TE Vwgh Beschluss 2021/4/19 Ra 2021/05/0053

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Veröffentlicht am 19.04.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2021/05/0054

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision 1. des Ing. M N und 2. der N N, beide in W und beide vertreten durch Mag. Michael Stuxer, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Piaristengasse 41/10, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 14. Dezember 2020, 1. VGW-112/072/10343/2020-7 und 2. VGW-112/V/072/11586/2020, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien (in der Folge: VwG) wurde die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 14. Juli 2020, mit welchem ihnen als Eigentümern eines Gebäudes an einer näher genannten Liegenschaftsadresse in Wien gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (in der Folge: BO) der baupolizeiliche Auftrag erteilt worden war, zwei ohne baubehördliche Bewilligung hergestellte Fenster in der Feuermauer zur Nachbarliegenschaft zu verschließen und den Verputz wieder herzustellen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit einer hier nicht relevanten Spruchmaßgabe als unbegründet abgewiesen (I.). Gleichzeitig sprach das VwG aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei (II.).

5        In der Zulässigkeitsbegründung der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision führen die revisionswerbenden Parteien aus, zu § 129 Abs. 10 BO fänden sich im einschlägigen Schrifttum „zwei VwGH-Entscheidungen“, aus denen ersichtlich sei, dass vor Erlassung eines Auftrages nach der genannten Gesetzesstelle zu prüfen sei, ob in der Natur im Vergleich zum bewilligten Plan eine rechtliches aliud errichtet worden sei. Klar sei, dass nicht jede noch so geringfügige Abweichung der Ausführung vom bewilligten Plan einen Bescheid nach § 129 Abs. 10 BO zur Folge haben müsse, nämlich dann nicht, wenn in der Natur kein rechtliches aliud ausgeführt worden sei. Es bestehe keine höchstgerichtliche Entscheidung dazu, ob bei der Errichtung von Fenstern, deren Fläche sich „innerhalb der durch die Baubewilligung genehmigten Flächen halten“ und sich an der im Bauplan ersichtlichen Stelle befinden, ein rechtliches aliud vorliege.

6        Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargetan, der grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukäme.

7        Soweit die revisionswerbenden Parteien in ihrem Zulässigkeitsvorbringen allgemein eine Abweichung von näher genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zum Vorliegen eines rechtlichen „aliuds“ ansprechen, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach der Revisionswerber im Fall der Behauptung einer Abweichung von der Rechtsprechung konkret darzulegen hat, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen hg. Entscheidungen nicht ausreicht (vgl. dazu für viele etwa VwGH 27.11.2020, Ra 2020/05/0230, mwN). Dieser Anforderung genügt die vorliegende Zulässigkeitsbegründung nicht.

8        Darüber hinaus unterliegt die Frage, ob eine bestimmte bauliche Anlage ein „aliud“ darstellt oder nicht, grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes; eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge in diesem Zusammenhang nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre, was in der Zulässigkeitsbegründung der Revision aufzuzeigen wäre (vgl. etwa VwGH 22.9.2020, Ra 2020/05/0169, 0170, mwN). Fallbezogen hat das VwG im angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit näherer Begründung ausgeführt, aus welchen Gründen es gegenständlich vom Vorliegen eines „aliuds“ ausging. Mit dieser Begründung setzen sich die revisionswerbenden Parteien in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht auseinander und zeigen darin auch insbesondere nicht auf, dass und inwiefern die Beurteilung des VwG in einer unvertretbaren, die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Weise erfolgt wäre.

9        Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel außerdem keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. z.B. VwGH 3.2.2021, Ra 2021/05/0006, mwN).

10       Bemerkt wird, dass die Revision auch kein Zulässigkeitsvorbringen zur Frage der Rechtmäßigkeit des konkreten Bauauftrages im Hinblick auf das vom VwG festgestellte Vorliegen einer baubehördlichen Bewilligung enthält, die mit der Herstellung der in Rede stehenden Fenster jedoch nicht konsumiert worden sei.

11       In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 19. April 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021050053.L00

Im RIS seit

10.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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