TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/18 L521 2170051-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.05.2020
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Entscheidungsdatum

18.05.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch


L521 2170051-1/30E

L521 2170056-1/25E

L521 2170057-1/25E

L521 2170060-1/25E

L521 2170063-1/33E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Mathias Kopf, LL.M. über die Beschwerden 1. des XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX , alle Staatsangehörigkeit Irak, alle vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, 1090 Wien, Alser Straße 20, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.08.2017, Zlen. XXXX und XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 18.12.2019 zu Recht:

A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und die leiblichen Eltern des minderjährigen Drittbeschwerdeführers, des minderjährigen Viertbeschwerdeführers und des minderjährigen Fünftbeschwerdeführers. Sämtliche Beschwerdeführer sind Staatsangehörige des Irak und Angehörige der arabischen Volksgruppe an. Sie stellten nach ihrer unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet am 25.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2.1. Der Erstbeschwerdeführer legte im Rahmen der niederschriftlichen Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am Tag der Antragstellung dar, den Namen XXXX zu führen und sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam zu bekennen. Er sei am XXXX in Basra geboren, habe dort zuletzt auch gelebt und sei als Schiffskapitän erwerbstätig gewesen.

Im Hinblick auf den Reiseweg brachte der Erstbeschwerdeführer zusammengefasst vor, den Irak am 15.08.2015 legal mit einem Personenkraftwagen in den Iran verlassen zu haben. Von Teheran aus sei er im Luftweg in die Türkei und in der Folge schlepperunterstützt auf dem Seeweg nach Griechenland gelangt und dort des Landes verwiesen worden. Daraufhin sei er mit der Fähre nach Athen gereist und von dort aus mit verschiedenen Verkehrsmitteln nach Österreich verbracht worden.

Zu den Gründen der Ausreise befragt führte der Erstbeschwerdeführer aus, er sei „von der Miliz“ verfolgt und mit dem Tod bedroht worden, da er als Schiffskapitän Alkohol konsumieren würde. Die Verfolger hätten ihn und die Zweibeschwerdeführerin bedroht und der Zweibeschwerdeführerin darüber hinaus mitgeteilt, dass sie sich von ihrem ungläubigen Ehemann scheiden lassen solle, da sie sonst gemeinsam mit den Kindern getötet werde.

2.2. Die Zweitbeschwerdeführerin brachte im Rahmen der niederschriftlichen Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes vor, den Namen XXXX zu führen und sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam zu bekennen. Sie sei am XXXX in Basra geboren und habe dort zuletzt auch gelebt und den Haushalt geführt.

Im Hinblick auf den Reiseweg brachte die Zweitbeschwerdeführerin zusammengefasst vor, den Irak am 15.08.2015 legal mit einem Personenkraftwagen in den Iran verlassen zu haben. Von Teheran aus sei sie im Luftweg in die Türkei und in der Folge schlepperunterstützt auf dem Seeweg nach Griechenland gelangt und dort des Landes verwiesen worden. Daraufhin sei sie mit der Fähre nach Athen gereist und von dort aus mit verschiedenen Verkehrsmitteln nach Österreich verbracht worden.

Zu den Gründen der Ausreise befragt führte die Zweitbeschwerdeführerin aus, im Irak herrsche Bürgerkrieg. Der Erstbeschwerdeführer, sie selbst und die Kinder wären mit dem Tod bedroht worden. Sie hätten „immer die Städte gewechselt“ und wären dennoch weiterhin von Milizen verfolgt worden. Der Grund liege im Alkoholkonsum des Erstbeschwerdeführer.

2.3. Nach Zulassung der Verfahren wurde der Erstbeschwerdeführer am 17.07.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Kärnten, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers in der Sprache Arabisch niederschriftlich einvernommen.

Eingangs bestätigte der Erstbeschwerdeführer, einvernahmefähig zu sein und die arabische Sprache sowie die anwesende Dolmetscherin sehr gut zu verstehen. Er habe bislang im Verfahren wahrheitsgemäße Angaben getätigt, es wären ihm seine Angaben jedoch nicht zur Gänze rückübersetzt worden.

Zu seiner Person legte er konkretisierend dar, er sei nur „auf dem Papier“ schiitischer Moslem, eigentlich sei er Atheist. Auf Nachfrage legte der Erstbeschwerdeführer dar, dass er mit der Religion nichts zu tun habe und nicht fasten und auch nicht die Gebete verrichten würde. Bereits sein Vater sei nicht religiös gewesen.

Im Irak habe er zuletzt als Chief Mate bzw. Chief Officer in der Handelsschifffahrt gearbeitet, sein Arbeitgeber sei der jeweilige Schiffseigner gewesen. Insgesamt habe er für die Ausreise und die anschließende Schleppung USD 10.000,00 aufgewendet, die er aufgrund seiner Erwerbstätigkeit habe ansparen können.

Nach dem Grund für das Verlassen des Herkunftsstaates befragt legte der Erstbeschwerdeführer nach anfänglicher ausführlicher Erörterung von Ereignissen in den Jahren 2007 bis 2010 zunächst dar, dass er im Oktober 2014 „auf dem Schiff ein großes Problem“ bekommen habe. Der Bootsmann des Schiffes sei Iraker gewesen. Ein ebenfalls auf dem Schiff arbeitender Inder habe seine Gebete verrichten wollen, woraufhin der Bootsmann diesen geschlagen habe. Er habe dem Bootsmann daraufhin mitgeteilt, dass das Schiff aufgrund des Verhaltenes des Bootsmanns „Probleme mit Gott am Meer“ haben könne. Der Bootsmann habe ihn selbst daraufhin als Trinker und Ungläubigen beschimpft. Aufgrund er Vorfälle habe er, der Erstbeschwerdeführer, in der Folge den Kapitän informiert. Der Kapitän habe den Bootsmann entlassen. Der Bootsmann habe sich daraufhin an den Stamm des Erstbeschwerdeführers gewandt und diesen „gewarnt“.

Im Jahr 2015 habe er auf einem anderen Schiff gearbeitet, das mit Maschinen für die Ölverarbeitung in den Dschabal Ali Hafen „beschäftigt“ gewesen sei. Er sei der einzige Iraker an Bord gewesen und seine Zuständigkeit habe den Empfang der Lieferung umfasst. Ein korrupter Vertreter der Ölgesellschaft habe von ihm verlangt, „falsche Papiere mit falscher Lieferung“ zu unterschreiben. Nachdem er sich geweigert habe, habe die Person ihm mitgeteilt, dass er die Ware auch ohne die Hilfe des Erstbeschwerdeführers „bekommen“ werde und dass er den Erstbeschwerdeführer mitsamt seiner Familie nunmehr töten werde. Zwei Tage später sei die Person mit einer Liste zum Erstbeschwerdeführer gekommen, wonach der Erstbeschwerdeführer Atheist sei und nicht mehr dem Schutz seines Stammes unterstehen würde. Er habe daraufhin seine Ehefrau angerufen und sei mithilfe eines Onkels in den Iran ausgereist.

2.4. Die Zweitbeschwerdeführerin wurde am 18.07.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Kärnten, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers in der Sprache Arabisch niederschriftlich einvernommen.

Eingangs bestätigte auch die Zweitbeschwerdeführerin, einvernahmefähig zu sein und die arabische Sprache sowie den anwesenden Dolmetscher gut zu verstehen. Sie habe bislang im Verfahren wahrheitsgemäße Angaben getätigt, allerdings schnell und kurz. Ihr ihr diese rückübersetzt wurden, wisse sie nicht mehr.

Zur Person legte die Zweitbeschwerdeführerin konkretisierend dar, sie habe englische Literatur und Translationswissenschaft studiert, ihren Beruf jedoch nie ausgeübt und den Haushalt geführt. Sie habe mit den Kindern bei ihren Eltern in Basra gelebt, da der Erstbeschwerdeführers „immer fort am Schiff“ gewesen sei.

Nach dem Grund für das Verlassen des Herkunftsstaates befragt legte die Zweitbeschwerdeführerin dar, dass die Familie mit dem Tod bedroht worden sei. Es wären fünf Patronen in den Garten geworfen worden, damit sei die Familie gemeint gewesen. Eine Nachbarin habe sie im Juli 2015 angerufen und ihr mitgeteilt, dass sie das Haus nicht verlassen solle, da ein Fahrzeug mit gefährlich aussehenden Männern vor dem Haus stehen würde. Am nächsten Tag habe ihre Mutter die Patronen gefunden, sie selbst sei da bereits bei ihrem Onkel gewesen.

Auf Nachfrage legte die Zweitbeschwerdeführerin dar, dass nach dem Anruf der Nachbarin auch der Erstbeschwerdeführer sie angerufen und ihr mitgeteilt habe, „dass er ein Problem hat“. Der Onkel habe sie daraufhin abgeholt, zu diesem Zeitpunkt sei das Fahrzeug mit den gefährlich aussehenden Männern nicht mehr da gewesen. Von den Problemen ihres Mannes wisse sie nichts Genaues, es sei um „alte neue Ware“ gegangen. Auf weitere Nachfrage brachte die Zweitbeschwerdeführerin schließlich vor, dass an dem erwähnten Tag auch zwei Männer die vom Drittbeschwerdeführer besuchte Bildungseinrichtung aufgesucht und den Drittbeschwerdeführer gesucht hätten.

Im Anschluss an die Befragung der Zweitbeschwerdeführerin wurde der minderjährige Drittbeschwerdeführer in die Einvernahme einbezogen und der minderjährige Drittbeschwerdeführer in deutscher Sprache mit Unterstützung des Dolmetschers befragt.

3. Mit den hier angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.08.2017, Zlen. 1089083801-151428702, 1089083910-151428834, 1089085305-151428974, 1089086803-151429059 und 1089084602-151429229, wurden – jeweils mit ausführlicher individueller Begründung – die Anträge des Erstbeschwerdeführers, der Zweitbeschwerdeführerin, des minderjährigen Drittbeschwerdeführers, des minderjährigen Viertbeschwerdeführers und des minderjährigen Fünfbeschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten jeweils gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak jeweils gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde wider die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in den Irak gemäß § 46 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 betrage die Frist für eine freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

4. Mit Verfahrensanordnungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.08.2017 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig eine Rechtsberatungsorganisation für das Beschwerdeverfahren beigegeben und es wurden die Beschwerdeführer ferner gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG darüber informiert, dass sie verpflichtet sind, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.

5. Gegen die dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin (auch in ihrer Eigenschaft als gesetzlicher Vertreter des minderjährigen Drittbeschwerdeführers, des minderjährigen Viertbeschwerdeführers und des minderjährigen Fünfbeschwerdeführers) am 23.08.2017 eigenhändig zugestellten Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.08.2017, Zlen. 1089083801-151428702, 1089083910-151428834, 1089085305-151428974, 1089086803-151429059 und 1089084602-151429229, richtet sich die im Wege der beigegebenen und von den Beschwerdeführern bevollmächtigen Rechtsberatungsorganisation fristgerecht eingebrachte gemeinsame Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

In dieser wird inhaltliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften moniert und beantragt, die angefochtenen Bescheide abzuändern und dem Antrag auf internationalen Schutz Folge zu geben und den Beschwerdeführern den Status eines Asylberechtigten oder hilfsweise den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen oder hilfsweise die Rückkehrentscheidung bzw. den Abspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung aufzuheben und den Beschwerdeführern Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 zu erteilen. Darüber hinaus wird jedenfalls eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht begehrt und eventualiter ein Aufhebungsantrag gestellt.

In der Sache wird nach Darlegung des Verfahrensgangs im Wesentlichen vorgebracht, die Beschwerdeführer hielten ihre Aussagen zu den Fluchtgründen aufrecht. Ihre Angaben stellten sich gleichbleibend und substantiiert dar und würden mit den Tatsachen und den allgemeinen Erfahrungen übereinstimmen. Sofern das belangte Bundesamt die Ansicht vertrete, dass die vorgebrachten Vorfälle am Schiff von den irakischen Strafverfolgungsbehörden wahrzunehmen wären und dass es nicht darauf ankommen würde, ob der irakische Staat in diesem Fall schutzfähig sei, sei dem entgegenzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darauf ankomme, ob in dem relevanten Bereich der Schutzes der Staatsnagehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich sei. Die vom belangten Bundesamt vertretene Rechtsansicht widerspreche somit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Das Vorbringen der Beschwerdeführer, durch staatliche Organe nicht ausreichend geschützt zu sein, stehe mit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Einklang. Der Erstbeschwerdeführer habe darüber hinaus nachweisen können, dass sein Stamm ihn verstoßen habe und er deshalb auch von dieser Seite keinen Schutz erwarten könne.

Das belangte Bundesamt habe sich darüber hinaus nicht hinreichend mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers beschäftigt, dass er Atheist sei und es hätten Feststellungen zur Lage von Atheisten im Irak getroffen werden müssen.

Die Beschwerdeführer hätten im Fall einer Rückkehr in den Irak mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine für die Gewährung des Status des Asylberechtigten hinreichend intensive asylrelevanten Verfolgung durch zum Teil staatliche, zum Teil nichtstaatliche Organe zu befürchten. Hinsichtlich des Eventualantrags auf Zuerkennung der Status des subsidiär Schutzberechtigten werde vorgebracht, dass die Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr einem Klima ständiger Bedrohung, struktureller Gewalt und unmittelbaren Einschränkungen sowie einer Reihe von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt wären. In der Folge werden in der Beschwerde auszugsweise Berichte zur Sicherheitslage in Bagdad zitiert.

6. Die Beschwerdevorlage langte am 08.09.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Rechtssachen wurden in weiterer Folge der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen.

7. Das Bundesverwaltungsgericht beauftragte am 09.09.2019 bei der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl eine Recherche zur Lage von Kindern in Basra. Die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation langte am 24.01.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

8. Mit Note des Bundesverwaltungsgerichts ebenfalls vom 09.09.2019 wurden der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführer aktuelle Länderdokumentationsunterlagen zur allgemeinen Lage im Irak, der Country of Origin Information Report von EASO vom März 2019 zum Irak betreffend Targeting of Individuals, der Country of Origin Information Report von EASO vom März 2019 zum Irak betreffend Security Situation, der Country of Origin Information Report von EASO vom März 2019 zum Irak betreffend Iraq Body Count – civilian deaths 2012, 2017-2018, der Country of Origin Information Report von EASO vom Februar 2019 zum Irak betreffend Key socio-economic indicators, die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 21.03.2019 betreffend sicherheitsrelevante Vorfälle in Bagdad seit dem ab 1.1.2019, die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 16.05.2019 zur Situation von Kindern in Bagdad, den Bericht von ACCORD zum Schulsystem im Irak vom Mai 2017, den Artikel von Thomas Schmidinger zur Lage in Bagdad vom 12.11.2018, die Anfragebeantwortung von EASO vom 11.04.2018 betreffend Atheisten, der Bericht des Refugee Documentation Center vom 31.01.2018 zur Behandlung von Atheisten, die Anfragebeantwortung von ACCORD vom 18.09.2017 betreffend Berichte über Verfolgungshandlungen gegen Atheisten, die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 13.12.2018 betreffend Probleme durch westliches Auftreten in Basra und schließlich die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 12.12.2018 betreffend Sicherheits- und Versorgungslage in Basra, Stamm Bani Amir, Zwangsrekrutierung und Schikanen durch die Miliz Asaib Ahl al-Haqq zu Vorbereitung der anzuberaumenden mündlichen Verhandlung übermittelt und die Möglichkeit einer Stellungnahme innerhalb einer Frist von sechs Wochen freigestellt.

Im Rahmen ihrer Mitwirkungsverpflichtung wurden die Beschwerdeführer außerdem aufgefordert, Fragen insbesondere zu aktuellen Entwicklungen im Herkunftsstaat sowie den im Bundesgebiet gesetzten Aktivitäten vorab zu beantworten.

8. Die Beschwerdeführer übermittelten am 11.10.2019 im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung eine ausführliche Stellungnahme zu den ihnen vorgehaltenen Länderberichten und führten insbesondere aus, dass Macht und Einfluss des Sadroun-Clans in Basra zugenommen hätten und sich die Beschwerdeführer geweigert hätten, mit den Milizen des Sadroun-Clans zu kooperieren. In der Folge werden in der Stellungnahme Zitate aus den vom Bundesverwaltungsgericht zur Verfügung gestelltem Länderberichten mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer in Beziehung gesetzt.

Alle minderjährigen Beschwerdeführer würden an Atemproblemen leiden. Der minderjährige Drittbeschwerdeführer leide außerdem an Herzproblemen, der minderjährige Viertbeschwerdeführer an sei wegen schwacher Sehkraft in Behandlung. Die Zweibeschwerdeführerin warte auf eine Meniskusoperation.

9. Mit Note des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.10.2019 wurden der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführer aktualisierte Länderdokumentationsunterlagen zur allgemeinen Lage im Irak sowie die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 21.10.2019 zur Situation von Kindern in Basra zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt.

10. Mit weiterer Note des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2019 wurden der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführer aktualisierte Länderdokumentationsunterlagen zur allgemeinen Lage im Irak, zwei Berichte von UNAMI vom Oktober und vom November 2019 über die im Irak stattfindenden und gegen die Regierung gerichteten Demonstrationen, Medienberichte über diese Demonstrationen sowie vier Anfragebeantwortungen zur Rekrutierungspraxis schiitischer Milizen zur Vorbereitung der anberaumten mündlichen Verhandlung nachgereicht.

11. Die Beschwerdeführer übermittelten ihrerseits am 11.12.2019 im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung Beweismittel betreffend ihre Integration im Bundesgebiet sowie zu ihrem gesundheitlichen Zustand.

12. Am 18.12.2019 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht die beantragte mündliche Verhandlung im Beisein des Erstbeschwerdeführers, der Zweitbeschwerdeführerin, des minderjährigen Drittbeschwerdeführers, des minderjährigen Viertbeschwerdeführers und des minderjährigen Fünftbeschwerdeführers, ihrer rechtsfreundlichen Vertretung, eines Vertreters des belangten Bundesamtes und eines Dolmetschers für die arabische Sprache durchgeführt.

Im Verlauf der Verhandlung wurde dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin – beiden auch in ihrer Eigenschaft als gesetzliche Vertreter ihrer minderjährigen Kinder – Gelegenheit gegeben, neuerlich ihre Ausreisemotivation sowie ihre Rückkehrbefürchtungen umfassend darzulegen sowie die aktuelle Lageentwicklung im Irak anhand der im Vorfeld übermittelten Länderdokumentationsunterlagen und Anfragebeantwortungen erörtert.

Im Gefolge der mündlichen Verhandlung brachten die Beschwerdeführer weitere Beweismittel zum gesundheitlichen Zustand des Drittbeschwerdeführers in Vorlage.

13. Aufgrund eines in der mündlichen Verhandlung erteilten Auftrages übermittelten die Beschwerdeführer im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung mit Telefax bzw. E-Mail vom 20.12.2019 Weblinks zu zwei Beiträgen im sozialen Netzwerk Facebook.

14. Mit Note des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.05.2020 wurden der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführer neuerlich aktualisierte Länderdokumentationsunterlagen zur allgemeinen Lage im Irak zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt. Die Beschwerdeführer übermittelten dem Bundesverwaltungsgericht dazu am 14.05.2020 eine Stellungnahme.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführer:

1.1.1. Der Erstbeschwerdeführer führt den Namen XXXX , er ist Staatsangehöriger des Irak und Angehöriger der arabischen Volksgruppe. Er wurde am XXXX in der Stadt XXXX im Gouvernement Basra geboren und lebte zuletzt gemeinsam mit seiner Ehegattin und den gemeinsamen Kindern in der Stadt Basra im Stadtteil XXXX in einem Haus im Eigentum seiner Schwiegermutter.

Der Erstbeschwerdeführer stammt aus einer schiitischen Familie, er selbst bringt Religionen kein Interesse entgegen und bezeichnet sich als „derzeit“ religionslos. Der Erstbeschwerdeführer misst insbesondere den religiösen Verhaltensvorschriften des Islam keine Beachtung zu und konsumiert Alkohol. Eine atheistische Glaubensüberzeugung des Erstbeschwerdeführers ist nicht feststellbar.

Der Erstbeschwerdeführer ist mit der Zweitbeschwerdeführerin seit dem 25.03.2003 verheiratet und der leibliche Vater des minderjährigen Drittbeschwerdeführers, des minderjährigen Viertbeschwerdeführers und des minderjährigen Fünfbeschwerdeführers.

Der Erstbeschwerdeführer leidet an Durchblutungsstörungen der Extremitäten, er nimmt dagegen Tabletten ein. Er leidet weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung.

Die Erstbeschwerdeführer besuchte im Irak die Grundschule und eine weiterführende Schule im Gesamtausmaß von neun Jahren. Im Anschluss daran absolvierte er eine dreijährige nautische Akademie und erlangte dort einen der Matura äquivalenten Abschluss. Vom Wehrdienst wurde er nach Ableistung von 45 Tagen gegen die Zahlung eines Geldbetrages befreit. Der Erstbeschwerdeführer trat anschließend als Seemann in der Handelsmarine in das Berufsleben ein und heuerte auf privaten Handelsschiffen – vorwiegend im persischen Golf – an. Zuletzt hatte er die Position des ersten Offiziers (Chief Office/Chief Mate) inne und war damit dem Kapitän unmittelbar nachgeordnet. Der Beschwerdeführer erzielte dabei – abhängig von der Größe des Schiffes – eine monatliche Heuer von USD 2.000,00 bis zu USD 3.500,00. Eine kurze Zeit war der Erstbeschwerdeführer auch als Dolmetscher Englisch-Arabisch beruflich tätig.

Die Eltern des Erstbeschwerdeführers sind verstorben. Der Beschwerdeführer hat vier Schwestern, davon leben drei Schwestern in Basra und eine Schwester im Vereinigten Königreich. Die Schwestern des Beschwerdeführers sind verheiratet und haben Kinder. Von den in Basra lebenden Schwestern des Beschwerdeführers sind zwei Schwestern als Lehrerinnen erwerbstätig, eine weitere Schwester führt den Haushalt. Die Ehemänner sind als Arbeiter bzw. als Beamte erwerbstätig.

Am 15.08.2015 verließ der Erstbeschwerdeführer den Irak legal von Basra ausgehend gemeinsam mit den weiteren Beschwerdeführern auf dem Landweg in den Iran. Von Teheran gelangte er in der Folge im Luftweg in die Türkei und von dort aus auf dem Seeweg nach Griechenland und weiter nach Österreich, wo er am 25.09.2015 für sich und als gesetzlicher Vertreter der minderjährigen Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Der Erstbeschwerdeführer wendete für die Ausreise und die Schleppung nach Griechenland USD 10.000,00 auf, die er aus eigenen Ersparnissen finanzierte.

1.1.2. Die Zweitbeschwerdeführerin führt den Namen XXXX , sie ist Staatsangehörige des Irak und Angehörige der arabischen Volksgruppe. Sie wurde am XXXX in Basra geboren und lebte dort zuletzt gemeinsam mit ihrem Ehegatten und den gemeinsamen Kindern in der Stadt Basra im Stadtteil XXXX in einem Haus im Eigentum ihrer Mutter.

Die Zweitbeschwerdeführerin ist Moslemin und bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam, sie ist mit dem Erstbeschwerdeführer seit dem 25.03.2003 verheiratet und die leibliche Mutter des minderjährigen Drittbeschwerdeführers, des minderjährigen Viertbeschwerdeführers und des minderjährigen Fünfbeschwerdeführers.

Die Zweitbeschwerdeführerin nahm physikalische Behandlungen gegen Rheuma in Anspruch und leidet unter einer Sehschwäche. Zuletzt wurde eine Kniegelenkserguss rechts diagnostiziert und eine Vorstellung bei einem Orthopäden wegen des Verdachts auf eine Partialruptur des Kreuzbandes empfohlen. Ein rheumatisches Geschehen konnte ausgeschlossen werden. Die Zweitbeschwerdeführerin ist ansonsten gesund und steht nicht in medizinischer Behandlung.

Die Zweitbeschwerdeführerin besuchte im Irak die Grundschule und eine weiterführende Schule im Gesamtausmaß von zwölf Jahren und erlangte die Matura. In der Folge absolvierte sie das Universitätsstudium der Translationswissenschaft in Bezug auf die englische Sprache. Die Zweitbeschwerdeführerin trat nicht in das Berufsleben ein und führte den Haushalt, zumal bereits im Jahr 2006 der Drittbeschwerdeführer geboren wurde.

Der Vater der Zweitbeschwerdeführerin ist bereits verstorben. Ihre Mutter und ihr Bruder leben derzeit in Basra im den Haus, welches auch die Zweitbeschwerdeführerin bis zur Ausreise bewohnte. In Basra lebt darüber hinaus der Onkel mütterlicherseits der Zweitbeschwerdeführerin. Der Bruder der Zweitbeschwerdeführerin betreibt eine Werkstätte für Kraftfahrzeuge, die sich ebenfalls im Haus der Mutter befindet, er ist verheiratet und hat vier Kinder.

Am 15.08.2015 verließ die Zweitbeschwerdeführerin den Irak legal von Basra ausgehend gemeinsam mit den weiteren Beschwerdeführern auf dem Landweg in den Iran. Von Teheran gelangte sie in der Folge im Luftweg in die Türkei und von dort aus auf dem Seeweg nach Griechenland und weiter nach Österreich, wo sie am 25.09.2015 für sich und als gesetzliche Vertreterin der minderjährigen Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

1.1.3. Der Drittbeschwerdeführer führt den Namen XXXX , er ist Staatsangehöriger des Irak und Angehöriger der arabischen Volksgruppe. Er wurde am XXXX in Basra geboren und lebte dort zuletzt gemeinsam mit seinen Eltern und seinen Geschwistern im Stadtteil XXXX in einem Haus im Eigentum seiner Großmutter.

Der Drittbeschwerdeführer bekennt sich zum Islam der schiitischen Glaubensrichtung und nimmt in der Schule am Religionsunterricht teil. Er ist der arabischen Sprache mächtig.

Der Drittbeschwerdeführer leidet an angeborener Kursichtigkeit (Myopia magna beidseits), an einer Hornhautverkrümmung (Astigmatismus) und an einem unterschiedlichen Ausmaß der Fehlsichtigkeit (Anisometropie). Dem Drittbeschwerdeführer trägt deshalb seit dem fünften Lebensjahr eine Brille. Im Bundesgebiet wurde ihm nach Untersuchungen in der Augenabteilung des Klinikums Klagenfurt eine Brille verordnet, die – nach anfänglichen Schwierigkeiten (Verlust der Brillenverordnung durch die Eltern) – vom Drittbeschwerdeführer nunmehr ständig getragen wird. Der Drittbeschwerdeführer leidet trotz Brille an einer verminderten Sehschwäche, er kann allerdings dem Unterricht folgen und ist subjektiv beschwerdefrei. Eine Verbesserung der Sehleistung wäre mit Kontaktlinsen möglich, diese wurden dem Drittbeschwerdeführer verordnet. Nachdem die Kontaktlinsen anfangs ständig und danach zumindest unter der Woche getragen wurden, trägt der Drittbeschwerdeführer nunmehr wieder seine Brille. Nicht festgestellt werden kann, dass der Drittbeschwerdeführer aufgrund finanzieller Unzulänglichkeiten über keine Kontaktlinsen verfügt.

Nicht festgestellt werden kann, dass der Drittbeschwerdeführer an einer Erkrankung der Lunge oder der Atemwege leidet.

Der Drittbeschwerdeführer nahm in den Monaten Januar bis Oktober 2018 eine psychologische Behandlung im Ausmaß von 15 Einheiten aufgrund eines allgemeinen Belastungszustandes in Anspruch.

Aufgrund schulischer Schwierigkeiten des Drittbeschwerdeführers wurde im Wintersemester 2019 eine entwicklungspsychologische Untersuchung veranlasst. Der Drittbeschwerdeführer zeigte sich dabei offen, gut gelaunt und gesprächig. Er erledigte die Testaufgaben sehr bemüht und motiviert und zeigte dabei adäquate Aufmerksamkeits- und Konzentrationsleistungen, ein rasches Arbeitstempo und ein gutes Instruktionsverständnis. Der Drittbeschwerdeführer verfügt allerdings über ein unterdurchschnittliches nonverbales kognitives Begabungsniveau und es liegt eine Streitbeziehung zu Mitschülern vor, die im Wintersemester 2019 auch einen Schulwechsel erforderte. Sozial-emotionale Problematiken könnten zuletzt nicht festgestellt werden. Der Schulwechsel führte zu besseren schulischen Leistungen, sodass die neue Schule vorerst nicht um eine pädagogische Unterstützung ersucht wurde.

Der Drittbeschwerdeführer besuchte im Irak aufgrund seiner schulischen Schwierigkeiten eine Privatschule.

Am 15.08.2015 verließ der Drittbeschwerdeführer den Irak legal von Basra ausgehend gemeinsam mit den weiteren Beschwerdeführern auf dem Landweg in den Iran. Von Teheran gelangte er in der Folge im Luftweg in die Türkei und von dort aus auf dem Seeweg nach Griechenland und weiter nach Österreich, wo seine gesetzlichen Vertreter am 25.09.2015 seinen Antrag auf internationalen Schutz stellten.

1.1.4. Der Vierbeschwerdeführer führt den Namen XXXX , er ist Staatsangehöriger des Irak und Angehöriger der arabischen Volksgruppe. Er wurde am XXXX in Basra geboren und lebte dort zuletzt gemeinsam mit seinen Eltern und seinen Geschwistern im Stadtteil XXXX in einem Haus im Eigentum seiner Großmutter.

Der Vierbeschwerdeführer bekennt sich zum Islam der schiitischen Glaubensrichtung und nimmt in der Schule am Religionsunterricht teil. Er ist der arabischen Sprache mächtig.

Der Vierbeschwerdeführer leidet an einer Sehschwäche und trägt eine Brille. Er wurde aufgrund von „Gangunsicherheit“ am 22.03.2019 in der neuropädiatrischen Spezialambulanz des Klinikums Klagenfurt vorstellig und wurde mit einem unauffälligen Befund an einen Orthopäden überwiesen. Eine orthopädische Behandlung wurde in der Folge nicht in Anspruch genommen. Im Übrigen ist der Vierbeschwerdeführer gesund und steht nicht in medizinischer Behandlung. Nicht festgestellt werden kann, dass der Vierbeschwerdeführer an einer Erkrankung der Lunge oder der Atemwege leidet.

Er verließ den Irak vor dem Eintritt der Schulpflicht am 15.08.2015 legal von Basra ausgehend gemeinsam mit den weiteren Beschwerdeführern auf dem Landweg in den Iran. Von Teheran gelangte er in der Folge im Luftweg in die Türkei und von dort aus auf dem Seeweg nach Griechenland und weiter nach Österreich, wo seine gesetzlichen Vertreter am 25.09.2015 seinen Antrag auf internationalen Schutz stellten.

1.1.5. Der Fünftbeschwerdeführer führt den Namen XXXX , er ist Staatsangehöriger des Irak und Angehöriger der arabischen Volksgruppe. Er wurde am XXXX in Basra geboren und lebte dort zuletzt gemeinsam mit seinen Eltern und seinen Geschwistern im Stadtteil XXXX in einem Haus im Eigentum seiner Großmutter. Er ist der arabischen Sprache eingeschränkt mächtig.

Der Fünftbeschwerdeführer wurde am 01.10.2019 in der Augenambulanz des Klinikums Klagenfurt vorstellig und mit einem unauffälligen Befund ohne weitere Behandlung entlassen. Er ist gesund und steht nicht in medizinischer Behandlung. Nicht festgestellt werden kann, dass der Fünftbeschwerdeführer an einer Erkrankung der Lunge oder der Atemwege leidet.

Der Fünftbeschwerdeführer ist seit dem 28.08.2017 aufgrund verzögerter Sprachentwicklung in der Muttersprache Arabisch in entwicklungspsychologischer Behandlung. Die klinisch-psychologische Untersuchung ergab eine knapp unterdurchschnittliche nonverbale kognitive Leistungsfähigkeit und eine Artikulationsstörung bzw. eine expressive Sprachstörung. Der Fünftbeschwerdeführer nahm daraufhin zunächst eine mobile Hausfrühförderung durch eine Sonderkindergartenpädagogin in Anspruch. Vom 05.06.2018 bis zum 27.11.2018 erhielt der Fünftbeschwerdeführer eine logopädische Therapie im Ausmaß von 13 Einheiten. Der Fünftbeschwerdeführer zeigte sich dabei zunächst ängstlich und weinerlich, jedoch konnte ab der neunten Einheit ein Einzelsetting durchgeführt werden und zeigte sich der Fünftbeschwerdeführer ausgeglichener und arbeitete fleißig mit. Der Therapieerfolg wurde durch häufige Verspätungen des Fünftbeschwerdeführers und seines Vaters von ca. 20 Minuten beeinträchtigt, was eine Verkürzung der Therapieeinheiten nach sich zog. Zur vereinbarten Abschlussdiagnostik erschien der Fünftbeschwerdeführer nicht. Der Besuch einer weiteren logopädischen Therapie ist indiziert, eine solche Therapie wird aber vom Fünftbeschwerdeführer nicht in Anspruch genommen. Derzeit erhält der Fünftbeschwerdeführer – wie anlässlich der entwicklungspsychologischen Behandlung empfohlen – eine sonderpädagogische Frühförderung im Rahmen des Kindergartenbesuchs.

Der Fünftbeschwerdeführer verließ den Irak vor dem Eintritt der Schulpflicht am 15.08.2015 legal von Basra ausgehend gemeinsam mit den weiteren Beschwerdeführern auf dem Landweg in den Iran. Von Teheran gelangte er in der Folge im Luftweg in die Türkei und von dort aus auf dem Seeweg nach Griechenland und weiter nach Österreich, wo seine gesetzlichen Vertreter am 25.09.2015 seinen Antrag auf internationalen Schutz stellten.

1.1.6. Der Erstbeschwerdeführer verfügt über ein abgelaufenes irakisches Reisedokument im Original und einen irakischen Führerschein. Sämtliche Beschwerdeführer verfügten darüber hinaus über irakische Personalausweise im Original.

1.2. Zu den Ausreisegründen der Beschwerdeführer und zur Rückkehrgefährdung:

1.2.1. Die Beschwerdeführer gehörten in ihrem Herkunftsstaat keiner politischen Partei oder politisch aktiven Gruppierung an und hatten in ihrem Herkunftsstaat vor der Ausreise keine Schwierigkeiten mit staatlichen Organen, Sicherheitskräften oder Justizbehörden zu gewärtigen. Die Beschwerdeführer hatten darüber hinaus vor der Ausreise keine Schwierigkeiten aufgrund ihre ethnischen Zugehörigkeit zur arabischen Volksgruppe sowie aufgrund ihres religiösen Bekenntnisses zu gewärtigen.

1.2.2. Die Beschwerdeführer unterlagen vor ihrer Ausreise keiner von Kämpfern oder Anhängern der Miliz Sar?y? al-Sal?m oder einer anderen schiitischen Miliz ausgehenden individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt, sie werden im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat einer solchen individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt auch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt sein.

Der Erstbeschwerdeführer wurde vor der Ausreise nicht zur Vornahme pflichtwidriger dienstlicher Verrichtungen als Erster Offizier eines Frachtschiffes aufgefordert und wurde auch nicht infolge der Verweigerung pflichtwidriger dienstlicher Verrichtungen bedroht.

Der Erstbeschwerdeführer unterlag auch keiner von Stammesangehörigen oder Dritten ausgehenden individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt aufgrund einer Auseinandersetzung mit einem Seemann im Jahr 2014. Es kann nicht festgestellt werden, dass er von seinem Stamm ausgeschlossen wurde.

1.2.3. Der Erstbeschwerdeführer war vor seiner Ausreise keiner individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt durch staatliche Organe oder durch Dritte aufgrund seiner religiösen Anschauungen bzw. des Nichtbefolgens der Verhaltensvorschriften des Islam ausgesetzt und wird im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat auch keiner mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintretenden individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt Dritte aufgrund seiner religiösen Anschauungen bzw. des Nichtbefolgens der Verhaltensvorschriften des Islam ausgesetzt sein.

1.2.4. Es kann darüber hinaus nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer vor ihrer Ausreise aus ihrem Herkunftsstaat einer anderweitigen individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt waren oder sie im Falle einer Rückkehr in ihre Herkunftsregion Basra einer solchen individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt durch staatliche Organe oder durch Dritte mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wären.

1.2.5. Den Beschwerdeführern droht im Fall einer Rückkehr in ihre Herkunftsregion Basra keine strafrechtliche oder anderweitige behördliche Verfolgung und auch keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintretende individuelle Gefährdung oder individuell gegen sie gerichtete psychische und/oder physische Gewalt im Falle der Teilnahme an nicht gewalttätigen Protesten gegen die irakische Regierung.

1.2.6. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Drittbeschwerdeführer vor der Ausreise beim Besuch einer Privatschule körperlich misshandelt wurde.

Die minderjährigen Beschwerdeführer sind im Fall einer Rückkehr in den Irak nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von geschlechtsspezifischer Gewalt, häuslicher oder beim Schulbesuch auftretender Gewalt, Zwangsprostitution, Zwangsrekrutierung, Zwangsarbeit oder Zwangsehe betroffen.

1.2.7. Den Beschwerdeführern droht im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht die Todesstrafe. Ebenso kann keine anderweitige individuelle Gefährdung der Beschwerdeführer festgestellt werden, insbesondere im Hinblick auf eine im Irak drohende unmenschliche Behandlung, Folter oder Strafe sowie im Hinblick auf kriegerische Ereignisse, extremistische Anschläge, stammesbezogene Gewalt oder organisierte kriminelle Handlungen sowie willkürliche Gewaltausübung durch Sicherheitskräfte bei nicht gewalttätigen Protesten gegen die irakische Regierung.

Die Zweitbeschwerdeführerin trägt (auch im Bundesgebiet) eine religiöse Kopfbedeckung (Hijab) und ist praktizierende Muslimin.

1.2.8. Die Beschwerdeführer waren vor ihrer Ausreise in ihrem Herkunftsstaat in dort in ihrer Herkunftsregion Basra nicht von einer wirtschaftlichen Notlage oder einer unzureichenden Versorgung mit Nahrungsmitteln und Trinkwasser betroffen, vielmehr lebten die Beschwerdeführer in geordneten Verhältnissen und gehörten aufgrund des weit überdurchschnittlichen Einkommens des Erstbeschwerdeführers der Mittelschicht an.

Die Beschwerdeführer verfügen auch gegenwärtig im Fall ihrer Rückkehr über eine gesicherte Existenzgrundlage – insbesondere im Hinblick auf die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln und Trinkwasser sowie die Deckung des Wohnbedürfnisses – in ihrer Herkunftsregion Basra sowie über familiäre Anknüpfungspunkte in ihrer Herkunftsregion Bagdad in Gestalt der dort lebenden Familienangehörigen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin.

Der Erstbeschwerdeführer ist ein – von nicht näher konkretisierten Durchblutungsstörungen der Extremitäten abgesehen – gesunder, arbeitsfähiger Mensch mit grundlegender Ausbildung in der Schule und einer weiterführenden nautischen Ausbildung auf Maturaniveau sowie mit im Herkunftsstaat erworbener langjähriger Berufserfahrung als Seemann in der leitenden Position des ersten Offiziers (Chief Office/Chief Mate). Ihm ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit als Seemann zur Sicherstellung des Familienauskommens im Rückkehrfall möglich und zumutbar, der Erstbeschwerdeführer wird dabei ein in Bezug auf das Durchschnittseinkommen im Irak weit überdurchschnittliches Einkommen ins Verdienen bringen.

Die Zweitbeschwerdeführerin ist ein– von geringfügigen gesundheitlichen Einschränkungen des Bewegungsapparates abgesehen – gesunder, arbeitsfähiger Mensch mit hervorragender Ausbildung in der Schule und einem Universitätsstudium der Translationswissenschaft. Auch der Zweitbeschwerdeführerin ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zur Sicherstellung des Familienauskommens im Rückkehrfall – soweit es die Betreuungspflicht in Ansehung der minderjährigen Beschwerdeführer zulässt – grundsätzlich möglich und zumutbar. Nicht festgestellt werden kann, dass ihr eine Tätigkeit als Dolmetscherin bzw. Übersetzerin aufgrund ihres weiblichen Geschlechts untersagt ist.

Die Beschwerdeführer verfügen im Rückkehrfall über eine Wohnmöglichkeit im Haus der Mutter der Zweitbeschwerdeführerin in Basra, welches sie bereits vor der Ausreise bewohnten. Die Beschwerdeführer verfügen im Rückkehrfall außerdem über Unterstützung durch das familiäre Netzwerk des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin, insbesondere den Bruder der Zweitbeschwerdeführerin, der eine Autowerkstätte betreibt. Die Beschwerdeführer hegen keine Rückkehrbefürchtungen in Bezug auf die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln und mit Trinkwasser.

1.2.9. Der minderjährige Drittbeschwerdeführer, der minderjährige Viertbeschwerdeführer und der minderjährige Fünftbeschwerdeführer verfügen in ihrer Herkunftsregion Basra über eine – wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich – gesicherte Existenzgrundlage, ferner ist eine hinreichende Betreuung und eine hinreichende Absicherung in ihren altersentsprechenden Grundbedürfnissen durch die Eltern und den Familienverband gegeben. Den minderjährigen Beschwerdeführern steht ferner kostenfreier und nichtdiskriminierender Zugang zum öffentlichen Schulwesen sowie leistbarer und nichtdiskriminierender Zugang zu einer adäquaten medizinischen Versorgung zur Verfügung.

1.2.10. Die Beschwerdeführer haben als irakische Staatsbürger Zugang zum öffentlichen Gesundheitswesen und damit Zugang zu einer adäquaten medizinischen Versorgung ihrer gesundheitlichen Leiden und den notwendigen Medikamenten. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer infolge unzureichender finanzieller Mittel unzureichenden Zugang zu Medikamenten haben wird.

1.2.11. Die Stadt Basra ist im Luftweg mit Linienflügen (Schwechat-Istanbul-Bagdad) direkt und gefahrlos erreichbar.

1.3. Zur Lage der Beschwerdeführer im Bundesgebiet:

1.3.1. Die Beschwerdeführer halten sich seit dem 25.09.2015 im Bundesgebiet auf. Sie reisten rechtswidrig in das Bundesgebiet ein, sie sind Asylwerber und verfügen über keinen anderen Aufenthaltstitel.

Die Beschwerdeführer leben nach einer anfänglichen Unterbringung in Übergangsquartieren des Bundes und der zwischenzeitlichen Unterkunftnahme in Privatquartieren seit dem 01.06.2017 in einer Unterkunft für Asylwerber in der Stadtgemeinde XXXX .

Die Beschwerdeführer beziehen seit der Antragstellung bis dato Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber und sind nicht erwerbstätig.

Der Erstbeschwerdeführer ging im Monat Juni 2017 im Ausmaß von 10,5 Stunden, in den Monaten Juli 2017 und August 2017 jeweils im Ausmaß von 27,5 Stunden, in den Monaten März 2018 und April 2018 jeweils im Ausmaß von 27,5 Stunden, im Monat Juni 2018 im Ausmaß von 8 Stunden, im Monat Juli 2018 im Ausmaß von 16 Stunden und im Monat Juli 2019 im Ausmaß von 24 Stunden einer Remunerantentätigkeit für die Stadtgemeinde XXXX nach und erhielt dafür einen Anerkennungsbetrag von EUR 4,00 pro geleisteter Stunde. Der Erstbeschwerdeführer wird darüber hinaus in nicht feststellbarem Ausmaß für frühere Unterkunftgeber mittels Dienstleistungsscheck für Hilfstätigkeiten entlohnt.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin haben keine Erwerbstätigkeit am regulären Arbeitsmarkt in Aussicht.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin haben Qualifizierungsmaßnahmen zum Erwerb der deutschen Sprache im Zeitraum Oktober 2016 bis Juli 2018 besucht. Der Erstbeschwerdeführer legte am 22.03.2017 die Prüfung auf dem Niveau A1 ab. Er verfügt über grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache, die für eine Verständigung im Alltag auf einfachem Niveau ausreichen.

Die Zweitbeschwerdeführerin legte am 22.03.2017 die Prüfung auf dem Niveau A1 und am 17.09.2019 die Prüfung auf dem Niveau A2 ab. Sie verfügt über grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache, die für eine Verständigung im Alltag auf einfachem Niveau ausreichen.

Der Zweitbeschwerdeführerin hat am 24.04.2018 an einem Werte- und Orientierungskurs teilgenommen. Der Erstbeschwerdeführer hat am 04.05.2018 an einem Werte- und Orientierungskurs teilgenommen.

1.3.2. Der Drittbeschwerdeführer besucht zunächst die Volksschule in XXXX und ab dem Schuljahr 2018/2019 die die Neue Mittelschule in XXXX . Er hat im Schuljahr 2018/2019 die 1. Klasse (fünfte Schulstufe) nicht erfolgreich abgeschlossen und war zum Aufstieg nicht berechtigt. Mit 29.10.2019 wechselte der Drittbeschwerdeführer die Schule. Er besucht derzeit die 1. Klasse (fünfte Schulstufe) der Neuen Sportmittelschule in XXXX .

Der Viertbeschwerdeführer besucht die Volksschule in XXXX . Er hat die 1. Klasse (erste Schulstufe) im Schuljahr 2018/2019 erfolgreich abgeschossen. Er besucht derzeit die die 2. Klasse (zweite Schulstufe) der Volksschule in XXXX .

Der Fünfbeschwerdeführer besucht derzeit den Kindergarten in XXXX .

Die minderjährigen Beschwerdeführer verfügen infolge ihres Schulbesuches bzw. des Besuchs des Kindergartens über altersadäquate gute Kenntnisse der deutschen Sprache.

1.3.3. Der Erstbeschwerdeführer erbringt gelegentlich in der Stadtpfarre XXXX Hilfstätigkeiten wie etwa den Aufbau von Zelten. Der Pfarrer attestiert ihm einen freundlichen und einen respektvollen Umgang, mehr könne er „dazu aber nicht .. sagen“. Der Erstbeschwerdeführer hilft bei Bedarf im Rahmen eines privaten „Hilfswerks“ in XXXX bei Hilfsgütersammlungen und bei manipulativen Tätigkeiten. Ihm wird dabei Fleiß zugeschrieben. Er fungiert außerdem bei der Lebenshilfe bei Bedarf als Übersetzer

Die Beschwerdeführer unterhalten soziale Kontakte an ihrem Wohnort in einem üblichen Ausmaß. Freunde und Unterstützer (Sprachtrainerinnen) der Beschwerdeführer in XXXX attestieren diesen Ehrlichkeit und Freundlichkeit, Integrationswilligkeit, der Zweitbeschwerdeführerin Interesse und große Fortschritte beim Spracherwerb. Die Beschwerdeführer werden außerdem als „liebe Menschen“ beschrieben, die sich gut integriert haben und um das Wohlergehen der Kinder besorgte, liebewolle Eltern sind. Eine Unterstützerin berichtet in ihrem Schreiben an das Bundesverwaltungsgericht, dass der Erstbeschwerdeführer bei der Flucht beinahe erschlagen worden und beinahe ertrunken wäre und dass die Familie deshalb die Messe im Klagenfurter Dom besucht habe. Die Beschwerdeführer hätten es im Irak sehr schwer gehabt und wären nunmehr bestens integriert. Die Zweitbeschwerdeführerin wird von einer Freundin als gute Köchin und herzliche und tapfere Mutter beschrieben, die minderjährigen Beschwerdeführer wären wohlerzogen, intelligent, fröhlich und freundlich. Eine weitere Freundin der Familie schildert, dass die Zweitbeschwerdeführerin nach ihrer Ankunft in Österreich den Wunsch geäußert habe, einen Gottesdienst zu besuchen, sowie dass die minderjährigen Beschwerdeführer höflich und „lieb“ wären.

Die Unterkunftgeber der Beschwerdeführer im Zeitraum 27.11.2015 bis 31.05.2017 bezeichnen die Beschwerdeführer als große Unterstützung in Haushalt und Garten sowie dass während der Abwesenheit ihre Katze versorgt und der Briefkasten geleert wurde. Es bestehe weiterhin Kontakt und es würden Geburtstage gemeinsam gefeiert. Zu den Unterkunftgebern der Beschwerdeführer im vorangehenden Zeitraum vom 19.11.2015 bis zum 27.11.2015 besteht ebenfalls weiterhin ein freundschaftlicher Kontakt, der sich in gemeinsamen Treffen zu Geburtstagsfeiern „und anderen Gelegenheiten“ ausdrückt. Der Erstbeschwerdeführer erbringt für sie gelegentlich unentgeltlich Hilfstätigkeiten und wird dafür fallweise auch mittels Dienstleistungsscheck entlohnt. Ein weiterer Unterkunftgeber attestiert den Beschwerdeführern einen respektvollen und besonnenen Umgang mit Menschen, Respekt vor den Mitbewohnern und Verlässlichkeit sowie dass der Erstbeschwerdeführer bei Arbeiten im Quartier unterstützt habe.

Ein vereinsmäßiges Engagement der Beschwerdeführer ist nicht feststellbar. Die Tochter einer Freundin der Zweitbeschwerdeführerin besucht gemeinsam mit dem Drittbeschwerdeführer die Schule und bezeichnet diesen ihrer Mutter zufolge als angenehmen Mitschüler. Zwei Söhne einer Freundin der Zweitbeschwerdeführerin spielen zusammen mit den minderjährigen Beschwerdeführern bzw. besuchten mit dem Drittbeschwerdeführer ein Fußballcamp. Eine weitere benachbarte Familie bestätigt ebenfalls, dass die Beschwerdeführer nett und kontaktfreudig wären sowie dass die Kinder miteinander spielen würden.

1.3.4. Die Beschwerdeführer sind in Österreich strafrechtlich unbescholten. Der Aufenthalt der Beschwerdeführer im Bundesgebiet war und ist nicht nach § 46a Abs. 1 Z. 1 oder Abs. 1a FPG 2005 geduldet. Ihr Aufenthalt ist nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig. Sie wurden nicht Opfer von Gewalt im Sinn der §§ 382b oder 382e EO.

1.4. Zur Lage im Herkunftsstaat:

1.4.1. Zur aktuellen Lage im Irak werden folgende Feststellungen unter Heranziehung der abgekürzt zitierten und gegenüber dem Beschwerdeführer offengelegten Quellen getroffen:

1.       Aktuelle Ereignisse

25.11.2019: Seit Wochen kommt es immer wieder zu Protesten gegen die politische Führung. Vor allem in Bagdad und im Süden des Landes demonstrieren die Menschen. Die Demonstrationen richten sich insbesondere gegen die Korruption und die schlechte Wirtschaftslage. Die Demonstranten fordern einen Rücktritt der Regierung sowie ein neues politisches System. Bislang sind seit Beginn der Proteste mehr als 320 Menschen ums Leben gekommen und Tausende wurden verletzt. Menschenrechtsorganisationen werfen den Sicherheitskräften vor, mit großer Härte gegen die Proteste vorzugehen. Nach jüngsten Pressemeldungen kam es in Bagdad und anderen Provinzen im Süden erneut zu Zusammenstößen. Sicherheitskräfte sollen Tränengas eingesetzt und mit scharfer Munition geschossen haben. In Nasirija, Provinz Dhi Qar, im Süden des Landes, soll ebenfalls scharfe Munition und Tränengas eingesetzt worden sein, um eine Menschenmenge zu vertreiben, die drei Brücken in der Stadt besetzt hatte. Dabei sollen mindestens drei Menschen getötet und mehr als 50 weitere verletzt worden sein. Laut einer weiteren Pressemeldung sollen mehr als 70 Menschen verletzt worden sein. Auch in den Provinzen Kerbala, Najaf, Qadissiyah, Wassit, Maysan und Basra soll es zu Protesten mit Toten und Verletzten gekommen sein.

02.12.2019: Das irakische Parlament hat am 01.12.19 das Rücktrittsgesuch von Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi angenommen. Mahdi soll die Amtsgeschäfte weiterführen, bis ein Nachfolger bestimmt werde. Mahdi hatte am 29.11.19 seinen Rücktritt angekündigt, nachdem am 28.11.19 die Gewalt eskaliert war.

Auch in der vergangenen Woche hielten die Proteste an. Trotz des angekündigten Rücktritts von Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi am 29.11.19 kam es am 30.11.19 erneut zu Demonstrationen in Bagdad und den südlichen Provinzen. Auch in Mosul kam es zu Solidaritätsbekundungen. Demonstranten hatten am 01.12.19 zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage das iranische Konsulat in Najaf in Brand gesetzt. Bereits am 27.11.19 stürmten irakische Demonstranten das iranische Konsulat in Najaf und zündeten das Gebäude an. Die konsularischen Mitarbeiter konnten kurz zuvor evakuiert werden. Sicherheitskräfte hatten am 27.11.19 Tränengas und scharfe Munition gegen die Protestierenden eingesetzt. Demonstrationen wurden u.a. auch aus den Provinzen Bagdad, Dhi Qar, Karbala und Babil bekannt. Bislang wurden im Rahmen der Proteste seit Anfang Oktober 2019 mindestens 420 Menschen getötet und etwa 15.000 verletzt.

Am 01.12.19 erließ der Hohe Justizrat, die oberste irakische Justizbehörde, einen Haftbefehl gegen General Jamil al-Shammari. Dem Hohen Justizrat zufolge hatte er das Durchgreifen gegen Demonstranten in der Provinz Dhi Qar, im Süden des Landes, angeordnet, bei dem mindestens 32 Menschen ums Leben gekommen sind. Er sei am 28.11.19 seines Postens enthoben worden, weiterhin sei ein Reiseverbot gegen ihn verhängt worden.

Am 21.11.19 teilte die irakische Medienkommission die dreimonatige Suspension von neun TV-Stationen (Al-Arabiyam Al-Hadath, NRT TV, ANB TV, Dijlah, Al-Sharqiya TV, Al-Fallujah TV, Al-Rasheed, Hona Bagdad) und die dauerhafte Schließung von vier Radiostationen (Radio Al-Nass, Radio Sawa, Radio Al-Yawm, Radio Nawa) mit. Vier weitere TV-Stationen (Rudaw TV, Asia TV, Al-Sumaria TV, Ur TV, Syk New Arabic) erhielten eine Warnung. Als Grund für die Schließungen der TV-Stationen wurden u.a. die Nichtbeachtung von Richtlinien, Sendung aus dem Ausland und Anstiftung zum Hass genannt. Betroffen sind sowohl lokale als auch internationale Media Outlets. Reporter ohne Grenzen berichtet, dass am 26.11.19 eine Reporterin und ein Kameramann (Dijlah TV) in Najaf von der Bereitschaftspolizei zusammengeschlagen und ihr Equipment beschlagnahmt wurde. Seit Beginn der Proteste Anfang Oktober 2019 kommt es zu schweren Einschränkungen der Pressefreiheit und Übergriffen auf Journalisten (vgl. BN v. 07.10.19).

09.12.2019: Am 06.12.19 haben in Bagdad Augenzeugen zufolge unbekannte Schützen auf Demonstranten geschossen. Dabei sollen mindestens 16 Menschen getötet und rund 100 weitere verletzt worden sein. Nach Angaben des irakischen Innenministeriums wurden vier Zivilisten getötet und 80 weitere verletzt. Dennoch kam es am 08.12.19 in Bagdad und mehreren Städten im Süden des Landes, u.a. in Hilla (Provinz Babil), Amara (Provinz Maysan), Diwaniya (Provinz Qadissiyah), Kut (Provinz Wasit) und Najaf (Provinz Najaf), erneut zu Protesten.

In Nasiriyah (Provinz Dhi Qar), einem Hotspot der Proteste, versammelten sich am 08.12.19 in der Innenstadt Demonstranten zusammen mit Vertretern mächtiger Stämme. Dort waren am 05.12.19 mehr als 25 Menschen bei Protesten getötet worden. Dies veranlasste die lokalen Stämme, die Sicherheits- und Verwaltungsangelegenheiten zu übernehmen. Die Checkpoints werden nun mit Freiwilligen besetzt. Nach Zählung der irakischen Menschenrechtskommission wurden bei den regierungskritischen Protesten bislang mehr als 460 Menschen getötet und mehr als 20.000 verletzt.

16.12.2019: Am 11.12.19 veröffentlichte die UN Assistance Mission for Iraq (UNAMI) einen weiteren Bericht bezüglich der seit dem 01.10.19 anhaltenden regierungskritischen Proteste in Irak. Im Berichtszeitraum vom 05.11.19 bis zum 08.12.19 zählte UNAMI 170 Tote und 2.264 Verletzte. UNAMI verweist darauf, dass die irakische Regierung die Herausgabe offizieller Statistiken seitens der Krankenhäuser an UNAMI unterbindet. Die Proteste haben sich auf 13 der 18 irakischen Provinzen ausgeweitet. Die kurdischen Provinzen sind bisher nicht von den Demonstrationen betroffen. UNAMI zufolge wird gegen festgenommene Demonstranten gemäß dem irakischen Strafgesetz Klage erhoben, nicht nach der Anti-Terror-Gesetzgebung. Den Erkenntnissen von UNAMI zufolge gehen unbekannte Dritte nach wie vor mit scharfer Munition, Drohungen, Entführungen bis hin zu gezielten Tötungen gegen Demonstranten vor. Während gegen einige Verantwortliche innerhalb der Sicherheitskräfte Anklage erhoben wurde, setzen Sicherheitskräfte nach wie vor u.a. scharfe Munition gegen Demonstranten ein. Berichten von u.a. Human Rights Watch zufolge werden Aktivist*innen und Demonstrant*innen nach wie vor eingeschüchtert, angegriffen, entführt oder getötet.

Auch in der vergangenen Woche hielten die Proteste an. So haben am 16.12.19 Demonstranten den Zugang zu einer Universität in der Provinz Babil geschlossen. In Bagdad wurde am 15.12.19 ein Aktivist, der auch als Journalist arbeitet, von unbekannten bewaffneten Männern getötet. Ebenfalls am 15.12.19 wurden in Diwaniyah, Provinz al-Qadisiyya, durch eine Autobombenexplosion zwei Aktivisten verletzt. Am 14.12.19 setzten in der Stadt Amara, Provinz Missan, irakische Demonstranten das Haus des Kandidaten für das Amt des Premierministers in Brand. Eine Reihe von politischen Parteien haben sich auf die von pro-iranischen Gruppen unterstützte Kandidatur von Al-Sudani, der bereits Kabinettsposten innehatte, geeinigt. Irakische Demonstranten hatten wiederholt klargestellt, dass sie nicht wollen, dass der zukünftige Premierminister in den vorangegangenen Kabinetten offizielle Positionen innehabe. Am 10.12.19 nahm die Gewalt im Zentrum von Bagdad wieder zu, als 31 Demonstranten durch den Einsatz von Tränengas seitens der Sicherheitskräfte verwundet wurden, um sie vom Wathba-Platz, einem zentralen Platz in Bagdad, zu vertreiben. Am 09.12.19 wurden mindestens 15 Personen, Demonstranten und Sicherheitskräfte, bei Zusammenstößen in der Hafenregion Umm Qasr in der Provinz Basra verletzt.

13.01.2020: Am 10.01.20 fanden in Bagdad und anderen Städten im Südirak große Kundgebungen anlässlich des 100. Protesttages statt. Am 10.01.20 wurden der Journalist Ahmed Abdul Samad und sein Kameramann Safaa Ghali von Unbekannten in Basra erschossen. Samad hatte zuvor von den Protesten berichtet. Reporter ohne Grenzen zufolge wurden seit Beginn der Proteste sechs Journalisten von Unbekannten getötet (vgl. BN v. 02.12.19). 4

Lokale Medien berichteten, dass 166 Aktivisten zwischen dem 01.10.19 und dem 28.12.19 entführt oder verschwunden seien. Die Irakische Hohe Menschenrechtskommission (IHCHR) geht von 68 entführten oder verschwundenen Personen aus und dokumentierte 33 gezielte Tötungsversuche, wobei 14 Personen ums Leben kamen.

Am 27.12.19 kam es zu einem Raketenangriff – mutmaßlich durch die proiranische irakische Miliz Kata’eb Hizbollah (KH) – auf eine irakische Militärbasis, dabei wurden ein amerikanischer Auftragnehmer getötet und vier amerikanische und zwei irakische Soldaten verletzt. Bereits zuvor war es vermehrt zu Angriffen auf amerikanische Truppen und Ziele im Irak gekommen (vgl. BN v. 16.12.19). Am 29.12.19 führten die USA Vergeltungsschläge auf drei Einrichtungen der KH durch, dabei sollen mehrere KH-Kämpfer verletzt und getötet worden sein. Am 31.12.19 demonstrierten KH-Unterstützer und Anhänger der Volksmobilisierungsfront vor der amerikanischen Botschaft innerhalb der hochgesicherten Green Zone im Zentrum von Bagdad. Demonstranten stürmten dabei den Eingangsbereich der Botschaft und setzten diesen in Brand. Unklar ist, wie diese die Sicherheitskontrollen zur Green Zone passieren konnten.

Am 03.01.20 führten die USA einen Drohnenangriff durch, bei dem u.a. der iranische General Qassem Soleimani (Kommandeur der Quds-Einheit der iranischen Revolutionsgarde) und Abu Mahdi al-Muhandis (stellvertretender Anführer der irakischen Volksmobilisierungsfront) in der Nähe des internationalen Flughafens von Bagdad getötet wurden. Der Iran führte am 08.01.20 einen Vergeltungsschlag auf zwei irakische Militärbasen in der Provinz Anbar und in Erbil durch, dabei kam es zu materiellen Schäden. Es kommt seither immer wieder zu Raketenangriffen auf irakische Militärbasen, die amerikanische Truppen beherbergen, mutmaßlich durch proiranische irakische Milizen. Zuletzt wurden am 12.01.20 bei einem Angriff auf eine Militärbasis in Salah ad-Din vier irakische Soldaten verletzt; amerikanische Truppen befanden sich zu dem Zeitpunkt des Angriffs nicht in der Basis.

Die regierungskritischen Proteste halten seit dem 25.10.19 in weiten Teilen des Irak an. Die aktuelle Regierung steht nicht nur wegen Korruption und Misswirtschaft, sondern auch wegen der iranischen Einflussnahme auf die Innenpolitik in der Kritik. Seit den Wahlen 2018 sind Vertreter proiranischer Milizen in Form der Fatah-Allianz im Parlament vertreten. Seit Beginn der Proteste wurden u.a. General Qassem Soleimani und Abu Mahdi al-Muhandis öffentlich kritisiert. Soleimani war in den letzten Monaten mehrmals nach Bagdad gereist und soll maßgeblich hinter der gewaltsamen Antwort der Regierung auf die Proteste stehen (vgl. BN v. 02.12.19).

20.01.2020: Regierungskritische Demonstranten in Nasriyah stellten der irakischen Regierung ein Ultimatum, um bis zum 19.01.20 einen neuen Premierminister zu benennen. Mangels Reaktion seitens der Regierung, die nur noch geschäftsführend im Amt ist, b

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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