TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/28 96/10/0187

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Veröffentlicht am 28.04.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
80/02 Forstrecht;

Norm

AVG §38;
ForstG 1975 §1 Abs1 litd;
ForstG 1975 §1 Abs1;
ForstG 1975 §1 Abs4 litd;
ForstG 1975 §1;
ForstG 1975 §172 Abs6 lita;
ForstG 1975 §172 Abs6;
ForstG 1975 §2 Abs3;
ForstG 1975 §4;
ForstG 1975 §5 Abs1;
ForstG 1975 §5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde der HR in Z, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 10. Juli 1996, Zl. VI/4-Fo-174/1, betreffend Wiederbewaldungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom 7. Mai 1991 wurde WR, der Ehegatte der Beschwerdeführerin, verpflichtet, eine näher beschriebene Kahlfläche auf dem Grundstück Nr. 380, KG Z, in bestimmter Art und Weise wiederzubewalden. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, eine Überprüfung durch die Behörde habe ergeben, daß der Windschutzgürtel Nr. 15 auf der genannten Parzelle nicht mehr bestehe. Aus dem bei der Behörde aufliegenden Flächenausweis sei ersichtlich, daß dieser Windschutzgürtel im Jahre 1981 noch existiert habe. Es liege daher der Tatbestand einer widerrechtlichen Rodung vor.

In seiner Berufung gegen diesen Bescheid verwies WR im wesentlichen darauf, daß die Bodenschutzanlage auf dem genannten Grundstück 1964 "aufgrund unserer Freiwilligkeit" errichtet worden sei. Anfänglich sei der Bewuchs und der Pflanzenbestand relativ gut gewesen. Mit zunehmend trockenem Wetter sei der Pflanzenbestand aber immer lückenhafter geworden. Der größte Teil der gesetzten Pappeln sei durch Trockenschäden oder Pappelbock zugrundegegangen und verrottet. 1979 sei ihm erlaubt worden, den desolaten Restbestand als Brenn- und Nutzholz zu nutzen. Anschließend seien von der Bodenschutzanstalt Jungbäume gepflanzt worden, die zu 95 % im Setzjahr der Dürre zum Opfer gefallen seien. Nach der Schlägerung hätten einzelne Pappelstöcke bestanden, verzauster Liguster und fast durchgehend Holler. Er habe in mühevoller Arbeit die Stöcke und Wurzeln entfernt und den Urzustand wiederhergestellt. Seit 1982 werde das Feld wieder mit Feldfrüchten bestellt. Dies sei der Bodenschutzanstalt auch bekannt gewesen. Er wolle daher seine Grundparzelle nicht wie vorgeschrieben wiederbewalden.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 14. Juni 1991 wurde die Berufung abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Aufgrund der von der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf mit Schreiben vom 20. Jänner 1994 ausgesprochenen Androhung der Ersatzvornahme erklärte WR, daß er nur Hälfteeigentümer der in Rede stehenden Liegenschaft sei und die andere Hälfte im Eigentum der Beschwerdeführerin stünde. Daraufhin wurde der Beschwerdeführerin der oben dargelegte Sachverhalt zur Kenntnis gebracht. Sie brachte dazu im wesentlichen vor, es sei unrichtig, daß der Windschutzgürtel im Jahre 1981 noch existiert habe. Richtig sei lediglich, daß im Jahre 1962 der Versuch unternommen worden sei, einen Windschutzgürtel anzulegen; die Anpflanzung habe jedoch niemals die von der Behörde angenommenen Ausmaße aufgewiesen und es seien die gesetzten Pflanzen zufolge mangelnder Pflege durch das Amt der Landesregierung nach und nach zugrundegegangen. Bereits in den siebziger Jahren sei kein Wald mehr vorhanden gewesen. Auch die im Jahre 1981 gesetzten Pflanzen seien im selben Jahr zugrundegegangen. Es bestehe daher seit mehr als dreißig Jahren kein Wald im Sinne des Forstgesetzes auf dem in Rede stehenden Grundstück.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom 14. November 1994 wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet, die planlich näher dargestellte Kahlfläche im Ausmaß von 0,5460 ha auf dem Grundstück Nr. 380, KG Z, in bestimmter Art und Weise wiederzubewalden. Begründend wurde - nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage - im wesentlichen ausgeführt, im Flächenausweis aus dem Jahre 1981 habe das Flächenausmaß des Windschutzgürtels in diesem Jahr 780 x 7 m somit 0,5460 ha betragen. Daraus und aus dem Umstand, daß dieser Windschutzgürtel 1981 noch saniert worden sei, gehe klar hervor, daß zum damaligen Zeitpunkt der Windschutzgürtel im angeführten Ausmaß bestanden habe. Zumindest in den letzten fünfzehn Jahren habe daher auf der fraglichen Fläche eine Windschutzanlage existiert. Eine Rodungsbewilligung für die Entfernung dieser Anlage und die nachfolgende landwirtschaftliche Nutzung bestehe nicht. Die Voraussetzungen für einen Wiederbewaldungsauftrag lägen daher vor.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Sie brachte im wesentlichen vor, die Angaben über das Flächenausmaß des Windschutzgürtels seien unrichtig. Laut Flächenausweis seien im Jahr 1981 nur drei Reihen neu bepflanzt worden, die vierte Reihe gerodet. Die Breite habe 3,6 m, die Fläche 0,208 ha betragen. Weiters habe es die Erstbehörde unterlassen, festzustellen, wie sich die Bepflanzung seit 1962 entwickelt habe, welcher Zustand daher in der Natur vorhanden gewesen sei. In Wahrheit habe auf dem in Rede stehenden Grundstück nämlich noch nie eine Windschutzanlage bestanden; die in diese Richtung unternommenen Versuche seien fehlgeschlagen, weil die Pflanzen nicht aufgekommen seien.

Die Berufungsbehörde holte ein forstfachliches Gutachten ein. In diesem führte der Sachverständige aus, daß die Agrarbezirksbehörde (Bodenschutzabteilung) laut (dem Gutachten beiliegenden) Flächenausweis der Windschutzanlage 15, KG Z, auf der Parzelle 380, KG Z, im Jahre 1963 die Pflanzung einer Windschutzanlage vorgenommen habe. Die Anlage sei vierreihig (Hartriegel, Weißerle, Pappel, Liguster) begründet worden und habe ein Flächenausmaß von 780 x 7 m in Anspruch genommen. Aus den (dem Gutachten beiliegenden) Pflegenachweisen gehe hervor, daß im Jahre 1979 und 1980 eine Teilschlägerung der Anlage erfolgt sei. Der (dem Gutachten beiliegende) Flächenausweis des Jahres 1981 sehe für die gegenständliche Fläche eine Teilerneuerung vor, die auf einer Teilfläche der Bodenschutzanlage im Ausmaß von 780 x 3,6 m (0,2808 ha) erfolgt sei. Die Teilerneuerung sei laut Auskunft eines namentlich genannten Mitarbeiters der Argrarbezirksbehörde notwendig geworden, weil die Baumarten Weißerle und Pappel auf dem vorliegenden Standort bereits nach ca. 20 Jahren ihre physiologische Altersgrenze erreicht und Absterbeerscheinungen gezeigt hätten. Die Ligusterstrauchreihe habe entnommen werden müssen, um eine Sanierung zu ermöglichen. Die Hartriegelreihe hätte sich jedoch so günstig entwickelt gehabt, daß sie belassen worden wäre. Von der Gesamtbreite der Anlage von insgesamt 7 Metern seien daher nur 3,6 m für die Neueinbringung von Baumreihen zur Verfügung gestanden, sodaß nur mehr zwei statt zuvor drei Reihen begründet worden wären. Eine Verringerung der Anlagenbreite sei damit jedoch nicht verbunden gewesen. Weiters habe die (dem Gutachten angeschlossene) Auswertung der Infrarotluftbilder 162 und 163 des Weingartenfluges 1980 ergeben, daß im Jahre 1980 auf der Fläche westlich des Feldweges (980/1, KG Z) und parallel zu diesem, ca. 100 m westlich verlaufend eine Windschutzanlage bestanden habe, die aus Sträuchern, Pappeln und anderen Bäumen aufgebaut gewesen sei. Aus dem Sterioluftbildmodell sei eine mittlere Breite von 6 bis 8 m und eine Länge von ca. 760 m ablesbar. Im Mappenblatt betrage die Länge der dargestellten Parzelle an der Westseite 762 m. In dem dem neuesten Stand entsprechenden Katasterplan sei die Teilfläche "Wald-Windschutzanlage" nicht mehr ausgewiesen, wohl aber werde in älteren Darstellungen ein Streifen von 762 m Länge und 7,7 m Breite als Waldfläche ausgewiesen. Während daher die im Flächenausweis befindliche Längenangabe von 780 m auf einem (näher dargelegten) Meßfehler beruhe, stehe die Breite der Anlage von 7 m außer Zweifel. Schließlich sei die Notwendigkeit des Windschutzes im fraglichen Gebiet aufgrund der - näher dargelegten - klimatischen und standörtlichen Verhältnisse gegeben. Die Windschutzanlage habe einen von Nord-Nord-Ost nach Süd-Süd-West orientierten Verlauf gehabt. Diese Orientierung sei für die Bremsung der vor allem aus West bis Nord-West kommenden Winde besonders günstig. Die Notwendigkeit der Windbremsung werde durch die Tatsache verdeutlicht, daß im fraglichen Bereich (wie näher dargelegt) hohe Windgeschwindigkeiten vorkämen. Die Windgefährdung bestehe zunächst in einer Erosion des Bodens, wodurch die Produktionskraft des Bodens geschwächt werde. Die latent gefährlichere Windgefährdung bestehe aber in der erhöhten Verdunstung. Verschärft werde diese Gefahr durch den Umstand, daß ein Teil der anstehenden Böden über eine nur geringe Wasserspeicherkapazität verfüge, sodaß in Verbindung mit den geringen Niederschlagssummen mit längeren Trockenperioden zu rechnen sei. Der im gegenständlichen Bereich erforderliche Windschutz werde durch die in Rede stehende Windschutzanlage aufgrund ihres Aufbaues und ihrer Exposition gewährleistet.

Dem Antrag der Beschwerdeführerin folgend, wurde in der Folge der im Gutachten genannte Mitarbeiter der Agrarbezirksbehörde als Zeuge vernommen. Dieser führte aus, daß im Jahre 1982 eine "Intensivpflege" an der Bodenschutzanlage vorgenommen worden sei. Mit der Eintragung über die erfolgte Intensivpflege ende der Aktenvorgang bei der Bodenschutzabteilung. Aus welchen Gründen eine weitere Pflege oder Nachbearbeitung nicht mehr erfolgt sei, sei ihm nicht bekannt.

Der ebenfalls als Zeuge vernommene Ing.St., der ehemalige Stationsverwalter von L., beschrieb in seiner Aussage die vorgenommene Teilerneuerung, durch die sich am ursprünglichen Flächenausmaß nichts geändert habe. Der Windschutzgürtel habe auch nach der Sanierung im ursprünglichen Flächenausmaß seine Funktion als Windschutzgürtel übernehmen können. Die im Flächenausweis angeführte Breite von 3,6 m beziehe sich ausschließlich auf die Eingriffsfläche der Aufforstungsmaßnahmen der beiden Baumreihen.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 10. Juli 1996 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen, der erstinstanzliche Bescheid in seinem Spruch jedoch wie folgt abgeändert:

"Bis spätestens 30. November 1996 ist die 0,5334 ha große Kahlfläche auf dem Grundstück Nr. 380, KG Z, wie folgt wieder zu bewalden:

Der Aufbau der Windschutzanlage hat vierreihig zu erfolgen. Die beiden Randreihen sind mit Sträuchern der Art Liguster, Hartriegel, wolliger Schneeball und Pfaffenhütchen auszuführen. In den beiden mittleren Reihen sind die Baumarten Esche, Feldahorn, Stieleiche, Vogelkirsche, Wildbirne und Holzapfel zu setzen.

Der Pflanzenabstand in den Strauchreihen hat 0,5 m, der Pflanzenabstand in den Baumreihen 0,8 m zu betragen. Der Abstand zwischen den Reihen beträgt 1,7 m.

Es sind daher in jeder Strauchreihe 1520 Sträucher zu setzen. Von jeder der vier Straucharten sind je 380 Individuen alternierend zu verpflanzen.

Die Baumreihen sind aus je 952 Individuen aufgebaut, wovon von jeder Baumart 136 Bäume zu setzen sind.

Insgesamt sind daher 1904 Bäume bzw. an den beiden Randreihen

3040 Sträucher zu setzen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 in der

geltenden Fassung.

§§ 2, 172 und 17 Forstgesetz 1975 in der geltenden Fassung."

Hiezu wurde - nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage - im wesentlichen ausgeführt, es sei erwiesen, daß sich in den letzten fünfzehn Jahren entlang des Nordwestrandes der Parzelle 370, KG Z, eine Windschutzanlage in einer Länge von 762 m und einer Breite von 7 m, somit in einer Gesamtfläche von 0,5334 ha befunden habe. Diese Fläche werde derzeit landwirtschaftlich genutzt. Die Rodung erfolge konsenslos, sodaß ein Verstoß gegen das Rodungsverbot des § 17 Abs. 1 Forstgesetz vorliege. Da die im Spruch angeführten Maßnahmen zur Gewährleistung des Windschutzes im fraglichen Gebiet unbedingt erforderlich seien, sei der forstpolizeiliche Auftrag zur Walderhaltung im konkreten Fall unbedingt notwendig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Unterbleiben des Wiederbewaldungsauftrages verletzt. Sie bringt hiezu im wesentlichen vor, es stehe aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens nicht fest, daß es sich bei der zur Wiederbewaldung vorgeschriebenen Fläche um eine Windschutzanlage im Sinne des Forstgesetzes handle. Die belangte Behörde hätte diese Frage weiters vor Erlassung des Wiederbewaldungsauftrages in einem Feststellungsverfahren nach § 5 Forstgesetz klären müssen. Im übrigen sei im vorliegenden Fall nicht das Forstgesetz, sondern das Nö Forstausführungsgesetz anzuwenden gewesen, das zwingend ein Feststellungsverfahren vorsehe. Es sei daher nicht nur unterlassen worden, festzustellen, ob überhaupt eine nach dem Nö Forstausführungsgesetz bewilligte Windschutzanlage vorgelegen habe, sondern es habe auch unzuständigerweise eine Bundes- statt einer Landesbehörde entschieden. Neben dem Vorwurf der Verletzung von Verfahrensvorschriften bei der Beweisaufnahme bzw. wegen der Nichtberücksichtigung der von ihr gestellten Beweisanträge macht die Beschwerdeführerin weiters geltend, der Spruch des angefochtenen Bescheides sei nicht ausreichend bestimmt, weil daraus nicht zu ersehen sei, welche Teilfläche der genannten Parzelle wiedergewaldet werden müsse. Schließlich werde im angefochtenen Bescheid auch die Notwendigkeit der Vorschreibung einer vierreihigen statt einer dreireihigen Bewaldung, wie sie nach Meinung der belangten Behörde im Jahre 1981 bestanden habe, nicht begründet.

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf

§ 66 Abs. 4 AVG und u.a. auf § 172 Abs. 6 Forstgesetz gestützt erlassen. Sie war dazu gemäß § 170 Abs. 1 Forstgesetz i.V.m.

§ 2 AVG auch zuständig. Die gegenteilige Auffassung der Beschwerdeführerin ist verfehlt.

Gemäß § 172 Abs. 6 Forstgesetz hat die Behörde, wenn Waldeigentümer, Einforstungsberechtigte oder andere Personen bei Behandlung des Waldes oder in seinem Gefährdungsbereich (§ 40 Abs. 1) die forstrechtlichen Vorschriften außer acht lassen, unbeschadet der allfälligen Einleitung eines Strafverfahrens, die zur umgehenden Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes möglichen Vorkehrungen einschließlich der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen, wie insbesondere

a)

die rechtzeitige und sachgemäße Wiederbewaldung,

b)

die Verhinderung und die Abstandnahme von Waldverwüstungen,

c)

die Räumung des Waldes von Schadhölzern und sonstigen die Walderhaltung gefährdenden Bestandsresten sowie die Wildbachräumung

d)

die Verhinderung und tunlichste Beseitigung der durch die Fällung oder Bringung verursachten Schäden an Waldboden oder Bewuchs, oder

e)

die Einstellung gesetzwidriger Fällungen oder Nebennutzungen,

dem Verpflichteten durch Bescheid aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und nötigenfalls gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten durchführen zu lassen.

Voraussetzung der Erteilung eines forstbehördlichen Auftrages nach der zitierten Vorschrift ist, daß es sich bei der betreffenden Fläche zum Zeitpunkt des Zuwiderhandelns gegen forstliche Vorschriften und zum Zeitpunkt der Erlassung des forstpolizeilichen Auftrages um Wald im Sinne des Forstgesetzes gehandelt hat. Tatbestandsvoraussetzung des § 172 Abs. 6 Forstgesetz ist weiters ein Verstoß gegen forstrechtliche Vorschriften, z.B. das Rodungsverbot (§ 17 Abs. 1 Forstgesetz), das Verbot der Waldverwüstung (§ 16 Abs. 1 Forstgesetz) oder das Gebot der rechtzeitigen Wiederbewaldung nach § 13 Abs. 1 Forstgesetz (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1996, Zl. 95/10/0132, und die hier zitierte Vorjudikatur).

Gemäß § 1 Abs. 1 Forstgesetz sind Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes mit Holzgewächsen der im Anhang angeführten Arten (forstlicher Bewuchs) bestockte Grundflächen, soweit die Bestockung mindestens eine Fläche von tausend Quadratmetern und eine durchschnittliche Breite von 10 m erreicht.

Nicht als Wald im Sinne des Abs. 1 gelten gemäß § 1 Abs. 4 lit. d Forstgesetz Baumreihen, soweit es sich nicht um Windschutzanlagen (§ 2 Abs. 3) handelt.

Gemäß § 2 Abs. 1 Forstgesetz sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auch auf den forstlichen Bewuchs in der Kampfzone des Waldes und auf Windschutzanlagen anzuwenden, ungeachtet der Benützungsart der Grundflächen und des flächenmäßigen Aufbaues des Bewuchses. Unter Windschutzanlagen sind gemäß §§ 2 Abs. 3 Forstgesetz Streifen oder Reihen von Bäumen und Sträuchern zu verstehen, die vorwiegend dem Schutz vor Windschäden, insbesondere für landwirtschaftliche Grundstücke, sowie der Schneebindung dienen.

Windschutzanlagen unterliegen den Bestimmungen des Forstgesetzes, auch wenn sie die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 Forstgesetz nicht erfüllen. Sie sind daher - soweit keine Sonderbestimmungen bestehen - in Vollziehung des Forstgesetzes so zu behandeln, als wären sie Wald im Sinne des § 1 Abs. 1 Forstgesetz.

Dem § 172 Abs. 6 Forstgesetz entsprechende Sonderbestimmungen für Windschutzanlagen bestehen nicht. Im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin enthält auch das Nö Forstausführungsgesetz, LGBl. 6851, keine derartigen Bestimmungen. Die Tatbestandsvoraussetzung des § 172 Abs. 6 Forstgesetz, daß es sich bei der betreffenden Fläche um Wald gehandelt hat, wird somit (auch) durch eine Windschutzanlage im Sinne des § 2 Abs. 3 Forstgesetz erfüllt.

Ob aber Streifen oder Reihen von Bäumen und Sträuchern als Windschutzanlage den Bestimmungen des Forstgesetzes unterliegen und somit Waldeigenschaft besitzen, bemißt sich danach, inwieweit diese im Sinne des § 2 Abs. 3 Forstgesetz dem Schutz vor Windschäden bzw. der Schneebindung dienen, was jedenfalls voraussetzt, daß sie aufgrund ihrer Beschaffenheit überhaupt geeignet sind, entsprechende Wirkungen zu erzeugen. Da weiters nicht die Grundfläche, sondern der Bewuchs als Windschutzanlage den Bestimmungen des ForstG unterliegt (vgl. die Unterscheidung in § 5 Abs. 1 leg. cit.), finden die auf Grundflächen bezogenen Bestimmungen über die Neubewaldung (§ 4 leg. cit.) auf Windschutzanlagen keine Anwendung. Solange daher einem Bewuchs die - somit allein maßgebliche - Eignung mangelt, dem Schutz vor Windschäden bzw. der Schneebindung zu dienen, kommt er als Windschutzanlage im Sinne des § 2 Abs. 3 Forstgesetz nicht in Betracht.

Unzutreffend ist freilich die Auffassung der Beschwerdeführerin, als Windschutzanlagen im Sinne des § 2 Abs. 3 Forstgesetz könnten nur solche Anlagen angesehen werden, die nach den Bestimmungen des Nö Forstausführungsgesetzes errichtet worden seien, folgt die Unrichtigkeit dieser Auffassung doch schon aus dem Umstand, daß § 26 Abs. 2 lit. b Forstgesetz den Ausführungsgesetzgeber zu Regelungen hinsichtlich des Verfahrens zur Feststellung ermächtigt, "ob bereits bestehende Wälder den Charakter von Windschutzanlagen haben."

Zu Unrecht vertritt die Beschwerdeführerin auch die Auffassung, es hätte vor Erlassung des forstpolizeilichen Auftrages der Erlassung eines Feststellungsbescheides nach § 5 Forstgesetz bzw. § 13 Nö Forstausführungsgesetz bedurft. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1996, Zl. 96/10/0139, und die dort zitierte Vorjudikatur), ist die Forstbehörde nämlich berechtigt, die Frage der Waldeigenschaft in einem Verfahren zur Erteilung eines forstpolizeilichen Auftrages als Vorfrage zu beurteilen.

Nun ist die belangte Behörde zwar davon ausgegangen, es habe sich entlang des Nord-West-Randes der Parzelle 380, KG Z, in den letzten 15 Jahren eine Windschutzanlage mit einem bestimmten Flächenausmaß befunden. Sie hat es allerdings unterlassen, sich mit dem von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen, die gesetzten Pflanzen seien mangels Pflege sofort abgestorben, konkret auseinanderzusetzen. In diesem Vorbringen liegt nämlich die Behauptung, die Anlage sei nicht von einer solchen Beschaffenheit gewesen, daß sie die geforderten Wirkungen hätte erbringen können. Dennoch hat es die belangte Behörde unterlassen, über allgemeine Funktionsbeschreibungen hinausgehende, nachvollziehbare Feststellungen über die Funktion des ermittelten Bewuchses hinsichtlich Windschutz bzw. Schneebindung zu treffen. Den Ergebnissen des durchgeführten Ermittlungsverfahrens läßt sich nämlich weder entnehmen, daß der erhobene Bestand an Baum- und Strauchreihen von einer solchen Beschaffenheit gewesen wäre, daß er (überhaupt) geeignet war, entsprechende Wirkungen zu entfalten, noch, welche (Wind-)Schutzwirkung von diesem Bewuchs tatsächlich entfaltet wurde.

Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes kann daher nicht abschließend beurteilt werden, ob die Auffassung der belangten Behörde, der auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin ermittelte Bewuchs sei als Windschutzanlage im Sinne des § 2 Abs. 3 Forstgesetz anzusehen gewesen, zu Recht besteht. Der angefochtene Bescheid erweist sich schon aus diesem Grund als rechtswidrig.

Der erteilte Wiederbewaltungsauftrag ist aber auch unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen § 59 Abs. 1 AVG rechtswidrig. Ein Bescheidspruch, durch den eine Verpflichtung auferlegt wird, muß so bestimmt gefaßt sein, daß seine Durchsetzung nötigenfalls im Wege der Zwangsvollstreckung möglich ist. Diesem Bestimmtheitserfordernis wird die Beschreibung der Lage der wiederzubewaldenden Fläche im angefochtenen Bescheid - anders als im erstinstanzlichen Bescheid, wo auf einen beiliegenden Lageplan verwiesen wurde -, nicht gerecht. Aus der Beschreibung "0,5334 ha große Kahlfläche auf dem Grundstück Nr. 380, KG Z", ergibt sich nämlich im vorliegenden Zusammenhang nicht einmal ansatzweise, welche Teilfläche des besagten Grundstückes wiederzubewalden ist.

Zu Recht rügt die Beschwerdeführerin auch, es sei die Erforderlichkeit der vorgeschriebenen vierreihigen Bepflanzung nicht begründet worden. Ausgehend davon, daß die Rechtmäßigkeit eines Wiederbewaldungsauftrages davon abhängt, daß dieser im konkreten Fall zur Walderhaltung erforderlich ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1996, Zl. 95/10/0132, und die hier zitierte Vorjudikatur) hätte es entsprechender Feststellungen hinsichtlich der Erforderlichkeit eines vierreihig vorzunehmenden Aufbaues der Windschutzanlage im vorliegenden Fall schon deshalb in besonderer Weise bedurft, weil sich aus dem forsttechnischen Gutachten zu ergeben scheint, daß eine nur dreireihige Bepflanzung der sieben Meter breiten Anlage - modernen Erkenntnissen im Windschutzanlagenbau folgend - zweckmäßiger ist als eine vierreihige Bepflanzung.

Der angefochtene Bescheid war aus den dargelegten Gründen - ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Stempelgebühren betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, weil der zugrundeliegende Aufwand zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996100187.X00

Im RIS seit

07.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

11.08.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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