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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision der A GmbH in B, vertreten durch Mag. Stephanie Zöllner und Dr. Philipp Zöllner, Rechtsanwälte in 2340 Mödling, Freiheitsplatz 9/1/1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 20. Jänner 2021, Zl. LVwG-AV-86/001-2021, betreffend Abweisung eines Antrags auf Verdienstentgang nach dem Epidemiegesetz 1950 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Baden), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 20. Jänner 2021 wurde der Antrag der Revisionswerberin vom 2. Juni 2020 auf Vergütung für den Verdienstentgang nach § 32 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) abgewiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
2 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 10. März 2021, E 799/2021-5, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
3 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (vgl. VwGH 5.3.2021, Ra 2020/09/0072; 21.12.2020, Ra 2020/09/0065 bis 0066; 15.9.2020, Ra 2020/09/0030). In diesen gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 19.3.2021, Ra 2021/09/0052; 6.10.2020, Ra 2020/09/0050; 25.9.2019, Ra 2018/09/0129).
6 Die Frage, ob die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegen, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage mittlerweile durch den Verwaltungsgerichtshof geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. VwGH 19.3.2021, Ra 2021/09/0006; 25.2.2020, Ra 2019/09/0108; 21.2.2020, Ra 2019/09/0116).
7 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden außerordentlichen Revision wird geltend gemacht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes „hinsichtlich des gegenständlichen Sachverhaltes, insbesondere dahingehend, wann und unter welchen Voraussetzungen die Bestimmungen des EpidemieG, des COVID-19-Maßnahmengesetzes sowie der diesbezüglichen Verordnungen anzuwenden sind, und wann sowie unter welchen Voraussetzungen sich sodann ein Anspruch auf Ersatz des Verdienstentganges ergibt“.
8 Mit diesem allgemein gehaltenen Vorbringen zeigt die Revisionswerberin nicht konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen auf, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte.
9 Soweit die Revisionswerberin in der Zulässigkeitsbegründung den Standpunkt einnimmt, es läge im Revisionsfall „eine Be- bzw. Einschränkung des Betriebes“ vor, sodass die Bestimmungen des EpiG unter Berücksichtigung des § 4 Abs. 3 COVID-19-MG anzuwenden seien und sich deshalb ein Anspruch auf Ersatz des Verdienstentganges ergebe, wozu keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes existiere, ist darauf hinzuweisen, dass sich der Verwaltungsgerichtshof mit den damit angesprochenen Fragen bereits im Erkenntnis vom 24. Februar 2021, Ra 2021/03/0018, auseinandergesetzt hat. Es wird daher gemäß § 43 Abs. 2 iVm Abs. 9 VwGG auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen. Ein Anspruch auf Vergütung für den Verdienstentgang nach § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG setzt voraus, dass das vom Anspruchswerber betriebene Unternehmen „gemäß § 20 in seinem Betrieb beschränkt oder gesperrt worden ist“; Anspruchsvoraussetzung danach ist also eine Betriebsbeschränkung oder -sperre nach der Bestimmung des § 20 EpiG. Eine derartige, den Betrieb der Revisionswerberin erfassende „Vorkehrung“, also eine Betriebsschließung nach § 20 Abs. 1 EpiG oder eine Betriebsbeschränkung nach § 20 Abs. 2 EpiG, erfolgte allerdings - unstrittig - nicht. Soweit die Revisionswerberin den Standpunkt einnimmt, der Anspruch auf Verdienstentgang bestehe deshalb zu Recht, weil dieser auf Betriebsbeschränkungen und nicht auf (in § 4 Abs. 2 COVID-19-MG genannte) Betriebsschließungen gestützt werde und mit den „COVID-19-Verordnungen“ Betriebsbeschränkungen gemäß § 20 EpiG verfügt worden seien, trifft die zuletzt genannte Annahme aus den im Erkenntnis Ra 2021/03/0018 dargelegten Gründen nicht zu.
10 Soweit in der Zulässigkeitsbegründung zudem Verfahrensmängel geltend gemacht werden, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz von Verfahrensmängeln, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden muss, wenn Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt werden (vgl. VwGH 5.3.2021, Ra 2020/09/0072; 6.10.2020, Ra 2020/09/0045; 2.7.2020, Ra 2019/09/0094). Mit den vorliegenden Zulässigkeitsausführungen wird Derartiges aber nicht dargelegt.
11 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 23. April 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021090070.L00Im RIS seit
13.05.2021Zuletzt aktualisiert am
01.06.2021