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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision 1. des J B und 2. der M B, beide in A, beide vertreten durch Dr. Edmund Kitzler und Mag. Martin Wabra, Rechtsanwälte in 3950 Gmünd, Stadtplatz 43, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 15. Jänner 2021, LVwG-AV-749/001-2020, betreffend Abweisung eines Antrages auf Erlassung baupolizeilicher Aufträge (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Marktgemeinde A; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. F H und 2. V H, beide in A, beide vertreten durch Mag. Martin Rausch, Rechtsanwalt in 3920 Groß Gerungs, Unterer Marktplatz 27), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 In den Revisionszulässigkeitsgründen wird ausgeführt, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtes wegen der abweichenden Ausführung der Güllegrube ein aliud vorliege. Außerdem sei die Schwimmdecke der gegenständlichen Güllegrube ein Teil des Bauwerkes, und wenn sich diese entweder nicht ausbilde oder wiederholt zerstört werde, liege folglich ein Baugebrechen vor.
5 Die Frage, ob eine bestimmte bauliche Anlage ein aliud gegenüber dem Baukonsens darstellt oder nicht, obliegt grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes (vgl. VwGH 22.9.2020, Ra 2020/05/0169, 0170). Auch die Frage, inwieweit ein baurechtlicher Konsens besteht oder nicht, von dem abgewichen werden könnte, unterliegt grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes (vgl. VwGH 26.2.2021, Ra 2021/05/0027). Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung bei einzelfallbezogenen Beurteilungen des Verwaltungsgerichtes liegt nur dann vor, wenn die jeweilige Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. VwGH 26.8.2020, Ra 2020/05/0146, mwN).
6 Im vorliegenden Fall hat sich das Verwaltungsgericht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Güllegrube aufgrund der gegenständlich gegenüber dem Konsens geänderten Ausführung ein aliud darstellt, und diese Frage verneint (S. 25 des angefochtenen Erkenntnisses). Ebenso hat das Verwaltungsgericht begründet, weshalb es davon ausgeht, dass das Vorhandensein einer Schwimmdecke auf der Güllegrube nicht Gegenstand der Baubewilligung gewesen ist und deren Fehlen daher kein Baugebrechen darstelle (S. 27 des angefochtenen Erkenntnisses). Es kann nicht erkannt werden, dass die entsprechenden einzelfallbezogenen Beurteilungen durch das Verwaltungsgericht in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wären, und auch aus den Revisionszulässigkeitsgründen ergibt sich dergleichen nicht. Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles gegebenenfalls auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. VwGH 8.9.2016, Ra 2016/06/0057, mwN).
7 Abgesehen davon hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auch darauf gestützt, dass die Revisionswerber gar keinen Rechtsanspruch darauf hätten, dass den mitbeteiligten Parteien ein Herstellungsauftrag oder ein Abbruchauftrag bzw. ein Nutzungsverbot erteilt werde, da die revisionswerbenden Parteien als Nachbarn durch die nichtgenehmigten Bauabweichungen in dem von ihnen allein geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Recht auf Schutz vor Geruchsimmissionen nicht beeinträchtigt werden (S. 27 des angefochtenen Erkenntnisses). Dagegen wird in den Revisionszulässigkeitsgründen nichts vorgebracht. Beruht aber ein Erkenntnis auf einer tragfähigen Alternativbegründung und wird im Zusammenhang damit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, so erweist sich die Revision als unzulässig (vgl. VwGH 16.12.2019, Ra 2019/05/0310, mwN).
8 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 19. April 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021050064.L00Im RIS seit
10.05.2021Zuletzt aktualisiert am
01.06.2021