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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag WienNorm
AVG §8Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, in der Revisionssache des Prof. L V in W, vertreten durch Dr. Gernot Nachtnebel, Rechtsanwalt in 1210 Wien, Prager Straße 55/14, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 21. Dezember 2020, VGW-111/084/12980/2020-14, betreffend Versagung der Baubewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 3. September 2020, mit welchem ihm die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Schwimmbeckens auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien versagt worden war, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
5 Begründend hielt das Verwaltungsgericht fest, dass das gegenständliche Schwimmbecken laut Einreichplan in einer Entfernung von 2,62 m zu näher bezeichneten Nachbarliegenschaften bewilligt werden solle und die auf Grund des Unterschreitens des Mindestabstandes von 3 m zu den Nachbargrenzen gemäß § 79 Abs. 6 Bauordnung für Wien (im Folgenden: BO) erforderliche Zustimmung der betreffenden Nachbarn nicht vorliege. Weiters führte das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die hg. Rechtsprechung zum Zustimmungsrecht nach § 94 Abs. 4 BO (VwGH 23.11.2009, 2006/05/0118, und VwGH 16.9.2009, 2007/05/0290) aus, dass das Zustimmungsrecht gemäß § 79 Abs. 6 BO nicht vom Erwerb der Parteistellung durch Erhebung von rechtzeitigen Einwendungen abhängig sei. Das Vorliegen einer solchen Zustimmung sei eine notwendige Bedingung bzw. positive Bewilligungsvoraussetzung und die Parteistellung der Nachbarn dazu bestehe losgelöst von rechtzeitig erhobenen Einwendungen.
6 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird ausgeführt, durch die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung der Bestimmung würde die Führung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unterbleiben, und würde die Versagung einer Baubewilligung erfolgen, ohne dass überhaupt geklärt werde, ob damit in Nachbarrechte in einer Form eingegriffen werden würde, die die Versagung rechtfertige. Eine solche Vorgangsweise widerspreche auch der Intention des Gesetzgebers, der Nachbarn nur dann eine Parteistellung und Rechte einräumen wolle, wenn sie sich gegen eine Bauführung aussprächen. Hiedurch erscheine aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht mit der von ihm vertretenen Rechtsansicht „in tragende Grundsätze der Wiener Bauordnung bzw. der Rechts-/Verfahrensordnung verstoßen hat.“ Die von ihm eingehaltene Vorgangsweise könne auch nicht mit der (Anm.: nicht näher bezeichneten) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Einklang gebracht werden. Die erwähnte Entscheidung erscheine sohin „in sämtlichen rechtlichen Bestimmungen revisibel.“
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
7 Soweit mit dem Zulässigkeitsvorbringen das Fehlen von hg. Rechtsprechung zum Zustimmungsrecht der Nachbarn nach § 79 Abs. 6 BO aufgezeigt werden soll, ist Folgendes auszuführen:
8 Eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nicht vor, wenn diese durch zur früheren Rechtslage ergangene und auf die aktuelle Rechtslage übertragbare Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bereits geklärt wurde. Dasselbe gilt, wenn die Frage durch Rechtsprechung zu anderen Normen, die sich in den entscheidenden Teilen nicht von den im konkreten Fall anzuwendenden Normen unterscheiden, beantwortet wurde (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 25.9.2018, Ra 2018/05/0228, mwN).
9 Dies ist hier der Fall: Wie das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis bereits dargelegt hat, hat der Verwaltungsgerichtshof zur Bestimmung des § 94 Abs. 4 BO (bzw. zur Vorgängerbestimmung des § 101 Abs. 3 BO), welche ebenfalls ein Zustimmungsrecht des Nachbarn zu einer baulichen Maßnahme normiert, ausgesprochen, dass die Zustimmung der Eigentümer der Nachbarliegenschaften eine Bewilligungsvoraussetzung ist und dem Nachbarn (unabhängig von § 134a BO) bezüglich seiner Zustimmung im Baubewilligungsverfahren Parteistellung gemäß § 101 Abs. 3 in Verbindung mit § 134 Abs. 3 erster Satz BO und § 8 AVG zukomme (vgl. dazu die vom Verwaltungsgericht zitierte hg. Judikatur sowie VwGH 25.9.2012, 2010/05/0076 und 0078). Diese Judikatur ist auf die im Revisionsfall anwendbare Bestimmung des § 79 Abs. 6 letzter Satz BO, welche bestimmten Nachbarn ebenfalls ein Zustimmungsrecht zu den darin genannten baulichen Maßnahmen einräumt, übertragbar. Dass das Verwaltungsgericht von dieser Rechtsprechung, mit welcher sich der Revisionswerber in seiner Zulässigkeitsbegründung in keiner Weise auseinandersetzt, abgewichen sei, behauptet die Revision nicht und ist auch nicht ersichtlich.
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 19. April 2021
Schlagworte
Baubewilligung BauRallg6 Baurecht NachbarEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021050061.L00Im RIS seit
10.05.2021Zuletzt aktualisiert am
01.06.2021