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L55004 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Oberösterreich;Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des E in S, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 21. März 1996, Zl. N-100075/1996-Mö, betreffend naturschutzrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer richtete am 21. Juni 1995 an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (BH) ein Schreiben, in welchem er ihr folgendes mitteilte:
Er besitze in Zell am Moos, U nn, eine Wochenendhütte auf einem gemieteten Grundstück. Das Mietverhältnis habe zwischen seinem Vater und dem Vermieter bzw. dessen Vater seit 1952 bestanden. 1988 habe der Beschwerdeführer die Verträge übernommen. Seit 1952 bestehe auch ein Badesteg, der seither durchgehend bestanden habe. Dies lasse sich an den im See verbliebenen, nicht mehr tauglichen Holzpfählen nachvollziehen, die unter Wasser noch sichtbar seien. Während der letzten Jahre seien die Stegbretter nur an den Tagen ausgelegt gewesen, an denen der Beschwerdeführer Gelegenheit gehabt habe, trotz seines Wohnsitzes in Vorarlberg den Badeplatz zu nützen. Im Winter und bei längerer Abwesenheit seien die auf die See-Einbauten gelegten Bretter jeweils entfernt worden, um einerseits unbefugte Benutzung und andererseits Wetterschäden besonders im Winter zu vermeiden. Es bestehe für diesen Badesteg auch ein Mietvertrag mit dem Konsortium Zeller-Irrsee. Nach seiner Übersiedlung nach Salzburg im September 1994 habe der Beschwerdeführer nun wieder die Möglichkeit, den Badeplatz intensiver zu nutzen und er habe daher begonnen, Instandsetzungsarbeiten durchzuführen, die aber an der bisherigen Ausführung nichts änderten. Diese Arbeiten wolle er der Behörde hiemit bekanntgeben, um Mißverständnissen vorzubeugen, da ja alle Arten von handwerklichen Aktivitäten im Naturschutzgebiet sehr heikel seien.
Die BH übermittelte dieses Schreiben zuständigkeitshalber der belangten Behörde. Diese teilte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 30. Oktober 1995 mit, die Errichtung einer Steganlage im Zellersee sei aus naturschutzfachlicher Sicht als Eingriff in das Naturschutzgebiet zu bewerten. Von einem Altbestand könne aus rechtlicher Sicht nur gesprochen werden, wenn am Altbestand Sanierungsmaßnahmen durchgeführt würden bzw. ein verfallener Steg unverzüglich in den ursprünglichen Abmessungen wieder errichtet werde. Zur Frage, ob es sich im konkreten Fall um einen Altbestand handle, sei ein Gutachten einer Amtssachverständigen für Naturschutz eingeholt worden. Aus diesem Gutachten gehe hervor, daß es sich bei dem Steg, den der Beschwerdeführer errichte, um eine Neuerrichtung handle. Aufgrund der gegebenen Rechtslage könne für die Errichtung dieses Steges keine Ausnahmebewilligung erteilt werden, da es sich um einen Eingriff in ein Naturschutzgebiet handle.
In seiner Stellungnahme hiezu erklärte der Beschwerdeführer, zum Zeitpunkt der Unterschutzstellung des Zellersees im Jahr 1959 habe der bewegliche Steg seiner Familie schon sieben Jahre bestanden, weshalb der geschützte Zustand auch diesen Steg beinhalte und Instandsetzungen an diesem Steg nicht die Qualität eines Eingriffes in ein Naturschutzgebiet hätten. Der Beschwerdeführer erachte das Auswechseln erneuerungsbedürftiger Pfähle als nicht den Bestimmungen des Naturschutzgesetzes unterliegend und sehe sich aus diesem Grund nicht veranlaßt, ein Behördenverfahren zu diesem Thema einzuleiten.
Die belangte Behörde holte eine weitere Stellungnahme der Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz ein, in welchem die Gutachterin ihre Auffassung, der Steg des Beschwerdeführers stelle einen Eingriff in das Naturschutzgebiet dar, bekräftigte.
Der Beschwerdeführer blieb bei seiner Auffassung, das bloße Auswechseln einzelner Pfosten unterliege nicht dem Naturschutzgesetz und die Naturschutzbehörde sei daher nicht berufen, ein Verwaltungsverfahren einzuleiten.
Mit Bescheid vom 21. März 1996 fällte die belangte Behörde unter Berufung auf § 21 des Oberösterreichischen Naturschutzgesetzes 1995, LGBl. Nr. 37 (O.ö. NSchG 1995), eine Entscheidung des Inhaltes, daß dem Beschwerdeführer die naturschutzbehördliche Ausnahmebewilligung zur Errichtung einer Steganlage im Naturschutzgebiet Zellersee nicht erteilt wurde.
In der Begründung heißt es, aufgrund der durchgeführten Ermittlungen sowie der schlüssigen und in sich widerspruchsfreien Stellungnahmen der Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz stehe fest, daß es sich im konkreten Fall nicht um die Sanierung eines Altbestandes, sondern um die Neuerrichtung eines Steges handle. Angesichts der fachlichen Stellungnahme, der Gesetzeslage sowie der diesbezüglichen Judikatur stehe zweifelsfrei fest, daß durch die teilweise bereits durchgeführte Neuerrichtung eines Steges im Naturschutzgebiet Zellersee ein Eingriff in das Naturschutzgebiet gesetzt werde. Auch wenn ursprünglich ein Steg im Naturschutzgebiet vorhanden gewesen sei, sei dieser sukzessive verfallen und es stehe einwandfrei fest, daß es sich nunmehr um eine Neuerrichtung (vier neu eingeschlagene Piloten) handle. Dieser Eingriff in das Naturschutzgebiet sei mit der Rechtslage nicht vereinbar, weshalb auch keine Ausnahmebewilligung für diesen Steg habe erteilt werden können.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 23. September 1996, B 1371/96-6, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In dem ihm im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof aufgetragenen ergänzenden Schriftsatz machte der Beschwerdeführer geltend, bei richtiger Anwendung des Gesetzes hätte die belangte Behörde zu dem Ergebnis kommen müssen, daß Instandsetzungen eines seit jeher bestehenden hölzernen Steges auch in einem Naturschutzgebiet kein Eingriff im Sinne des Gesetzes seien und sohin die Frage der Erteilung einer Ausnahmebewilligung nicht verfahrensgegenständlich sein könne, weil es sich um keinen dem Gesetz unterliegenden Sachverhalt handle.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer die naturschutzbehördliche Ausnahmebewilligung zur Errichtung einer Steganlage im Naturschutzgebiet Zellersee versagt.
Bei einer Ausnahmebewilligung nach § 21 Abs. 4 O.ö. NSchG handelt es sich um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt. Einen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung hat der Beschwerdeführer aber im Zuge des gesamten Verwaltungsverfahrens nie gestellt; er hat vielmehr sogar ausdrücklich erklärt, er halte die von ihm als Instandsetzung eines bestehenden Steges angesehenen Maßnahmen nicht als dem O.ö. NSchG 1995 unterliegend an und sehe sich daher auch nicht veranlaßt, ein Behördenverfahren einzuleiten. Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer die Erteilung einer Ausnahmebewilligung versagt, obwohl ihr kein Antrag auf Erteilung einer solchen Bewilligung vorlag. Die Erlassung eines antragsbedürftigen Verwaltungsaktes ohne Vorliegen eines Antrages aber belastet den Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der Behörde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. März 1995, Zl. 93/17/0387, vom 23. Februar 1996, Zl. 93/17/0200, vom 25. Oktober 1996, Zl. 94/17/0300 u.v.a.).
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Stempelgebühren waren nur für zwei Ausfertigungen der Beschwerdeergänzung im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zuzuerkennen, nicht aber für die im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof erstatteten Schriftsätze (vgl. den hg. Beschluß vom 17. März 1986, Zl. 86/08/0002 u.a.).
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Allgemein VwRallg10/1 sachliche Zuständigkeit in einzelnen AngelegenheitenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996100247.X00Im RIS seit
11.07.2001