TE Lvwg Erkenntnis 2020/11/23 VGW-151/088/12201/2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.11.2020
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Entscheidungsdatum

23.11.2020

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
19/05 Menschenrechte

Norm

NAG §11 Abs1 Z5
NAG §11 Abs3
NAG §21 Abs2 Z1
NAG §47 Abs2
EMRK Art. 8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter Dr. Kalteis über die Beschwerde der Frau A. B. (geb.: 1959, StA: Jordanien), vertreten durch Herrn C. D., dieser wohnhaft in Wien, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, vom 02.07.2020, Zl. MA35-..., mit dem der Antrag vom 5.12.2019 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Familienangehöriger" nach § 47 Abs. 2 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) abgewiesen wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20.11.2020,

zu Recht:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass im dortigen Spruch die Wendung "der erforderliche Nachweis von Kenntnissen der deutschen Sprache auf Niveau A1 des europäischen Referenzrahmens nicht erbracht wurde" durch die Wendung "da eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 11 Abs. 1 Z 5 iVm § 21 Abs. 6 NAG vorliegt" ersetzt wird und zudem unter den Rechtsgrundlagen "§ 21a Abs. 1 iVm § 47 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG idgF" durch "§ 11 Abs. 1 Z 5 iVm § 21 Abs. 6 NAG" ersetzt wird.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensgang:

1. Mit im Bundesgebiet gestelltem Antrag vom 5.12.2019 begehrte die Beschwerdeführerin die Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Zweck "Familienangehöriger" nach § 47 Abs. 2 NAG und berief sich hierbei auf ihre Ehe mit dem österreichischen Staatsbürger C. D.. Letzterer fungierte als bevollmächtigter Vertreter im verwaltungsbehördlichen Verfahren.

2. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wies die belangte Behörde den verfahrenseinleitenden Antrag mit dem angefochtenen Bescheid vom 2.7.2020 mit Verweis auf § 21a Abs. 1 iVm § 47 Abs. 2 NAG ab. Begründend führte sie aus, dass Deutschkenntnisse im Hinblick auf § 21a NAG mangels Vorlage eines entsprechenden Sprachdiploms nicht nachgewiesen worden seien. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 9.7.2020 zugestellt.

3. Hierauf übermittelte der hierzu bevollmächtigte Zusammenführende per Email vom 16.7.2020 an die belangte Behörde eine Prüfungsbestätigung des "E.", wonach die Beschwerdeführerin mit 3.7.2020 die ÖSD-Prüfung Deutsch-A1 positiv absolviert habe. Die Unterlagen wurden auch am 10.7.2020 per Post aufgegeben. Über Aufforderung der belangten Behörde wies der Zusammenführende die Einzahlung der Beschwerdegebühr nach. In weiterer Folge wurde der belangten Behörde ein auf die Beschwerdeführerin lautendes Sprachzertifikat Deutsch-A1 des ÖSD, datiert mit 22.7.2020, durch den Zusammenführenden übermittelt (Postaufgabe am 24.7.2020).

4. Die belangte Behörde sah von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ab und legte die Beschwerde samt dem angefochtenen Bescheid und dem Bezug habenden Verwaltungsakt dem Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung vor.

5. Das Verwaltungsgericht Wien holte mit hg. Schreiben vom 8.10.2020, hg. ON 2, eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres, Abteilung IV.2. (Visa-, Grenz-, Aufenthalts- und Asylangelegenheiten) zu den Ein- und Ausreisemöglichkeiten aus und nach Jordanien im Zusammenhang mit COVID-19 betreffend den Zeitraum von Mai 2020 bis zuletzt ein. Die ministerielle Stellungnahme langte am 23.10.2020 zur hg. ON 6 ein.

6. Zur weiteren Klärung der Fallumstände führte das Verwaltungsgericht Wien am 20.11.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher die Beschwerdeführerin als Partei und der Zusammenführende als Zeuge einvernommen wurden. Antragsgemäß (siehe hg. ON 11) wurde zur Verhandlung ein Dolmetscher für die arabische Sprache beigezogen. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde das Ermittlungsverfahren nach § 39 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG geschlossen. Es wurde daher auch nicht sogleich gemäß § 29 Abs. 2 VwGVG die Entscheidung verkündet und verzichteten die Parteien auf eine (Vertagung zwecks) Verkündung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.

II. Sachverhalt:

Das Verwaltungsgericht Wien stellt folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt als erwiesen fest:

1. Die Beschwerdeführerin ist am ...1959 geboren, jordanische Staatsangehörige und im Bundesgebiet unbescholten. Sie ist seit 19.10.2019 mit C. D., geboren am ...1947, österreichischer Staatsbürger, verheiratet und wurde die Ehe in Jordanien geschlossen. Es ist dies für beide Ehegatten die zweite Ehe; aus dieser Ehe entstammen keine gemeinsamen Kinder.

2. Die Beschwerdeführerin verfügte zunächst über ein Visum C für das österreichische Bundesgebiet, welches sie zur einmaligen Einreise und einem Aufenthalt in der Dauer von 19 Tagen zwischen 2.10.2019 und 4.11.2019 berechtigte. Die Beschwerdeführerin machte jedoch hiervon keinen Gebrauch.

Sodann verfügte die Beschwerdeführerin über ein Visum D für das österreichische Bundesgebiet mit Gültigkeit von 12.11.2019 bis 7.5.2020, welches sie zur mehrfachen Einreise und zum durchgehenden Aufenthalt im besagten Zeitraum berechtigte.

Die Beschwerdeführerin reiste daraufhin auf Grundlage des Visums D am 29.11.2019 in das österreichische Bundesgebiet ein und brachte am 5.12.2019 bei der belangten Behörde im Inland den verfahrenseinleitenden Erstantrag ein.

Die Beschwerdeführerin hält sich seit 29.11.2019 durchgehend – somit auch über den 7.5.2020 hinaus – im österreichischen Bundesgebiet auf, wo sie gemeinsam mit dem Zusammenführenden eine Mietwohnung in Wien bewohnt.

3. Mit hg. Schreiben vom 8.10.2020, hg. ON 2, erhob das Verwaltungsgericht Wien über das Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres / Abteilung IV.2. (Visa-, Grenz-, Aufenthalts- und Asylangelegenheiten) die Ein- und Ausreisemöglichkeiten aus und nach Jordanien im Zusammenhang mit COVID-19 von Mai 2020 bis zuletzt. Mit hg. am 23.10.2020 eingelangter ministerieller Stellungnahme, hg. ON 6, wurde diesbezüglich Folgendes mitgeteilt:

"[…]

ÖB Amman; Fr. A. B., geb. 1959, StA Jordanien, Antrag AT Familienangehöriger; Anfrage VwG Wien betr. Reisebeschränkungen seit Mai 2020; COVID-19

Unter Bezugnahme und in Beantwortung auf do. VGW-151/088/12201/2020-2 vom 8.10.2020 darf nach Rücksprache mit der Österreichischen Vertretungsbehörde in Amman, Folgendes mitgeteilt werden:

1) Reisebeschränkungen für jordanische StA bei Rückreise nach Jordanien:

Jordanien hat in der Zeit von 17.03.-08.09.2020 den gesamten Linienflugverkehr eingestellt. Ab 06.05.2020 begann Jordanien, einzelne Repatriierungsflüge (v.a. für jordanische Studenten im Ausland aber auch gestrandete jordanische Staatsangehörige) durchzuführen. Seit 08.09.2020 ist die Einreise nach Jordanien wieder regulär möglich, wenn auch mit nur sehr eingeschränkten Flugverbindungen.

2) Reisebeschränkungen für Familienangehörige von jordanischen Staatsangehörigen bei Reise nach Jordanien:

In der Zeit von 06.05.2020 bis 08.09.2020 wäre dem österreichischen Ehegatten lt. Information der jordanischen Botschaft Wien eine Einreise nach Jordanien unter bestimmten Voraussetzungen (Erlangung eines jordanischen Visums bzw. bestehende Aufenthaltsberechtigung, Zustimmung des jordanischen Außenministeriums an Teilnahme an Repatriierungsflug) möglich gewesen. Seit 08.09.2020 ist die Einreise nach Jordanien unter Einhaltung der COVID-19 Bestimmungen wieder möglich.

3) Jordanische Rückholflüge für in Österreich aufhältige jordanische Staatsangehörige:

Von den jordanischen Behörden wurde kein Repatriierungsflug direkt von Wien nach Amman durchgeführt. Die jordanische Botschaft Wien organisierte jedoch zwei 2 von 2 Repatriierungsflüge von Budapest (16.06.2020 und 30.08.2020) in erster Linie zur Rückholung jordanischer Studenten nach Jordanien.

4) Aufforderung/Empfehlung zur Heimreise an jordanische Staatsangehörige in Ö:

Die Botschaft verfügt über keine Informationen über eine offizielle Aufforderung/Empfehlung der jordanischen Behörden an jordanische StA in Österreich zur Rückreise in das Herkunftsland.

5) Beantragung von AT an der ÖB Amman:

In der Zeit vom 13.03. bis 05.07.2020 war das Einreichen von Aufenthaltstitel-Anträgen aufgrund der weltweiten Einstellung des Parteienverkehrs in allen fremdenrechtlichen Angelegenheiten nur für eine bestimmte Personengruppe möglich. Dazu zählten u.a. nahe Angehörige von Österreichern (und EU-Bürgern), die mit diesen im gleichen Haushalt leben.

[…]"

(unkorrigiertes Originalzitat)

Daraus ergibt sich, dass eine Ausreise aus dem Schengenraum nach Jordanien – wenn nicht ab Mitte Juni 2020 im Rahmen der von Budapest aus erfolgenden Repatriierungsflüge – jedenfalls ab 8.9.2020 am Luftweg möglich gewesen wäre.

4. Die Beschwerdeführerin wurde im Herkunftsstaat geboren (F.; laut Eintragung im Reisepass "FF."). Sie hat dort ihre gesamte Kindheit verbracht, ist dort aufgewachsen und hat dort zwischen 1974 und 1977 ihre Schulbildung absolviert. Die Beschwerdeführerin hat in Jordanien die Ausbildung zur Sekretärin absolviert und verfügt sie diesbezüglich auch über eine Bestätigung des jordanischen Bildungsministeriums vom 10.12.2019, wonach sie zwischen 1.9.1977 und 31.7.1978 einen Sekretariatskurs im Herkunftsstaat absolviert hat. Die Beschwerdeführerin hat im Herkunftsstaat 22 Jahre lang in einer Bank gearbeitet und ist danach in Pension gegangen. Sie hat Jordanien außer zu Urlaubszwecken noch nie für längere Zeit verlassen. Die Beschwerdeführerin verfügte noch nie über einen Aufenthaltstitel für das österreichische Bundesgebiet, sondern lediglich über ein Visum C (von welchem jedoch kein Gebrauch gemacht wurde) und ein Visum D. Auf Grundlage des zuletzt genannten Visums D reiste sie am 29.11.2019 zunächst rechtmäßig in das Bundesgebiet ein, wo sie am 5.12.2019 bei der belangten Behörde im Inland den verfahrenseinleitenden Erstantrag stellte und wo sie sich bis zum Ablauf des 7.5.2020 (letzter Tag der Gültigkeit des Visums D) rechtmäßig aufgehalten hat; seit Ablauf des 7.5.2020 und bis zuletzt hält sich die Beschwerdeführerin ohne Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet auf.

Außer dem Zusammenführenden verfügt die Beschwerdeführerin über keine familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Aus der ersten Ehe der Beschwerdeführerin entstammen vier mittlerweile volljährige Kinder, welche alle in Jordanien leben und dort verheiratet sind. Vor ihrer Einreise nach Österreich hat die Beschwerdeführerin in Jordanien bei einem ihrer Kinder gelebt. In Jordanien verfügt die Beschwerdeführerin über einen großen Freundeskreis und über weitere soziale Anknüpfungspunkte in Gestalt ehemaliger Arbeitskollegen. Zu ihren in Jordanien lebenden Familienangehörigen, Freunden und Bekannten besteht nach wie vor guter Kontakt.

Im österreichischen Bundesgebiet verbringt die Beschwerdeführerin ihre Zeit im Wesentlichen mit dem Zusammenführenden. Gelegentlich hat sie auch Kontakt zu dessen Tochter aus seiner früheren ersten Ehe. Die Beschwerdeführerin verfügt über soziale Anknüpfungspunkte in Gestalt freundschaftlicher Beziehungen zu Freunden des Zusammenführenden, mit denen manchmal Kaffee getrunken oder spazieren gegangen wird.

Die Beschwerdeführerin hat bei der G. GmbH, Wien, zwischen 17.2.2020 und 1.4.2020, einen "Halbintensivkurs A1.1." absolviert. Weiters hat sie zwischen 28.5.2020 und 3.7.2020 einen Deutschkurs für das Niveau A1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen beim "E." absolviert. Sie verfügt über ein Deutsch-Sprachzertifikat des ÖSD für das Niveau A1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen vom 22.7.2020. Eine Verständigung auf Deutsch ist mit der Beschwerdeführerin ungeachtet dessen nicht möglich.

5. Der Zusammenführende ist in Jordanien geboren, ist jedoch mittlerweile österreichischer Staatsbürger und hat seit Juli 1998 seinen Hauptwohnsitz in der nunmehr ehelichen Wohnung in Wien. Er bezieht im Bundesgebiet eine Alterspension in Höhe von aktuell ca. EUR 2.001,--. Aus der ersten Ehe des Zusammenführenden entstammen zwei mittlerweile volljährige Kinder, wovon eine Tochter mit ihrem Ehegatten und ihren Kindern in Wien lebt und ein Sohn in den USA lebt.

6. Die Beschwerdeführerin und der Zusammenführende verfügen beide über einen insgesamt altersentsprechend guten allgemeinen Gesundheitszustand. Der Zusammenführende nimmt blutdruckregulierende Medizin sowie Vitamine ein, wobei er von der Beschwerdeführerin hierbei unterstützt wird. Die Beschwerdeführerin unterstützt den Zusammenführenden weiters indem sie kocht, sich um den Haushalt kümmert und den Zusammenführenden bei verschiedenen körperlichen Übungen behilflich ist. Vor der Einreise der Beschwerdeführerin in das Bundesgebiet wurden die vorstehenden Tätigkeiten von der in Wien lebenden Tochter des Zusammenführenden verrichtet. Eine tatsächliche Pflege- bzw. Betreuungsbedürftigkeit im eigentlichen Sinn liegt weder bei der Beschwerdeführerin noch beim Zusammenführenden vor. Insbesondere ist zu erwarten, dass jene Unterstützung, die die Beschwerdeführerin dem Zusammenführenden gewährt, während der Zeit ihrer – nur kurzen und zwischenzeitigen – Ausreise aus dem Bundesgebiet zur neuerlichen Stellung eines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG bzw. bis zur Erlangung eines Visums D durch die Tochter des Zusammenführenden sowie die im Bundesgebiet lebenden Freunde und Bekannten des Zusammenführenden erbracht werden können.

III. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen stützen sich auf folgende Beweiswürdigung:

1. Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, Würdigung der Beschwerde und der von der Beschwerdeführerin sowohl im verwaltungsbehördlichen als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen, weiters Vornahme diverser Registerabfragen (Zentrales Melderegister, Zentrales Fremdenregister, Versicherungsdatenauszug, etc.), Einholung einer Stellungnahme des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres, Abteilung IV.2. (Visa-, Grenz-, Aufenthalts- und Asylangelegenheiten) zu den Ein- und Ausreisemöglichkeiten aus und nach Jordanien im Zusammenhang mit COVID-19 betreffend den Zeitraum von Mai 2020 bis zuletzt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20.11.2020, in welcher – unter antragsgemäßer Beiziehung eines Dolmetschers für die arabische Sprache – die Beschwerdeführerin als Partei sowie der Zusammenführende als Zeuge einvernommen wurden.

2. Vor diesem Hintergrund stützen sich die Ausführungen zum Verfahrensgang sowie die Feststellungen zu den persönlichen Angaben zur Beschwerdeführerin und zum Zusammenführenden, zur Eheschließung und den jeweiligen Vorehen der Ehegatten mit dritten Personen, zur Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin und ihrer Geburt im Herkunftsstaat auf den insoweit hinsichtlich seiner Vollständigkeit und Richtigkeit unzweifelhaften Akteninhalt, insbesondere auf die von der Beschwerdeführerin selbst vorgelegten Unterlagen und ihre hiermit im Einklang stehenden Angaben vor dem Verwaltungsgericht Wien.

 

Gleiches gilt auch für das der Beschwerdeführerin erteilte Visum C und das ihr erteilte Visum D; dass die Beschwerdeführerin von ersterem keinen Gebrauch machte, wurde von ihr selbst im Zuge der mündlichen Verhandlung so angegeben (VH-Protokoll, Seite 3) und lagen auch mit Blick auf die vorgelegten Reisepasskopien keine gegenteiligen Anhaltspunkte vor (vgl. hg. ON 4, AS 4 ff, 81 f). Der 29.11.2019 als (letztes) Einreisedatum der Beschwerdeführerin und der 5.12.2019 als Datum der Erstantragstellung gehen aus dem vorliegenden Aktenmaterial unzweifelhaft hervor und ergaben sich diesbezüglich auch vor dem Hintergrund der durchgeführten mündlichen Verhandlung keine Zweifel (der Verweis auf AS 83 auf eine Antragstellung im "November 2019" erfolgte offenkundig bloß irrtümlich).

Dass die Beschwerdeführerin noch nie über Aufenthaltstitel für das österreichische Bundesgebiet verfügte, geht aus den hg. eingeholten Abfragen im Zentralen Fremdenregister unzweifelhaft hervor.

3. Dass sich die Beschwerdeführerin seit 29.11.2019 durchgehend im österreichischen Bundesgebiet aufhält ergibt sich aus den vorgelegten Reisepasskopien, welchen eine zeitlich danach liegende Ausreise aus dem österreichischen Bundesgebiet bzw. aus dem Schengenraum nicht zu entnehmen ist (vgl. hg. ON 4, AS 4 ff, 81 f) und aus den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung (VH-Protokoll, Seite 2).

4. Die Feststellungen zum hg. Schreiben betreffend die Ein- und Ausreisemöglichkeiten jordanischer Staatsangehöriger im Zusammenhang mit COVID-19 bzw. zur hierzu ergangenen ministeriellen Stellungnahme ergeben sich aus den im verlesenen hg. Akt einliegenden Schreiben zu hg. ONrn. 2 und 6.

Insbesondere war der ministeriellen Stellungnahme, hg. ON 6, unzweifelhaft zu entnehmen, dass eine Ausreise aus dem Schengenraum nach Jordanien – wenn nicht ab Mitte Juni 2020 im Rahmen der von Budapest aus erfolgenden Repatriierungsflüge – jedenfalls ab 8.9.2020 am Luftweg möglich gewesen wäre.

Insoweit von der Beschwerdeführerin bzw. ihrem Rechtsvertreter in der mündlichen Verhandlung zunächst vorgebracht wurde, dass eine Ausreise aus Österreich aufgrund der Situation mit COVID-19 bis zuletzt nicht möglich gewesen sei, entspricht dies daher nicht den Tatsachen. Nach Vorhalt der hg. ON 2 und 6 wurde beschwerdeführerseitig sodann angegeben, dass die Ausreisemöglichkeiten durchaus bekannt gewesen wären, eine Ausreise jedoch nicht das Ziel gewesen sei. Vielmehr habe die Beschwerdeführerin mit dem Zusammenführenden im Bundesgebiet leben und den für die Erlangung des angestrebten Aufenthaltstitels erforderlichen Deutschnachweis (gemeint offenkundig: nach § 21a NAG) erbringen wollen (siehe zum Ganzen VH-Protokoll, Seiten 2 f). Die ministeriellen Ausführungen zur hg. ON 6 betreffend Ein- und Ausreisemöglichkeiten konnten daher beschwerdeführerseitig nicht entkräftet werden.

5. Die Feststellungen zu den vorliegenden Integrationsaspekten betreffend die Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat einerseits sowie im österreichischen Bundesgebiet andererseits (oben Punkt II.4.) stützen sich auf die eigenen Angaben der Beschwerdeführerin in der öffentlichen mündlichen Verhandlung (VH-Protokoll, insbesondere Seiten 2 ff) und den sonst vorliegenden Akteninhalt, insbesondere die von der Beschwerdeführerin selbst im verwaltungsbehördlichen wie auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen (siehe etwa AS 1, 50 ff, 68 ff, 79). Auch die Feststellungen zum vorliegenden Deutsch-Zertifikat der Beschwerdeführerin bzw. zu den von ihr besuchten Deutsch-Kursen stützen sich auf den insoweit unstrittigen Akteninhalt (siehe AS 92 f, 114 f, hg. ON 4).

6. Die unter Punkt II.5. dargelegten Feststellungen zum Zusammenführenden stützen sich auf den vorliegenden Akteninhalt, insbesondere auf die beschwerdeführerseitig vorgelegten Unterlagen, wobei auch mit Blick auf die Ergebnisse der durchgeführten mündlichen Verhandlung keine gegenteiligen Anhaltspunkte hervorkamen. Der Vollständigkeit halber ist hinsichtlich des festgestellten Aufenthalts des Zusammenführenden im Bundesgebiet seit 1998 festzuhalten, dass auch der zugrundeliegende Hauptmietvertrag betreffend die eheliche Wohnung in Wien im Jahr 1998 (und mit dort ersichtlichem Beginn des Mietverhältnisses) vom Zusammenführenden als Vertragspartner des Vermieters unterzeichnet wurde (AS 25 f), sodass die im Melderegister hinsichtlich des Zusammenführenden vermerkte Hauptwohnsitzeintragung offenkundig auch die tatsächliche Wohnsituation in Bezug auf den Beschwerdeführer wiedergibt (insbesondere lagen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Zusammenführende seinen Hauptwohnsitz seit 1998 zwischenzeitig an einem anderen Ort etabliert hätte).

7. Die gesundheitsbezogenen Feststellungen zur Beschwerdeführerin und zum Zusammenführenden stützen sich auf folgende Überlegungen (siehe hierzu VH-Protokoll, Seiten 3 f):

Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurden beide Ehegatten zum allgemeinen Gesundheitszustand befragt. Hierzu gab die Beschwerdeführerin an, dass sie und der Zusammenführende "Gott sei Dank im Wesentlichen gesund" seien, man würde sich gegenseitig unterstützen. Der Zusammenführende gab hierauf spontan an, dass er ohne die Beschwerdeführerin in ein Altersheim gehen müsse. Dass letzteres jedoch tatsächlich der Fall wäre, konnte nicht glaubhaft substantiiert darlegt werden. So gab der Zusammenführende über wiederholte Frage des erkennenden Richters, was damit konkret gemeint sei, lediglich allgemein an, dass die Beschwerdeführerin für ihn kochen würde, ihm beim Essen helfe, sich um den Haushalt kümmere und ihn bei der Medikamenteneinnahme unterstütze. Die Beschwerdeführerin wiederum gab an, dass sie den Zusammenführenden bei der Einnahme von blutdruckregulierender Medizin und Vitaminen sowie bei nicht näher spezifizierten "verschiedenen körperlichen Übungen" unterstütze.

Selbst bei Wahrunterstellung in Bezug auf diese Ausführungen (zum Erfordernis der wiederholten dolmetschergestützten Fragestellung bereits oben) und ungeachtet des Umstandes, dass die Ehegatten damit die – erstmals im Zuge der mündlichen Verhandlung – behaupteten Unterstützungen unterschiedlich schilderten, sind in den dargestellten Abläufen letztlich bloße Hilfstätigkeiten zu erkennen, die vor dem Hintergrund der von den beiden Ehegatten im vorliegenden Fall offenkundig so vereinbarten bzw. gelebten Arbeitsteilung im Rahmen ihrer ehelichen Bindung zu sehen sind. Die Arbeitsteilung im Rahmen des Ehelebens wurde im konkreten Fall offenkundig von den Ehegatten so vereinbart, sie ist jedoch nicht zwingenden gesundheitlichen Gründen eines der beiden Ehegatten geschuldet. Dass die Unterstützungshandlungen einzeln betrachtet oder in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß oder eine Intensität erreichen würden, dass von tatsächlicher Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit in Bezug auf den Zusammenführenden oder die Beschwerdeführerin gesprochen werden könnte, ist nicht ansatzweise zu ersehen. Insbesondere wurde auch keine (Beantragung einer) Pflegestufe nachgewiesen oder auch nur behauptet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Zusammenführende, welcher auch als bevollmächtigter Vertreter der Beschwerdeführerin sowohl im verwaltungsbehördlichen als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren fungiert hat, im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf den erkennenden Richter einen völlig klaren, verständigen, geordneten und sowohl physisch wie auch psychisch selbstständigen Eindruck ohne jedwede erkennbare Einschränkungen gemacht hat. Auch die Anreise der beiden Ehegatten zur mündlichen Verhandlung und die Verhandlungsführung selbst waren offenkundig selbstständig und ohne weiteres möglich. Es ist nicht zu erkennen, weshalb Besorgungen und Tätigkeiten des täglichen Lebens wie Kochen, Haushaltsführung, Essen, etc. – zumal für einen nur kurzen zwischenzeitigen Aufenthalt der Beschwerdeführerin zur neuerlichen Antragstellung bzw. zur Erwirkung eines sie zur Einreise nach Österreich berechtigenden Visums – nicht eigenständig vom Zusammenführenden selbst vorgenommen werden können sollten. Weiters ist zu berücksichtigen, dass eine ausreichende Versorgung des Zusammenführenden offenkundig auch vor dem Zuzug der Beschwerdeführerin in das Bundesgebiet möglich war und etwa durch die in Wien lebende Tochter des Zusammenführenden besorgt werden konnte; zwar verwies der Zusammenführende hiermit konfrontiert in der mündlichen Verhandlung auf die eigenen familiären und studentischen Pflichten der Tochter, nach Vorhalt durch den erkennenden Richter auf den wohl bereits längeren Bestand all dieser Pflichten schon vor dem Zuzug der Beschwerdeführerin in das Bundesgebiet gab der Zusammenführende jedoch bloß unsubstantiiert an, dass eine weitere Fürsorge durch die in Wien lebende Tochter – welche im Übrigen laut hg. eingeholtem Melderegisterauszug in der ehelichen Wohnung in Wien gemeldet ist und nach eigener Angabe des Zusammenführenden zumindest gelegentlich in die Wohnung schaue, um Post abzuholen (VH-Protokoll, Seite 4) – "eben nicht weiter möglich" gewesen sei. Daraus ist nicht abzuleiten, dass eine zumindest vorübergehende Fürsorge durch die Tochter des Zusammenführenden bis zur Wiedereinreise der Beschwerdeführerin nicht möglich wäre. Auch ist auf die von der Beschwerdeführerin genannten freundschaftlichen Anknüpfungen des Zusammenführenden im Bundesgebiet zu verweisen und darauf, dass auch von dieser Seite Unterstützung anzunehmen ist. Dass dahingehend oder etwa im Zusammenhang mit Nachbarn, mobilen Betreuungsdiensten oder sonstigen sozialen Angeboten Unterstützung erbeten worden wäre oder diesbezüglich überhaupt Erkundigungen eingeholt worden wären, wurde nicht einmal von der Beschwerdeführerin bzw. dem Zusammenführenden selbst vorgebracht. Schließlich ist im Hinblick auf die Einnahme der blutdruckregulierenden Medizin des Zusammenführenden bzw. der von ihm einzunehmenden Vitamine der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass eine Unterstützung bei der Erinnerung zur Einnahme – ein wie auch immer gearteter Bedarf an physischer Unterstützung war wie dargestellt nicht erkennbar – auch im Rahmen von eigenen Terminerinnerungen am Mobiltelefon oder durch telefonische Erinnerung durch Dritte erfolgen könnte. Auch gab der Zusammenführende im Zuge der mündlichen Verhandlung an, im Falle der Nichterteilung des beantragten Aufenthaltstitels an die Beschwerdeführerin nicht mit dieser nach Jordanien reisen zu können, da er dort niemanden kenne und nichts habe, er würde weiterhin in Österreich bleiben (VH-Protokoll, Seite 4); auch aus diesen Ausführungen ist letztlich abzuleiten, dass ein tatsächliches Abhängigkeitsverhältnis gesundheitlicher Natur im Sinne eines tatsächlichen Pflege- oder Behandlungsbedarfs nicht vorliegt. Hinsichtlich der Beschwerdeführerin selbst – hinsichtlich derer ein Pflege- oder Behandlungsbedarf im Kern auch nicht behauptet wurde – ist festzuhalten, dass sie vor ihrer Einreise nach Österreich laut eigenen Angaben bei Familienangehörigen im Herkunftsstaat gelebt hat und für den zwischenzeitigen Zeitraum bis zu ihrer Wiedereinreise nach Österreich eine ausreichende Versorgung im Familienkreis anzunehmen ist (zumal Gegenteiliges auch zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder implizit behauptet wurde).

IV. Rechtsgrundlagen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I 100/2005, in der hier maßgeblichen Fassung lauten auszugsweise wie folgt:

"Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel

§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1. – 4. […]

5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6. […]

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1. – 5. […]

6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und

7. […]

(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

[…]

Verfahren bei Erstanträgen

§ 21. (1) Erstanträge sind vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten.

(2) Abweichend von Abs. 1 sind zur Antragstellung im Inland berechtigt:

      1. Familienangehörige von Österreichern, EWR-Bürgern und Schweizer Bürgern, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts;

      2. -10. […]

(3) – (5) […]

(6) Eine Inlandsantragstellung nach Abs. 2 Z 1, Z 4 bis 9, Abs. 3 und 5 schafft kein über den erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalt hinausgehendes Bleiberecht. Ebenso steht sie der Erlassung und Durchführung von Maßnahmen nach dem FPG nicht entgegen und kann daher in Verfahren nach dem FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten.

(7) Abs. 2 bis 6 gelten nicht für Drittstaatsangehörige, die einen Antrag auf erstmalige Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer (§ 58) beantragen.

2. Hauptstück

Familienangehörige und andere Angehörige von dauernd in Österreich wohnhaften Zusammenführenden

Aufenthaltstitel 'Familienangehöriger' und 'Niederlassungsbewilligung – Angehöriger'

§ 47.[…]

(2) Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige von Zusammenführenden sind, ist ein Aufenthaltstitel 'Familienangehöriger' zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen.

[…]."

V. Rechtliche Beurteilung:

1. Die Beschwerdeführerin ist Ehegattin des Zusammenführenden, welcher österreichischer Staatsbürger ist; sie erfüllt somit die besonderen Erteilungsvoraussetzungen des § 47 Abs. 2 NAG.

2. Für die Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels müssen jedoch auch die Erteilungsvoraussetzungen des 1. Teils des NAG vorliegen.

Die Beschwerdeführerin hat mittlerweile ein den Vorgaben des § 21a NAG entsprechendes Deutsch-Zertifikat vorgelegt (AS 114; im Hinblick auf die Zwecksetzung der gesetzlichen Bestimmung – nämlich möglichst aktuelle Sprachkenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen – erscheint es nach Ansicht des erkennenden Gerichts unschädlich, dass das Deutsch-Zertifikat nicht bereits im Zuge der Erstantragstellung vorgelegt wurde, sondern im Zuge des Beschwerdeverfahrens).

Das Verwaltungsgericht hat jedoch sämtliche Erteilungsvoraussetzungen für den beantragten Aufenthaltstitel zu prüfen (vgl. etwa VwGH 28.5.2019, Ra 2019/22/0036; 22.3.2018, Ra 2017/22/0204, Rn. 8 mwN) und nicht nur jene, hinsichtlich derer die belangte Behörde Bedenken formuliert hat (VwGH 28.5.2019, Ra 2018/22/0066; 9.8.2018, Ra 2018/22/0081; 23.5.2018, Ra 2018/22/0023). Es hat dabei seine Entscheidung aufgrund der Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt zu treffen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076).

Zu den relevanten und vom Verwaltungsgericht zu prüfenden allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen gehört dabei auch – vor dem Hintergrund des § 11 Abs. 1 Z 5 (iVm § 21 Abs. 6) NAG – die Einhaltung der Ein- und Ausreisebestimmungen.

Im gegenständlichen Fall liegt das Erteilungshindernis des § 11 Abs. 1 Z 5 NAG vor:

Die Beschwerdeführerin ist als jordanische Staatsangehörige nicht zur visumsfreien Einreise berechtigt, vielmehr muss sie für die Einreise und den Zeitraum ihres Aufenthalts im Schengenraum im Besitz eines gültigen Visums sein; eine visumsfreie Einreise oder ein visumsfreier Aufenthalt im Bundesgebiet steht ihr daher nicht zu (vgl. dazu Art. 3 Abs. 1 iVm Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 1806/2018; vgl. auch § 21 Abs. 6 erster Satz NAG). Betreffend die Beschwerdeführerin liegt auch keine Ausnahme von der Visumpflicht, etwa nach Art. 4 Abs. 2 der VO 1806/2018, vor.

Die Beschwerdeführerin reiste am 29.11.2019 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte hier am 5.12.2019 den verfahrenseinleitenden Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 47 Abs. 2 NAG. Sowohl im Zeitpunkt der Einreise in den Schengenraum als auch im Zeitpunkt der Antragstellung verfügte sie über ein (nur bis 7.5.2020) gültiges Visum D.

Vor diesem Hintergrund war die Beschwerdeführerin gemäß § 21 Abs. 2 Z 1 NAG – abweichend von der Grundregel des § 21 Abs. 1 NAG – zur Stellung eines Antrages im Inland berechtigt. Das Erteilungshindernis des § 11 Abs. 1 Z 5 NAG, das zunächst eine zulässige Inlandsantragstellung voraussetzt, kann im Hinblick auf die Beschwerdeführerin daher zur Anwendung kommen (vgl. VwGH 10.5.2016, Ra 2016/22/0005; dazu, dass in Konstellationen wie der vorliegenden, in denen nach ausnahmsweise zulässiger Inlandsantragstellung in weiterer Folge der Zeitraum des zulässigen sichtvermerkfreien Aufenthalts überschritten wird, ein Zusatzantrag nach § 21 Abs. 3 NAG – wie hier offenkundig angestrebt (siehe AS 83 f) – unzulässig ist, vgl. etwa VwGH 22.3.2018, Ra 2017/22/0184).

Die Beschwerdeführerin war aber nach der rechtmäßigen Stellung ihres Antrages im Inland auf Grundlage ihres bis 7.5.2020 gültigen Visums D nur berechtigt, bis zum Ablauf des 7.5.2020 im Bundesgebiet zu verbleiben. Nicht berechtigt war sie hingegen dazu, sich ohne weitergehende Aufenthaltsberechtigung über den 7.5.2020 hinaus im Bundesgebiet aufzuhalten:

Zweck der Bestimmung des § 11 Abs. 1 Z 5 NAG ist es nämlich zu verhindern, dass Fremde ihren Aufenthalt im Bundesgebiet durch das Stellen eines Antrages nach dem NAG über den sichtvermerkfreien Zeitraum hinaus ohne Vorliegen eines Aufenthaltstitels ausdehnen. Das Verfahren ist nach rechtmäßiger Antragstellung und Ablauf des sichtvermerkfreien Zeitraumes im Ausland abzuwarten (vgl. auch § 21 Abs. 6 NAG). Ein Zuwiderhandeln steht der Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels grundsätzlich entgegen, auch wenn zwischenzeitlich eine Ausreise erfolgt ist (vgl. VwGH 22.2.2018, Ra 2017/22/0154; 22.3.2018, Ra 2017/22/0177; 10.12.2019, Ro 2018/22/0015).

Nun hält sich die Beschwerdeführerin aber – wie sich aus den festgestellten Aufenthaltszeiten ergibt – seit dem 29.11.2019 durchgehend im Bundesgebiet auf. Ihr über den 7.5.2020 hinausreichender Aufenthalt im Bundesgebiet entbehrt einer Rechtsgrundlage und ist daher unrechtmäßig; jedenfalls ab spätestens 8.9.2020 – ab diesem Zeitpunkt waren Ausreisen aus dem Schengenraum nach Jordanien auch vor dem Hintergrund der Situation mit COVID-19 unzweifelhaft wieder möglich (siehe oben Punkte II.3. und III.4.) – lag bzw. liegt ein rechtswidriger Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet vor. Im vorliegenden Fall kommt daher das Erteilungshindernis des § 11 Abs. 1 Z 5 NAG zum Tragen: Die Beschwerdeführerin hat sich ab dem 8.5.2019 und bis zuletzt, allerspätestens jedenfalls aber ab dem 8.9.2020 bis zuletzt, unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten.

Dazu, dass ein Zuwiderhandeln im Hinblick auf § 11 Abs. 1 Z 5 NAG der Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels grundsätzlich entgegensteht, auch wenn zwischenzeitlich eine Ausreise erfolgt ist, siehe bereits die oben zitierte Rechtsprechung.

Insoweit beschwerdeführerseitig vorgebracht wurde, dass der zu lange Verbleib im Bundesgebiet durch Verzögerungen im Bereich des verwaltungsbehördlichen Verfahrens durch die belangte Behörde verursacht worden sei, ist Folgendes festzuhalten: Zum Zeitpunkt des Ablaufes der Gültigkeitsdauer des Visums D der Beschwerdeführerin (mit Ablauf des 7.5.2020) war die der belangten Behörde gesetzlich eingeräumte sechsmonatige Entscheidungsfrist nach § 73 Abs. 1 AVG noch nicht abgelaufen und lag daher insoweit keine Säumnis vor (zudem ist auf die durch das COVID-19-VwBG idF durch BGBl. I 24/2020 spezialgesetzlich angeordneten Fristregelungen und die daraus im Ergebnis resultierende längere Entscheidungsfrist der belangten Behörde zu verweisen). Selbst im Falle einer (hier eben nicht vorliegenden) Säumnis wäre es der Beschwerdeführerin aber nicht freigestanden, ihren Aufenthalt im Bundesgebiet über die zulässige Zeitdauer hinaus fortzusetzen, sondern wären auch in diesem Fall – neben der Möglichkeit zur Ergreifung verfahrensbeschleunigender Rechtsbehelfe wie insbesondere einer Säumnisbeschwerde – die Ein- und Ausreisebestimmungen einzuhalten gewesen. Daher ändert auch der Umstand nichts, dass beschwerdeführerseitig auf ein Ergebnis im verwaltungsbehördlichen Verfahren vor Ablauf des 7.5.2020 vertraut wurde (siehe zu § 11 Abs. 3 NAG sogleich unten Punkt V.3.).

Insoweit beschwerdeführerseitig weiters vorgebracht wurde, es wäre der Beschwerdeführerin bei rechtzeitiger Ausreise nach Jordanien dort nicht möglich gewesen, ein Reisevisum für Österreich beantragen zu können, ist festzuhalten, dass diese unsubstantiierte – allein mit unkonkretem Verweis auf eine vermeintliche Angabe einer in Jordanien lebenden Familienangehörigen getätigte – Behauptung durch die ministerielle Stellungnahme, hg. ON 6, widerlegt ist, wonach lediglich im Zeitraum zwischen 13.3.2020 und 5.7.2020 Beschränkungen bestanden, welche jedoch wiederum – wie hier mit Bezug zur Beschwerdeführerin vorliegend – nahe Angehörige von Österreichern nicht betrafen (Punkt 5 der besagten Stellungnahme).

3. Steht der Erteilung eines Aufenthaltstitels das Erteilungshindernis des § 11 Abs. 1 Z 5 NAG entgegen, kann der Aufenthaltstitel gemäß § 11 Abs. 3 NAG trotzdem erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.

3.1. Vorauszuschicken ist in diesem Zusammenhang, dass die beschwerdeführende Partei – nicht zuletzt nach § 29 Abs. 1 NAG – eine Mitwirkungspflicht an der Feststellung des hier maßgeblichen Sachverhaltes trifft. Auf Grund dessen ist sie insbesondere gehalten, integrationsbegründende Umstände, welchen maßgebliche Bedeutung zukommen könnte, initiativ geltend zu machen (vgl. etwa VwGH 22.1.2014, 2012/22/0245).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Judikatur zu Art. 8 EMRK wiederholt ausgeführt, dass der Staat unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK im Zusammenhang mit positiven wie auch negativen Verpflichtungen einen fairen Ausgleich zwischen den konkurrierenden Interessen des Einzelnen und jenen der Gemeinschaft als Ganzes schaffen muss und hiebei den Vertragsstaaten jedoch ein gewisser Ermessenspielraum zukommt. In Fällen, die sowohl das Familienleben als auch die Thematik der Zuwanderung betreffen, wird das Maß an Verpflichtung, Verwandte von rechtmäßig aufhältigen Personen auf seinem Staatsgebiet zuzulassen, je nach den Umständen des Einzelfalls der betroffenen Personen und des Allgemeininteresses variieren. Dabei ist zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß das Familienleben tatsächlich gestört wird, wie stark die Bande mit dem Vertragsstaat ist, ob es für die Familie unüberwindbare Hindernisse gibt, im Herkunftsland eines oder mehrerer Familienmitglieder zu leben, ob konkrete Umstände im Hinblick auf die Einreisekontrolle (zB Verstöße gegen die Einreisebestimmungen) oder Überlegungen im Hinblick auf die öffentliche Sicherheit eher für eine Ausweisung sprechen und auch ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstanden ist, als sich die betroffenen Personen bewusst gewesen sind, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart gewesen ist, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher gewesen sei. Dazu hat der Gerichtshof auch wiederholt festgehalten, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitglieds in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirkt (vgl. VwGH 19.2.2009, 2008/18/0721, mwN).

Bei der vorzunehmenden Beurteilung nach Art. 8 EMRK ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an der Versagung eines Aufenthaltstitels mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen, insbesondere unter Berücksichtigung der im § 11 Abs. 3 NAG genannten Kriterien in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VwGH 21.1.2016, Ra 2015/22/0119). Bei dieser Abwägung sind – unter anderem – das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007). Bei der Beurteilung, ob ein Eingriff nach Art. 8 EMRK zulässig ist, ist auch zu beachten, ob eine Fortsetzung des gemeinsamen Familienlebens außerhalb Österreichs möglich ist (vgl. VwGH 11.6.2014, 2013/22/0166, mwN). Im Rahmen der Abwägung nach Art. 8 EMRK kommt dem Bestehen einer Ehe mit einem dauerhaft niedergelassenen Partner große Bedeutung zu (VwGH 11.11.2013, 2013/22/0224). Darüber hinaus ist auch die Aufenthaltsdauer des Fremden im Inland zu beachten, wobei einem weniger als fünfjährigen Aufenthalt in der Regel keine eigenständige Bedeutung zuzumessen ist (vgl. VwGH 30.8.2017, Ra 2017/18/0070)

3.2. Legt man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall um, so ergibt sich hieraus Folgendes:

Gewichtige familiäre Anknüpfungspunkte ergeben sich insbesondere durch die aufrechte Ehe mit dem im Bundesgebiet wohnhaften und lebenden Zusammenführenden. Allerdings sind die Ehegatten erst seit 19.10.2019 und damit erst seit kurzer Zeit verheiratet (vgl. etwa VwGH 26.6.2013, 2012/22/0021) und wurde das damit einhergehende Privat- und Familienleben – welches an sich bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels nur im Rahmen eines gültigen Visums im Bundesgebiet geführt werden dürfte – somit zu einem Zeitpunkt begründet, zu dem der unsichere Aufenthaltsstatus der Beschwerdeführerin beiden Ehegatten unzweifelhaft bewusst sein musste und auch bewusst war (zum dadurch verminderten Gewicht im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung siehe etwa VwGH 10.12.2013, 2013/22/0242; 3.10.2017, Ra 2016/22/0056; uva.; vgl. auch VwGH 10.12.2008, 2008/22/0125). Vor diesem Hintergrund wurde das Privat- und Familienleben in seiner konkreten Form letztlich selbst herbeigeführt.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin noch nie über Aufenthaltstitel im Bundesgebiet verfügt hat (siehe dazu § 11 Abs. 3 Z 1 NAG und vgl. etwa auch VwGH 30.7.2015, Ra 2014/22/0055), sich daher auch nur im Rahmen des ihr vormals ausgestellten (nur bis 7.5.2020 gültigen) Visums D – sohin für einen Zeitraum von wenigen Monaten – legal im Bundesgebiet aufgehalten hat (während das zuvor ausgestellte Visum C unstrittig nicht für einen Aufenthalt im Bundesgebiet genutzt wurde) und das Privat- und Familienleben im Bundesgebiet daher nur in diesem Zeitraum geführt wurde (dazu, dass einem weniger als fünfjährigen Aufenthalt in der Regel keine eigenständige Bedeutung zuzumessen ist, vgl. etwa VwGH 30.8.2017, Ra 2017/18/0070; 23.6.2015, Ra 2015/22/0026 und 0027; vgl. zu einer Aufenthaltsdauer von zweieinhalb Jahren etwa VwGH 30.6.2015, Ra 2015/21/0059). Seit Ablauf der Gültigkeit des Visums D am 7.5.2020, allerspätestens aber jedenfalls ab 8.9.2020, hält sich die Beschwerdeführerin jedoch unrechtmäßig im Bundesgebiet auf (siehe auch hier § 11 Abs. 3 Z 1 NAG; vgl. auch VwGH 18.10.2012, 2010/22/0130, wonach der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zukommt; vgl. dazu auch etwa VwGH 7.9.2016, Ra 2016/19/0168; 15.12.2015, Ra 2015/19/0247; 7.5.2014, 2013/22/0027; 9.9.2013, 2013/22/0221; 26.6.2013, 2012/22/0021; uva.).

Zwar bestehen im Bundesgebiet feststellungsgemäß weitere familiäre Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers (über die in Wien lebende Tochter des Zusammenführenden aus dessen früherer erster Ehe), welche jedoch offenkundig nicht sonderlich intensiv sind (siehe die Angaben der Beschwerdeführerin VH-Protokoll, Seite 4, wonach sie zur besagten Tochter des Zusammenführenden nur gelegentlich Kontakt habe). Vor allem aber bestehen im Herkunftsstaat familiäre Anknüpfungspunkte der Beschwerdeführerin von erheblichem Gewicht über die dort lebenden leiblichen, einer eigenen früheren Ehe entstammenden volljährigen Kinder, wobei die Beschwerdeführerin laut eigener Angabe auch vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet bei einem ihrer volljährigen Kinder gelebt hat (VH-Protokoll, Seite 4). Das Verwaltungsgericht verkennt nicht die Bedeutung der ehelichen Bindung zum Zusammenführenden, jedoch ist nicht ersichtlich, dass die familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet jene im Herkunftsstaat hinsichtlich ihres Gewichts dermaßen überwiegen würden, dass sich daraus – für sich genommen oder unter Berücksichtigung der sonstigen Abwägungskriterien – ein Überwiegen der Interessen der Beschwerdeführerin ergeben würde.

Auch wurden von der Beschwerdeführerin sowohl im Bundesgebiet wie auch im Herkunftsstaat soziale Anknüpfungspunkte in Form eines Freundes- bzw. Bekanntenkreises angegeben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat Jordanien geboren wurde, dort wesentliche Teile ihres Lebens zubrachte, dort auch sozialisiert wurde und dort auch die gesamte (Schul-) Ausbildung absolviert sowie ihr gesamtes 22-jähriges Arbeitsleben dort verrichtet hat (vgl. dazu etwa VwGH 23.11.2017, Ra 2015/22/0162, mit Verweis auf VwGH 26.1.2012, 2010/21/0124); schon aus diesen Gründen werden die sozialen Anknüpfungen zum Herkunftsstaat intensiver sein. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht offen befragt wurde, wie sie ihre Aufenthaltszeiten im Bundesgebiet gestaltet; hierauf gab sie an, ihre Zeit im Wesentlichen mit dem Zusammenführenden zu verbringen. Erst fortgesetzt gab sie an, auch mit eigenen Freunden im Bundesgebiet Kontakt zu haben. Aufgefordert, dies zu konkretisieren, gab die Beschwerdeführerin sodann an, dass es sich in Wahrheit um Freunde ihres Ehegatten handle, welche sie im Laufe der (wiederum nur kurzen) Zeit kennengelernt habe und mit denen manchmal ein Kaffee getrunken oder spazieren gegangen werde (siehe zu alldem VH-Protokoll, Seite 4). Auch hieraus ergibt sich, dass den zum Bundesgebiet bestehenden sozialen Anknüpfungspunkten kein derartiges Gewicht zugemessen werden kann, dass sich daraus – für sich genommen oder unter Berücksichtigung der sonstigen Abwägungskriterien – ein Überwiegen der Interessen der Beschwerdeführerin ergeben würde.

Dass es sich bei den familiären und sozialen Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat nicht um solche bloß formaler Natur handelt, ergibt sich dabei insbesondere auch daraus, dass laut eigener Aussage der Beschwerdeführerin zu allen Genannten guter Kontakt besteht.

Der Beschwerdeführerin war laut eigenen Angaben in Jordanien 22 Jahre in einer Bank beruflich tätig und hat sie anschließend die Pension angetreten. Sie ist somit auch in dieser Hinsicht mit den Gegebenheiten im Herkunftsstaat gut vertraut (vgl. in diesem Zusammenhang auch etwa VwGH 10.12.2013, 2013/22/0273; 23.11.2017, Ra 2015/22/0162, wonach selbst mehrjährige Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet nicht derart beschaffen wäre, dass der Fremde ernstlich daran gehindert sein könnte, sich – im gegenständlichen Fall zudem nur übergangsweise – wieder eine entsprechende existenzielle Grundlage im Herkunftsstaat aufzubauen). Auch lebte sie laut eigener Angabe bereits vor ihrer Einreise nach Österreich bei einem ihrer Söhne in Jordanien. Dass diese Möglichkeit nunmehr nicht mehr – auch nicht für den zwischenzeitigen Aufenthalt bis zur Wiedereinreise nach Österreich – bestehen würde, wurde weder vorgebracht noch hätten sich hierfür sonst Anhaltspunkte ergeben. Somit besteht insoweit auch eine Wohnmöglichkeit der Beschwerdeführerin für die Dauer ihres – nur vorübergehenden – Aufenthalts im Herkunftsstaat bis zur Erteilung eines neu beantragten Aufenthaltstitels bzw. eines sie zur Einreise nach Österreich berechtigenden Visums.

Die Beschwerdeführerin verfügt zwar über ein A1-Deutsch-Zertifikat des ÖSD vom 22.7.2020, jedoch ist mit Blick auf die durchgeführte öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht eine Verständigung mit der Beschwerdeführerin auf Deutsch nicht möglich und war die Beiziehung eines Dolmetschers für die arabische Sprache durchgehend erforderlich (zum dadurch herabgesetzten Gewicht der laut Fremdsprachen-Zertifikat formal bestehenden Sprachkenntnisse vgl. etwa VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005). Abgesehen vom Besuch von Deutschkursen hat die Beschwerdeführerin während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet offenkundig auch sonst keine besonderen Integrationsschritte gesetzt (Vereinstätigkeit, etc.; siehe hierzu wiederum die Angaben der Beschwerdeführerin dazu, wie sie im Bundesgebiet ihre Zeit verbringt, VH-Protokoll, Seite 4).

Es steht der Beschwerdeführerin frei, nach kurzem – bloß vorübergehendem – Aufenthalt im Herkunftsstaat zur Einbringung eines neuen Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG auf Grundlage eines vorher zu beantragenden und ihr erteilten Visums erneut in das Bundesgebiet einzureisen und das Ehe- und Familienleben (innerhalb der bestehenden Ein- und Ausreisevorschriften) fortzuführen. Das Verwaltungsgericht verkennt dabei nicht, dass Zeiträume eingeschränkter Reisemöglichkeiten für eine Beziehung bzw. Ehe durchaus belastend sein können, jedoch wurden unverhältnismäßige Belastungen in Bezug auf die hier relevante Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und dem Zusammenführenden weder substantiiert dargelegt noch hätten sich hierfür konkrete Anhaltspunkte aus dem sonst vorliegenden Aktenmaterial ergeben. Weiters haben sich auch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im Hinblick auf die kurze zwischenzeitige Trennung der Ehegatten bis zur Wiedereinreise der Beschwerdeführerin in das Bundesgebiet konkrete Gefährdungen oder Beeinträchtigungen der Gesundheit von einem der Ehegatten zu befürchten wären (siehe oben Punkte II.6. und III.7.). Auch ist es den Ehegatten abseits der – wenngleich mitunter bisweilen eingeschränkten – Möglichkeit wechselseitiger Besuche bis zu einer allfälligen Titelerteilung aufgrund eines neuerlichen Antrages auch möglich und zumutbar, sich zur Aufrechterhaltung des persönlichen Kontakts und einer emotionalen Beziehung elektronischer Kommunikationsformen zu bedienen (VwGH 12.12.2017, Ra 2015/22/0149, und die dort zitierte Rechtsprechung).

Eine drohende mangelnde Versorgung der Beschwerdeführerin während der Zeit ihres vorübergehenden Aufenthalts im Herkunftsstaat etwa in medizinisch-gesundheitlicher Sicht oder in wirtschaftlicher Hinsicht wurde nicht vorgebracht und ergeben sich hierfür auch in Ansehung des vorliegenden Aktenmaterials und der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung keine Anhaltspunkte. Speziell in wirtschaftlicher Hinsicht ist auch hier darauf zu verweisen, dass die Beschwerdeführerin schon vor ihrer Einreise nach Österreich im Herkunftsstaat bei Familienangehörigen gelebt und im Herkunftsstaat auch die Pension angetreten hat. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit des Zusammenführenden, die Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat etwa finanziell (zB im Überweisungsweg oder durch Bargeldtransfers; vgl. etwa VwGH 26.6.2013, 2012/22/0021) anderweitig zu unterstützen.

Eine überlange Verfahrensdauer im Hinblick auf § 11 Abs. 3 Z 9 NAG liegt in Ansehung der konkreten Fallumstände nicht vor (vgl. dazu auch etwa VwGH 23.11.2017, Ra 2015/22/0162).

3.3. In Abwägung all dieser genannten Umstände ist für das Verwaltungsgericht Wien nicht erkennbar, dass die aus Art. 8 EMRK erfließenden schutzwürdigen Interessen des Beschwerdeführers die öffentlichen Interessen an einer Einhaltung der fremdenrechtlichen Bestimmungen, konkret der Beachtung der Dauer des erlaubten visumsfreien Aufenthalts, überwiegen. Vom Erteilungshindernis des § 11 Abs. 1 Z 5 NAG ist daher im Beschwerdefall nicht abzusehen.

4. Im vorliegenden Fall ist schließlich noch Folgendes zu beachten:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in Anlehnung an die Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Union vgl. EuGH 10.5.2017, Rs. C-133/15, Chavez-Vilchez, Rn. 70 f.; 15.11.2011, C-256/11, Dereci, Rn 65 ff.; 8.11.2011, C-34/09, Ruiz Zambrano) mehrfach ausgesprochen hat, steht Art. 20 AEUV nationalen Maßnahmen entgegen, die bewirken, dass Unionsbürgern – wie hier einem die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Ehegatten einer Drittstaatsangehörigen – der tatsächliche Genuss des Kernbestands der Rechte, die ihnen dieser Status verleiht, verwehrt wird. Das Kriterium der Verwehrung des Kernbestands der Rechte, die der Unionsbürgerstatus verleiht, bezieht sich auf Sachverhalte, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sich der Unionsbürger de facto gezwungen sieht, nicht nur das Gebiet des Mitgliedstaats, dem er angehört, sondern das Gebiet der Union als Ganzes zu verlassen. Sollten derartige Gründe – der bloße Wunsch nach Aufrechterhaltung der Familiengemeinschaft im Gebiet der Union reicht allerdings nicht aus – bestehen, würde die gegenüber einem Fremden ausgesprochene Anordnung, das Bundesgebiet wegen des unrechtmäßigen Aufenthalts zu verlassen, dem Unionsrecht widersprechen und daher nicht zulässig sein (vgl. hiezu etwa VwGH 19.12.2012, 2012/22/0218; 17.4.2013, 2013/22/0062). Diese Prüfung ist nicht mit der Beurteilung nach Art. 8 EMRK gleichzusetzen (VwGH 20.3.2012, 2008/18/0483).

Im Hinblick auf den Ehegatten der Beschwerdeführerin ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass dieser bereits seit 1998 im Bundesgebiet wohnhaft ist, hier seinen Lebensmittelpunkt hat und hier seine Pensio

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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