzgeber ging bei der Neufassung des § 5 StVO durch die 19. StVO-Novelle von der "Gleichwertigkeit" von Atemalkoholmessung und Blutuntersuchung aus (vgl. Erläuterungen - besonderer Teil - der Regierungsvorlage zu § 5 Abs. 5 leg. cit., 1580 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates, XVIII. GP, S. 20, und Feststellungen des Verkehrsausschusses zu § 5 Abs. 8 leg. cit. im Bericht zur 19. StVO-Novelle, 1711 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates, XVIII. GP, S. 4). Eine solche "Gleichwertigkeit" einer Blutuntersuchung gegenüber einer Atemalkoholmessung liegt aber NUR dann vor, wenn eine im § 5 StVO vorgesehene Art der Blutuntersuchung vorgenommen wurde. Daß der Wertigkeit dieser beiden Beweismittel besondere Bedeutung zukommt, ist aus der Vorschrift des § 5 Abs. 1 StVO in der Fassung der 19. StVO-Novelle zu entnehmen.
Blutuntersuchungen zum Zwecke der Feststellung des Blutalkoholgehaltes sind im § 5 StVO nur insofern vorgesehen, als sie von einem "im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt" (vgl. Abs. 6 i. V.m. Abs. 5 erster Satz) sowie durch einen "diensthabenden Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt" (vgl. Abs. 7 und 8) durchgeführt werden. Nur solche, damit gefundene Beweisergebnisse sind daher der Atemalkoholmessung als "gleichwertig" anzusehen.
Daß der Gesetzgeber nur solchen Blutuntersuchungen erhöhte und somit "gleichwertige" Beweiskraft zumißt, ergibt sich insbesondere aus der detailliert geregelten Vorgangsweise im § 5 Abs. 8 StVO in der genannten Fassung.
Da im Beschwerdefall unbestrittenermaßen keine der soeben erwähnten, im § 5 StVO in der genannnten Fassung vorgesehenen Blutuntersuchungen vorgenommen wurde, lag sohin gegenüber der beim Beschwerdeführer vorgenommenen Atemluftuntersuchung kein "gleichwertiges" Beweismittel vor. Die belangte Behörde ging daher jedenfalls zu Recht davon aus, daß das Ergebnis der Atemluftmessung nicht entkräftet werden konnte. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Ergebnisse der bei ihm nicht in einer im § 5 StVO vorgesehenen Art abgenommenen Blutprobe sind daher ebenso irrelevant wie die im Verwaltungsverfahren eingeholten medizinischen Gutachten, zumal auch damit das Ergebnis der Atemalkoholmessung entsprechend der Vorschrift des § 5 Abs. 1 StVO nicht widerlegt werden kann.
Soweit der Beschwerdeführer jedoch bestreitet, daß er sich zum Tatzeitpunkt aufgrund eines erst kurz vor Fahrtantritt erfolgten Alkoholkonsums (so nach seiner Behauptung) in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, ist ihm aufgrund der ständigen hg. Rechtsprechung entgegenzuhalten, daß Alkohol in der Anflutungsphase besonders nachteilige Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit zeitigt; ein Sturztrunk kurz vor Fahrtantritt wirkt sich auf den Alkoholgehalt des Blutes und der Atemluft erst nach einer gewissen Zeit aus, die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit tritt aber sofort ein (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1996, Zl. 95/03/0233, m. w.N.)
Zusammenfassend ist daher die Rechtsansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe sich zur Tatzeit in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden, nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung BlutalkoholbestimmungFeststellung der Alkoholbeeinträchtigung AlkomatFeststellung der Alkoholbeeinträchtigung ärztliche bzw klinische UntersuchungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996020227.X00Im RIS seit
24.10.2001Zuletzt aktualisiert am
01.01.2009