TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/7 W222 1431023-2

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Veröffentlicht am 07.12.2020
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Entscheidungsdatum

07.12.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §9 Abs1
AsylG 2005 §9 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z4
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W222 1431023-2/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. OBREGON als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die Rechtsanwälte Mag. Wilfried EMBACHER und Dr. Thomas NEUGSCHWENDTNER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.03.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung

A)

1. zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und der Spruchpunkt III., soweit sich dieser auf die erlassene Rückkehrentscheidung und die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung bezieht (zweiter und dritter Satz des Spruchpunktes III.), sowie der Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

2. beschlossen:

Hinsichtlich der Beschwerde gegen die Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides wird das Verfahren wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwGVG idgF eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 03.04.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 19.11.2012 den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis zum 18.11.2013 (Spruchpunkt III.). Die gegen den Spruchpunkt I. des genannten Bescheides erhobene Beschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom 29.08.2014, GZ: XXXX , als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes bzw. Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.11.2013 bzw. 24.11.2014 wurde dem Beschwerdeführer die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005, zuletzt bis zum 18.11.2016, erteilt.

Am 08.02.2017 fand vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Einvernahme des Beschwerdeführers hinsichtlich seines Antrages auf Verlängerung des subsidiären Schutzes vom 20.09.2016 statt. Dabei brachte er im Wesentlichen vor, er stamme aus Baghlan und sei vor 16 Jahren in den Iran gegangen. Der Beschwerdeführer kenne Afghanistan somit nicht und habe auch Angst im Iran zu leben. Er würde sein Leben hier in Österreich aufbauen und eine Lehre als Installateur oder Elektriker absolvieren wollen. Der Beschwerdeführer habe in Österreich bereits Praktika absolviert und eineinhalb Jahre geringfügig als Hilfsarbeiter gearbeitet; den Rest habe er vom Staat erhalten. Derzeit besuche der Beschwerdeführer einen Vorbereitungskurs zur Unterstützung für unbegleitete junge Flüchtlinge.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 08.03.2017 erkannte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den mit Bescheid vom 19.11.2012, Zl.: XXXX , zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen ab (Spruchpunkt I.) und entzog dem Beschwerdeführer die mit Bescheid vom 19.11.2012 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt IV.).

Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zusammengefasst aus, aufgrund der vorliegenden aktuellen Länderfeststellungen könne im Fall des Beschwerdeführers von keiner Rückkehrgefährdung gesprochen werden. Die Lage habe sich für den Beschwerdeführer als nunmehr volljährige, männliche, gesunde, arbeitsfähige und alleinstehende Person in Bezug auf eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul geändert. Ferner habe er trotz seines mehrjährigen Aufenthaltes in Österreich keine besonderen Bindungen zu Österreich oder Österreichern darlegen können.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit am 29.03.2017 eingelangtem Schreiben fristgerecht Beschwerde und monierte im Wesentlichen, im Vergleich zu den der bekämpften Entscheidung zugrunde gelegten Länderberichten habe sich die Sicherheitslage auch in Kabul weiter verschlechtert. Aufgrund der aktuellen Sicherheitslage liege jedenfalls eine Gefährdung des Lebens des Beschwerdeführers im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan vor. Weiters verwies der Beschwerdeführer – unter Vorlage diverser Unterlagen – auf seine Integration im Bundesgebiet. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde zum Ergebnis kommen müssen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei. Darüber hinaus würden sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung plus vorliegen, zumal der Beschwerdeführer intensive familiäre und private Bindungen zum Bundesgebiet habe und über Deutschkenntnisse auf dem Sprachniveau B1 verfüge, wodurch er mittlerweile Modul 2 der Integrationsvereinbarung erfülle.

Die gegenständliche Beschwerde gegen den Bescheid vom 08.03.2017 und der bezugshabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 04.04.2017 vorgelegt.

Am 17.10.2017 teilte der Beschwerdeführer unter Vorlage einer Kopie seines Ausbildungsvertrages mit, dass er seit 01.09.2017 als Lehrling für die XXXX tätig sei. Seine privaten Bindungen zum Bundesgebiet seien dadurch maßgeblich intensiviert.

Mit Eingabe vom 04.10.2019 brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, er verfüge mittlerweile über ein monatliches Nettoeinkommen von mehr als 1.000,00 EUR, womit er in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt entsprechend den Bestimmungen des NAG zu sichern. Aus diesem Grund habe der Beschwerdeführer am 12.09.2019 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ eingebracht.

Am 10.01.2020 reichte die belangte Behörde weitere Unterlagen nach.

Am 16.10.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, im Rahmen welcher der Beschwerdeführer einvernommen wurde.

Am 17.03.2020 wurde bekanntgegeben, dass der Beschwerdeführer nunmehr einen Daueraufenthalt – EU erhalten habe. Aus diesem Grund ziehe er seine Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. zurück. Hinsichtlich der restlichen Spruchpunkte werde die Beschwerde jedoch ausdrücklich aufrechterhalten, insbesondere werde die Erlassung einer Rückkehrentscheidung weiterhin bekämpft. Es bestehe keine Grundlage für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, zumal der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet rechtmäßig sei. Er verfüge über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan und stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 03.04.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 19.11.2012, Zl.: XXXX , den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ab und erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu. Die gegen den abweisenden Spruchpunkt erhobene Beschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom 29.08.2014, GZ: XXXX , als unbegründet abgewiesen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verlängerte die befristete Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers zuletzt bis zum 18.11.2016.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 08.03.2017 erkannte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den mit Bescheid vom 19.11.2012 zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen ab (Spruchpunkt I.) und entzog dem Beschwerdeführer die mit Bescheid vom 19.11.2012 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt IV.). Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, wobei er die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides am 17.03.2020 zurückzog.

Der Beschwerdeführer hat im November 2014 die Pflichtschulabschlussprüfung bestanden, ging von Oktober 2014 bis Juni 2016 einer geringfügigen Beschäftigung nach, hat das ÖSD-Sprachzertifikat auf dem Deutschniveau B1 gut bestanden und absolviert seit 01.09.2017 eine Lehre als Elektrotechniker-Anlagen und Betriebstechniker bei der XXXX .

Am 20.01.2020 wurde dem Beschwerdeführer vom Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ mit Gültigkeit bis zum 20.01.2025 ausgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Pkt. I. angeführte Verfahrensgang sowie die Feststellungen zum Verfahrensablauf ergeben sich aus dem Akteninhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit sowie zu seiner Volljährigkeit beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers vor der Verwaltungsbehörde sowie vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die Feststellungen zur Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet stützen sich auf die vorgelegten Urkunden, an deren Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel bestehen.

Die Feststellung zur Beschwerdezurückziehung hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. stützt sich auf die am 17.03.2020 eingelangte Bekanntgabe der Rechtsvertretung.

Dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ erteilt wurde, ergibt sich aus der Vorlage seines Aufenthaltstitels sowie der Einsicht in das Informationsverbundsystem Zentrale Fremdenregister.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht unter anderem über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z 1).

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2018/57, geregelt (§ 1 leg. cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Seine Entscheidung hat es an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage auszurichten (vgl. VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076).

Zu A):

2. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides:

Der Beschwerdeführer hat seine Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides mit Schriftsatz vom 17.03.2020 zurückgezogen. Der angefochtene Bescheid ist hinsichtlich dieser Spruchpunkte somit in Rechtskraft erwachsen, weshalb das diesbezüglich beendete Verfahren mit Beschluss einzustellen war.

1. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkt III. und IV. des angefochtenen Bescheides:

Mit Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 und erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG. Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Mit Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wurde die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

Zunächst ist festzuhalten, dass die amtswegige Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 einen von den übrigen Spruchpunkten trennbaren Spruchpunkt bildet, sodass auch das rechtliche Schicksal der Nichterteilung eines solchen Aufenthaltstitels nicht von dem der Rückkehrentscheidung abhängt (vgl. VwGH 19.09.2017, Ra 2017/20/0167). Zwar erweist sich die Erlassung einer Rückkehrentscheidung als unzulässig, wenn ein Titel nach § 57 AsylG 2005 zu erteilen ist (vgl. § 10 AsylG 2005; siehe auch VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0023); umgekehrt bedeutet die Aufhebung einer Rückkehrentscheidung nicht, dass damit auch der amtswegigen Prüfung, ob ein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 zu erteilen ist, der Boden entzogen wäre (vgl. VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146, mwN; Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht (2016) § 58 AsylG 2005, E1).

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

„1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.“

Wie die belangte Behörde zutreffend ausführte, liegen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist noch der Beschwerdeführer ein Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 AsylG 2005 behauptet noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhalts im Ermittlungsverfahren hervor.

Im Ergebnis war dem Beschwerdeführer daher ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht zu erteilen und die Beschwerde in diesem Umfang als unbegründet abzuweisen.

Weiters hat die belangte Behörde gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III., zweiter und dritter Satz). Dies stellt sich vor dem Hintergrund, dass dem Beschwerdeführer mittlerweile am 20.01.2020 vom Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ ausgestellt wurde, als unzulässig dar:

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Der Beschwerdeführer verfügt gegenständlich allerdings über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“, sodass die Erlassung einer auf § 52 Abs. 2 FPG gestützten Rückkehrentscheidung nicht zulässig war.

Die von der belangten Behörde erlassene Rückkehrentscheidung war daher im Ergebnis als rechtswidrig aufzuheben. Dies bedingt auch den darauf aufbauenden Ausspruch über die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III., dritter Satz) sowie die Festsetzung der Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV.).

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Aufenthaltstitel ersatzlose Teilbehebung Rückkehrentscheidung behoben Teileinstellung Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W222.1431023.2.00

Im RIS seit

11.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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