TE Vwgh Beschluss 2021/4/19 Ra 2021/05/0058

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Veröffentlicht am 19.04.2021
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
83 Naturschutz Umweltschutz

Norm

AWG 2002 §7 Abs7
AWG 2002 §79 Abs3 Z1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision des Mag. C J in S, vertreten durch die Eisenberger & Offenbeck Rechtsanwalts GmbH in 8010 Graz, Muchargasse 30, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 17. Februar 2021, LVwG-S-473/0021-2020, betreffend Übertretung des AWG 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

5        Dem Revisionswerber wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis angelastet, die Meldepflicht gemäß § 79 Abs. 3 Z 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) in Verbindung mit § 7 Abs. 7 AWG 2002 verletzt zu haben. Gemäß § 7 Abs. 7 AWG 2002 hat, wer im Rahmen einer Prozessausstufung den Nachweis der Nichtgefährlichkeit von Abfällen erbracht hat, bis spätestens 10. April jeden Jahres die Menge des ausgestuften Abfalls des vorangegangenen Kalenderjahres dem Bundesminister zu melden.

6        In den Revisionszulässigkeitsgründen wird die Frage aufgeworfen, ob die Frist für die Erstattung der Meldung gemäß § 7 Abs. 7 AWG 2002 schon mit der Ausstufungsanzeige oder erst durch den Erhalt der Ausstufungsmitteilung des Bundesministers läuft. Richtig könne nur die zweite Variante (Erhalt der Ausstufungsmitteilung) sein, wie in der Darlegung der Begründetheit der Revision näher ausgeführt werde. Weiters bestehe die Rechtsfrage, ob auch das lediglich verspätete Einbringen einer Meldung bzw. deren formale Mangelhaftigkeit sanktioniert werde, oder ob sich die Strafnorm nur auf das gänzliche Unterlassen einer Meldung beziehe. Es liege auch ein Begründungsmangel vor, da die Frist für die Meldung erst mit Erhalt der Ausstufungsmitteilung, nicht aber mit der Ausstufungsanzeige ausgelöst werde, wie in der Begründetheitsdarlegung der Revision noch näher ausgeführt werde. Der Begründungsmangel sei wesentlich, da im Zusammenhang mit der Frage der Strafbarkeit und allenfalls auch der Strafzumessung die Frage, ob eine Meldung formgerecht oder mangelhaft und fristgerecht oder verspätet durchgeführt worden sei oder nicht, von entscheidender Bedeutung sei. Hätte das Verwaltungsgericht die Feststellung so getroffen, wie sie vom Revisionswerber angegeben worden sei (bezüglich einer form- und fristgerechten Meldung), so würde kein strafbares Verhalten vorliegen. Die dargelegten Rechtsfragen wiesen alle eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung auf (wurde näher ausgeführt).

7        Das Verwaltungsgericht hat in seiner Begründung ausgeführt, dass das Ausstufungsverfahren mit dem Nachweis beginne, dass ein bestimmter Abfall, welcher nach einer Verordnung nach § 4 AWG 2002 gefährlich sei, im Einzelfall nicht gefährlich sei. Weder in der Definitionsbestimmung des Ausstufungsverfahrens (§ 2 Abs. 8 Z 4 AWG 2002) noch in § 7 AWG 2002 werde darauf verwiesen, dass die Ausstufung erst im Zuge einer behördlichen Mitteilung rechtswirksam werde. Eine Prozessausstufung sei bereits ab dem Einlangen der ordnungsgemäßen Ausstufungsanzeige wirksam. Ab diesem Zeitpunkt seien die ausgestuften Abfälle gemäß § 7 Abs. 7 AWG 2002 zu melden.

8        Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nicht vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist, und zwar selbst dann nicht, wenn dazu noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist. Eine Ausnahme besteht nur, wenn fallbezogen (ausnahmsweise) eine Konstellation gegeben ist, die es im Einzelfall erforderlich macht, aus Gründen der Rechtssicherheit korrigierend einzugreifen (vgl. VwGH 29.11.2016, Ra 2016/06/0066, 0067, mwN).

9        Dem Verwaltungsgericht ist beizupflichten, dass es nach der eindeutigen Rechtslage nach § 7 Abs. 7 AWG 2002 auf den Nachweis der Nichtgefährlichkeit im Rahmen einer Prozessausstufung ankommt. Auf eine Ausstufungsmitteilung durch den Bundesminister stellt diese Norm jedenfalls nicht ab. Bemerkt wird im Übrigen, dass ein Verweis auf in den Revisionsgründen enthaltene Ausführungen in den Zulässigkeitsausführungen der Revision nicht genügt, um eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung darzulegen (vgl. VwGH 27.4.2016, Ra 2016/05/0017, mwN).

10       Gemäß § 79 Abs. 3 Z 1 AWG 2002 ist strafbar, wer entgegen (unter anderem) § 7 Abs. 7 AWG 2002 den Meldepflichten nicht nachkommt. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung in Verbindung mit § 7 Abs. 7 AWG 2002 ist daher jedenfalls auch das verspätete Erstatten einer Meldung strafbar und nicht nur deren gänzliches Unterlassen bzw. sonstige Mangelhaftigkeiten. Die obigen Ausführungen zum Vorliegen einer eindeutigen Rechtslage gelten auch hier.

11       Es erübrigt sich somit nicht nur, auf Begründungsmängel näher einzugehen, die deshalb bestehen sollen, weil die Frist für die Meldung gemäß § 7 Abs. 7 AWG 2002 erst mit dem Erhalt der Ausstufungsmitteilung des Bundesministers ausgelöst werde, sondern ebenso auf solche, die damit in Zusammenhang stehen sollen, ob sonstige Formmängel der Meldung vorgelegen sind.

12       Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 19. April 2021

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021050058.L00

Im RIS seit

10.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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