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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision 1. des Dipl. Ing. A K und 2. des Vereins „Z“, beide in E, beide vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 30. Juni 2020, LVwG-551693/9/Kü/LB - 551695/3, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde als unzulässig (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Oberösterreich; weitere Partei: F GmbH & Co KG in W, vertreten durch die Haslinger/Nagele Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Begründend wurde im angefochtenen Beschluss ausgeführt, im Beschwerdevorbringen werde die Verletzung subjektiver Rechte nicht behauptet, sondern die Situation hinsichtlich der Verwendung des Grundwassers im Abstrombereich des geplanten Deponieparks im Allgemeinen dargestellt. Eine Beschwerdeberechtigung gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG stehe dem beschwerdeführenden Verein Z daher nicht zu. Die mit Beschwerde überschriebene Eingabe vom 2. September 2019 sei unzweifelhaft nur dem Verein Z und nicht dem unterzeichnenden Obmann sowie dem Obmannstellvertreter als Privatpersonen bzw. Nachbarn zurechenbar. Die Beschwerde enthalte neben dem allgemeinen Vorbringen zur Grundwassernutzung keinen Anhaltspunkt dahingehend, welchem Punkt des § 42 AWG 2002 betreffend die Parteistellung im abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigungsverfahren der Verein zu unterstellen sei bzw. worauf sich die Parteistellung des Vereins im Genehmigungsverfahren gründen solle. Eine Parteistellung könnte nur daraus abgeleitet werden, dass der Verein eine anerkannte Umweltorganisation sei. Dies sei nicht der Fall. Während der Auflagefrist gemäß § 40 AWG 2002 seien außerdem ausschließlich von der Marktgemeinde G und von drei Privatpersonen Stellungnahmen abgegeben worden. Dies führe dazu, dass dem beschwerdeführenden Verein im abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigungsverfahren keine Parteistellung und daher auch keine Berechtigung zur Einbringung einer Beschwerde gegen den abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigungsbescheid zukomme.
5 In den Revisionszulässigkeitsgründen wird ausgeführt, die Beurteilung der Frage, wem ein Rechtsmittel zuzurechnen sei, stelle eine grundsätzliche Frage dar, der über den Anlassfall hinausgehende Bedeutung zukomme. Insbesondere in einer Situation, in der ein Umweltschutzverein Einwendungen in der mündlichen Verhandlung erster Instanz erhebe, sein Obmann gleichzeitig auch betroffener Liegenschaftseigentümer sei und dann - von einem rechtlich nicht vertretenen - Verein ein Rechtsmittel eingebracht werde, das vom Obmann des Vereins unterfertigt sei, der gleichzeitig betroffener Nachbar und Liegenschaftseigentümer sei, sei bei rechtsschutzfreundlicher Auslegung jedenfalls davon auszugehen, dass dieses Rechtsmittel nicht nur dem Verein, sondern dem betroffenen Liegenschaftseigentümer zuzurechnen sei. Es bedürfe in dieser Konstellation einer klarstellenden Aussage des Verwaltungsgerichtshofes zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit bzw. Rechtsentwicklung. Somit sei eine wesentliche Rechtsfrage zu lösen.
6 Die Frage, wem eine konkrete Eingabe zuzurechnen ist, betrifft lediglich den Einzelfall (vgl. VwGH 31.5.2017, Ra 2017/22/0057, 0058; 11.10.2018, Ra 2018/16/0154). Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge daher nur dann vor, wenn die entsprechende Beurteilung durch das Verwaltungsgericht in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. VwGH 23.5.2017, Ra 2017/05/0086, mwN).
7 Derartiges zeigen die Revisionszulässigkeitsgründe, die sich nicht näher mit den Argumenten des Verwaltungsgerichtes und den konkreten formellen und materiellen Aspekten der Beschwerde auseinandersetzen, nicht auf und ist im vorliegenden Fall auch nicht ersichtlich. Im Übrigen kommt der Frage, ob besondere Umstände des Einzelfalles auch eine andere Auslegung einer Erklärung gerechtfertigt hätten, in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. nochmals VwGH 11.10.2018, Ra 2018/16/0154, mwN).
8 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 19. April 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021050056.L00Im RIS seit
10.05.2021Zuletzt aktualisiert am
01.06.2021