Entscheidungsdatum
03.07.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
I408 2232496-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion XXXX , vom 14.05.2020, ZI. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Unmittelbar nach seiner Einreise in Österreich wurde der Beschwerde am 01.07.2019 beim Verkauf von Heroin aufgriffen und in Haft genommen.
Bereits mit Bescheid vom 23.07.2019 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß erlassen (Spruchpunkt II.), und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Zudem wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), eine Frist zur freiwilligen Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Ausschlaggebend für dieses Einreiseverbot war der ungerechtfertigte Aufenthalt des Beschwerdeführers, verbunden mit seiner Mittellosigkeit. Diese Entscheidung erwuchs nach persönlicher Zustellung in der Justizanstalt XXXX und Nichteinbringung eines Rechtsmittels in Rechtskraft.
Am 31.07.2019 wurde die belangte Behörde von der Anklagerhebung gegen den Beschwerdeführer in Kenntnis gesetzt.
Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 19.09.2019, XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall und Abs. 4 Z 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
Mit Urteil des Oberlandesgerichtes XXXX vom 18.12.2019, XXXX wurde der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers teilweise Folge gegeben und im Strafausspruch dahin abgeändert, dass die Freiheitsstrafe auf zwei Jahre und sechs Monate herabgesetzt wurde.
Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 11.03.2020 wurde dem in Haft befindlichen Beschwerdeführer die Möglichkeit gegeben zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem befristeten Einreiseverbot eine schriftliche Stellungnahme binnen 10 Tagen abzugeben, wovon der Beschwerdeführer keinen Gebrauch machte.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 14.05.2020 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß erlassen (Spruchpunkt II.), und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Zudem wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), eine Frist zur freiwilligen Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).
Der Beschwerdeführer erhob durch seine rechtliche Vertretung nur gegen Spruchpunkt IV. fristgerecht Beschwerde. Es wurde die fehlende persönliche Einvernahme des Beschwerdeführers moniert und auf private Anknüpfungspunkte in Frankreich verwiesen. Welters wurde beantragt, zum Beweis seiner guten Führung eine Stellungnahme der Justizanstalt, in welcher sich der Beschwerdeführer befindet, einzuholen.
Die gegenständliche Beschwerde wurde mit dem maßgeblichen Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht am 30.06.2020 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Serbien. Seine Identität steht fest.
Nachdem der Vater des Beschwerdeführers bereits im Mai 2019 einem verdeckten Ermittler größere Mengen an Suchtgift angeboten hatte, reiste der Beschwerdeführer Ende Juni als Tourist in Österreich ein, transportierte von Salzburg nach Linz insgesamt 467,4 Gramm Heroin mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 47% (entspricht zumindest 219 Gramm Reinsubstanz Heroin) und wurde zwei Tage später beim Verkauf betreten und in Haft genommen.
Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 19.09.2019, XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall und Abs. 4 Z 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
Bei der Strafzumessung wertete das Gericht als mildernd das umfassende und reumütige Geständnis, die Schadengutmachung durch Sicherstellung und den bisher ordentlichen Lebenswandel. Als erschwerend wurde das mehr als zweifache Überschreiten der 25fachen Grenzmenge gewertet. Die Gewährung einer teilbedingten Strafnachsicht gemäß § 43a Abs. 4 StGB scheiterte daran, dass niemals mit hoher Wahrscheinlichkeit vom künftigen Wohlverhalten des Beschwerdeführers ausgegangen werden könne, weil dieser keinen Beruf erlernt habe und auch sein Vater im internationalen illegalen Drogenhandel verstrickt sei.
Mit Urteil des Oberlandesgerichtes XXXX vom 18.12.2019, XXXX wurde die Freiheitsstrafe auf zwei Jahre und sechs Monate herabgesetzt.
Betreffend die Strafzumessung bestätigte das Oberlandesgericht, dass eine teilbedingte Strafnachsicht alleine mit Blick auf die Tatumstände, nämlich den Verkauf einer derart großen Menge Heroin, deren Beschaffung schon einen hohen Planungsaufwand erzwinge, nicht angezeigt sei. Der Beschwerdeführer sei zwar ein unbescholtener und sich geständig verantwortender Ersttäter, bei welchem grundsätzlich anzunehmen wäre, dass die erstmalige strafgerichtliche Verurteilung ohne gänzlichen Vollzug der verhängten Strafe genügend Eindruck hinterlasse und daher geeignet wäre, ihn von weiteren Delinquenzen abzuhalten. Allerdings könne, völlig losgelöst von der Person seines Vaters, angesichts der tatindizierten hohen kriminellen Energie nicht mit der nötigen hohen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer auch bei bedingter Nachsicht eines Teils der Strafe nicht mehr delinquieren werde. Allerdings war die Strafe auf zwei Jahre und sechs Monate herabzusetzen, weil dem Beschwerdeführer neben seinem reumütigen Geständnis und der Sicherstellung des Suchtgiftes, insbesondere seine Unbescholtenheit zugutekomme und demgegenüber erschwerend allein der Umstand des mehr als zweifachen Überschreitens der fünfundzwanzigfachen Grenzmenge stehe.
Der Beschwerdeführer war in Österreich nie aufhältig bzw. behördlich gemeldet. Er hat keinen Beruf erlernt und lukrierte zuletzt nach eigenen Angaben ein minimales Einkommen aus dem familiären Gemüseanbau in Serbien. Seit 01.07.2019 befindet er sich in Haft.
In der Beschwerde wird erstmals ein regelmäßiger Kontakt zu einer Schwester und weiteren Verwandten in Frankreich erwähnt. Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet oder Schengenraum über maßgebliche private oder familiäre Bindungen verfügt.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes.
An der Identität des Beschwerdeführers bestehen keine Zweifel.
Die Feststellungen zu seiner Person und seinem Aufenthalt in Österreich sowie zu seiner strafgerichtlichen Verurteilung ergeben sich zweifelsfrei aus den Urteilen des Landesgerichts XXXX vom 19.09.2019, XXXX und des Oberlandesgerichtes XXXX vom 18.12.2019, XXXX .
Wenn der Beschwerdeführer in der Beschwerde vorbringt, über hinreichende finanzielle Mittel und familiäre Bezugspunkte in einem anderen EU-Mitgliedsstaaten, nämlich in Frankreich, zu verfügen, vermochte er der Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht substantiiert entgegenzutreten. Zum einen stehen sie im eklatanten Widerspruch zu den Feststellungen der Strafgerichte, wonach der Beschwerdeführer keinen Beruf erlernt hat und in schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, zum anderen werden in der Beschwerde weder nähere Angaben zu den besagten Angehörigen oder ein allfälliges Abhängigkeitsverhältnis vorgebracht, noch Belege hinsichtlich seiner Finanzen und der Herkunft allfälliger Geldmittel vorgelegt. In Ermangelung des Dar- bzw. Anbietens von Beweismitteln und objektivierbaren Angaben genügt das erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers nicht als substantiierte Entgegnung.
In der Beschwerde wird moniert, die belangte Behörde habe es unterlassen, den Beschwerdeführer zu seinen genauen Lebensumständen und seinem Privat- und Familienleben zu befragen. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer die ihm von der belangten Behörde eingeräumte Gelegenheit zur Erstattung einer Stellungnahme zu einem allfälligen Privat- und Familienleben im Bundesgebiet oder einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, die ihm in der Justizanstalt persönlich ausgehändigt worden sind, nicht wahrgenommen und dadurch seine Mitwirkungspflicht verletzt hat. Er verfügt laut Beschwerde über Deutschkenntnisse auf A2-Niveau und hätte sich im Falle von Verständnis- oder Sprachschwierigkeiten an Unterstützungsinstitutionen in der Strafvollzugsanstalt wenden können. Spätestens zum Zeitpunkt der Beschwerde musste sich der nunmehr rechtsvertretene Beschwerdeführer im Klaren sein, auf welche Umstände es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Einreiseverbotes ankommt. Dennoch wurden in der Beschwerde keine konkreten Angaben getätigt, die geeignet wären, die Feststellungen der belangten Behörde zum nicht vorhandenen Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Zweifel zu ziehen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Zur Erlassung eines auf die Dauer von zehn Jahren befristeten Einreiseverbotes (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):
Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:
„(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(2) […]
(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;
8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder
9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt. […]“
In Bezug auf die für ein Einreiseverbot zu treffende Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist - abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des Revisionswerbers - darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist. Diese Prognose ist nachvollziehbar zu begründen (VwGH 16.05.2019, Ra 2019/21/0104).
Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (VwGH 20.12.2011, 2011/23/0256; 22.1.2013, 2012/18/0143).
Bei der Bemessung des Einreiseverbotes, kann sich die Behörde nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen zurückziehen, sondern ist insbesondere auch die Intensität der privaten und familiären Bindungen zu Österreich einzubeziehen (VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).
Der Beschwerdeführer ist Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.
Die belangte Behörde stützte das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 und Z 2 FPG, da der Beschwerdeführer von einem Gericht, wegen einer innerhalb von drei Monaten nach seiner Einreise begangenen Vorsatztat, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist.
Sowohl aus dem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 19.09.2019 als auch aus dem Urteil des Oberlandesgerichtes XXXX vom 18.12.2019 geht das Gefahrenpotential, welches vom Beschwerdeführer ausgeht, eindeutig und zweifelsfrei hervor.
Ist der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt, so ist das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit indiziert (VwGH 27.01.2015, 2013/22/0298; vgl. VwGH 30.07.2014, 2013/22/0281).
Die Art und Schwere der begangenen Straftat, nämlich die wohl geplante und organisierte Vorgehensweise bei der Durchführung des Suchtgifthandels sowie der Verkauf und somit die Überlassung von Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge zeigen, dass das persönliche Verhalten des Beschwerdeführers eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr darstellt. Auch die Verhängung der unbedingten Freiheitsstrafe zeugen von einem massiven Gefährdungspotential des Beschwerdeführers.
Dem Beschwerdeführer kann auch keine positive Zukunftsprognose attestiert werden. Ein Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0118). Da sich der Beschwerdeführer derzeit in Haft befindet, kann ihm noch kein Gesinnungswandel und somit keine positive Zukunftsprognose erteilt werden. Daran kann auch sein reumütiges Geständnis im Strafverfahren nichts ändern.
Insoweit in der Beschwerde vorgebracht wurde, dass er die Tat bereue, für die er verurteilt wurde und es die belangte Behörde unterlassen habe, sich mit dem Verhalten des Beschwerdeführers während des letzten halben Jahres in Strafhaft zu befassen, vermag dies der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, zumal der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (VwGH vom 26.01.2017, Ra 2016/21/0233). Die in Haft verbrachte Zeit hat bei der Berechnung des Zeitraumes eines behaupteten Wohlverhaltens außer Betracht zu bleiben (VwGH vom 21.01.2010, 2009/18/0485). Aus diesem Grund war auch die beantragte Anforderung einer Stellungnahme der Justizanstalt nicht relevant.
Die Gefährlichkeit der Persönlichkeitsstruktur des Beschwerdeführers kommt auch dadurch zum Tragen, dass der Beschwerdeführer offenbar unmittelbar nach seiner Einreise straffällig wurde und auch aus dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen ist, dass er ein gesetzeskonformes Leben führt oder über ein, seine Person betreffendes schützenswertes Privatleben führt. In diesem Zusammenhang wird auf die Ausführungen im Erkenntnis des Oberlandesgerichtes XXXX vom 18.12.2019 hingewiesen, „dass niemals mit hoher Wahrscheinlichkeit vom künftigen Wohlverhalten des Beschwerdeführers ausgegangen werden könne, da er keinen Beruf erlernt habe und sein Vater im internationalen illegalen Drogenhandel verstrickt sei“.
Wenn in der Beschwerde angeführt wird, dass auch zu berücksichtige wäre, dass das Oberlandesgericht XXXX die Strafe des Beschwerdeführers um ein halbes Jahr herabgesetzt habe, dann wird darauf hingewiesen, dass es im Urteil vom 18.12.2019 heißt: „Der Beschwerdeführer sei zwar ein unbescholtener und sich geständig verantwortender Ersttäter, bei welchem grundsätzlich anzunehmen wäre, dass die erstmalige strafgerichtliche Verurteilung ohne gänzlichen Vollzug der verhängten Strafe genügend Eindruck hinterlasse und daher geeignet wäre, ihn von weiteren Delinquenzen abzuhalten. Allerdings könne, völlig losgelöst von der Person seines Vaters, angesichts der tatindizierten hohen kriminellen Energie nicht mit der nötigen hohen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer auch bei bedingter Nachsicht eines Teils der Strafe nicht mehr delinquieren werde. Allerdings war die Strafe auf zwei Jahre und sechs Monate herabzusetzen, da dem Beschwerdeführer neben seinem reumütigen Geständnis und der Sicherstellung des Suchtgiftes, insbesondere seine Unbescholtenheit zugutekommt und demgegenüber erschwerend allein der Umstand des mehr als zweifachen Überschreitens der fünfundzwanzigfachen Grenzmenge stehe.“
Auch der VwGH hat in Bezug auf Suchtmitteldelinquenz wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (VwGH 22.11.2012, 2011/23/0556; 20.12.2012, 2011/23/0554).
Bei Erlassung eines Einreiseverbots ist unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK ihre Verhältnismäßigkeit am Maßstab des § 9 BFA-VG zu prüfen. Wird durch ein Einreiseverbot in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung demnach nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0062).
Was die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers betrifft, bleibt festzuhalten, dass der Beschwerdeführer lediglich zur Tatbegehung nach Österreich einreiste und im Bundesgebiet folglich über keine privaten Anknüpfungspunkte verfügt, wenn überhaupt sind diese in Frankreich zu finden.
Der Ansicht der belangten Behörde, dass die Erlassung des Einreiseverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz der Rechte anderer) dringend geboten sei, steht nichts entgegen und wird das persönliche Interesse des Beschwerdeführers durch das strafbare Verhalten stark gemindert.
Bei Abwägung der genannten gegenläufigen Interessen ist sohin zur Auffassung zu gelangen, dass die Erlassung des Einreiseverbotes zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten ist und somit den Interessen des Beschwerdeführers überwiegen.
Daher ist die belangte Behörde somit zu Recht von der Rechtsmäßigkeit der Verhängung eines Einreiseverbotes ausgegangen, erweist sich dieses nämlich vor dem Hintergrund des bisher Ausgeführten als erforderlich, um der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährlichkeit zu begegnen.
Das dargestellte Verhalten des Beschwerdeführers ist jedenfalls Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit an der Verhinderung von strafbaren Handlungen massiv zuwidergelaufen.
Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose kann daher eine Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit als gegeben angenommen werden, sodass die anlassbezogen verhängte Dauer des Einreiseverbotes gerechtfertigt erscheint.
Angesichts dessen sind letztlich auch Schwierigkeiten bei der Gestaltung der Lebensverhältnisse, die infolge der Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat auftreten können, im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen und insgesamt an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hinzunehmen (vgl. VwGH 15.03.2016, Ra 2015/21/0180).
Es kann daher der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall von einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgegangen ist, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich machen würde, zumal diese Maßnahme angesichts des Verstoßes gegen österreichischen Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommen persönlichen Fehlverhaltens zur Verwirklichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele unbedingt geboten erscheint.
Der räumliche Umfang der in § 53 Abs. 1 FPG festgelegten Anweisung ergibt sich aus den unionsrechtlichen Bestimmungen und erfasst somit jene Staaten, für die die RückführungsRL gilt. In diesem Sinne ist der in § 53 Abs. 1 FPG verwendete Begriff "Hoheitsgebiet der MS" auszulegen (VwGH, 22.5.2013, 2013/18/0021). Die Festlegung eines anderen räumlichen Geltungsbereiches bzw. eine Beschränkung des Einreiseverbots auf Österreich liegt nicht in der Kompetenz der belangten Behörde. Weder im FPG noch in der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Rückführungsrichtlinie) ist vorgesehen, dass die Mitgliedsstaaten bei der Erlassung eines Einreiseverbotes dessen Geltung für ein bestimmtes Gebiet der Union aussetzen könnten. Was die Dauer des von der belangten Behörde verhängten Einreiseverbotes anbelangt, so erweist sich diese ebenso als rechtmäßig:
Ein auf den Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 und Z 2 FPG gestütztes Einreiseverbot kann bis zu einer Dauer von 10 Jahren erlassen werden.
Die Erlassung eines auf Dauer von 10 Jahren ausgesprochenen Einreiseverbotes durch die belangte Behörde steht im Hinblick auf die bereits näher dargelegten Umstände, die zur Erlassung des Einreiseverbotes geführt haben, insbesondere im Hinblick auf den Schutz der Gesellschaft und die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität und in Hinblick auf die kriminelle Persönlichkeitsstruktur des Beschwerdeführers in angemessener Relation. Dies nicht zuletzt deshalb, weil der Beschwerdeführer ausschließlich deshalb nach Österreich kam, um hier in den organisierten Suchtgifthandel einzusteigen.
Eine weitere Reduktion war auch bei Berücksichtigung von privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers nicht möglich, zumal er im Bundesgebiet weder Verwandte noch nahe Angehörige hat. Die mit dem Einreiseverbot einhergehende zeitweilige Unmöglichkeit eines etwaigen persönlichen Kontakts mit seiner Schwester in Frankreich ist im öffentlichen Interesse an der Verhinderung schwerer Suchtgiftdelikten und einem geordneten Fremdenwesen in Kauf zu nehmen.
Da sich das angeordnete Einreiseverbot als rechtmäßig und die festgesetzte Dauer von zehn Jahren des Einreiseverbotes als angemessen erwiesen haben, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt werden konnte, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben. Dem angefochtenen Bescheid ging ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren der belangten Behörde voran. Die belangte Behörde hat die die entscheidungswesentlichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung offengelegt. Das Gericht teilt die tragenden Erwägungen der behördlichen Beweiswürdigung, zumal keine entscheidungswesentlichen Widersprüche aufgetreten sind. In der Beschwerde wurde kein für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet, der dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegensteht oder darüber hinausgeht.
Bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zwar besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 MRK (sonst) relevanten Umstände. Daraus ist aber noch keine "absolute" (generelle) Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das VwG von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233). Da hier in der Beschwerde keine über den festgestellten Sachverhalt hinausgehenden Tatsachen vorgebracht werden und auch bei einem positiven persönlichen Eindruck von dem Beschwerdeführer kein Entfall des Einreiseverbots denkbar ist, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht notwendig.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Einreiseverbot Gefährdungsprognose Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft SuchtmitteldeliktEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I408.2232496.1.01Im RIS seit
11.03.2021Zuletzt aktualisiert am
11.03.2021