TE Vwgh Beschluss 2021/2/22 Ra 2021/17/0011

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Veröffentlicht am 22.02.2021
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Index

E1E
E1P
E6J
E6O
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
34 Monopole
59/04 EU - EWR

Norm

B-VG Art133 Abs4
GSpG 1989 §54
VwGG §34 Abs1
12010E049 AEUV Art49
12010E056 AEUV Art56
12010E267 AEUV Art267
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47
62009CJ0347 Dickinger und Ömer VORAB
62012CJ0390 Pfleger VORAB
62015CJ0464 Admiral Casinos Entertainment VORAB
62015CJ0685 Online Games VORAB
62017CJ0003 Sporting Odds VORAB
62017CO0079 Gmalieva VORAB
62018CJ0064 Maksimovic VORAB

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und den Hofrat Mag. Berger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der U G s.r.o. in B, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 5. November 2020, LVwG-S-1424/007-2017, betreffend Einziehung nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Baden), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. Mai 2017 wurde gegenüber der revisionswerbenden Partei die Einziehung zweier Glücksspielgeräte gemäß § 54 Glücksspielgesetz - GSpG ausgesprochen.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (LVwG) wurde der von der revisionswerbenden Partei erhobenen Beschwerde nicht Folge gegeben (Spruchpunkt 1.) und ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt 2.).

3        Begründend führte das LVwG u.a. aus, mit den Eingriffsgegenständen seien verbotene Ausspielungen in Form von virtuellen Walzenspielen angeboten worden; diese seien für jeden potentiellen Spieler zugänglich gewesen und es habe Probespiele gegeben; die revisionswerbende Partei sei die Eigentümerin der Geräte und die Veranstalterin der verbotenen Ausspielungen. Zur Beurteilung der von der revisionswerbenden Partei behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des GSpG wurden ebenfalls Feststellungen getroffen.

4        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision - gesondert - vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Zum Zulässigkeitsvorbringen der Revision ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15, Rn. 31, 35 ff; 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17, Rn. 22). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das LVwG angesichts der von ihm getroffenen Feststellungen sowie seiner durchgeführten Gesamtwürdigung im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12.

9        Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH ua, C-685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem für das Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 55, sowie VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 0049, Rn. 24 ff, und VfGH 12.6.2018, E 885/2018).

10       Soweit die Revision zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zum jüngst ergangenen Urteil des EuGH vom 12. September 2019 in den verbundenen Rechtssachen C-64/18, C-140/18, C-146/18 und C-148/18, Maksimovic u.a., ist dem entgegenzuhalten, dass mit dem angefochtenen Erkenntnis über die revisionswerbende Partei weder eine Geld- noch eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt noch ein Verfahrenskostenbeitrag vorgeschrieben wurde. In diesem Zusammenhang stellt sich daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.

11       Soweit die Revision zu ihrer Zulässigkeit schließlich vorbringt, das LVwG habe entgegen näher bezeichneter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine Feststellungen zur Verwirklichung des objektiven Tatbildes nach § 52 Abs. 1 GSpG getroffen und sei von einer unzutreffenden Bindung an den Beschlagnahmebescheid ausgegangen, ist ihr entgegenzuhalten, dass das LVwG eigenständige Feststellungen zur Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen der Einziehung gemäß § 54 GSpG getroffen hat (vgl. die Wiedergabe unter Rn. 3). Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung stellt sich daher auch in diesem Zusammenhang nicht.

12       Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 22. Februar 2021

Gerichtsentscheidung

EuGH 62009CJ0347 Dickinger und Ömer VORAB
EuGH 62012CJ0390 Pfleger VORAB
EuGH 62015CJ0464 Admiral Casinos Entertainment VORAB
EuGH 62015CJ0685 Online Games VORAB
EuGH 62017CJ0003 Sporting Odds VORAB
EuGH 62017CO0079 Gmalieva VORAB
EuGH 62018CJ0064 Maksimovic VORAB

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021170011.L00

Im RIS seit

14.04.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.04.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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