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E1ENorm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und den Hofrat Mag. Berger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der U G s.r.o. in B, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 5. November 2020, LVwG-S-1424/007-2017, betreffend Einziehung nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Baden), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. Mai 2017 wurde gegenüber der revisionswerbenden Partei die Einziehung zweier Glücksspielgeräte gemäß § 54 Glücksspielgesetz - GSpG ausgesprochen.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (LVwG) wurde der von der revisionswerbenden Partei erhobenen Beschwerde nicht Folge gegeben (Spruchpunkt 1.) und ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt 2.).
3 Begründend führte das LVwG u.a. aus, mit den Eingriffsgegenständen seien verbotene Ausspielungen in Form von virtuellen Walzenspielen angeboten worden; diese seien für jeden potentiellen Spieler zugänglich gewesen und es habe Probespiele gegeben; die revisionswerbende Partei sei die Eigentümerin der Geräte und die Veranstalterin der verbotenen Ausspielungen. Zur Beurteilung der von der revisionswerbenden Partei behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des GSpG wurden ebenfalls Feststellungen getroffen.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision - gesondert - vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Zum Zulässigkeitsvorbringen der Revision ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15, Rn. 31, 35 ff; 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17, Rn. 22). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das LVwG angesichts der von ihm getroffenen Feststellungen sowie seiner durchgeführten Gesamtwürdigung im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12.
9 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH ua, C-685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem für das Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 55, sowie VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 0049, Rn. 24 ff, und VfGH 12.6.2018, E 885/2018).
10 Soweit die Revision zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zum jüngst ergangenen Urteil des EuGH vom 12. September 2019 in den verbundenen Rechtssachen C-64/18, C-140/18, C-146/18 und C-148/18, Maksimovic u.a., ist dem entgegenzuhalten, dass mit dem angefochtenen Erkenntnis über die revisionswerbende Partei weder eine Geld- noch eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt noch ein Verfahrenskostenbeitrag vorgeschrieben wurde. In diesem Zusammenhang stellt sich daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.
11 Soweit die Revision zu ihrer Zulässigkeit schließlich vorbringt, das LVwG habe entgegen näher bezeichneter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine Feststellungen zur Verwirklichung des objektiven Tatbildes nach § 52 Abs. 1 GSpG getroffen und sei von einer unzutreffenden Bindung an den Beschlagnahmebescheid ausgegangen, ist ihr entgegenzuhalten, dass das LVwG eigenständige Feststellungen zur Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen der Einziehung gemäß § 54 GSpG getroffen hat (vgl. die Wiedergabe unter Rn. 3). Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung stellt sich daher auch in diesem Zusammenhang nicht.
12 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 22. Februar 2021
Gerichtsentscheidung
EuGH 62009CJ0347 Dickinger und Ömer VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021170011.L00Im RIS seit
14.04.2021Zuletzt aktualisiert am
14.04.2021