Entscheidungsdatum
18.05.2020Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W140 2230893-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. HÖLLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX StA. Serbien, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst – ARGE Rechtsberatung, gegen den Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.04.2020, XXXX , sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 24.04.2020 zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen den Mandatsbescheid vom 24.04.2020 wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG idgF iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft seit 24.04.2020 für rechtmäßig erklärt.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG idgF iVm § 76 Abs. 2a FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 2 und Z 5 FPG idgF wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
III. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
IV. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ersatz des Verfahrensaufwands wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
V. Der Antrag auf Ersatz der Eingabegebühr in der Höhe von € 30,-- Euro wird zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (BF) stellte erstmals am 18.05.1999 in Österreich einen Asylantrag, der letztlich mit Bescheid des UBAS vom 19.06.2000 negativ entschieden wurde. Der sodann vom BF am 27.09.2000 gestellte Asylantrag wurde wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Der vom BF durch seinen damaligen rechtsfreundlichen Vertreter am 17.10.2000 gestellte Asylantrag wurde vom BF im Stadium der Berufung am 07.11.2000 zurückgezogen. Der 2. Asylantrag des BF wurde sodann am 20.10.2004 zurückgewiesen. Die vom BF gegen diesen Bescheid sodann beim VwGH erhobene Beschwerde zog dieser am 01.12.2004 zurück.
Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX , vom 09.12.2010, RK 29.08.2011, gemäß § 91 (2) 2. Fall StGB, Datum der (letzten) Tat 06.01.2010, zu einer Geldstrafe von 80 Tags zu je 8,00 EUR (640,00 EUR) im NEF 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt. Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX , vom 23.05.2012, RK 30.05.2012, gemäß § 28 a (1) 5. Fall SMG, §§ 27 (1) Z 1 1.2. Fall, 27 (2) SMG zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten - davon Freiheitsstrafe 8 Monate bedingt - verurteilt.
In der Gekürzten Urteilsausfertigung des Landesgerichtes XXXX wird u.a. Folgendes ausgeführt:
„(…) I.) XXXX sind schuldig;
es hat bzw es haben in XXXX und an anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift
A) in einer die Grenzmenge (§ 28 b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, und
zwar
1.) XXXX im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter, indem sie am 24.4.2012 etwa 100g Kokain mit einem Reinheitsgehalt von etwa 40% an eine verdeckte Ermittlerin des XXXX verkauften,
2.) XXXX indem er am 6.4.2012 3,8g Kokain als Probe an eine verdeckte Ermittlerin des BKA verkaufte,
3.) XXXX , indem er am 23.4.2012 2,7g Kokain als Probe an eine verdeckte Ermittlerin des XXXX verkaufte,
B) in wiederholten Angriffen erworben und besessen und zwar
1.) XXXX Kokain in der Zeit von etwa 2010 bis um den 24.4.2012,
2.) XXXX Kokain und Cannabiskraut in der Zeit von etwa 2009/2010 bis zum 24.4.2012, wobei sie die Straftaten ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begingen.
XXXX haben hiedurch
zu A) die Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28 a Abs 1 5. Fall SMG
zu B) die Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 1. und 2.
Fall und Abs 2 SMG begangen und werden hiefür je unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB je nach § 28 a Abs 1 SMG zur Freiheitsstrafe von 12 Monaten
sowie gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.
(…)
Bei der Strafbemessung war
mildernd: jeweils das Geständnis und die Sicherstellung des übergebenen Suchtgifts,
erschwerend: das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen sowie der längere Tatzeitraum bei den Vergehen.(…)“
Der BF stellte am 16.05.2014 den dritten Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des BFA, vom BF persönlich übernommen am 03.09.2014, wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.) und dem BF gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel nicht erteilt, gegen den BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß 46 FPG nach Serbien zulässig ist sowie festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt III.). Des Weiteren wurde einer Beschwerde gegen den Bescheid gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.). Mit am 16.09.2014 beim BFA eingebrachten Schriftsatz erhob der BF durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter Beschwerde gegen den Bescheid. Darin wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid zur Gänze aufzuheben und in der Sache selbst zu entscheiden, in eventu die Sache zur neuerlichen Verhandlung an die erste Instanz zurückzuverweisen; der Beschwerde inhaltlich stattzugeben und auszusprechen, dass eine dauerhafte Ausweisung unzulässig ist sowie der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen. Die Beschwerde wurde zusammengefasst im Wesentlichen damit begründet, dass er sich seit tatsächlich nunmehr mehr als 26 Jahren in Österreich aufhalte. Seine Eltern, seine drei Brüder und drei Schwestern würden mit ständigem Wohnsitz im Raum XXXX leben. Er selbst habe in Serbien keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte mehr. Er gehöre der muslimischen Religion an. Die Staatsangehörigkeit in Serbien sei die serbisch-orthodoxe Kirche. Er gehöre daher einer religiösen Minderheit an und werde diesbezüglich in der Ausübung seiner Religion diskriminiert. Sein Vater sei gesundheitlich beeinträchtigt und bedürfe einer Vollpflege. Diese übernehme er. Er stelle für die öffentliche Ordnung und Sicherheit keine Gefahr dar. Vielmehr lebe er im Familienverband seiner in Österreich wohnhaften Familie und sei mit der Pflege seines Vaters betraut.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, XXXX ,
vom 24.10.2014 wurde die Beschwerde gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005,
§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 iVm Abs. 9 FPG und
§§ 55 und 57 AsylG 2005 sowie § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft. Am 18.12.2014 wurde der BF nach Serbien abgeschoben.
Mit Bescheid des BFA vom 07.03.2018 wurde der Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen. Gemäß § 10 Absatz 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt I). Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt II). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG betrug die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III). Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Der BF wurde am 28.07.2018 im Rahmen einer fremdenpolizeilichen Schwerpunktaktion von der Polizei einer Kontrolle unterzogen. Dabei legte der BF einen serbischen Personalausweis - auf den Namen XXXX (Nr XXXX , gültig von 08.09.2017 bis zu 08.09.2027) - vor. Der BF wurde in weiterer Folge in Schubhaft genommen. Der BF wurde am 02.08.2018 nach Serbien abgeschoben.
Mit Bescheid des BFA vom 19.09.2018 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I). Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt II). Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Absatz 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 3 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V). Gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 3 BFA-Verfahrensgesetz, BGBI I Nr. 87/2012 (BFA VG) idgF, wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung aberkannt (Spruchpunkt VI). Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Der BF reiste erneut unrechtmäßig ein und wurde am 24.10.2018 von der Polizei festgenommen. Dabei legte er einen serbischen Reisepass (Nr. XXXX , ausgestellt am 26.09.2018) und eine serbische ID-Card (Nr. XXXX , ausgestellt am 26.09.2018) lautend auf den Namen XXXX vor. Der BF gab an, dass er momentan vier Reisepässe hätte, welche er jedoch nicht immer bei sich führen würde. Der BF wurde in weiterer Folge in Schubhaft genommen. Der BF wurde am 01.11.2018 nach Serbien abgeschoben.
Der BF reiste in weiterer Folge erneut illegal in das Bundesgebiet ein.
Am 23.04.2020 wurde aufgrund eines Hinweises - wegen Verstoßes gegen die Covid-19-Bestimmungen - eine Kontrolle im XXXX , durchgeführt, wobei der BF dort angetroffen wurde. Der BF wurde am 23.04.2020 vorerst gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 BFA-VG festgenommen.
Über die Amtshandlung wurde von der Landespolizeidirektion XXXX eine Sachverhaltsdarstellung mit folgendem Inhalt an den BFA-JD übermittelt (AS 9f): „Am 23.04.2020 um 20:30 Uhr wurde in Kooperation mit der XXXX Einsatzabteilung, dem LKA OÖ und unter der Leitung der Finanzpolizei eine Lokalkontrolle in XXXX durchgeführt.
Durch einen anonymen Hinweis wurde bekannt, dass sich im dort etabl. XXXX mehrere Personen aufhalten würden, die trotz aktueller COVID19-Maßnahmen und trotz der aktuellen Lokalschließung dem Glückspiel nachgehen würden.
Die Personen vor Ort, welche sich im Lokal aufhielten, kamen der Aufforderung durch die Finanzpolizei die Türe zu öffnen nicht nach, weshalb ein Schlüsseldienst angefordert wurde. Dabei konnten mehrere männliche Personen im verdunkelten Lokal, teilweise in Verstecken, aufgefunden werden. So auch XXXX Nat.i.A..
Bei der folgenden Personsfeststellung konnten Übertretungen nach dem BFA-VG festgestellt werden, weshalb der BFA-JD, sowie PD3 ( XXXX ) kontaktiert. Weitere Maßnahmen (Festnahme etc.) wurden Besprochen und durchgeführt.
Anzuführen ist die Aussage des XXXX , welcher Sinngemäß wie folgt angab:
„Mir ist völlig egal was ihr von der Polizei macht! Ihr mach Euer Ding und ich meines. Ich stehe finanziell gut da, brauche mich um nichts kümmern. Wenn ich wegen dem Einreiseverbot weg muss, komme ich am nächsten Tag wieder. Dass mache ich die letzen Jahre auch schon so. Wenn ihr mir den Reisepass abnehmt, Reise ich einfach mit einem anderen ein! Ich habe auch einen österreichischen Pass mit meinem Namen, den ich in Serbien genau für solche Fälle versteckt halte und auch schon verwendet habe!“
Weiters ist anzuführen, dass XXXX mit über 600 Euro Bargeld angetroffen wurde.“
Am 24.04.2020 wurde ein Festnahmeauftrag vom BFA-Journaldienst (zuerst mündlich um 08.00 Uhr) gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG gegenüber der XXXX Fremdenpolizei erlassen, da die Voraussetzungen zur Verhängung einer Sicherungsmaßnahme vorlagen (AS 11ff). Dieser Festnahmeauftrag wurde am 24.04.2020 (10.12 Uhr) schriftlich an die XXXX Fremdenpolizei übermittelt (AS 13ff).
Am 24.04.2020 wurde der BF von der XXXX , PI XXXX , Fremdenpolizei niederschriftlich einvernommen. Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme brachte der BF vor, am 26.01.2020 wieder nach Österreich eingereist zu sein (AS 23 ff). Im Auftrag des BFA wurden auch ergänzende Fragen gestellt. (Ende der Befragung 10.15 Uhr). Nach der Befragung, am 24.04.2020 (12.00 Uhr) stellte der BF im Stande der Anhaltung den vierten Antrag auf internationalen Schutz (AS 31).
Am 24.04.2020 - nach der vierten Antragstellung auf internationalen Schutz - erstellte das BFA einen Aktenvermerk zur Aufrechterhaltung der Anhaltung mit folgenden Inhalt (AS 35 ff):
„Zum jetzigen Zeitpunkt bestehen im Sinne des § 40 Abs. 5 BFA-VG Gründe zur Annahme, dass der am 24.04.2020 gestellte Antrag auf internationalen Schutz zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Die Anhaltung aufgrund des Festnahmeauftrags wird für insgesamt bis zu 72 Stunden aufrechterhalten.
(…)
Begründung:
Gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG kann eine Anhaltung aufgrund eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder Z 3 BFA-VG aufrechterhalten werden, wenn ein Fremder während dieser Anhaltung einen Antrag auf internationalen Schutz stellt und Gründe für die Annahme vorliegen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Der Fremde stellte am 24.04.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu diesem Zeitpunkt befand wurde er aufgrund eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG angehalten. Aus folgenden Gründen ist davon auszugehen, dass der Antrag mit Verzögerungsabsicht gestellt wurde: Gegen den o.a. Fremden besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung mit 3-jährigem Einreiseverbot. Nach der Festnahme gem. § 34 /3/1 BFA-VG und der Offensichtlichkeit der anstehenden Abschiebung aufgrund der rk. Rückkehrentscheidung stellte der oa. Fremde einen Antrag auf int. Schutz. Ein 1. Antrag auf Int. Schutz wurde 2014 rk. abgewiesen. Daher war die Anhaltung trotz Antragsstellung auf internationalen Schutz aufrecht zu erhalten und das Vorliegen der Voraussetzungen hierfür in einem Aktenvermerk festzuhalten, der dem Fremden zuzustellen ist. Rechtsgrundlage: § 40 Abs. 5 BFA-VG
Anmerkung: Der vorliegende Aktenvermerk ist kein Bescheid, weshalb eine Beschwerde gegen den Aktenvermerk selbst nicht zulässig ist. Es steht dem Fremden frei, gegen die weitere Anhaltung Beschwerde gemäß § 22a BFA-VG zu erheben.“
Dem BF wurde der Aktenvermerk am 24.04.2020 um 13.45 Uhr nachweislich ausgefolgt (AS 41).
Mit Mandatsbescheid des BFA, Regionaldirektion Oberösterreich, vom 24.04.2020, vom BF übernommen am 24.04.2020 um 15.33 Uhr, wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet.
Mit Verfahrensanordnung vom 24.04.2020 wurde dem BF ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.
Am 12.05.2020 erhob der BF Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und führte im Wesentlichen aus, dass sowohl die sechs Geschwister als auch die Mutter des BF in Österreich leben würden und der BF somit über sehr starke familiäre Bindungen verfüge. Der BF habe in Österreich die Schule und Berufsschule besucht und auch gearbeitet. Der BF spreche fließend Deutsch. Der BF hätte bis zu seiner Verhaftung am 23.04.2020 bei seiner Mutter in XXXX gelebt. An der Adresse der Mutter wohne auch der Bruder des BF. Der BF könne sich weiterhin an dieser Adresse melden. Der BF wäre am 23.04.2020 verhaftet worden und wäre am 24.04.2020 über den BF die Schubhaft verhängt worden. Der BF hätte am 24.04.2020 aus dem Stande der Schubhaft einen Asylantrag gestellt. Mit Aktenvermerk vom 24.04.2020 wäre die Aufrechterhaltung der Schubhaft gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG ausgesprochen worden. Das von der Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren wäre grob mangelhaft da diese ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Erforschung des maßgebenden Sachverhalts nicht nachgekommen wäre. Es hätte festgestellt werden müssen, dass der BF sich aufgrund seiner starken familiären Bindungen in Österreich aufgehalten habe. Der BF könne sich dort melden und werde sich den Behörden zur Verfügung halten. Somit hätte die Behörde jedenfalls eine periodische Meldeverpflichtung in Erwägung ziehen müssen. Zum Beweis werde eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, die Befragung des BF sowie des Bruders und der Mutter des BF als Zeugen beantragt. Gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 sei die Verhängung der Schubhaft nur bei Vorliegen von Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit zulässig. Im gegenständlichen Fall liege keine Fluchtgefahr vor und erweise sich die Verhängung der Schubhaft als unverhältnismäßig. Die Behörde begründe das Vorliegen von Fluchtgefahr im Wesentlichen mit dem Vorliegen der Kriterien nach § 76 Abs. 3 Z 2,3,5. Dies werde kurz zusammengefasst dahin gehend begründet, dass gegen den BF ein 3-jähriges Einreiseverbot bestehe und der BF bereits mehrfach unrechtmäßig ins Bundesgebiet eingereist sei. Dies ändere nichts an der Tatsache, dass der BF zu seiner Familie wollte, sich dort melden könne, sich den Behörden zur Verfügung halten werde und einer periodischen Meldeverpflichtung nachkommen werde. Daher erweise sich die Schubhaft als unverhältnismäßig, da mit einem gelinderen Mittel das Auslangen gefunden werden hätte können. Hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit sei auch darauf hinzuweisen, dass aufgrund der derzeitigen Maßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 nicht absehbar sei, wann eine Abschiebung nach Serbien erfolgen könne. Die von der belangten Behörde dargelegten Umstände reichten nicht aus, um im Falle des BF eine Fluchtgefahr zu begründen bzw. die Schubhaft in diesem Fall als verhältnismäßig erscheinen zu lassen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Einvernahme des BF und der beantragten Zeugen zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid zu beheben und auszusprechen, dass die Anordnung der Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgt seien, auszusprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des BF nicht vorliegen und der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen gemäß der Verwaltungsgerichts-Aufwandersatzverordnung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der BF aufzukommen hat, aufzuerlegen.
Am 13.05.2020 langte eine Stellungnahme des BFA ein. Darin wird u. a. Folgendes ausgeführt:
„Das Bundesamt informiert über gegenständliches Verfahren, in welchem eine Entscheidung – gem. § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG - ergangen ist.(…)
Es wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge: 1. die Beschwerde als unbegründet abweisen, 2.den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten verpflichten. (…)
Stellungnahme:
Bezügliche des Verfahrensgangs darf auf den Schubhaftbescheid verwiesen werden.
Zu den Fragen des BVwG wird mitgeteilt, dass ein serbischer Reisepass, mit Gültigkeit bis 26.09.2028, sichergestellt werden konnte und kein HRZ notwendig ist. Ein Abschiebetermin konnte bis dato nicht organisiert werden, da noch ein INT-Verfahren laufend ist, da der BF im Stande der Festnahme am 24.04.2020 einen Asylantrag stellte. In diesem wurde dem BF am 11.05.2020 eine Verfahrensanordnung gem. § 29 Abs. 3 und § 15a AsylG nachweislich zugestellt, mittels welcher dem BF mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt ist den Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da die Behörde davon ausgeht, dass entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliegt. Weiters wurde dem BF mit diesem Schriftstück mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben.
In der Beschwerde wird angeführt, dass die Behörde hätte feststellten müssen, dass der BF sich aufgrund seiner starken familiären Bindungen in Österreich aufgehalten hat, die Schubhaft sich als unverhältnismäßig erweist und mit einem gelinderen Mittel das Auslangen gefunden werde hätte können.
Die in der Beschwerde angeführten familiären Verhältnisse bzw. in Österreich wohnhaften Personen waren zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung bekannt und wurden auch bei der Bescheiderlassung berücksichtigt.
Wie im Schubhaftbescheid ausgeführt, reiste der BF wiederholt widerrechtlich in das österreichische Bundesgebiet und wurde bereits wiederholt abgeschoben. Trotz bereits verspürtem Haftübel und wiederholter Außerlandesbringungen, reiste der BF, im Wissen über ein bestehendes Einreiseverbot, spätestens am 26.01.2020 abermals widerrechtlich in Österreich ein und hielt sich bis zu seinem Aufgriff am 23.04.2020, d.h. über mehrere Monate, unter Umgehung des Meldegesetzes vor den Behörden im Verborgenen im Bundesgebiet auf.
Sofern in der Beschwerde ausgeführt wird, dass der BF bis zu seiner Festnahme am 23.04.2020 bei seiner Mutter und seinem Bruder gewohnt hat und sich dort auch in Zukunft melden kann, muss erwidert werden, dass diese Personen den BF somit bei seinem mehrmonatigen widerrechtlichen Aufenthalt unterstützten, Meldeverstöße begangen haben und ein Leben des BF im Verborgenen unterstützten und daher in keinem Fall als vertrauenswürdig eingeschätzt werden.
Der BF zeigt zum wiederholten Mal, dass er nicht gewillt ist behördliche und gerichtliche Entscheidungen zu respektieren und diese, sowie die geltenden Gesetze zu beachten und einzuhalten. Die Straffälligkeit des BF, sowie die wiederholten unbegründeten Asylantragstellungen und die wiederkehrende widerrechtliche Rückkehr in das Bundesgebiet lassen diesbezüglich keinen anderen Rückschluss zu. Auch die beim Aufgriff gemachten Aussagen des BF am 23.04.2020, welche in der Sachverhaltsdarstellung der LPD XXXX vom 24.04.2020 festgehalten sind, spiegeln diese negative Grundeinstellung des BF eindeutig wieder. Der BF gibt dabei an, dass es ihm egal ist was die Polizei macht, er sich um nichts zu kümmern braucht, trotz einem Einreiseverbot die letzten Jahre immer wieder gekommen ist und auch in Zukunft kommen wird und mehrere Reisepässe zur Verfügung hat. Da er angibt über mehrere Reisepässe, ua. auch über einen österreichischen, zu verfügen, besitzt der BF offensichtlich auch ge- oder verfälschte Reisedokument und ist bereit diese im Rechtsverkehr zu verwenden.
Der BF stellte weiters am 24.04.2020 einen Asylantrag. Angemerkt wird, dass dieser Antrag entgegen der Beschwerde nicht im Stande der Schubhaft, sondern im Stande der Festnahme gestellt wurde. Da sich der BF, laut eingebrachter Beschwerde, aufgrund seiner familiären Bindungen, somit nicht wegen der Schutzsuche im Bundesgebiet aufhält, zeigt auch diese weitere Asylantragstellung, dass BF mit jedem erdenklichen Mittel versucht, sich dem behördlichen Zugriff und einer aufenthaltsbeenden Maßnahme zu entziehen.
Bezüglich der Situation im Zusammenhang mit „COVID-19“ wird mitgeteilt, dass Außerlandesbringungen eingeschränkt durchgeführt werden. Sowohl die österreichische Bundesregierung, als auch die Regierungen und Behörden weltweit sind mit Nachdruck bemüht, das COVID-19-Virus einzudämmen und so rasch als möglich wieder einen „normalen“ Zustand des täglichen Lebens und somit auch des Personenverkehrs zwischen den einzelnen Staaten zu schaffen. Die Dauer der derzeitigen Reisebeschränkungen kann noch nicht konkretisiert werden, jedoch finden aktuell im täglichen Leben bereits wieder Schritte in Richtung „Normalisierung“ statt und ist daher auch davon auszugehen, dass die Aufhebung der Reisebeschränkungen vorangetrieben werden.
Das Gesamtverhalten des BF lässt für die Behörde keinen anderen Rückschluss zu, als dass beim BF eine erhebliche Fluchtgefahr besteht und vom BF eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, sowie für die Allgemeinheit ausgeht. Der Zweck der Schubhaft ist nach wie vor erreichbar.
Die Person wird derzeit im XXXX in Schubhaft angehalten.“
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 15.05.2020 führte das BFA Folgendes aus:
„Stellungnahme:
1. Der im Verfahrensgang angeführte Bescheid vom 07.03.2018, mit welchem der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, erwuchs in I. Instanz am 11.04.2018 in Rechtskraft.
2. Der im Verfahrensgang angeführte Bescheid vom 19.09.2018, mit welchem eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem 3-jährigen Einreiseverbot erlassen wurde, erwuchs in I. Instanz am 18.10.2018 in Rechtskraft.
3. Im internationalen Schutzverfahren wurden dem BF am 11.05.2020 eine Verfahrensanordnung gem. § 29 Abs. 3 iVm § 15a AsylG zugestellt, mit welcher dem BF nachweislich zur Kenntnis gebracht wurde, dass beabsichtigt ist, den Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da die ho. Behörde davon ausgeht, dass entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliegt. Weiters wurde mit diesem Schriftstück dem BF zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt ist, den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben. Angeführtes Schutzverfahren wird vom BFA XXXX geführt. Bezüglich des faktischen Abschiebeschutzes wird der BF am 20.05.2020 befragt werden.
4. Bezüglich der Rückführung des BF wird mitgeteilt, dass sobald die Entscheidung im Schutzverfahren durchführbar ist, die Überstellung des BF organisiert werden wird.
Die serbischen Behörden sind bemüht Ihre Staatsbürger so rasch als möglich in den Heimatstaat zurückzuholen. Nach derzeitigem Informationsstand sind Rückführungen nach Serbien wieder mit Ende Mai möglich. Eine Überstellung könnte somit ab Durchführbarkeit der Entscheidung im internationalen Schutzverfahren zeitnahe erfolgen.
Der BF verfügt überdies über einen gültigen Reisepass und ist die Erlangung eines Heimreisezertifikates daher nicht notwendig.
Ergänzend wird festgehalten, dass es dem BF jederzeit frei steht über XXXX einen Antrag auf freiwillige Rückkehr zu stellen.“
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist Staatsangehöriger von Serbien. Die im Spruch genannte Identität des BF ist seine Verfahrensidentität. Der BF stellte erstmals am 18.05.1999 in Österreich einen Asylantrag, der letztlich mit Bescheid des UBAS vom 19.06.2000 negativ entschieden wurde. Der sodann vom BF am 27.09.2000 gestellte Asylantrag wurde wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Der vom BF durch seinen damaligen rechtsfreundlichen Vertreter am 17.10.2000 gestellte Asylantrag wurde vom BF im Stadium der Berufung am 07.11.2000 zurückgezogen. Der 2. Asylantrag des BF wurde sodann am 20.10.2004 zurückgewiesen. Die vom BF gegen diesen Bescheid sodann beim VwGH erhobene Beschwerde zog dieser am 01.12.2004 zurück.
Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX , vom 09.12.2010, RK 29.08.2011, gemäß § 91 (2) 2. Fall StGB, Datum der (letzten) Tat 06.01.2010, zu einer Geldstrafe von 80 Tags zu je 8,00 EUR (640,00 EUR) im NEF 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt. Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX , vom 23.05.2012, RK 30.05.2012, gemäß § 28 a (1) 5. Fall SMG, §§ 27 (1) Z 1 1.2. Fall, 27 (2) SMG zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten - davon Freiheitsstrafe 8 Monate bedingt - verurteilt.
Der BF stellte am 16.05.2014 den dritten Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des BFA, vom BF persönlich übernommen am 03.09.2014, wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.) und dem BF gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel nicht erteilt, gegen den BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß 46 FPG nach Serbien zulässig ist sowie festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt III.). Des Weiteren wurde einer Beschwerde gegen den Bescheid gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).
Mit am 16.09.2014 beim BFA eingebrachten Schriftsatz erhob der BF durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter Beschwerde gegen den Bescheid.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, XXXX ,
vom 24.10.2014 wurde die Beschwerde gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005,
§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 iVm Abs. 9 FPG und
§§ 55 und 57 AsylG 2005 sowie § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft. Am 18.12.2014 wurde der BF nach Serbien abgeschoben.
Mit Bescheid des BFA vom 07.03.2018 wurde der Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen. Gemäß § 10 Absatz 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt I). Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt II). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG betrug die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III). Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Der BF wurde am 28.07.2018 im Rahmen einer fremdenpolizeilichen Schwerpunktaktion von der Polizei einer Kontrolle unterzogen. Dabei legte der BF einen serbischen Personalausweis - auf den Namen XXXX (Nr XXXX , gültig von 08.09.2017 bis zu 08.09.2027) - vor. Der BF wurde in weiterer Folge in Schubhaft genommen. Der BF wurde am 02.08.2018 nach Serbien abgeschoben.
Mit Bescheid des BFA vom 19.09.2018 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I). Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt II). Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Absatz 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 3 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V). Gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 3 BFA-Verfahrensgesetz, BGBI I Nr. 87/2012 (BFA VG) idgF, wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung aberkannt (Spruchpunkt VI). Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Der BF reiste erneut unrechtmäßig ein und wurde am 24.10.2018 von der Polizei festgenommen. Dabei legte er einen serbischen Reisepass (Nr. XXXX , ausgestellt am 26.09.2018) und eine serbische ID-Card (Nr. XXXX , ausgestellt am 26.09.2018) lautend auf den Namen XXXX vor. Der BF gab an, dass er momentan vier Reisepässe hätte, welche er jedoch nicht immer bei sich führen würde. Der BF wurde in weiterer Folge in Schubhaft genommen. Der BF wurde am 01.11.2018 nach Serbien abgeschoben.
Der BF reiste in weiterer Folge erneut illegal in das Bundesgebiet ein.
Am 23.04.2020 wurde aufgrund eines Hinweises - wegen Verstoßes gegen die Covid-19-Bestimmungen - eine Kontrolle im XXXX durchgeführt, wobei der BF dort angetroffen wurde. Der BF wurde am 23.04.2020 vorerst gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 BFA-VG festgenommen. Am 24.04.2020 wurde ein Festnahmeauftrag vom BFA-Journaldienst (zuerst mündlich um 08.00 Uhr) gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG gegenüber der XXXX Fremdenpolizei erlassen, da die Voraussetzungen zur Verhängung einer Sicherungsmaßnahme vorlagen. Dieser Festnahmeauftrag wurde am 24.04.2020 (10.12 Uhr) schriftlich an die XXXX Fremdenpolizei übermittelt. Am 24.04.2020 wurde der BF von der XXXX , Fremdenpolizei niederschriftlich einvernommen. Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme brachte der BF vor, am 26.01.2020 wieder nach Österreich eingereist zu sein. Im Auftrag des BFA wurden auch ergänzende Fragen gestellt. (Ende der Befragung 10.15 Uhr). Nach der Befragung, am 24.04.2020 (12.00 Uhr) stellte der BF im Stande der Anhaltung den vierten Antrag auf internationalen Schutz. Am 24.04.2020 - nach der vierten Antragstellung auf internationalen Schutz - erstellte das BFA einen Aktenvermerk zur Aufrechterhaltung der Anhaltung. Dem BF wurde der Aktenvermerk am 24.04.2020 um 13.45 Uhr nachweislich ausgefolgt.
Mit Mandatsbescheid des BFA, XXXX , vom 24.04.2020, vom BF übernommen am 24.04.2020 um 15.33 Uhr, wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet. Dagegen erhob der BF Beschwerde.
Im Bundesgebiet leben die Mutter sowie sechs Geschwister des BF. Der BF lebt mit seinen Angehörigen nicht im gemeinsamen Haushalt. Der BF war zuletzt bis zum 18.09.2015 in Österreich gemeldet. Der BF verfügt über Barmittel in der Höhe von 250 Euro und hat keine legalen beruflichen Anknüpfungspunkte. Der BF ist in Österreich nicht legal erwerbstätig, er trat im Zuge seines Aufenthaltes strafrechtlich nach dem Suchtmittelgesetz in Erscheinung. Der BF reiste immer wieder illegal nach Österreich ein und wurde schon 2 Mal abgeschoben. Der BF verfügt über ein soziales Netz im Bundesgebiet, das ihm ein Leben im Verborgenen ermöglicht. Der BF ist grundsätzlich gesund und arbeitsfähig sowie jedenfalls haftfähig. Der Beschwerdeführer verhält sich im Verfahren seit Jahren in höchstem Maße nicht vertrauenswürdig und verwendete Aliasdaten.
Zur Überstellung des BF ist auszuführen, dass sobald die Entscheidung im Schutzverfahren durchführbar ist, die Überstellung des BF organisiert werden kann. Die serbischen Behörden sind bemüht ihre Staatsbürger so rasch wie möglich in den Heimatstaat zurückzuholen. Nach derzeitigem Informationsstand sind Rückführungen nach Serbien wieder mit Ende Mai möglich. Eine Überstellung könnte somit ab Durchführbarkeit der Entscheidung im internationalen Schutzverfahren zeitnahe erfolgen. Der BF verfügt über einen gültigen Reisepass und ist die Erlangung eines Heimreisezertifikates daher nicht notwendig. Ergänzend wird festgehalten, dass es dem BF jederzeit frei steht, über den XXXX einen Antrag auf freiwillige Rückkehr zu stellen.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA sowie den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes bezüglich des Beschwerdeführers. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und dem bisherigen Verfahren ergeben sich aus der Aktenlage.
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität XXXX und zur Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den vom BFA sowie vom Bundesverwaltungsgericht getroffenen Feststellungen. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person des BF im gegenständlichen Verfahren.
Die Feststellungen zur Straffälligkeit des BF in Österreich ergeben sich aus dem Strafregisterauszug sowie insbesondere dem Urteil des Landesgerichtes XXXX , vom 23.05.2012. Die fehlende Vertrauenswürdigkeit ergibt sich aus dem bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers.
Die Feststellungen bezüglich der Wohnsitzmeldungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Nachschau im Zentralen Melderegister. Die Feststellungen die Barmittel des BF betreffend ergeben sich aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung. Die Feststellungen zu den Familienangehörigen des BF in Österreich ergeben sich aus der niederschriftlichen Befragung sowie der Beschwerde. Das Fehlen legaler beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet ergibt sich aus der Aktenlage.
Die Feststellungen zur Festnahme und der weiteren Anhaltung ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt und entsprechen dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes (Einsicht in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung).
Der fremdenrechtliche Status des Beschwerdeführers - vierte Antragstellung auf internationalen Schutz - ergibt sich aus der Aktenlage.
Die realistische Möglichkeit der Rücküberstellung ergibt sich aus der Stellungnahme des BFA.
Im vorliegenden Fall ist eine Abschiebung nach Serbien ab Ende Mai möglich.
Substanzielle gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers wurden in der Beschwerde nicht behauptet und sind auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich. Eine grundsätzliche Haftunfähigkeit wurde in der Beschwerde ebenfalls nicht behauptet. Die Haftfähigkeit des BF ergibt sich aus dem Befund und Gutachten des Amtsarztes vom 18.05.2020.
Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.
3. Rechtliche Beurteilung
Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: „Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.“
Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:
§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.
Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.
§ 77 FPG Gelinderes Mittel
Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.
Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen h