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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AVG §58 Abs2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision der P GmbH in G, vertreten durch Prutsch & Partner Rechtsanwälte, Joanneumring 6/III, 8010 Graz, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 9. Oktober 2018, Zl. LVwG 48.11-1226/2018-8, betreffend Zurücknahme einer Bewilligung nach § 50 GuKG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann der Steiermark, vertreten durch Dr. Edwin Mächler, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Glacisstraße 67), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28. März 2012 wurde der Revisionswerberin die Bewilligung zur Errichtung und Führung einer Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege und psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege mit dem Standort in S, H-Straße, unter Auflagen erteilt. Die Auflage 2. lautete, dass der Unterricht an den Standorten S, H-Straße 2, sowie G, H-Straße 1, zu erfolgen habe. Die Änderung der Unterrichtsräume sei spätestens vier Wochen vor Inbetriebnahme anzuzeigen.
2 Mit Schreiben vom 6. Dezember 2016 zeigte die Revisionswerberin die Verwendung neuer Unterrichtsräume in Graz, P-Gasse, an. Sämtliche Unterrichtsräume sowie die gesamte Administration der Schule seien ab 7. Jänner 2017 dort untergebracht und der neue Unterrichtsstandort würde für alle angebotenen Aus-, Fort-, Weiter-- und Sonderausbildungen verwendet werden.
3 Mit Bescheid vom 9. März 2018 wurde die erteilte Bewilligung zur Führung einer Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege sowie psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege vom 28. März 2012, mit dem Standort in S, H-Straße 2, zurückgenommen. Die Entziehung der Bewilligung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Räumlichkeiten der Revisionswerberin in „Graz, P-Gasse“, nicht dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) entsprächen, da die Räume überbelegt seien. Hinsichtlich der Standortgebundenheit der Bewilligung führte die belangte Behörde darüber hinaus aus, dass sich die erteilte Bewilligung nur auf die Räumlichkeiten beziehe, die im Bewilligungsantrag angegeben seien, weswegen die Revisionswerberin den Unterricht ausschließlich am Schulstandort in „Graz, P-Gasse“, anbieten dürfe.
4 Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den letztgenannten Bescheid ab. Gleichzeitig sprach es gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
Das Verwaltungsgericht führte nach Darstellung des (oben wiedergegebenen) Verfahrensgangs rechtlich im Wesentlichen aus, dass eine Bewilligung nach § 50 GuKG immer standortbezogen sei. Daher sei die Bewilligung vom 28. März 2012 auch bezogen auf den Standort in S, H-Straße, erteilt worden. Sache des Beschwerdeverfahrens sei nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des bekämpften Bescheids gebildet habe (Hinweis auf VwGH 8.9.2015, Ra 2015/18/0134, 10.11.2015, Ro 2015/19/0001). Im konkreten Fall sei die Bewilligung mit dem Standort in S zurückgenommen worden. Die Begründung des Bescheides sei zwar insofern widersprüchlich, als einerseits ausgeführt werde, dass die Bewilligung standortbezogen sei, jedoch ausführlich dargelegt werde, dass die Räumlichkeiten in „Graz, P-Gasse“, nicht ausreichend seien und daher die Bewilligung für die „P-Gasse“ zu entziehen gewesen sei, obwohl keine Bewilligung für diesen Standort vorliege. Die belangte Behörde habe die erteilte Bewilligung vom 28. März 2012 für den Standort in S, H-Straße 2, dennoch zu Recht zurückgenommen, da dort seit Anfang 2017 weder Unterrichtsbetrieb noch eine sonstige Tätigkeit stattgefunden habe. Es sei also nicht erkennbar, worin die Beschwer der Revisionswerberin liegen sollte.
5 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 12. Dezember 2018, E 4828/2018-5, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Die Revisionswerberin erhob daraufhin die vorliegende außerordentliche Revision, zu der die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung erstattete.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Dem Erfordernis einer (gesonderten) Zulässigkeitsbegründung wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. etwa die Beschlüsse VwGH 23.3.2017, Ra 2017/11/0014, und VwGH 1.9.2017, Ra 2017/11/0225, jeweils mwN).
7 In der somit für die Zulässigkeit der Revision allein maßgebenden Zulässigkeitsbegründung werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
8 Darin wird eingangs vorgebracht, dass das Verwaltungsgericht die Sache des Verfahrens verkenne. Es sei nicht nur der Spruch der Entscheidung alleine maßgeblich, sondern auch die Begründung. Die belangte Behörde habe das Vorhandensein und die Ausstattung von Räumlichkeiten überprüft und darüber entschieden. Ob die Revisionswerberin noch Räumlichkeiten in S, H-Straße 2, habe, sei von der Behörde nicht überprüft worden. Gegenstand und Inhalt des Verfahrens sei daher die Frage gewesen, ob eine Schulbewilligung für den Standort in Graz, P-Gasse, zu erteilen gewesen sei bzw. allenfalls ob eine Zurücknahme der vorhandenen Bewilligung damit zu begründen sei, dass die Räumlichkeiten in der P-Gasse nicht dem GuKG entsprechen würden.
9 Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur erkennt, ist die Begründung eines Bescheides nicht der Rechtskraft fähig und entfaltet damit keine Bindungswirkung. Was Gegenstand eines in Rechtskraft erwachsenen Bescheides einer Behörde ist, bestimmt sich ausschließlich nach dem Inhalt des Spruches des Bescheides. Nur er erlangt rechtliche Geltung (Verbindlichkeit) und legt dadurch die Grenzen der Rechtskraft fest. Die Bescheidbegründung spielt hierfür nur insoweit eine Rolle, als (auch) sie zu der (nach den für Gesetze maßgebenden Regeln vorzunehmenden) Auslegung (Deutung), nicht aber zur Ergänzung eines in sich unklaren Spruches heranzuziehen ist (vgl. etwa VwGH 8.3.2019, Ra 2019/11/0024, mwN). Dagegen kommt eine Umdeutung (oder auch Ausweitung) eines klar gefassten Spruches anhand der Begründung des Bescheides nicht in Betracht. Ist somit der Spruch des Bescheides eindeutig, dann kommt der Begründung eine den Inhalt des Bescheides modifizierende Wirkung nicht zu. Selbst ein Widerspruch der Begründung zum Spruch ist unerheblich, wenn nach dem Wortlaut des Spruches eines Bescheides über dessen Inhalt kein Zweifel herrschen kann. Eine über den formalen Spruchinhalt hinausgehende Gesamtbetrachtung von Spruch und Begründung findet somit ihre Grenze dann, wenn der formale Spruchinhalt durch Ausführungen im Begründungsteil nicht ergänzt bzw. komplettiert wird, sondern mit diesem in Widerspruch gerät (vgl. VwGH 9.6.2020, Ra 2020/10/0016, mwN).
10 Der vorliegend maßgebliche Bescheidspruch lautete eindeutig auf die Zurücknahme der Bewilligung vom 28. März 2012 zur Errichtung und Führung einer Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege und psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege mit dem Standort in S, H-Straße 2. Sache des Verfahrens war die Zurücknahme dieser Bewilligung. Da der Spruch im Revisionsfall keine Zweifel an seinem Inhalt offenließ und somit keiner Auslegung anhand der Bescheidbegründung bedurfte, ist es unerheblich, dass sich letztere lediglich auf den Standort in Graz, P-Gasse, bezog. Das Verwaltungsgericht ist somit nicht von der hg. Rechtsprechung abgewichen, wenn es ausschließlich die Zurücknahme der Bewilligung für den Standort in S, H-Straße 2, einer Überprüfung unterzog.
11 Soweit die Revisionswerberin vorbringt, es fehle Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs dazu, ob eine Schulbewilligung nach § 50 GuKG standortbezogen sei, ist ihr zu entgegnen, dass angesichts des eindeutig einen bestimmten Standort betreffenden Bescheidspruchs von dieser Rechtsfrage das Schicksal der Revision nicht iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängt.
12 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 iVm Abs. 3 zurückzuweisen.
13 Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 23. April 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019110030.L00Im RIS seit
13.05.2021Zuletzt aktualisiert am
01.06.2021