TE Vfgh Beschluss 1995/6/28 B1454/95

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Veröffentlicht am 28.06.1995
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Index

82 Gesundheitsrecht
82/03 Ärzte, sonstiges Sanitätspersonal

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
ÄrzteG §17

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde der Österreichischen Ärztekammer und der Ärztekammer für Steiermark gegen einen die Bewilligung zur freiberuflichen Ausübung des ärztlichen Berufes als Facharzt an einen Ausländer erteilenden Bescheid mangels Legitimation

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Mit Bescheid vom 10. Februar 1995 erteilte die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz einem in Deutschland geborenen Arzt gemäß §17 ÄrzteG 1984 idF BGBl. Nr. 100/1994 die Bewilligung zur freiberuflichen Ausübung des ärztlichen Berufes als Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde in einer steirischen Gemeinde.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der Österreichischen Ärztekammer und der Ärztekammer für Steiermark, in welcher die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK sowie auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides begehrt wird. Für den Fall, daß der Verfassungsgerichtshof die Beschwerdelegitimation verneinen sollte, wird behauptet, daß dann aus diesem Grund §17 Abs4 ÄrzteG verfassungswidrig sei.

Zur Begründung der Beschwerdelegitimation wird vorgebracht, daß die Erstbeschwerdeführerin, die Österreichische Ärztekammer, gemäß §83 Abs1 ÄrzteG Angelegenheiten wahrzunehmen habe, die die gemeinsamen beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Kammerangehörigen von zwei oder mehr Ärztekammern berühren. Zumindest mittelbar seien im gegenständlichen Verfahren die Interessen der Kammerangehörigen von zwei oder mehr Ärztekammern berührt. Außerdem räume §17 ÄrzteG der Österreichischen Ärztekammer ein Anhörungsrecht ein, das - wie unter Bezugnahme auf eine literarische Äußerung (Oberndorfer, Die Arbeiterkammern im Verfahren zum Schutze jugendlicher Beschäftigter, ZAS 1970, 1 ff. (4 ff.)) und die Erkenntnisse VfSlg. 2176/1951 und 2545/1953 ausgeführt wird - die Kammer gleich jeder Partei in die Lage versetze, ihre Meinung im Rechtsmittelweg geltend zu machen.

Was die Zweitbeschwerdeführerin, die Ärztekammer für Steiermark betreffe, so sei diese gemäß §38 ÄrzteG dazu berufen, u. a. die gemeinsamen beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Belange der Ärzte wahrzunehmen. Die Frage, ob dem antragstellenden Arzt eine Genehmigung gemäß §17 ÄrzteG gewährt werde, stelle nicht nur wirtschaftlich eine sehr entscheidende Frage für die Ärzteschaft im Bereich des Bundeslandes Steiermark dar. Deshalb komme ihr Parteistellung im Verfahren gemäß §17 ÄrzteG zu. Sie sei somit zur Erhebung der gegenständlichen Beschwerde legitimiert, auch wenn sie weder Bescheidadressat sei noch ihr der Bescheid zugestellt bzw. von der belangten Behörde direkt zur Kenntnis gebracht worden sei.

3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann die für die Beschwerdeberechtigung maßgebende Möglichkeit, durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde in der Rechtssphäre verletzt zu werden, nur bei Personen vorliegen, denen an der im konkreten Verwaltungsverfahren behandelten Sache die Stellung einer Partei zugekommen ist (zB VfSlg. 8897/1980 und 8746/1980).

§17 ÄrzteG in der mit 1. Jänner 1994 in Kraft getretenen Fassung der Novelle BGBl. Nr. 100/1994 räumt dem Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz - (laut Bundesministeriengesetz 1986 idF BGBl. Nr. 1105/1994:

Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz) - die Möglichkeit ein, Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind und im Ausland eine Berechtigung zur selbständigen Ausübung des ärztlichen oder zahnärztlichen Berufes erworben haben und nicht gemäß den §§3 a bis 3 c leg.cit. in Österreich zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes berechtigt sind, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen eine Bewilligung zur freiberuflichen Ausübung des ärztlichen Berufes als Arzt für Allgemeinmedizin oder als Facharzt zu erteilen. Im Abs4 dieser Vorschrift wird festgelegt:

"(4) Vor Erteilung einer Bewilligung ist die Österreichische Ärztekammer zu hören. Jede Bewilligung ist dem Landeshauptmann, in dessen Bereich die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit beabsichtigt ist, und der Österreichischen Ärztekammer in Abschrift zur Kenntnis zu bringen."

Aus dieser Vorschrift ergibt sich, daß lediglich der Österreichischen Ärztekammer, nicht aber einer Landesärztekammer ein Anhörungsrecht vor der Erteilung einer Bewilligung gemäß §17 Abs1 ÄrzteG eingeräumt wird. Ist aber die Beteiligung der Landesärztekammern an einem solchen Verwaltungsverfahren nicht ausdrücklich im Gesetz vorgesehen, dann kann Landesärztekammern und damit auch der hier miteinschreitenden Ärztekammer für Steiermark Parteistellung im Verwaltungsverfahren und folglich auch die Legitimation zur Erhebung einer Beschwerde vor einem Gerichtshof des öffentlichen Rechts allein schon deshalb nicht zukommen.

Aber auch die Beschwerdelegitimation der Österreichischen Ärztekammer ist nicht gegeben. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 9064/1981 in Auseinandersetzung mit den in der Beschwerde angezogenen Judikaten und der dort genannten Literaturstelle ausgesprochen hat, ist ein Anhörungsrecht nur auf die Klärung eines Tatbestandselementes durch Information über eine bestimmte faktische Situation gerichtet und verleiht nicht die Möglichkeit zur umfassenden Einflußnahme auf die Entscheidung selbst.

Da der Verfassungsgerichtshof aus der Sicht des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens auch keine Bedenken gegen §17 Abs4 ÄrzteG hegt, war die Beschwerde daher mangels Legitimation mit in nichtöffentlicher Sitzung gefaßtem Beschluß gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Legitimation, Ärzte, Berufsrecht Ärzte, Ärztekammer, Parteistellung, Anhörungsrecht (einer Partei), Parteistellung Ärzte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:B1454.1995

Dokumentnummer

JFT_10049372_95B01454_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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