TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/15 L502 2134113-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.09.2020
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Entscheidungsdatum

15.09.2020

Norm

AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch


L502 2126406-1/65E

L502 2126402-1/53E

L502 2126404-1/41E

L502 2126403-1/41E

L502 2134113-1/39E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , 4.) XXXX , geb. XXXX , und 5.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Irak und vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.04.2016 und 10.08.2016, FZ. XXXX , und XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.06.2017, 15.11.2018 und 16.12.2019, zu Recht erkannt:

A)       

1.       Die Beschwerden werden hinsichtlich Spruchpunkt II als unbegründet abgewiesen.

2.       Die Beschwerden werden hinsichtlich Spruchpunkt III, erster Satz, als unbegründet abgewiesen mit der Maßgabe, dass dieser zu lauten hat:

„Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 nicht erteilt“.

3.       Den Beschwerden wird hinsichtlich Spruchpunkt III, zweiter Satz, stattgegeben und festgestellt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX gemäß § 52 FPG iVm § 9 Abs. 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist.

4.       Gemäß § 55 Abs. 1 Z. 1 AsylG wird XXXX , XXXX und XXXX eine Aufenthaltsberechtigung plus erteilt.
Gemäß § 55 Abs. 1 Z. 2 AsylG wird XXXX und XXXX eine Aufenthaltsberechtigung plus erteilt.

5.       Spruchpunkt III, dritter Satz, und Spruchpunkt IV wird jeweils ersatzlos behoben.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer (BF1) und seine Ehegattin, die Zweitbeschwerdeführerin (BF2), stellten im Gefolge ihrer illegalen Einreise in das Bundesgebiet am 09.06.2015 an der Erstaufnahmestelle-Ost des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) für sich sowie für ihre beiden minderjährigen Kinder, die Drittbeschwerdeführerin (BF3) und den Viertbeschwerdeführer (BF4), jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 11.06.2015 erfolgte dort die Erstbefragung des BF1 und der BF2 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

In der Folge wurden die Verfahren zugelassen.

3. Mit Schriftsatz vom 19.01.2016 brachte ein zugleich bevollmächtigter anwaltlicher Vertreter der BF beim BFA eine Säumnisbeschwerde ein.

4. Am 23.02.2016 wurden BF1 und BF2 vor dem BFA, RD Tirol, zu ihren Anträgen auf internationalen Schutz einvernommen, im Zuge dessen sie verschiedene Identitätsnachweise und sonstige Beweismittel vorlegten, die zum Akt genommen wurden.

Zu den ihnen ausgefolgten länderkundlichen Informationen wurde ihnen eine Frist zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt.

5. Mit 29.10.2015 gab ihre Vertretung eine länderkundliche Stellungnahme ab.

6. Mit den im Spruch genannten Bescheiden der belangten Behörde vom 11.04.2016 wurden die Anträge von BF1, BF2, BF3 und BF4 auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde die Anträge auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihnen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ihnen eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.).

7. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 12.04.2016 wurde den BF von Amts wegen gemäß § 52 BFA-VG ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

8. Gegen die ihrer Vertretung am 14.04.2016 zugestellten Bescheide wurde mit Schriftsatz vom 11.05.2016 innerhalb offener Frist in vollem Umfang Beschwerde erhoben.

9. Mit 19.05.2016 langten die Beschwerdevorlagen des BFA beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurden die gg. Beschwerdeverfahren der nunmehr zuständigen Abteilung des Gerichts zur Entscheidung zugewiesen.

10. Am 29.07.2016 stellte der BF1 als gesetzlicher Vertreter des in Österreich geborenen Viertbeschwerdeführers (BF4) unter Vorlage einer Kopie der Geburtsurkunde im Rahmen des Familienverfahrens für diesen einen Antrag auf internationalen Schutz.

11. Mit dem im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde vom 10.08.2016 wurde der Antrag des BF4 auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß §§ 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ihm eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.).

12. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 19.08.2016 wurde dem BF4 von Amts wegen gemäß § 52 BFA-VG ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

13. Gegen den der Vertretung am 24.08.2016 zugestellten Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 01.09.2016 innerhalb offener Frist in vollem Umfang Beschwerde erhoben.

14. Mit 05.09.2016 langte die Beschwerdevorlage des BFA beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurde das gg. Beschwerdeverfahren der nunmehr zuständigen Abteilung des Gerichts zur Entscheidung zugewiesen.

15. Am 12.06.2017 langte beim BVwG ein vorbereitender Schriftsatz des Vertreters der BF ein.

16. Am 14.06.2017 führte das BVwG eine (erste) mündliche Verhandlung in den Rechtssachen der Beschwerdeführer durch, in der BF1 und BF2 zu ihren Antragsgründen persönlich gehört wurden.

17. Am 23.11.2017 legte das BFA dem BVwG eine Kopie des irakischen Reisepasses des BF vor.

18. Am 26.04.2018 übermittelte das BVwG der Vertretung der BF eine Einschätzung der aktuellen Lage im Irak zum Parteigehör.

19. Am 14.05.2018 langten beim BVwG verschiedene Integrationsnachweise der BF ein.

20. Am 15.11.2018 führte das BVwG eine (zweite) mündliche Verhandlung in den Rechtssachen der Beschwerdeführer durch, in welcher der BF1 nochmals zu den Antragsgründen sowie zu seiner aktuellen Lebenssituation und der seiner Angehörigen persönlich gehört wurden und in der er weitere Integrationsnachweise vorlegte.

21. Am 27.11.2018 langte beim BVwG eine abschließende Stellungnahme samt Beweismittelvorlage des Vertreters ein.

22. Mit Erkenntnis vom 13.12.2018 wies das BVwG die Beschwerden der BF als unbegründet ab.

23. Mit Erkenntnis vom 18.09.2019 wies der VwGH die dagegen erhobenen ao. Revisionen der BF hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status von Asylberechtigten zurück, behob jedoch die Entscheidung des BVwG hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten und der darauf aufbauenden Spruchpunkte.

24. Mit Eingabe vom 28.11.2019 gab die im Spruch genannte Vertretung der BF ihre Bevollmächtigung bekannt.

25. Mit 03.12.2019 langten verschiedene Integrationsnachweise der BF als Beweismittel beim BVwG ein.

26. Am 16.12.2019 führte das BVwG eine (dritte) mündliche Verhandlung im Beisein der BF, eines bevollmächtigten Vertreters sowie eines Vertreters der belangten Behörde durch, in welcher die BF zu den aktuellen Lebensumständen im Herkunftsstaat sowie zu ihrer Lebenssituation im Bundesgebiet persönlich gehört wurden und in der sie weitere Integrationsnachweise vorlegten. Das BVwG führte länderkundliche Informationen zum Herkunftsstaat als Beweismittel ins Verfahren ein.

27. Mit 09.01.2020 langte beim BVwG eine schriftliche Stellungnahme der Vertretung der BF zu den länderkundlichen Informationen ein.

28. Mit 03.03.2020, 08.04.2020, 04.08.2020, 04.09.2020 und 07.09.2020 langten beim BVwG weitere Integrationsnachweise sowie Stellungnahmen der BF zur aktuellen Lebenssituation im Bundesgebiet ein.

29. Das BVwG erstellte Auszüge aus den Datenbanken der Grundversorgungsinformation, des Melde- sowie des Strafregisters.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführer, deren genaue Identitäten feststehen, sind irakische Staatsangehörige, Araber und Muslime der sunnitischen Glaubensgemeinschaft.

BF1 bis BF4 stammen aus XXXX , wo sie vor der Ausreise im Stadtteil XXXX (auch: XXXX ), XXXX , ein Eigenheim bewohnten, in dem auch die Mutter des BF1 und einer seiner Brüder mit seinen Familienangehörigen lebten. Ein weiterer Bruder des BF1 bewohnte mit seinen Angehörigen ein Eigenheim im Stadtteil XXXX . Aktuell halten sich die Mutter, die beiden Brüder mit ihren eigenen Familienangehörigen und zwei verheiratete Schwestern des BF1 in der Türkei auf, wo die beiden Brüder erwerbstätig sind. Das familieneigene Wohnhaus der Herkunftsfamilie des BF1 in XXXX steht derzeit leer, es wurde während seines Leerstands nur leicht beschädigt.

Die Eltern, drei Brüder, von denen zwei verheiratet sind, und vier verheiratete Schwestern der BF2 sowie deren eigene Angehörige leben in XXXX , XXXX . Die Eltern und drei der Brüder samt Angehörigen wohnen dort gemeinsam in einem Eigenheim, die Schwestern mit ihren Angehörigen in ihren eigenen Wohnungen. Zwei der Brüder sind als Landarbeiter erwerbstätig, der dritte ist Student. BF1 und BF2 sind mit ihren Angehörigen in Kontakt.

Sie schlossen im Jänner 2006 in XXXX die Ehe. Die BF3 und der BF4 wurden 2007 bzw. 2012 in XXXX geboren. Der BF1 hat den Beruf eines KFZ-Mechanikers erlernt, bestritt jedoch seinen Lebensunterhalt und später auch den seiner Familienangehörigen von 1998 bis 2010 als Taxifahrer und Autohändler und seit Jänner 2010 als Verwaltungsbediensteter der Universität XXXX sowie selbständiger Autohändler. Seine Anstellung an der Universität hatte er bis Ende 2014 inne, dass er sie auch darüber hinaus innehatte war nicht feststellbar. Die BF2 absolvierte ein wirtschaftliches Studium, das sie 2006 abschloss, sie übte aber keine berufliche Tätigkeit aus.

BF1 bis BF4 verließen den Irak am 23.05.2015 ausgehend von XXXX auf dem Luftweg in die Türkei nach Istanbul, anschließend setzten sie von Izmir auf die griechische Insel Chios über, wo sie am 26.05.2015 registriert wurden, und gelangten schließlich schlepperunterstützt auf dem Landweg nach Österreich, wo sie am 09.06.2015 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz stellten und sich seither aufhalten. Der BF5 wurde 2016 in Österreich geboren, für ihn wurde am 29.07.2016 ein Antrag gestellt.

BF1 und BF2 sprechen Arabisch als Muttersprache und erwarben durch den Besuch von Sprach- und Integrationskursen bis zuletzt im November 2019 sowie ihre sozialen Kontakte in Österreich Kenntnisse der deutschen Sprache, jene des BF1 befinden sich bereits auf dem Referenzniveau A2, er legte allerdings keine Sprachprüfung auf diesem Niveau ab. Die BF3 schloss im Juli 2020 die dritte Klasse (siebente Schulstufe) einer Neuen Mittelschule erfolgreich ab, der BF4 die erste Klasse der Volksschule. Der BF 5 besucht den Kindergarten.

Der BF1 verfügt über einen am 10.11.2014 in XXXX ausgestellten irakischen Reisepass sowie einen dort am 25.11.2014 ausgestellten irakischen und einen österreichischen Führerschein.

BF1 und BF2 gingen nach der Einreise vorerst Hilfstätigkeiten in der Küche ihrer Großunterkunft nach, die BF2 nahm dort nach der Geburt ihres jüngsten Kindes Reinigungsarbeiten wahr. Der BF1 nahm zwischen 2016 und 2018 eine entgeltliche Beschäftigung als Wachmann in einer Notschlafstelle für Obdachlose wahr. Die BF2 geht seit 01.09.2020 einer entgeltlichen Beschäftigung als Hauswirtschaftsmitarbeiterin in einem Wohn- und Pflegeheim im Ausmaß von 80 Stunden/Monat nach. Ein Antrag zugunsten des BF1 auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung als gastgewerbliche Hilfskraft vom 10.12.2019 wurde mit Bescheid des AMS vom 06.02.2020 abgewiesen, ein weiterer Antrag vom 27.02.2020 mit Bescheid des AMS vom 02.04.2020. Der BF1 verfügt über aktuelle Einstellungszusagen als unselbständig erwerbstätige Hilfskraft im Baugewerbe und in der Gastronomie, die BF2 über eine solche in der Gastronomie, dies jeweils für den Fall eines legalen Aufenthalts und Zugangs zum Arbeitsmarkt.

Alle Beschwerdeführer beziehen für ihren Lebensunterhalt seit der Einreise Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber und bewohnen derzeit ein von ihnen gemietetes Haus.

Sie leiden unter keinen maßgeblichen gesundheitlichen Beschwerden.

BF1 und BF2 sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Die in XXXX lebenden Verwandten der BF verfügen über ausreichenden, wenn auch beengten Wohnraum, sie bestreiten ihren Lebensunterhalt aus eigener Kraft und verfügen über Lebensmittel und Trinkwasser, letzteres ist auf dem freien Markt in Flaschen erhältlich, sie haben im Bedarfsfall auch Zugang zu ärztlichen Leistungen sowie stationärer medizinischer Versorgung, wenn auch nicht auf europäischem Niveau.

1.3. Die allgemeine Sicherheitslage im Raum XXXX war bis 2014 von den Auswirkungen terroristischer Anschläge des Islamischen Staates (IS) geprägt. Nach der Verdrängung des IS aus dem irakischen Zentralraum durch irakische Sicherheitskräfte und sogen. Volksmobilisierungseinheiten in den Norden des Landes in die Provinz Ninava bzw. den Raum Mosul kam es noch in den Jahren 2016 und 2017 zu vereinzelten Anschlägen mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern. Seit Beginn des Jahres 2018 sank auch die Zahl solcher Anschläge deutlich, zumal es im Dezember 2017 zur endgültigen Zerschlagung des sogen. Kalifats des IS in Mosul gekommen war. Einzelne Zellen des IS sollen noch in manchen Randbezirken von XXXX bzw. in umliegenden Regionen existieren (EASO, COI report Iraq, security situation, March 2019). In jüngerer Vergangenheit wurde im Juni 2019 in XXXX ein Selbstmordanschlag, der dem Kreis des IS bzw. seiner Gefolgschaft zugeschreiben wird, mit 6 bis 8 Todesopfern berichtet (ORF.at; BFA, Kurzinformation der Staatendokumentation, Irak, Sicherheitsupdate, 2. Quartal 2019, 25.06.2019, S. 6).

Die Zahl sicherheitsrelevanter Vorfälle (Proteste und Ausschreitungen, Explosionen, Kämpfe, Gewalt gegen Zivilisten, etc.) im gesamten Irak im ersten Quartal 2020 wird mit ca. 1.200 angegeben, darunter ca. 250 mit mindestens einem Todesopfer, bei ca. 540 Todesopfern insgesamt. Der Hauptanteil dieser Vorfälle (ca. 40%) entfiel auf die Kategorie „Proteste, Ausschreitungen“. Im Zeitraum zwischen März 2018 und Jänner 2020 sank die Zahl der Todesopfer kontinuierlich von ca. 600 auf ca. 100 pro Monat, ausgenommen die Zeit der Massenproteste im Zentrum von XXXX im Oktober und November 2019, während die absolute Zahl an Vorfällen mit mindestens einem Todesopfer relativ konstant im Bereich zwischen 100 und 200 blieb. Für den Raum XXXX wurden wiederum im ersten Quartal 2020 181 Vorfälle mit 69 Todesopfern registriert (ACLED, Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Data Project, zusammen gestellt von ACCORD, 23.06.2020).

1.4. In XXXX ist die Arbeitslosenrate niedriger (ca. 10%) als die landesweite irakische Quote (ca. 12%), wobei die Jugendarbeitslosigkeit hoch ist. Für Ende 2017 wurde im Zentralraum XXXX der stärkste Anstieg der Nahrungsmittelpreise verzeichnet bei einem ungewöhnlich hohen Preisniveau im langfristigen Vergleich, für Juni 2018 wurde dennoch festgestellt, dass alle Nahrungsmittelerzeugnisse „weitgehend verfügbar“ waren. Im Sommer kommt es in XXXX zu täglichen Unterbrechungen der Wasserversorgung. Dürren, schlechte Infrastruktur, rasantes Bevölkerungswachstum und der Zustrom von Binnenvertriebenen haben zu Einschränkungen der Wasserversorgung, wasserbedingten Krankheiten und verunreinigtem Trinkwasser geführt. Familien sind daher gezwungen einen erheblichen Teil des Einkommens für den Kauf von Trinkwasser aufzuwenden. Auch Unterbrechungen der Stromversorgung sind an der Tagesordnung. Die Lage am Wohnungsmarkt hat sich erheblich verschärft. Der allgemeine Zustand der öffentlichen Krankenhäuser in XXXX und die Qualität ihrer Leistungen wird als schlecht beschrieben, der durch Abwanderung bedingte Ärztemangel gibt Anlass zur Sorge. Verschriebene Arzneimittel können – ausschließlich - in Apotheken beschafft werden. Im Gouvernement XXXX betreiben sechs Organisationen Gesundheitseinrichtungen an zwölf Standorten. Die Schulbesuchsquote im Grundschulbereich liegt bei über 90%, im Sekundarbereich bei ca. 50%. Die Alphabetisierungsquote bei Kindern über 10 Jahren liegt dort bei fast 80%. Das staatliche Bildungssystem ist kostenfrei. (EASO, Irak, zentrale sozioökonomische Indikatoren, Februar 2019; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation des BFA, Irak, Zugang zum Bildungssystem, 11.12.2019)

1.5. Bis zum 5.8.2020 gab es im Irak 134.722 bestätigte Fälle von COVID-19 mit 5.017 Todesfällen (WHO 5.8.2020A; vgl. UNHCR 4.8.2020). 96.103 Personen sind wieder genesen (UNHCR 4.8.2020). Der höchste Anstieg an Infektionszahlen wurde in XXXX gemessen, gefolgt von Basra und Sulaymaniyah in der Kurdischen Region im Irak (KRI) (UNHCR 4.8.2020).

Aufgrund der weiterhin stark steigenden Infektionszahlen hat die irakische Regierung für 30.7. bis 9.8.2020 eine neuerliche komplette Ausgangssperre beschlossen (BMEIA 6.8.2020; vgl. GoI 27.7.2020; UNHCR 4.8.2020). Diese Einschränkungen gelten nicht für die KRI (BMEIA 6.8.2020).

Bereits im Juli 2020 gab das Gesundheitsministerium bekannt, dass die Krankenhäuser fast vollständig ausgelastet sind (IRC 2.7.2020). Es herrschen Engpässen bei der Versorgung mit Sauerstoff und mit Schutzausrüstungen (MEMO 3.8.2020).

Nachdem private Kliniken im Juli temporär geschlossen wurden (GoI 7.7.2020), erlaubt die irakische Regierung deren Wiedereröffnung, sofern sie die vom Gesundheitsministerium und

dem irakischen Ärzteverband festgelegten Bedingungen erfüllen (GoI 27.7.2020).

Die Sicherheitskräfte sind angewiesen, die Richtlinien zur Schutzmaskenpflicht, zur sozialen Distanzierung und weitere umzusetzen, einschließlich der Verhängung von Geldstrafen und der Beschlagnahme von Fahrzeugen derjenigen, die gegen die Regeln verstoßen (GoI 27.7.2020; vgl. MEMO 3.8.2020).

Seit dem 23.7.2020 sind die internationalen Flughäfen XXXX , Najaf und Basra wieder für kommerzielle Linienflüge geöffnet. Sämtliche Flughäfen wurden zuvor am 17.3.2020 geschlossen (Al Jazeera 23.7.2020; vgl. Rudaw 1.8.2020). Passagiere müssen vor dem Boarding einen negativen Covid-19 Test vorweisen (Al Jazeera 23.7.2020). Mit der Wiedereröffnung des Internationalen Flughafens Erbil (KRI) am 1.8. wird es auch wieder eine Luftverbindung zwischen XXXX und Erbil geben (Rudaw 1.8.2020). (Kurzinformation der Staatendokumentation des BFA, Naher Osten, COVID 19 – aktuelle Lage, 14.08.2020)

1.6. Im Juli 2019 waren für den Irak insgesamt noch ca. 1,6 Millionen Binnenvertriebene registriert, denen ca. 4,3 Millionen Zurückgekehrte gegenüber stehen. Im Juni 2020 waren ca. 4,7 Zurückgekehrte und ca. 1,4 Binnenvertriebene registriert (IOM Iraq, DTM, July 2019; IOM Iraq, DTM, May-June 2020).

1.7 Die BF sind bei einer Rückkehr in den Irak aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort keiner maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt und finden dort eine hinreichende Existenzgrundlage vor.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in die Verfahrensakten unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF1 und der BF2, der bekämpften Bescheide, der Beschwerdeschriftsätze, der schriftlichen Stellungnahmen ihrer Vertretung im Beschwerdeverfahren und der sonstigen von ihnen vorgelegten sowie vom BVwG von Amts wegen beigeschafften Beweismitteln, die Durchführung von drei mündlichen Verhandlungen vor dem BVwG sowie die Einholung von Auskünften des Zentralen Melderegisters, des Strafregisters und des Grundversorgungsdatensystems die Beschwerdeführer betreffend.

2.2. Identität und Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer waren auf der Grundlage der vorgelegten nationalen Identitätsdokumente von BF1 bis BF4 sowie der Geburtsurkunde des nachgeborenen BF5 feststellbar.

Die genaue Namensgebung der BF wurde in der dritten mündlichen Verhandlung aufgrund ihres entsprechenden Vorbringens und anhand der verfügbaren Identitätsdokumente durch den anwesenden Dolmetscher überprüft und daher in teilweise berichtigter Form der gg. Entscheidung zugrunde gelegt.

Die Feststellungen ihrer Zugehörigkeit zur arabischen Volksgruppe und zur sunnitischen Religionsgemeinschaft stützen sich auf den Umstand, dass diese von BF1 und BF2 bereits beginnend mit ihrer Erstbefragung angeben wurden, woraus wiederum auf jene ihrer minderjährigen Kinder zu schließen war.

Die Feststellungen zu den Sprachkenntnissen konnten angesichts der vor dem BFA und dem BVwG demonstrierten Kenntnisse sowie der vorgelegten Kursbesuchsbestätigungen getroffen werden.

Die Feststellungen zu den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat vor der Ausreise sowie in Österreich im Gefolge derselben ergaben sich in unstrittiger Weise aus einer Zusammenschau ihrer persönlichen Angaben im Verlauf des gg. Verfahrens, dem Inhalt der von ihnen vorgelegten Unterlagen sowie aus den vom BVwG eingeholten Informationen der genannten Datenbanken.

Die Feststellungen zum Reiseverlauf resultieren aus einer Zusammenschau der Aussagen der Beschwerdeführer dazu und dem Inhalt des Reisepasses des BF1, die Feststellungen zu seinen irakischen Dokumenten aus deren Inhalt.

2.3 Die länderkundlichen Feststellungen des Gerichts stützen sich zum einen auf die im Akt einliegenden und in der letzten Beschwerdeverhandlung der Vertretung der BF zur Kenntnis gebrachten Informationsquellen zur allgemeinen Lage im Irak. Soweit sie grundsätzliche Informationen beinhalten wie jene zu allgemeinen sozioökonomischen Indikatoren und zur längerfristigen Entwicklung der Sicherheitslage behielten diese Informationen weiterhin ihre Relevanz. Zu letztgenanntem Beweisthema nahm das BVwG zum Entscheidungszeitpunkt darüber hinaus Einsicht in die jüngsten verfügbaren Informationen, die keine anderslautende Entwicklung aufzeigten, weshalb eine weitere Erörterung derselben mit den BF unterbleiben konnte. Zudem wurden weder in der abschließenden Stellungnahme der Vertretung noch in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem BVwG von den BF selbst ein substantielles, diesen Feststellungen entgegenstehendes Vorbringen erstattet.

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war im Lichte dessen nicht dergestalt einzuschätzen, dass schon mit der bloßen Anwesenheit für jeden Zurückkehrenden das reale Risiko verbunden wäre, Opfer eines Terroranschlags oder sonstiger gewaltsamer Auseinandersetzungen zu werden.

Die Annahme, dass die BF bei einer Rückkehr auch insoweit keiner maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt wären, als sie etwa in wirtschaftlicher Hinsicht in eine existenzbedrohende Notlage geraten würden, stützt das Gericht zum einen auf die Feststellung, dass es sich bei BF1 und BF2 um arbeitsfähige Personen handelt, die mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit für den Unterhalt ihrer Familie sorgen können, zumal der BF1 bereits vor der Ausreise aus dem Herkunftsstaat verschiedenen beruflichen Tätigkeiten nachging und sohin offenkundig auch über berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt und BF1 wie auch BF2 während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet ihre Erwerbsfähigkeit und –willigkeit demonstrierten. Auch die Möglichkeit einer verwandtschaftlichen Unterstützung stünde den BF angesichts entsprechender Anknüpfungspunkte zur Verfügung, halten sich doch zahlreiche Verwandte der BF2 weiterhin in XXXX auf und gelingt es diesen ihren Lebensunterhalt sowie ihr Wohnbedürfnis aus eigener Kraft zu decken, wie dies von der BF2 in der letzten Beschwerdeverhandlung nochmals dargelegt wurde. Dass die BF unter allfälligen gravierenden Erkrankungen leiden, war nicht festzustellen.

Soweit der VwGh in seiner Entscheidung in der gg. Rechtssache vom 18.09.2019 darauf hingewiesen hatte, dass das BVwG es in seiner vorhergehenden Entscheidung in dieser Rechtssache vom 13.12.2018 verabsäumt hatte „unter dem Gesichtspunkt der besonderen Vulnerabilität von Kindern eine ganzheitliche Bewertung möglicher Gefahren, die eine Familie mit minderjährigen Kindern einer Rückkehr zu erwarten hat, durchzuführen“ (vgl. Rz 13), kamen ausgehend vom persönlichen Vorbringen der BF und unter Berücksichtigung der vom Gericht eingesehenen länderkundlichen Informationen und darauf gestützter Feststellungen keine stichhaltigen Anhaltspunkte für das Vorliegen solcher konkreter Gefahrenmomente hervor. Weder die Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts noch die Versorgung der Familie mit Wohnraum, medizinischen Leistungen und dem Zugang zum Schulbesuch stellte sich angesichts dessen als maßgeblich gefährdet dar.

Als notorisch war anzusehen, dass im Herkunftsstaat der BF aktuell kein landesweiter bewaffneter Konflikt ausgetragen wird, der eine gravierende Gefährdung indizieren würde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, 1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Mit Datum 1.1.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018.

Mit dem BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) als Rechtsnachfolger des vormaligen Bundesasylamtes eingerichtet. Gemäß § 3 Abs. 1 BFA-VG obliegt dem BFA u.a. die Vollziehung des BFA-VG und des AsylG 2005 idgF.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheides des Bundesamtes.

Zu A)

1.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

1.2. Entgegen seiner früheren ständigen Judikatur zum Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz, wo der Verwaltungsgerichtshof (insbesondere) auf den Maßstab des Art. 3 EMRK abgestellt hat, bezieht sich dieser in seiner jüngsten Rechtsprechung (vgl. Ra 2018/01/0106-12 vom 6. November 2018) vielmehr auf die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (Statusrichtlinie) und die dort für die Gewährung von subsidiärem Schutz normierten Voraussetzungen, weist dabei auf das Erfordernis einer richtlinienkonformen Auslegung des Asylgesetzes vor dem Hintergrund der Statusrichtlinie hin und hält dazu fest, dass zu den vom Unionsrecht vorgegebenen Rahmenbedingungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz alleine die nachfolgend dargestellte Rechtsprechung des EuGH maßgeblich ist.

Nach dieser Rechtsprechung hat ein Drittstaatsangehöriger „nur dann Anspruch auf subsidiären Schutz ..., wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass er bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich Gefahr liefe, eine der drei in Art. 15 der Richtlinie definierten Arten eines ernsthaften Schadens zu erleiden“ (vgl. zuletzt EuGH 24.4.2018, C-353/16, MP, Rn. 28, mwN).

Art. 15 der Statusrichtlinie definiert als „ernsthaften Schaden“ die Todesstrafe oder Hinrichtung (lit. a), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragstellers im Herkunftsland (lit. b) und „eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts“ (lit. c).

Zum Vorliegen eines ernsthaften Schadens nach Art. 15 lit. b der Statusrichtlinie nahm der EuGH im Urteil vom 18. Dezember 2014, C-542/13, M’Bodj, Stellung und führte dazu aus, dass der Umstand, dass ein Drittstaatsangehöriger nach Art. 3 EMRK nicht abgeschoben werden kann, nicht bedeutet, dass ihm subsidiärer Schutz zu gewähren ist. Subsidiärer Schutz (nach Art. 15 lit. a und b der Statusrichtlinie) verlangt nach dieser Auslegung durch den EuGH dagegen, dass der ernsthafte Schaden durch das Verhalten von Dritten, also von Akteuren iSd Art. 6 Statusrichtlinie, verursacht werden muss und dieser nicht bloß Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsland ist.

Diesen Unterschied zwischen der Gewährung von subsidiärem Schutz einerseits und der Non-refoulement-Entscheidung andererseits hat der EuGH im zeitgleichen Urteil C-562/13, Abdida, nochmals klargestellt (vgl. Rn. 33).

In seinem Urteil vom 24. April 2018, C-353/16, MP, Rn. 45 und 46, hat der EuGH diese Sichtweise bestätigt. Er führte nochmals aus, dass der Schutz vor Ausweisung nach Art. 3 EMRK auch unter Berücksichtigung von Art. 4 der GRC (Non-refoulement) von der Gewährung von subsidiärem Schutz nach der Statusrichtlinie zu unterscheiden ist:

„Zu den Auswirkungen, die es haben kann, dass im Herkunftsland des Betroffenen eine geeignete Infrastruktur zur Behandlung physischer oder psychischer Folgeschäden der von den Behörden dieses Landes verübten Folterhandlungen fehlt, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass der in Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83 genannte ernsthafte Schaden nicht bloß die Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten des Gesundheitssystems des Herkunftslandes sein darf. Die Gefahr der Verschlechterung des Gesundheitszustands eines an einer schweren Krankheit leidenden Drittstaatsangehörigen, die auf das Fehlen angemessener Behandlungsmöglichkeiten in seinem Heimatland zurückzuführen ist, ohne dass diesem Drittstaatsangehörigen die Versorgung vorsätzlich verweigert würde, kann keine ausreichende Rechtfertigung dafür sein, ihm den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Dezember 2014, M`Bodj, C-542/13, EU:C:2014:2452, Rn. 35 und 36)“.

Zur Voraussetzung des Art. 15 lit. c der Statusrichtlinie hat der EuGH festgehalten, dass das „Vorliegen einer solchen Bedrohung ... ausnahmsweise als gegeben angesehen werden“ kann, „wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt [...] ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein“ (vgl. EuGH 17.2.2009, C-465/07, Elgafaji, Rn. 35).

Auch wenn der EuGH in dieser Rechtsprechung davon spricht, dass es sich hierbei um „eine Schadensgefahr allgemeinerer Art“ handelt (Rn. 33), so betont er den „Ausnahmecharakter einer solchen Situation“ (Rn. 38), „die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass die fragliche Person dieser Gefahr individuell ausgesetzt wäre“ (Rn. 37).

Diesen Ausnahmecharakter hob der EuGH nochmals im Urteil vom 30. Jänner 2014, C-285/12, Diakité, Rn. 30, wie folgt hervor:

„Außerdem wird das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nur zur Gewährung subsidiären Schutzes führen können, sofern die Auseinandersetzungen zwischen den regulären Streitkräften eines Staates und einer oder mehreren bewaffneten Gruppen oder zwischen zwei oder mehreren bewaffneten Gruppen ausnahmsweise als ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Person, die die Gewährung des subsidiären Schutzes beantragt, im Sinne von Art. 15 Buchst. c der Richtlinie angesehen werden, weil der Grad willkürlicher Gewalt bei diesen Konflikten ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein“.

Die spezifische Betroffenheit eines Antragstellers kann aber nach dieser Rechtsprechung (vgl. EuGH 30.1.2014, C-285/12, Diakité, Rn. 31) insoweit eine Rolle spielen, als „der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, damit der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz hat, umso geringer sein wird, je mehr er möglicherweise zu belegen vermag, dass er aufgrund von seiner persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist“.

1.3. Bereits in seinem Urteil vom 9. November 2010, C-57/09 und C-101/09, B und D, Rn. 118ff, hat der EuGH dargelegt, dass den Mitgliedstaaten die Gewährung einer anderen Form des nationalen Schutzes aus anderen Gründen als jenen, aus denen internationaler Schutz im Sinne des Art. 2 lit. a der Statusrichtlinie gewährt werden muss, wie etwa aus familiären oder humanitären Ermessensgründen gemäß Art. 3 der Statusrichtlinie nur dann möglich ist, wenn diese andere Form des Schutzes nicht die Gefahr der Verwechslung mit der Rechtsstellung des Flüchtlings oder der Person mit Anspruch auf subsidiärem Schutz im Sinne der Statusrichtlinie birgt. Damit stellte der EuGH klar, dass die Schutzgewährung aus familiären oder humanitären Gründen nicht in den Anwendungsbereich der Statusrichtlinie fällt und es für die Gewährung nationalen Schutzes aus solchen Gründen einer Form bedarf, die die Gefahr der Verwechslung mit der Schutzgewährung im Sinne der Statusrichtlinie ausschließt.

Die Erlassung oder Beibehaltung günstigerer Bestimmungen durch einen Mitgliedstaat, die - unter Berufung auf Art. 3 der Statusrichtlinie - über den oben dargelegten Maßstab für die Gewährung von subsidiären Schutz hinausgehen, hat der EuGH in seinem Urteil vom 18. Dezember 2014, C-542/13, M’Bodj, Rn. 43 bis 46, ausdrücklich als unionsrechts- bzw. richtlinienwidrig angesehen.

Nach dieser Rechtsprechung widerspricht es der Statusrichtlinie und ist es unionsrechtlich unzulässig, den in dieser Richtlinie vorgesehenen Schutz Drittstaatsangehörigen zuzuerkennen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck dieses internationalen Schutzes aufweisen, etwa aus familiären oder humanitären Ermessensgründen, die insbesondere auf Art. 3 EMRK gestützt sind.

Jüngst hat der EuGH dies nochmals verdeutlicht, wenn er ausführt, „dass die in Art. 3 enthaltene Klarstellung, dass jede günstigere Norm mit der Richtlinie 2011/95 vereinbar sein muss, bedeutet, dass diese Norm die allgemeine Systematik oder die Ziele der Richtlinie nicht gefährden darf. Insbesondere sind Normen verboten, die die Flüchtlingseigenschaft oder den subsidiären Schutzstatus Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen zuerkennen sollen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck des internationalen Schutzes aufweisen“ (vgl. EuGH 4.10.2018, C-652/16, Ahmedbekova, Rn. 71f, mit Verweis auf EuGH 18.12.2014, M’Bodj, C-542/13, vgl. dazu bereits auch VwGH 24.10.2018, Ra 2018/14/0040-0044, in Bezug auf das Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005).

Mit dem Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, wollte der Gesetzgeber - wie in den Erläuterungen (RV 952 BlgNR 22. GP, 5) ausdrücklich angeführt wird - die Statusrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004), insbesondere mit dem neu geregelten „Antrag auf internationalen Schutz“ deren gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben (vgl. RV 952 BlgNR 22. GP, 30f) umsetzen (vgl. VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344).

Aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 AsylG 2005, wonach einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten unter anderem dann zuzuerkennen ist, „wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Heimatstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK“ bedeuten würde, ist dagegen (im Sinne der bisherigen Non-refoulement-Prüfung) ableitbar, dass für die Gewährung des subsidiären Schutzstatus bereits jegliche reale Gefahr (real risk) einer Verletzung von Art. 3 EMRK an sich, unabhängig von einer Verursachung von Akteuren oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat ausreicht.

Insofern hat der Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben der Statusrichtlinie zur Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinne der dargelegten Auslegung der Bestimmung des Art. 15 lit. b der Statusrichtlinie iVm Art. 3 Statusrichtlinie entgegen der oben angeführten Rechtsprechung des EuGH und somit fehlerhaft umgesetzt.

Die unmittelbare Anwendung und den Vorrang von unionsrechtlichen Bestimmungen haben sowohl die Gerichte als auch die Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten zu beachten. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist jedes im Rahmen seiner Zuständigkeit angerufene nationale Gericht als Organ eines Mitgliedstaats verpflichtet, in Anwendung des in Art. 4 Abs. 3 EUV niedergelegten Grundsatzes der Zusammenarbeit das unmittelbar geltende Unionsrecht uneingeschränkt anzuwenden (vgl. etwa VwGH 22.6.2015, 2015/04/0002, mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH obliegt die sich aus einer Richtlinie ergebende Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das in der Richtlinie vorgesehene Ziel zu erreichen, sowie deren Pflicht, alle zur Erfüllung dieser Verpflichtung geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zu treffen, allen Trägern öffentlicher Gewalt der Mitgliedstaaten, einschließlich im Rahmen ihrer Zuständigkeiten den Gerichten (vgl. etwa jüngst EuGH 7.8.2018, C-122/17, David Smith, Rn. 38, 39, mwN). Zur Erfüllung dieser Verpflichtung verlangt der Grundsatz der unionskonformen Auslegung von den mit der Auslegung des nationalen Rechts betrauten nationalen Gerichten, unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles zu tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem vom Unionsrecht verfolgten Ziel im Einklang steht. Allerdings findet die Verpflichtung des nationalen Richters, bei der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts den Inhalt des Unionsrechts heranzuziehen, ihre Schranken in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen und darf nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen (vgl. jüngst EuGH 4.10.2018, C-384/17, Dooel Uvoz-Izvoz Skopje Link Logistic N&N, Rn. 57, 58, mwN). Das Erfordernis einer unionsrechtskonformen Auslegung umfasst jedoch auch die Verpflichtung der nationalen Gerichte, eine gefestigte Rechtsprechung gegebenenfalls abzuändern, wenn sie auf einer Auslegung des nationalen Rechts beruht, die mit den Zielen einer Richtlinie unvereinbar ist (vgl. jüngst EuGH 11.9.2018, C-68/17, IR, Rn. 64, mwN).

Zu einer derartigen richtlinienkonformen Auslegung hat der EuGH festgehalten, „auch wenn dieses Erfordernis der richtlinienkonformen Auslegung nicht so weit reichen kann, dass eine Richtlinie selbst und unabhängig von einem nationalen Umsetzungsakt Einzelnen Verpflichtungen auferlegt oder die strafrechtliche Verantwortlichkeit der ihren Bestimmungen Zuwiderhandelnden bestimmt oder verschärft, so ist doch anerkannt, dass der Staat grundsätzlich Einzelnen eine richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts entgegenhalten kann“ (vgl. EuGH 5.7.2007 Kofoed, C-321/05, Rn. 45 mit Verweis auf seine Urteile Kolpinghuis Nijmegen, Rn. 12 bis 14, und Arcaro, Rn. 41 und 42).

1.4. Schon im Erkenntnis im vorhergehenden Rechtsgang gelangte das BVwG zum Ergebnis, dass der BF1 aus von ihm behaupteten Gründen weder vor der Ausreise aus seinem Herkunftsstaat von Milizangehörigen bedroht wurde noch nach einer Rückkehr von diesen verfolgt werde. Im Hinblick darauf war daher auch nicht auf das Vorliegen der Gefahr des Erleidens eines ernsthaften Schadens iSd Art. 15 lit b der Statusrichtlinie in Form von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung durch genannte Akteure zu schließen.

1.5. Eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Beschwerdeführer als Zivilpersonen infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts iSd Art. 15 lit. c war im Lichte der Feststellungen zur allgemeinen Lage in seinem Herkunftsstaat vor dem Hintergrund ihres individuellen Vorbringens nicht festzustellen.

1.6. Auch das reale Risiko einer existentiellen Bedrohung der BF bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mangels hinreichender Lebensgrundlage war nicht festzustellen.

1.7. Die Beschwerden waren sohin auch hinsichtlich Spruchpunkt II der bekämpften Bescheide als unbegründet abzuweisen.

2.1. § 10 AsylG lautet:

(1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.

§ 57 AsylG 2005 lautet:

(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können.

§ 58 AsylG 2005 lautet:

(1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2.       der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3.       einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4.       einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5.       ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Das Bundesamt hat einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. § 73 AVG gilt.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

1.       sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

2.       bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

3.       gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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