TE Vwgh Beschluss 2021/4/21 Ra 2021/18/0123

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Veröffentlicht am 21.04.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des V V, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jordangasse 7/4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Februar 2021, W236 2238599-1/13E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, stellte am 9. März 2020 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er zusammengefasst damit begründete, aufgrund der Teilnahme an Protesten in der Teilrepublik Inguschetien gegen Gebietsabtretungen an die Teilrepublik Tschetschenien Verfolgung zu befürchten.

2        Mit Bescheid vom 14. Dezember 2020 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei, und legte eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise fest.

3        Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Das BVwG erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4        Begründend führte das BVwG im Wesentlichen aus, dass die vom Revisionswerber geltend gemachten Fluchtgründe aufgrund näher genannter widersprüchlicher, gesteigerter, mit den Länderberichten nicht in Einklang stehender und teilweise oberflächlicher Schilderungen nicht glaubhaft seien. Es werde zwar nicht in Abrede gestellt, dass der Revisionswerber an den Protesten, an denen sich tausende Menschen beteiligt hätten, teilgenommen habe, er sei jedoch weder an der Organisation der Proteste beteiligt, noch auf andere Art und Weise exponiert gewesen, weswegen nicht festgestellt werden könne, dass der Revisionswerber in Inguschetien oder anderen Teilen der Russischen Föderation staatlichen Repressalien ausgesetzt wäre.

5        Gegen dieses Erkenntnis (der Sache nach lediglich gegen die Nichtzuerkennung von Asyl) wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit geltend gemacht wird, das BVwG habe gegen seine Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung der zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Lage in der Russischen Föderation verstoßen. Seit den Geschehnissen rund um Alexei Nawalny habe sich die politische Situation und die Menschenrechtslage radikal verändert. Das BVwG hätte auf ecoi.net verfügbare Berichte zu den Protesten in Inguschetien, aus denen hervorgehe, dass dutzende Teilnehmer der Demonstrationen festgenommen und verfolgt worden seien, in seine Entscheidung miteinbeziehen müssen.

6        Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       Mit dem Vorbringen, das BVwG habe seiner Entscheidung veraltete Länderberichte zugrunde gelegt, macht die Revision einen Verfahrensfehler geltend. Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung auch deren Relevanz dargetan werden, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten können (vgl. VwGH 18.2.2020, Ra 2020/18/0032, mwN).

11       Durch die nicht näher konkretisierte Behauptung, die politische und menschenrechtliche Lage in der Russischen Föderation habe sich durch die Geschehnisse rund um Alexei Nawalny radikal geändert, wird nicht dargelegt, inwiefern der Revisionswerber davon betroffen ist bzw. aufgrund welcher vom Gericht nicht berücksichtigter Tatsachen ein für ihn günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können.

12       Dem Vorwurf, es seien keine ausreichenden Ermittlungen über die Proteste, an denen der Revisionswerber teilgenommen habe, angestellt worden, ist zu erwidern, dass das BVwG seiner Entscheidung eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom März 2020 betreffend eben diese Proteste in Magas, der Hauptstadt Inguschetiens, zu Grunde gelegt und insbesondere auch die Tatsache, dass bei diesen Protesten mehrere Dutzend Teilnehmer festgenommen wurden, in seine Erwägungen miteinbezogen hat.

13       Die von der Revision zitierten Länderberichte bieten im Vergleich dazu kein anderes Bild. Auch aus ihnen ist zwar ersichtlich, dass es gegen einige Aktivisten Maßnahmen der Sicherheitsbehörden gegeben hat. Das BVwG hat in seiner Beweiswürdigung aber fallbezogen vertretbar dargelegt, aus welchen Gründen es dem Vorbringen des Revisionswerbers, zu diesen betroffenen Aktivisten gehört zu haben, keinen Glauben geschenkt hat.

14       Es kann daher nicht erkannt werden, dass dem BVwG der gerügte Verfahrensfehler unterlaufen wäre. Im Übrigen unterliegt die Frage, ob das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner amtswegigen Ermittlungspflicht weitere Ermittlungsschritte setzen muss, einer einzelfallbezogenen Beurteilung. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge insoweit nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre (vgl. VwGH 2.3.2021, Ra 2020/18/0486, mwN), was die Revision jedoch nicht aufzeigt.

15       In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 21. April 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021180123.L00

Im RIS seit

12.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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