TE OGH 2021/3/18 5Ob162/20i

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Veröffentlicht am 18.03.2021
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*****, vertreten durch die Lachinger Rechtsanwälte OG, Korneuburg, gegen die beklagte Partei Ing. R*****, vertreten durch Dr. Herwig Ernst, Rechtsanwalt in Korneuburg, wegen 5.128,61 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom 12. Mai 2020, GZ 22 R 49/20s-16, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Korneuburg vom 24. Jänner 2020, GZ 2 C 215/19k-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 501,91 EUR (darin enthalten 83,65 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1]       Das klagende Stift ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** KG ***** mit dem Grundstück *****. Am 1. 1. 1975 schloss es mit den Großeltern des Beklagten einen zunächst auf fünf Jahre befristeten (und nunmehr unbefristeten) Bestandvertrag über dieses Grundstück, das eine Fläche von 592 m² aufweist. Nach dem offenen Grundbuch entfallen davon 424 m² auf den Gartenanteil. Die Bestandnehmer verpflichteten sich zur Errichtung eines Bauwerks binnen zwei Jahren. Die Bestandnehmer errichteten auf der gemieteten Fläche ein Einfamilienhaus (Superädifikat), das vereinbarungsgemäß zu Wohnzwecken genutzt wird. Mit Schreiben vom 17. 9. 2010 teilte der Beklagte dem klagenden Stift mit, dass er das auf der Liegenschaft errichtete Superädifikat geerbt habe, und ersuchte um Übertragung des Bestandvertrags auf ihn. In der Folge bezahlte er den Bestandzins, der sich unter Berücksichtigung der im Vertrag vereinbarten Wertsicherung ergab. Mit Schreiben vom 18. 9. 2019 forderte die Klägerin die Zahlung eines restlichen Bestandzinses für die Jahre 2013 bis 2019 und berief sich dazu auf eine Anhebung des Hauptmietzinses gemäß § 46 Abs 2 MRG, die sie ab 1. 1. 2013 geltend gemacht habe.

[2]            Das klagende Stift begehrt 5.128,61 EUR sA an restlichen Mietzinsen für den Zeitraum Jänner 2017 bis Juli 2019. Der Beklagte sei gemäß § 14 MRG in den Bestandvertrag seiner Großeltern eingetreten, was sie berechtigt habe, den Mietzins für das Grundstück gemäß § 46 Abs 2 MRG anzuheben.

[3]       Der Beklagte wendete ein, er habe den vertraglich vereinbarten Bestandzins unter Berücksichtigung der Wertsicherung bezahlt; mehr stünde dem klagenden Stift nicht zu. Die Bestimmung über die Mietzinsbildung des § 46 MRG sei weder direkt noch analog anwendbar, weil sie von einem Wohnobjekt und nicht von einer reinen Flächenmiete ausgehe.

[4]       Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. § 46 Abs 2 MRG stelle auf eine Wohnnutzfläche ab und könne auf eine reine Flächenmiete nicht angewendet werden.

[5]       Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Nach der insoweit einheitlichen Rechtsprechung sowohl zum MG als auch zum MRG sei der Mieter einer Grundfläche, die der Errichtung eines Superädifikats zu Wohn- oder Geschäftszwecken diene, ebenso schutzwürdig wie der Mieter von Räumlichkeiten, die dem Mietrechtsgesetz unterlägen. Auch bei analoger Anwendung des MRG auf Flächenmieten sei aber jede Einzelbestimmung für sich auf ihre Analogiefähigkeit zu prüfen. Entgegen der Auffassung der Klägerin erfordere eine analoge Anwendung des § 14 MRG nicht zwangsläufig auch die analoge Anwendung des § 46 MRG. Der historische Gesetzgeber habe das – im Zeitpunkt der Anmietung in § 19 Abs 2 Z 11 MG geregelte – Eintrittsrecht als Kündigungsbeschränkung verstanden. Da der Kündigungsschutz analog auch dem Flächenmieter zugute komme, sei auch das Eintrittsrecht gemäß § 14 MRG analogiefähig. Demgegenüber bezwecke § 46 Abs 2 MRG idF 3. WÄG ein Angleichen bestehender Altverträge. Verträge, die noch den strengen Mietzinsbeschränkungen des § 2 MG unterlegen seien, sollten schrittweise an das neue System des angemessenen bzw des (nunmehr) Richtwertmietzinses angepasst werden. Bei Flächenmiete bestehe jedoch kein Bedarf an einem Anhebungsrecht, weil diese keinen Mietzinsbeschränkungen unterliege und den Vermieter nur in einem sehr eingeschränkten Ausmaß Erhaltungspflichten treffen. Die Revision sei zulässig, weil zur Frage einer analogen Anwendung der §§ 14, 46 MRG bei einer reinen Flächenmiete – soweit ersichtlich – keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Rechtliche Beurteilung

[6]       Die vom Beklagten beantwortete Revision der Klägerin ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

[7]       1.1 § 1 Abs 1 MRG beschränkt den Anwendungsbereich des MRG grundsätzlich auf die Raummiete. Superädifikate, die auf vermieteten Grundstücken vertragsgemäß zu Wohn- oder Geschäftszwecken errichtet werden, sind als Räume anzusehen, die ohne die Miete des Grundstücks nicht Bestand haben können. Der Oberste Gerichtshof wendet daher in ständiger Rechtsprechung auf die Miete von Grundstücken zur Errichtung eines Wohn- oder eines Geschäftsraums das MRG analog an (RIS-Justiz RS0020986; RS0069261; RS0069454). An dieser Rechtsprechung hat der Oberste Gerichtshof ungeachtet der Kritik im jüngeren Schrifttum (vgl zum Meinungsstand: RPletzer, Dauerbrenner: Superädifikat und Mietrecht, immolex 2005, 114; THausmann, Wie viel MRG verträgt ein Superädifikat, wobl 2013, 101 [102]; HBöhm/Prader in Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner, GeKo Wohnrecht I § 1 MRG Rz 39) wiederholt festgehalten (vgl nur 6 Ob 88/05t; zuletzt 8 Ob 22/19x; 5 Ob 79/20h uva).

[8]       1.2 Es entspricht auch ständiger Rechtsprechung, dass im Fall der Gleichstellung der Vermietung einer Grundfläche zwecks Errichtung eines Superädifikats zu Wohn- oder Geschäftszwecken mit der Raummiete nach § 1 MRG die Ausnahmeregelungen des § 1 Abs 2 bis 4 MRG sinngemäß herangezogen werden müssen (10 Ob 62/11g mwN; zu § 1 Abs 2 Z 5 MRG unlängst 1 Ob 189/17a; 4 Ob 157/18v; 8 Ob 22/19x je mwN; abl AVonkilch, [Wie] Verträgt ein Superädifikat § 1 Abs 2 Z 5 MRG, wobl 2019, 359).

[9]       1.3 Davon abzugehen, bietet der vorliegende Fall keinen Anlass, was zur Frage nach dem Anwendungsbereich des MRG (analog) auf das im vorliegenden Fall zu beurteilende Bestandverhältnis führt.

[10]     2.1 Mit der Mietrechtsnovelle 2001, BGBl I 2001/161 (MRN 2001), wurden Mietgegenstände in einem Gebäude mit nicht mehr als zwei selbständigen Wohnungen oder Geschäftsräumlichkeiten vom Teilausnahmebereich des MRG heraus- und in den Vollausnahmebereich aufgenommen. Diese Änderung des MRG trat nach den Übergangsregelungen des § 49d MRG mit 1. 1. 2002 in Kraft und gilt nach dessen Abs 2 ausdrücklich (nur) für Mietverträge, die nach dem 31. 12. 2001 geschlossen wurden.

[11]     2.2 Der Bestandvertrag über das Grundstück ***** stammt vom 1. 1. 1975. Eine analog anwendbare (Voll-)Ausnahme vom Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes nach § 1 Abs 2 Z 5 MRG idgF (Ein- und Zweiobjekthäuser) liegt nicht vor (vgl 10 Ob 62/11g mwN).

[12]     2.3 Auf den vor dem 1. 1. 2002 geschlossenen Vertrag ist vielmehr § 1 Abs 4 Z 2 MRG idF vor der MRN 2001 (analog) weiter anwendbar, nach dem die §§ 14, 29 bis 36, 45, 46 und 49 MRG, nicht jedoch die übrigen Bestimmungen des I. und II. Hauptstücks des Mietrechtsgesetzes für Wohnungen in einem Wohnhaus mit nicht mehr als zwei selbständigen Wohnungen gelten, wobei Wohnräume, die nachträglich durch einen Ausbau des Dachbodens neu geschaffen wurden oder werden, nicht zu berücksichtigen sind.

[13]     2.Der Fachsenat hat in der Entscheidung zu 5 Ob 4/02d bereits ausgesprochen, dass es bei einer (analogen) Heranziehung der Teilausnahmen des § 1 Abs 4 MRG einer Prüfung bedarf, inwieweit der Regelungsgehalt der jeweiligen Teilausnahmebestimmung (hier des § 1 Abs 4 Z 2 MRG idF vor der MRN 2001 [Teilausnahme für Ein- oder Zweifamilienhäuser]) analogiefähig ist.

[14]     3.1 Die Frage, ob § 14 MRG analog auf Flächenmieten zur Anwendung gelangt, wurde bislang in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht beantwortet. In der Entscheidung zu 10 Ob 62/11g konnte sie mangels rechtlichen Interesses an der Feststellung eines zukünftigen Rechtsverhältnisses zu einem Dritten dahinstehen. Nach THausmann (Wie viel MRG verträgt ein Superädifikat, wobl 2013, 101 [107]) soll diese Bestimmung zur Absicherung des Bestandschutzes ein ernsthafter Kandidat für eine Analogie sein.

[15]     3.2 Jede Analogie setzt eine Gesetzeslücke voraus, was erfordert, dass der Rechtsfall nach dem Gesetz nicht beurteilt werden kann, jedoch von Rechts wegen einer Beurteilung bedarf. Es muss also eine „planwidrige Unvollständigkeit“, somit eine nicht gewollte Lücke, vorliegen. Eine solche Lücke im Rechtssinn ist dort anzunehmen, wo das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie, unvollständig ist (RS0098756 [T4]). Sie ist ausgeschlossen, wenn der Gesetzgeber eine Rechtsfolge bewusst nur für einen von mehreren Tatbeständen angeordnet hat (RS0025102RS0008757).

[16]     3.3 Eine analoge Anwendung des § 14 MRG auf das hier zu beurteilende Vertragsverhältnis scheitert schon am Vorliegen einer Gesetzeslücke:

[17]           3.3.1 Das von den Großeltern des Beklagten in Bestand genommene Grundstück übersteigt nicht die Fläche von 650 m² und dient – jedenfalls im Umfang des Gartens – auch Erholungszwecken (§ 1 Abs 1 KlGG). Es liegt, was gerichtsnotorisch ist, in einer Gemeinde, die nach dem Ergebnis der letzten Volkszählung mehr als 5.000 Einwohner hat (§ 1 Abs 4 lit b KlGG), und gehört weder zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb (§ 1 Abs 4 lit a KlGG), noch wurde es im Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis zur Nutzung überlassen (§ 1 Abs 4 lit d KlGG). Die Bestandfläche wird auch nicht vom Grundeigentümer selbst genutzt (§ 1 Abs 3 KlGG). Da das Kleingartengesetz die Errichtung eines Gebäudes (regelmäßig eines Superädifikats) nicht ausschließt, sofern nur eine ausreichend große Gartenfläche verbleibt (6 Ob 17/10h; 6 Ob 2/14h; vgl auch Hinghofer-Szalkay/Ortner, Ausgewählte Probleme im Zusammenhang mit Kleingartenanlagen [Teil I], wobl 2005, 325; A. Illedits/SIlledits in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht Taschenkommentar Update KlGG § 1 Rz 5), und es nach dem Gesetz keinen Unterschied macht, ob der Kleingarten in oder außerhalb einer Kleingartensiedlung liegt (§ 1 Abs 1 Satz 2 KlGG), ist das Kleingartengesetz anzuwenden und zur Prüfung, ob eine Regelungslücke besteht, auch auf dessen Bestimmungen Bedacht zu nehmen. Das ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung, die von einem entsprechenden Parteienvorbringen unabhängig ist (6 Ob 2/14h).

[18]     3.3.2 Nach § 15 Abs 1 KlGG, der gemäß § 18 KlGG auch anzuwenden ist, wenn der Pachtvertrag unmittelbar mit dem Grundstückseigentümer abgeschlossen ist (Einzelpachtvertrag), wird der Pachtvertrag durch den Tod des Pächters zwar grundsätzlich aufgelöst; Verwandte in gerader Linie des verstorbenen Pächters (wie hier der Beklagte) können aber binnen einer bestimmten Frist schriftlich die Bereitschaft erklären, den Pachtvertrag fortzusetzen. Der Generalpächter (hier: Liegenschaftseigentümer) hat den Eintritt in den Pachtvertrag schriftlich anzuerkennen. Diese Regelung entspricht im Wesentlichen der Sonderrechtsnachfolge nach § 14 Abs 2 und 3 MRG. Auch in einem solchen Fall erwirbt der Eintrittsberechtigte das Bestandrecht nicht als Erbe, sondern als Sonderrechtsnachfolger aufgrund gesetzlicher Anordnung (vgl 6 Ob 2/14h).

[19]     3.3.3 Da die Bestandfläche dem Kleingartengesetz unterliegt, ist § 15 KlGG für die Beurteilung eines Eintritts des Beklagten in den Vertrag die unmittelbar anwendbare Spezialnorm, sodass eine analoge Heranziehung der Bestimmung des § 14 MRG entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts und der Klägerin nicht in Betracht kommt.

[20]     3.3.4 Der Beklagte erklärte nach dem Ableben seiner Großmutter gegenüber der Klägerin schriftlich die Bereitschaft, den Vertrag fortzusetzen. Ob die Klägerin den Eintritt des Beklagten schriftlich anerkannt hat, steht zwar nicht fest. Das Schriftlichkeitserfordernis des § 15 KlGG hat aber lediglich den Zweck, eindeutige Klarheit darüber herbeizuführen, ob und bejahendenfalls wer den Pachtvertrag nach einem verstorbenen Bestandnehmer fortsetzt (RS0063787). Wird diesem Normzweck ungeachtet der fehlenden Schriftlichkeit entsprochen, schadet es nicht, wenn die erforderliche Bereitschaft des Eintretenden bzw die Zustimmung des Bestandgebers zum Vertragseintritt nur mündlich oder gar nur schlüssig erklärt wird (4 Ob 105/16v; Hinghofer-Szalkay in Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner, GeKo Wohnrecht I KlGG § 15 Rz 3).

[21]     3.3.Die Klägerin hat die vom Beklagten bezahlten Bestandzinse entgegengenommen und diesen nach ihrem Vorbringen ab 1. 1. 2013 angehoben. An einem (schlüssigen) Vertragseintritt des Beklagten ist daher nicht zu zweifeln. Die Streitteile sind im Verfahren auch übereinstimmend von einem Eintritt des Beklagten in das Bestandverhältnis ausgegangen.

[22]     4.1 § 46 Abs 2 MRG in der Fassung BGBl 1993/800 (3. WÄG) gestattet dem Vermieter eine Erhöhung des bisherigen Hauptmietzinses, wenn Personen, die nicht im ersten Absatz dieser Bestimmung genannt sind, also nicht Ehegatten, minderjährige Kinder oder Lebensgefährten sind, in einen am 1. 3. 1994 bestehenden Hauptmietvertrag über eine Wohnung gemäß der §§ 12, 14 MRG eintreten. Zweck des – als lex specialis zu förderungsrechtlichen Vorschriften und als materielles Übergangsrecht anzusehenden – § 46 MRG, der keinen Vorgänger im MG hatte, ist das „schrittweise und bestmögliche Angleichen der bestehenden Altverträge“ an den sonst zulässigen Hauptmietzins (vgl T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³ § 46 MRG Rz 1).

[23]     4.2 Ausgehend von einem Eintritt des Beklagten in das Rechtsverhältnis argumentiert die Klägerin, wenn auch unter Bezugnahme auf eine Sonderrechtsnachfolge gemäß § 14 MRG, dass die Nichtanwendbarkeit des § 46 MRG zu einer (an sich nicht vorgesehenen) Mietzinsbeschränkung für Flächenmieten führen würde, weil der Vermieter an einen vor Jahrzehnten mit dem Rechtsvorgänger vereinbarten Mietzins dauerhaft gebunden bliebe, und sieht darin erkennbar eine planwidrige Gesetzeslücke, die durch eine analoge Anwendung des § 46 Abs 2 MRG geschlossen werden müsse. Damit verkennt sie das Wesen und die Grenzen der Analogie.

[24]     4.3 Das Kleingartengesetz kennt zwar keinen Anhebungstatbestand gemäß § 46 Abs 2 MRG. Dessen § 5, der gemäß § 18 KlGG auch auf einen Einzelpachtvertrag, wie er hier vorliegt, anzuwenden ist, ermöglicht aber in seinem zweiten Absatz die Änderung des Bestandzinses während der Vertragsdauer, wenn sich die für die Bemessung maßgeblich gewesenen Umstände wesentlich geändert haben, wobei lediglich eine Werterhöhung des Grundstücks infolge der Tätigkeit des (hier relevant) Einzelpächters außer Betracht bleibt. Für den Fall, dass eine Vereinbarung über die Änderung des Bestandzinses nicht zustande kommt, entscheidet nach § 5 Abs 3 KlGG auf Antrag eines Vertragsteils das Bezirksgericht, in dessen Sprengel der Kleingarten liegt, über diese Frage.

[25]     4.4 Das Kleingartengesetz selbst enthält damit eine Regelung, die eine Anpassung des Bestandzinses bei geänderten Verhältnissen innerhalb der Grenzen des § 5 Abs 1 KlGG, der den Bestandzins mit dem nach den Umständen angemessenen Betrag begrenzt, erlaubt. Eine solche Anpassung ist zwar nicht an den Eintritt in den Vertrag durch einen Rechtsnachfolger gebunden, sondern setzt eine wesentliche Änderung der für die Bemessung ursprünglich ausschlaggebenden Umstände voraus. Sollten sich im Rahmen dieser gesetzlichen Vorgaben die Voraussetzungen zum Nachteil des Bestandgebers geändert haben, ermöglicht § 5 Abs 2 KlGG auch ein Anheben des Bestandzinses (vgl Hinghofer-Szalkay aaO § 5 KlGG Rz 2; auch A. Illedits/SIlledits aaO § 5 KlGG Rz 2). Die auf das Rechtsverhältnis unmittelbar anwendbare Norm des § 5 Abs 2 KlGG eröffnet damit dem Bestandgeber die Möglichkeit einer Angleichung an den sonst zulässigen Bestandzins und ist ihrem Regelungsgehalt nach insoweit der Bestimmung des § 46 Abs 2 MRG vergleichbar. Für den von der Klägerin verfolgten Analogieschluss fehlt es damit auch in Bezug auf eine Anhebung des Entgelts an einer Rechtslücke, weil eine planwidrige Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts als Voraussetzung für jede Analogie (dazu RS0008866) fehlt.

[26]     5.1 Die Rechtsdurchsetzung im außerstreitigen Verfahren findet nur statt, wenn eine Sache durch das Gesetz ausdrücklich oder zumindest schlüssig in diese Verfahrensart verwiesen ist (RS0012214 [T1, T5]; RS0005948). Ob ein Begehren im Verfahren außer Streitsachen oder im Prozess zu entscheiden ist, richtet sich nicht nach der Bezeichnung durch die Partei, sondern nach dem Inhalt des Begehrens und dem Parteivorbringen (§ 40a JN). Maßgebend für die Bestimmung der Art des Rechtswegs sind also der Wortlaut des Begehrens und die zu seiner Begründung vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen (RS0013639; RS0005896).

[27]     5.2 Kommt eine Vereinbarung über die Änderung des Pachtzinses (§ 5 Abs 2 KlGG) nicht zustande, entscheidet darüber das Bezirksgericht im Verfahren außer Streitsachen (§ 5 Abs 3 KlGG). Die Klägerin hat mit ihrer Mahnklage „restlichen Bestandzins“ gefordert und sich dazu auf ein vermeintliches Recht zur einseitigen Anhebung des vereinbarten Bestandzinses berufen. Eine Umdeutung der Klage in einen Antrag gemäß § 5 Abs 3 KlGG scheidet damit aus, weil ein solcher das Scheitern einer Vereinbarung voraussetzt und darauf abzielt eine solche zu ersetzen. Darauf stellt die Klägerin nicht ab.

[28]           6. Damit haben die Vorinstanzen das Klagebegehren zu Recht inhaltlich geprüft und im Ergebnis zutreffend abgewiesen.

[29]     7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1 iVm § 50 Abs 1 ZPO.

Textnummer

E131475

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:0050OB00162.20I.0318.000

Im RIS seit

10.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

30.12.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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