TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/14 W174 2153697-1

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Veröffentlicht am 14.12.2020
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Entscheidungsdatum

14.12.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
IntG §10
IntG §9

Spruch


W174 2153697-1/23E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Viktoria MUGLI-MASCHEK, als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, Diakonie und Flüchtlingsdienst, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.3.2017, Zl. 1090700009 - 151535155/BMI-BFA_STM_AST_01, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des bekämpften Bescheides gemäß §§ 3, 8 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. In Erledigung der Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. und IV. wird ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG iVm § 9 Abs. 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist.

III. Gemäß §§ 54 und 55 AsylG 2005 iVm §§ 9 und 10 Integrationsgesetz wird XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 12.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, sunnitischen Glaubens zu sein und der Volksgruppe der Paschtunen anzugehören, aus der Provinz Laghman zu stammen und auch in Kabul gelebt zu haben, wo er zwölf Klassen die Schule und drei Jahre die Universität besucht habe. Auch sei er als Angestellter im Bildungsministerium tätig und Mitglied der Partei Afghan Melat gewesen. Der Beschwerdeführer sei ledig und kinderlos, in der Heimat habe er seine Eltern und eine Schwester, in Österreich einen Bruder, der hier Asyl beantragt habe. Die Eltern hätten Grundstücke in Laghman und in Kabul habe die Familie ein Haus, der Vater sei aktiver Arzt, die Mutter pensionierte Krankenschwester.

Den Entschluss zur Ausreise habe der Beschwerdeführer vor zehn Monaten gefasst.

Zu seinem Fluchtgrund erklärte er Folgendes: „Ich wurde von den Taliban mit dem Tod bedroht, weil ich Mitglied der Partei Afghan Melat war. Zusätzlich war ich Angestellter im Bildungsministerium. 2013 habe ich für die Wahlkampanie (Präsident ASHRAF GHANI) gemeinsam mit meinem Parteikollegen […], der zugleich auch Leiter des Bildungsministeriums war, gearbeitet. Aus diesem Grund bin ich nach Österreich gekommen.“ Bei einer Rückkehr würden ihn die Taliban umbringen.

3. Am 22.11.2016 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt oder belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen. Dabei legte er zunächst folgende Dokumente vor:

•        Tazkira-Buch inkl. Englischer Übersetzung

•        Kopie Tazkira-Buch des Vaters

•        Mitgliedsausweis von Afghan Mellat

•        Ausweiskarte vom afghanischen Bildungsministerium

•        Abschlusszeugnis Highschool

•        Studienzeugnis inkl. Englischer Übersetzung

•        Kopie Aufenthaltskarte des Bruders und Lohnzettel

•        Vereinsbestätigung eines XXXX

•        2 Deutschkursbestätigungen ISOP (A1.1+A1.2)

•        Deutschzertifikat A1

•        2 Bestätigungen über außerordentliche Spracherwerbsmaßnahme der Caritas.

Der Beschwerdeführer erklärte im Wesentlichen, afghanischer Staatsbürger zu sein, der Volksgruppe der Paschtunen und dem sunnitischen Glauben anzugehören, in Kabul zwölf Klassen die Schule sowie drei Jahre die Universität besucht zu haben und ca. ein Jahr und neun Monate lang, während des Studiums als Angestellter im Bildungsministerium tätig gewesen zu sein. Danach sei er Mitglied der Partei Afghan Melat geworden. Auch sein Vater sei Parteimitglied gewesen und er selbst durch einen Freund, den Parteiobmann, Mitglied geworden. Es handle sich um eine sozialdemokratische Partei, die unter Präsident Karzai auch den Finanzminister gestellt habe. Er selbst sei nur einfaches Mitglied gewesen und habe keinen Lohn von der Partei bekommen.

Geboren sei der Beschwerdeführer in der Provinz Laghman, habe aber in Kabul gelebt und seinen Wohnsitz am 2.9.2015 verlassen. An seiner letzten Wohnadresse in Kabul hielten sich noch seine Eltern und seine Schwester auf. Ein Onkel väterlicherseits lebe in Laghman, ein weiterer in einem näher genannten Bezirk in Kabul. In Laghman hätten die Eltern mehrere Grundstücke, in Kabul besitze die Familie ein Haus. Es gehe ihnen gut, der Vater sei Arzt und XXXX gewesen. Jetzt sei er in Pension.

In Österreich lebe ein Bruder des Beschwerdeführers, der vor ca. 15 Jahren um Asyl angesucht habe. Die Familie eines Onkels lebe in Wien.

Im Falle einer Rückkehr in die Heimat habe der Beschwerdeführer Angst vor den Taliban. Zu seinem Fluchtgrund befragt, brachte er zunächst vor: „Beim Wahlkampf um das Amt des Präsidenten Ashraf Ghani 1393 hatte ich die Aufgabe jugendliche Leute (Studenten) einzuladen, um deren Stimmen für Ghani zu gewinnen. In Kabul hatte ich bereits genug Stimmen. Deshalb ging ich am 25.02.1393 nach Laghman um auch dort Stimmen zu gewinnen. Dort wurde ich von den Taliban bedroht. Sie haben einen Brief vor die Haustüre geworfen. Ich wohnte dort bei meinem Onkel. Den Brief habe ich nicht mehr. Das war am 27.02.1393.“

Anschließend sei der Beschwerdeführer nach Kabul zurückgekehrt, wo ihn 14 Monate später Mitglieder der Taliban abends auf der Straße gestoppt hätten. Sie hätten mit einem Landcruiser vor seinem Auto angehalten und als der Beschwerdeführer gesehen habe, dass bewaffnete Männer aus diesem Auto ausgestiegen seien, habe er einfach Gas gegeben und sei mit hoher Geschwindigkeit weitergefahren. Die Taliban hätten ihn bis zur zweiten Kreuzung verfolgt, wo Polizeibeamte gewesen seien. Der Beschwerdeführer habe bei diesen angehalten und gesagt, dass ihn bewaffnete Männer verfolgten. Die Verfolger habe er jedoch nicht mehr gesehen und die Polizeibeamten ihn mit ihrem Fahrzeug bis zur Privatklinik seines Vaters begleitet, den sie dort auch befragt hätten. Anschließend hätten die Polizisten den Beschwerdeführer und seinen Vater noch nach Hause begleitet. Ca. eine Woche später hätten Mitglieder der Taliban abends an die Haustüre des Beschwerdeführers geklopft, der zu dem Zeitpunkt jedoch bei seinem in einem anderen Bezirk Kabuls lebenden Onkel väterlicherseits zu Besuch gewesen sei. Dieser Onkel sei General des Militärs im Ruhestand. Die Mutter habe die Tür geöffnet und die Taliban nach dem Beschwerdeführer gefragt. Nachgefragt, woher der Beschwerdeführer wisse, dass es sich um Taliban gehandelt habe, antwortete er, dort in Kabul gebe es nur Taliban. Diese hätten behauptet, sie seien Freunde des Beschwerdeführers und er hätte sie eingeladen. Seine Mutter habe geantwortet, dass der Beschwerdeführer nicht zu Hause sei und er auch keine Freunde um die Uhrzeit einladen würde. Weiter sei nichts geschehen, die Taliban seien dann wieder gegangen und seine Mutter habe den Beschwerdeführer beim Onkel angerufen und ihm von dem Vorfall berichtete. Am nächsten Tag seien seine Eltern vorbeigekommen, der Vater habe mit dem Onkel geredet und gemeint, dass das Leben des Beschwerdeführers in Gefahr wäre und dessen Ausreise geplant. Er selbst habe sich noch weitere zehn Tage bei seinem Onkel aufgehalten und sei dann mittels Flugzeug legal ausgereist.

Weitere Vorfälle habe es weder mit ihm noch mit seiner Familie gegeben. Nachgefragt, warum gerade der Beschwerdeführer verfolgt werden solle, während seine Familie nach wie vor problemlos in Afghanistan lebe, antwortete er, seine Eltern seien alt und er der einzige Sohn. Die Sicherheitslage in Laghman sei schlecht. Vorgehalten, er müsse ja nicht in Laghman leben, meinte der Beschwerdeführer, die Familie hätte Grundstücke dort und sein Vater und seine Onkel würden monatlich Miete kassieren.

Dass die Taliban ihn erst 14 Monate nach dem Drohbrief verfolgt hätten, erklärte der Beschwerdeführer damit, dass er nicht mehr nach Laghman gegangen sei und sie hätten diese Zeit gebraucht, um ihn zu finden. Nachdem er bemerkt habe, dass er verfolgt werde, sei er nicht mehr zu Universität gegangen und habe aufgehört, zu arbeiten. Den Drohbrief gebe es nicht mehr, er sei bei seinem Onkel in Laghman gewesen, der Beschwerdeführer werde aber nachfragen, ob er diesen noch habe.

4. Am 21.3.2017 langte bei der belangten Behörde neben weiteren Deutschkursbestätigungen ein ÖSD Zertifikat A2 des Beschwerdeführers ein.

5. Mit gegenständlichem Bescheid des Bundesamtes wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt II.). Unter Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Unter Spruchpunkt IV. wurde festgehalten, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, dass die vom Beschwerdeführer angegebenen Gründe für das Verlassen seines Herkunftslandes nicht glaubhaft seien.

6. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

7. Am l7.1.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Schriftstück ein, wonach der Beschwerdeführer seit 2012 im afghanischen Bildungsministerium tätig gewesen sei und als Mitglied der Hezb Afghan Milat Werbung für den Präsidentschaftskandidaten Ashraf Ghani gemacht habe. Wegen seiner Aktivitäten wäre er mehrmals von den Taliban mit dem Tode bedroht worden.

8. Am 3.8.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt als Verfahrenspartei entschuldigt nicht teilnahm.

Dabei erklärte der Beschwerdeführer zunächst, dass er gesund sei, und keine Medikamente nehme. Er sei ledig, sunnitischer Moslem und afghanischer Staatsangehöriger und gehöre der Volksgruppe der Paschtunen an. Seine Muttersprache sei Dari, die Vatersprache Paschtu. Zudem spreche er noch ein bisschen Englisch und Deutsch. Ursprünglich stamme er aus der Provinz Laghman, Distrikt Metherlam, wo er geboren und auch sehr oft gewesen sei. Gelebt habe er in der Stadt Kabul, und zwar seit er ca. sechs oder sieben Jahre alt gewesen sei. Seine Identitätsdokumente, die er aus Afghanistan per Post erhalten hätte, habe der Beschwerdeführer bereits bei der Behörde vorgelegt und noch nicht zurückerhalten. Seinen Reisepass hätte er auf der Flucht in Bulgarien verloren.

Das Haus der Familie in Laghman stamme von seinem Großvater. Die Familie habe in Kabul gelebt und die drei Wintermonate in Laghman. In Kabul hätten sie ein eigenes Haus gehabt, der Vater des Beschwerdeführers sei Arzt gewesen. Als er sieben oder acht Jahre alt gewesen sei habe der Beschwerdeführer mit dem Schulbesuch begonnen und dann zwölf Jahre absolviert. Nach Schulabschluss habe er ca. ein Jahr lang Englisch- und Computerkurse besucht und anschließend mit der Universität begonnen, diese jedoch nicht abgeschlossen. Ca. zweieinhalb Jahre lang sei er auf der Universität gewesen.

Der Vater des Beschwerdeführers müsse jetzt ca. 83 oder 84 Jahre alt sein, seine Mutter sei mit ungefähr 58 Jahren gestorben. Der Beschwerdeführer habe noch eine Schwester sowie einen in Österreich aufhältigen Bruder. Als der Beschwerdeführer das Land verlassen habe, habe die Familie in Kabul gelebt. Nach dem Vorfall mit dem Beschwerdeführer, dem Tod der Mutter und der Heirat der Schwester sei sein Vater zu dieser in einen anderen Bezirk Kabuls gezogen. Dort lebten sie in einer staatlichen Eigentumswohnung. Die Großeltern des Beschwerdeführers seien alle verstorben, es gebe zwei Onkel väterlicherseits, einer lebe in Kabul und sei einseitig gelähmt, der zweite befinde sich in Laghman und wäre schwer krank. Zudem gebe es eine Tante in Belgien und zwei in Australien. Der in Kabul lebende Onkel sei General des Militärs im Ruhestand. Die Frau und die Tochter eines weiteren, bereits verstorbenen, Onkels befänden sich seit langem in Österreich, zudem habe er hier einen Bruder.

Er selbst habe in Afghanistan gearbeitet und gleichzeitig studiert, sein Vater sei damals seit kurzem im Ruhestand gewesen und habe auch von diesem Geld gelebt. Davor sei der Vater Chirurg und Spezialist für den Magenbereich sowie XXXX gewesen. Zuletzt habe der Beschwerdeführer am Abend vor der Verhandlung Kontakt zu ihm gehabt.

Den Entschluss zur Ausreise habe der Beschwerdeführer am 2.9.2015 gefasst, als ihn die Taliban hätten töten wollen und er die Flucht ergriffen habe. Nachgefragt, wieso er vor der Polizei angegeben habe, sich zehn Monate davor (Ende 2014) zur Ausreise entschlossen zu haben, meinte er, das wäre vielleicht ein Missverständnis gewesen. Er hätte dort gesagt, dass er zehn Tage nach dem Vorfall mit den Taliban bei seinem Onkel väterlicherseits gewesen sei.

Am 15.5.2014 sei der Beschwerdeführer nach Laghman gegangen, um Stimmen für Ashraf Gahni zu gewinnen. Den Drohbrief, der vor der Haustüre seines Onkels in Laghman aufgefunden worden sei, habe er selbst nicht gelesen, sondern nur der Onkel väterlicherseits. Abgelegt worden sei der Brief dort am 17.5.2014. Laut seinem Onkel sei der Beschwerdeführer in dem Brief verdächtigt worden, ein Spion zu sein und für die Regierung zu arbeiten. Für den Wahlkampf seien sie von Dorf zu Dorf gegangen und sein Onkel habe gemeint, dass der Beschwerdeführer auf jeden Fall Laghman verlassen solle, weil er sonst getötet würde. Gleich am nächsten Tag in der Früh habe ihn der Onkel zu seinem Büro gebracht und von dort aus sei der Beschwerdeführer mit seinen Kollegen nach Kabul zurückgekehrt und nicht mehr nach Laghman gegangen. Den Drohbrief habe er nicht, auch keinen Kontakt zu seinem Onkel und er habe auch nicht mehr mit ihm darüber gesprochen. Seitdem er hier sei, kontaktierte der Beschwerdeführer nunmehr seinen Vater und seine Schwester. Vorgehalten, bei seiner Einvernahme vor dem Bundesamt habe der Beschwerdeführer dazu angegeben, er würde bei seinem Onkel nachfragen, ob er den Brief noch habe, erwiderte dieser, er hätte nur über seine Familie in Erfahrung gebracht, dass der Onkel nicht mehr im Besitz des Briefes sei, weil er diesen bei der örtlichen Polizeistation abgegeben hätte. Der Onkel habe weder Telefon noch WhatsApp und es gebe kaum Internet dort.

14 Monate nach dem Drohbrief hätten die Taliban den Beschwerdeführer in Kabul verfolgt. Sie hätten einen Landcruiser gefahren, dem Beschwerdeführer den Weg versperrt und zwei bewaffnete Personen hätten ihm ein Zeichen gegeben, auszusteigen. Er habe dann Vollgas gegeben, gesprochen hätten sie jedoch nicht miteinander. Über zwei Kreuzungen hätten sie ihn verfolgt, dann habe sich der Beschwerdeführer an einen dort befindlichen Kontrollposten gewandt. Die Polizei habe ihn bis zur Ordination seines Vaters gebracht und die beiden dann nach Hause begleitet.

Eine Woche später hätten ihn die Taliban an seiner Heimatadresse in Kabul aufgesucht. Zu diesem Zeitpunkt habe sich der Beschwerdeführer jedoch für zwei Tage bei seinem Onkel väterlicherseits in einem anderen Bezirk Kabuls aufgehalten und sei dann auch bei diesem geblieben, bis er ungefähr zehn oder elf Tage später ausgereist sei.

Der Vater bzw. die Familie des Beschwerdeführers sei in Laghman gut bekannt und als Arzt und XXXX kenne seinen Vater auch eine breitere Bevölkerungsschicht in Kabul. Dass die Taliban über ein Jahr gebraucht hätten, ihn in Kabul aufzuspüren, erklärte der Beschwerdeführer vor allem damit, dass er dort auch versteckt gewesen sei, weil er nur auf die Universität und wieder nach Hause gegangen wäre und noch seinen Vater von der Arbeit abgeholt hätte. Vorgehalten, dass es den Taliban auch wegen der Bekanntheit seines Vaters in wesentlich kürzerer Zeit möglich gewesen sein müsse, zumindest diesen und das Elternhaus ausfindig zu machen, antwortete der Beschwerdeführer, sie hätten ihn persönlich erwischen, entweder gleich töten oder mitnehmen wollen. Nach seiner Flucht bei diesem Vorfall hätten sie das Elternhaus aufgesucht. Weiters vorgehalten, er habe bei der Behörde angegeben, er hätte nach der Bedrohung in Laghman aufgehört, die Universität zu besuchen, und jetzt spreche er davon, weiterhin dort hingegangen zu sein, erklärte der Beschwerdeführer, er sei nicht mehr zu Universität gegangen, als sie bei seinem Elternhaus gewesen wären.

Weiters wurde vorgehalten, nach seinen eigenen Zeitangaben habe sich der Vorfall in Kabul 14 Monate nach dem Drohbrief zugetragen, welcher am 27.2.1393 (17.5.2014) übermittelt worden sei. 14 Monate später entspreche dem vierten Monat des Jahres 1394, danach hätte er sich nurmehr 2 bis 3 Wochen in Afghanistan aufgehalten, mit anderen Worten das Land spätestens im fünften Monat 1394 verlassen. Tatsächlich ausgereist sei der Beschwerdeführer jedoch erst am 11.6.1394, somit an die zwei Monate nach dem Vorfall in Kabul. Daraufhin erwiderte der Beschwerdeführer, es gebe Unterschiede in der Zeitrechnung, 14 Monate wären dann Ende des fünften Monats 1394 und ca. zehn Tage später, d. h. am 11.6.1394 habe er Afghanistan verlassen. Dazu erklärte der Dolmetscher, die Monate in der afghanischen Zeitrechnung dauerten genauso lange wie hier in Europa. Der gesamte Unterschied zwischen dem Sonnenkalender und dem gregorianischen Kalender seien zehn Tage im Jahr.

Dass der Beschwerdeführer der Partei Hezbe Afghan Milat beigetreten sei, begründete er damit, dass auch sein Vater deren Mitglied gewesen sei und dort Personen gekannt habe. Zudem müsse man in Afghanistan einen Politiker kennen bzw. sich einer politischen Partei anschließen, wenn man etwas erreichen wollte. Um eine gute Arbeitsstelle zu bekommen, müsse man einen Politiker unterstützen. Der Beschwerdeführer sei für den XXXX dieser Partei tätig gewesen und habe auch im Bildungsministerium gearbeitet. Von seinem Vater habe er erfahren, dass diese Person nunmehr Provinzgouverneur sei.

Den vorgelegten Brief des Bildungsministeriums habe er im Jahr 2018 erhalten. Er habe diesen Mann über seinen Vater ersucht, ihm eine Bestätigung zu geben, dass er für ihn tätig gewesen sei. Das Schreiben sei von Afghanistan über den Sohn der Tante väterlicherseits nach Belgien gekommen und von dort hierhergeschickt worden.

Vorgehalten, dass der Brief laut dem darauf befindlichen Stempel aus 1393 (2014 bzw. 2015) stamme, erwiderte der Beschwerdeführer, nachdem er den Inhalt des Stempels selbst vorgelesen hatte, das sei der Stempel vom Stellvertreter des Bildungsministeriums, warum diese Jahreszahl dort stehe, könne er nicht sagen. Nach einer Verhandlungspause erklärte er, ein anderer Dolmetsch habe ihm gesagt, der Datumsstempel beziehe sich auf die Entstehung der entsprechenden Abteilung im Bildungsministerium. Weiters vorgehalten, dass laut Inhalt dieses Briefes jene Person in den Jahren des Dschihads in Pakistan Flüchtling gewesen sei und gleichzeitig liege dem Bundesverwaltungsgericht ein Mail des Dr. Ruttig vor, wonach sich dieser als afghanischer Diplomat dort aufgehalten habe und auch der Beschwerdeführer kurz davor angegeben hat, dieser Mann sei von der Regierung aus als Diplomat in Pakistan gewesen, meinte der Beschwerdeführer, er glaube, dass er in kommunistischen Zeiten Flüchtling gewesen sei und erst später Diplomat.

Nachgefragt, ob er jemals persönlich von den Taliban mit dem Tode bedroht worden sei, antwortet der Beschwerdeführer, wenn sie ihn erwischten, würden sie ihn töten. Als sie ihn angehalten hätten, hätten sie ihm nur gedeutet, er solle aus dem Auto aussteigen. Gesprochen hätten sie mit ihm nicht und er auch nicht mit ihnen.

Zu seiner Integration in Österreich gab der Beschwerdeführer in deutscher Sprache an, dass er den Pflichtschulabschluss geschafft habe und nach einem Jahr in einer Übergangsklasse zurzeit im zweiten Semester Mechatroniker in einer HTL sei.

Vorgelegt wurden folgende Integrationsunterlagen:

?        Schulbesuchsbestätigung HTL 6.3.2020

?        Bestätigungen des Lehrgangs Übergangsstufe der HTL vom 15.2. und 28.6.2019

?        Bestätigung Deutsch für Fortgeschrittene B1/B2 der Caritasakademie vom 22.3.2018 Bestätigung B2.1 der Caritasakademie vom 25.6.2018

?        Teilnahmebestätigung für Straßenreinigung von Jugend am Werk vom 22.6.2018 Teilnahmebestätigung Werte- und Orientierungskurs des ÖIF vom 1.8.2018

?        Unterstützungsschreiben des Klassenvorstandes der HTL vom 30.6.2020

?        4 weitere Empfehlungsschreiben

Der Beschwerdeführer habe zwei Jahre in der Landesliga XXXX gekämpft, jetzt in der XXXX und sei auch XXXX gewesen. In diesem Jahr hätte er viele Turniere gehabt, die aber wegen Corona abgesagt worden seien. Er habe auch Leistungstests gemacht. Zudem habe er bei einer Holding gearbeitet, seit der Coronakrise jedoch keine Antwort bekommen, ob er diese fortsetzen könne. Er sei in einem XXXX und Besucher eines Tutoriums für Deutsch im Caritashaus. Wegen der Sommerferien sei die Schule derzeit geschlossen. Der Beschwerdeführer habe hier viele Freunde, sei aber die meiste Zeit im Sportbereich unterwegs. Beim XXXX habe er Kontakt mit vielen Studenten und anderen Leuten, die ihm auch helfen würden.

In Afghanistan könnte er deswegen nicht arbeiten, weil ihn die Taliban finden und töten würden.

Seitens der erkennenden Richterin wurde auf das vorgelegte Länderinformationsmaterial verwiesen und eine Stellungnahmefrist von vier Wochen gewährt.

Am Ende der Verhandlung berichtete der Beschwerdeführer von einem Vorfall im Jahr 2017, bei denen bewaffnete Personen in seine Elternhaus eingedrungen seien, seinen Vater geschlagen hätten und zwei Tage später habe seine Mutter einen Herzinfarkt erlitten. Der Vater sei nach dem Beschwerdeführer gefragt worden und habe geantwortet, dass sich dieser im Iran befinde.

9. Am 7.8.2020 langten beim Bundesverwaltungsgericht die im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Originaldokumente des Beschwerdeführers (vgl. Punkt I.3.) ein.

10. Am 31.8.2020 traf im Bundesverwaltungsgericht die Stellungnahme des Beschwerdeführers zu den Länderfeststellungen und der Sicherheitslage in Afghanistan ein, in der im Wesentlichen das bisherige Vorbringen des Beschwerdeführers wiederholt wurde.

11. Am 24.9.2020 wurde dem Bundesverwaltungsgericht ein Arbeitsvorvertrag eines Elektrikers vorgelegt (Hilfe bei Installationsarbeiten, 38,5 Wochenstunden zu € 1942 brutto). Am 28.9.2020 wurde ein Empfehlungsschreiben nachgereicht.

II.     Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

1.1.    Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Paschtunen an. Er ist sunnitischer Moslem. Seine Muttersprache ist Dari, er spricht auch Paschtu, etwas Englisch und Deutsch. Er ist ledig und kinderlos.

Der Beschwerdeführer wurde in der Provinz Laghman, im Distrikt Metherlam geboren und wuchs dort bis ca. zum sechsten Lebensjahr auf. Anschließend zog er nach Kabul, wo er mit seinen Eltern und seiner Schwester im familieneigenen Haus aufwuchs, zwölf Jahre die Schule, ein Jahr Computer- und Englischkurse sowie zweieinhalb Jahre die Universität besuchte.

Die Familie des Beschwerdeführers (Vater und Onkel) besitzt noch Grundstücke in Laghman, für die sie Miete bezieht. Der Vater des Beschwerdeführers war in Kabul Arzt in einer Privatklinik bzw. Ordination und XXXX . Nunmehr ist er pensioniert, die Mutter war pensionierte Krankenschwester.

Der Beschwerdeführer legte im Bundesgebiet die Pflichtschulabschlussprüfung ab. Er war in der Heimat als Angestellter des Bildungsministeriums tätig

Der Beschwerdeführer ist nach den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur sozialisiert, er ist mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut.

Der Beschwerdeführer ist gesund.

1.2.    Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

1.2.1.  Weder der Beschwerdeführer noch seine Familie wurden in Afghanistan jemals von den Taliban oder von anderen Personen aufgesucht oder von diesen bedroht.

Der Beschwerdeführer hatte keinen Kontakt zu den Taliban, er wird von diesen auch nicht gesucht.

Der Beschwerdeführer ist wegen seines Aufenthalts in einem westlichen Land oder wegen seiner Wertehaltung in Afghanistan keinen psychischen oder physischen Eingriffen in seine körperliche Integrität ausgesetzt. Der Beschwerdeführer hat sich in Österreich keine Lebenseinstellung angeeignet, die einen nachhaltigen und deutlichen Bruch mit den allgemein verbreiteten gesellschaftlichen Werten in Afghanistan darstellt. Es liegt keine westliche Lebenseinstellung beim Beschwerdeführer vor, die wesentlicher Bestandteil seiner Persönlichkeit geworden ist, und die ihn in Afghanistan exponieren würde.

1.2.2.  Bei einer Rückkehr nach Afghanistan drohen dem Beschwerdeführer individuell und konkret weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch Mitglieder der Taliban oder durch andere Personen.

Der Beschwerdeführer ist bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund seines in Österreich ausgeübten Lebensstils oder seinem Aufenthalt in einem europäischen Land weder psychischer noch physischer Gewalt ausgesetzt.

1.3.    Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und hält sich zumindest seit 12.10.2015 durchgehend in Österreich auf. Er ist nach seinem Antrag auf internationalen Schutz vom selben Tag in Österreich aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG durchgehend rechtmäßig aufhältig.

Der Beschwerdeführer absolvierte zahlreiche Deutschkurse bis zum Niveau B2.1, besuchte im August 2019 den ÖIF Werte- und Orientierungskurs und erlangte am 18.1.2016 ein ÖSD Deutschzertifikat A2. In der Verhandlung antwortete er sehr häufig auf Deutsch.

Der Beschwerdeführer absolvierte im Bundesgebiet die Pflichtschulabschlussprüfung, schloss im Juni 2019 die Übergangstufe HTL mit der Fachpraxis Werkstätte ab und besucht nun die HTL. Der Beschwerdeführer hat einen aktuellen Arbeitsvorvertreg einer Elektro GmbH & Co KG als Hilfe bei Installationsarbeiten (€ 1942 brutto bei 38,5 Wochenstunden). Er ist selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer arbeitete ehrenamtlich in einem Kulturinstitut sowie bei der Straßenreinigung. Er ist aktives Mitglied eines XXXX und Stammkämpfer im XXXX und konnte bereits einen XXXX und XXXX erreichen.

Der Beschwerdeführer konnte in Österreich Freundschaften knüpfen und Unterstützungsschreiben vorlegen. Der Beschwerdeführer hat einen Bruder sowie die Gattin und Tochter eines Onkels im Bundesgebiet. Gegenseitige Abhängigkeiten oder ein gemeinsamer Haushalt bestehen nicht.

1.4.    Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Dem Beschwerdeführer könnte bei einer Rückkehr in die ursprüngliche Herkunftsprovinz Laghman aufgrund der dort herrschenden allgemeinen schlechten Sicherheitslage ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.

Jedoch lebte er ab dem Alter von ca. sieben Jahren in Kabul, wo er zwölf Jahre die Schule, ein Jahr Englisch- und Computerkurse sowie ca. zweieinhalb Jahre die Universität besuchte und auch als Angestellter im Bildungsministerium tätig war. Der Vater und die verheiratete Schwester sowie ein Onkel väterlicherseits leben noch in Kabul. Der Vater ist pensionierter Arzt und XXXX i.R. Zuvor hatte er eine Privatklinik bzw. Ordination. Der ebenfalls in Kabul lebende Onkel ist pensionierter General der Armee, überdies lebt noch eine Schwester des Beschwerdeführers in dieser Stadt.

Die Familie verfügt noch über Land in der Herkunftsprovinz, von dem sie Miet- bzw. Pachteinkünfte bezieht. Der Beschwerdeführer hat regelmäßigen Kontakt zu seiner Familie. Der Beschwerdeführer unterstützt seine Familie derzeit finanziell nicht.

Der Beschwerdeführer kann auch Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

Der Beschwerdeführer ist anpassungsfähig und kann einer regelmäßigen Arbeit nachgehen, ihm sind städtische Strukturen bekannt.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer alternativen Ansiedelung in die Städte Herat bzw. Mazar-e Sharif kann der Beschwerdeführer grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen und in Herat bzw. Mazar-e Sharif einer Arbeit nachgehen und sich selber erhalten.

Es ist dem Beschwerdeführer auch möglich, nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in der Stadt Herat bzw. Mazar-e Sharif Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

1.5.    Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat

Das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Stand 13.11.2019, die EASO Country Guidance: Afghanistan vom Juni 2019 (EASO) und die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs Afghanischer Schutzsuchender vom 30.8.2018, die Compilation of Country of Origin Information (COI) Relevant for Assessing the Availability of an Internal Flight,Relocation or Protection Alternative (IFA/IRA/IPA) to Kabul vom Dezember 2019, die Kurzinformationen der Staatendokumentation betreffend COVID-19 Afghanistan, Stand 29.6.2020 und 21.7.2020, der ACCORD-Bericht vom 5.6.2020 zur Lage in Afghanistan in Zusammenhang mit COVID-19 und der EASO Special Report: Asylum Trends an Covid-19 (siehe Anlage) stellen einen integrierten Bestandteil dieses Erkenntnisses dar und werden als Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat herangezogen.

1.6. Zur Lage der Pandemie aufgrund des Corona-Virus

Zur allgemeinen Situation betreffend COVID-19 ist auszuführen, COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet.

Die Wahrscheinlichkeit von schweren Erkrankungen und Todesfällen steigt bei Personen über 65 Jahren und bei Personen mit definierten Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf- Erkrankungen, chronischen Atemwegserkrankungen, geschwächtem Immunstatus, Krebs und Fettleibigkeit deutlich an. Diese Risikogruppen sind bis heute für die Mehrheit der schweren Erkrankungen und Todesfälle verantwortlich. Nach der Infektion gibt es aktuell (noch) keine spezifische Behandlung für COVID-19, jedoch kann eine frühzeitige unterstützende Therapie, sofern die Gesundheitsfürsorge dazu in der Lage ist, die Ergebnisse verbessern. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Krankheitsverlauf des COVID-19, sofern es durch das Coronavirus ausgelöst wurde, für die Allgemeinbevölkerung als mild bis moderat, für ältere Menschen mit definierten Risikofaktoren jedoch als gravierend bis tödlich eingeschätzt wird (s. www.who.int/health topics/coronavirus).

Im Hinblick auf die derzeit bestehende Pandemie, aufgrund des Corona-Virus, wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht unter die Risikogruppe der Personen über 65 Jahren und der Personen mit Vorerkrankungen fällt. Ein bei einer Überstellung des Beschwerdeführers nach Afghanistan vorliegendes „real risk“ einer Verletzung des Art. 2 oder 3 EMRK ist hierzu nicht erkennbar.

2.       Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich insbesondere aus dem vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakt und dem vom Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Ermittlungsverfahren, insbesondere durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung.

2.1.    Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache und sonstigen Sprachkenntnissen, seinem Lebenslauf, seinem Aufwachsen sowie seiner familiären Situation in Afghanistan, seiner Schul- und Berufsausbildung und seiner Berufserfahrung gründen sich auf seinen diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben und den vorgelegten – unter Punkt I. aufgezählten – Dokumenten. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren dazu gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Die Feststellung zur Sozialisierung des Beschwerdeführers nach den afghanischen Gepflogenheiten, ergibt sich daraus, dass er in Afghanistan mit seiner afghanischen Familie aufgewachsen, dort zur Schule gegangen ist, sich dort weitergebildet und studiert sowie als Angestellter im Bildungsministerium gearbeitet hat.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung und auf dem Umstand, dass im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen ist.

2.2.    Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Bedrohung durch die Taliban war insgesamt äußerst vage und nicht plausibel.

Zunächst ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer zu keinem der angeblichen Vorfälle Details nennen konnte:

Bezüglich des Drohbriefs erklärte er vor der belangten Behörde lediglich, die Taliban hätten während seines Aufenthalts in Laghman beim Haus seines Onkels einen Brief vor die Haustüre geworfen, den er jedoch nicht mehr habe. Er werde jedoch ein Onkel nachfragen, ob der Brief noch bei ihm sei.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht seitens der erkennenden Richterin zum Inhalt dieses Briefes befragt, gab der Beschwerdeführer an, er habe den Brief selbst nicht gelesen, sondern nur der Onkel väterlicherseits. Abgesehen davon, dass es schon nicht plausibel ist, dass der Onkel dem Beschwerdeführer den Brief, in dem dieser bedroht worden sein soll, beim Treffen am nächsten Tag nicht gezeigt hat, konnte der Beschwerdeführer lediglich ausweichend zum Inhalt des Schreibens antworten, laut seinem Onkel wäre er verdächtigt worden, ein Spion zu sein und für die Regierung zu arbeiten. Den Drohbrief habe der Beschwerdeführer nicht, er habe auch keinen Kontakt zu seinem Onkel aufgenommen und mit ihm nicht mehr darüber gesprochen. Vorgehalten, bei seiner Einvernahme vor dem Bundesamt habe er dazu angekündigt, bei seinem Onkel nach den Brief zu fragen, erwiderte der Beschwerdeführer ausweichend, er hätte nur über seine Familie in Erfahrung gebracht, dass der Onkel nicht mehr im Besitz des Briefes sei und ihn bei der örtlichen Polizeistation abgegeben hätte. Somit sind aber insgesamt die Angaben zu dem Brief der Taliban ausgesprochen vage und es ist nicht nachvollziehbar, dass eine Person mit dem Bildungsstand des Beschwerdeführers sich nicht genauer über den Inhalt des Schreibens, in dem er bedroht worden sein soll, informiert haben will.

Ebenso unbestimmt wurde der zweite Vorfall geschildert: 14 Monate nach dem Drohbrief hätten ihn Mitglieder der Taliban abends auf der Straße in Kabul gestoppt und ihm gedeutet, auszusteigen. Als er bemerkt habe, dass bewaffnete Männer aus dem Auto ausgestiegen seien, habe er einfach Gas gegeben, die Taliban hätten ihn bis zur zweiten Kreuzung verfolgt, wo Polizeibeamte gewesen seien. Dort hätte der Beschwerdeführer die Verfolger jedoch nicht mehr gesehen. Gesprochen hätten diese Personen mit ihm nicht.

Als eine Woche nach dem angeblichen Vorfall auf der Straße bei ihm zu Hause Männer angeklopft haben sollen, hätten diese seiner Mutter gegenüber behauptet, sie wären Freunde des Beschwerdeführers und er hätte sie eingeladen. Nachdem seine Mutter geantwortet habe, dass der Beschwerdeführer nicht zu Hause sei und um die Uhrzeit keine Freunde einladen würde, seien diese Personen wieder gegangen. Nachgefragt, woher der Beschwerdeführer wisse, dass es sich bei diesen Personen um Taliban gehandelt hätte, erwiderte der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde lediglich, in Kabul gebe es nur Taliban. Insgesamt lässt sich auch aus diesem, äußerst vage geschilderten Vorfall keine konkrete Bedrohung herleiten.

Festzuhalten ist der Vollständigkeit halber auch, dass der Beschwerdeführer während des gesamten Verfahrens angab, selbst niemals mit den Taliban gesprochen zu haben.

Abgesehen davon, dass die gesamten Angaben zu allen drei Vorfällen somit sehr unkonkret waren, war zudem widersprüchlich, dass der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt angegeben hatte, nachdem er bemerkt habe, dass er verfolgt werde, sei er nicht mehr zu Universität gegangen und habe aufgehört zu arbeiten. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht brachte er jedoch vor, die 14 Monate bis zu dem angeblichen Vorfall auf der Straße in Kabul noch die Universität besucht zu haben. Diesen Widerspruch vorgehalten, stritt der Beschwerdeführer seine Angabe vor der Behörde ab.

Festzuhalten ist auch, dass der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt ausdrücklich angegeben hatte, lediglich einfaches Parteimitglied gewesen zu sein und kein Gehalt von der Partei bezogen zu haben. Vor dem Bundesverwaltungsgericht und auch vor der Behörde erklärte er, dass auch sein Vater Parteimitglied gewesen sei und dort Personen gekannt habe. Zudem müsse man in Afghanistan einen Politiker kennen bzw. sich einer politischen Partei anschließen, wenn man etwas erreichen wolle. Somit war der Beschwerdeführer trotz seiner angeblichen Unterstützung beim Wahlkampf und der Tätigkeit als Angestellter im Bildungsministerium nicht exponierter als z.B. sein Vater und vor allem sein Onkel, der sogar General des Militärs im Ruhestand und nicht nur Angestellter eines zivilen Ministeriums war. Dass jedoch trotzdem nur der Beschwerdeführer verfolgt worden sein und die restliche Familie niemals Probleme gehabt haben soll, konnte er nicht plausibel erklären, sondern meinte dazu lediglich, seine Eltern wären (mittlerweile) alt und er sei der einzige Sohn.

Auch ist anzumerken, dass zwischen dem Drohbrief und dem Vorfall in Kabul trotz der vom Beschwerdeführer wiederholt hervorgehobenen guten Vernetzung der Taliban 14 Monate vergingen, ohne dass es zu Problemen gekommen war. Dies erklärte der Beschwerdeführer damit, dass sie so lange gebraucht hätten, um ihn zu finden. Dazu ist jedoch festzuhalten, dass der Beschwerdeführer während des ganzen Verfahrens angab, sein Vater sei in XXXX gewesen und habe eine Privatklinik bzw. Ordination gehabt. Vor dem Bundesverwaltungsgericht bestätigte der Beschwerdeführer zudem ausdrücklich, dass der Vater in Kabul einem größeren Personenkreis bekannt gewesen sei. Somit ist es nicht plausibel, dass die Taliban trotz ihrer Vernetzung 14 Monate gebraucht haben, um den Beschwerdeführer zu finden zumal dieser bei seinen Eltern gelebt hat. Da er – wie vor dem Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich vorgebracht – während dieser 14 Monate noch die Universität besucht und zudem immer seinen Vater von dessen Klinik bzw. Ordination abgeholt hat, hätten ihn die Taliban schon früher ausfindig machen und seiner habhaft werden können, wenn sie dies gewollt hätten.

Betreffend die vorgelegte Bestätigung über seine Parteimitgliedschaft und die angeblich darauf basierenden Bedrohungen ist hervorzuheben, dass einerseits – wie aus den Länderfeststellungen hervorgeht – es in Afghanistan häufig zur Ausstellung verfahrensbezogener Dokumente unwahren Inhalts kommt und zumindest bezüglich der Bedrohungen etwas bestätigt wird, wovon die ausstellende Person selbst nicht Zeuge war.

Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer erst am Ende der mündlichen Verhandlung neu vorbrachte, im Jahr 2017 wären bewaffnete Personen in sein Elternhaus eingedrungen, hätten seinen Vater geschlagen und zwei Tage später habe seine Mutter einen Herzinfarkt erlitten. Der Vater sei nach dem Beschwerdeführer gefragt worden und habe geantwortet, dass dieser sich im Iran befinde. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer bereits 2015 ausgereist und somit nicht nachvollziehbar ist, warum die Taliban bis 2017 gewartet haben sollen, bevor sie seine Familie aufsuchen, hatte er bereits lange vorher in der Verhandlung vom Tod seiner Mutter gesprochen, aber nur im Zusammenhang damit, dass der Vater mittlerweile bei der Schwester wohne. Dass die Mutter den Herzinfarkt wegen eines Talibanüberfalls erlitten haben soll, hatte der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang jedoch nicht erwähnt, sodass hier von einer Steigerung des Vorbringens auszugehen ist.

In einer Gesamtschau ist es dem Beschwerdeführer somit nicht gelungen, glaubhaft zu machen, in der Heimat wegen seines politischen Engagements durch die Taliban bedroht zu werden.

2.3.    Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich, insbesondere zur Aufenthaltsdauer, seinen Deutschkenntnissen, seinen verwandtschaftlichen und sozialen Anknüpfungspunkten und seiner Integration in Österreich, stützen sich auf die Aktenlage, auf die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und den persönlichen Eindruck der erkennenden Richterin vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie auf die von ihm während des gesamten Verfahrens vorgelegten, unter Punkt I. detailliert aufgezählten, Unterlagen.

2.4.    Zur Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

2.4.1. Die Feststellungen zu den Folgen einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seine ursprüngliche Herkunftsprovinz ergeben sich aus den oben angeführten Länderberichten.

Die Feststellungen zu den Eigentums- und Vermögensverhältnissen der Familie des Beschwerdeführers in Afghanistan ergeben sich daraus, dass diese nach dessen durchgehenden Angaben über Grundstücke in Laghman verfügt und er erklärte, dass sein Vater und Onkel von dort Mieteinkünfte bezögen. Zudem gab er durchgehend an, die Familie habe dort im eigenen Haus gelebt und der Vater sei (mittlerweile pensionierter) Arzt mit Privatordination bzw. Klinik und XXXX . Auch in Kabul hätten sie ein Haus gehabt, nunmehr lebe der Vater in der staatlich geförderten Eigentumswohnung bei der Schwester des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zur Rückkehrhilfe ergeben sich aus den Länderberichten.

Die Feststellung zur Anpassungsfähigkeit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich daraus, dass er in Österreich den Pflichtschulabschluss nachholte, nach der Übergangsstufe nunmehr die HTL besucht, ehrenamtlichen Tätigkeiten nachging, einen Arbeitsvorvertrag hat, bereits in Kabul die Schule besuchte, sich dort weiterbildete, studierte und arbeitete und er sich in Österreich somit gut zurechtfindet. Es sind im Verfahren keine Umstände hervorgekommen, die gegen eine grundsätzliche Anpassungsfähigkeit oder gegen eine Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers sprechen.

2.4.2. Die Feststellungen zu den Folgen einer Ansiedlung des Beschwerdeführers in den Städten Herat/Mazar-e Sharif, ergeben sich - unter Berücksichtigung der von UNHCR und EASO aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer internen Schutzalternative für Afghanistan - aus den oben angeführten Länderberichten und aus den Angaben des Beschwerdeführers. Die Feststellung zur Prognose, dass sich der Beschwerdeführer in den Städten Herat bzw. Mazar-e Sharif eine Existenz aufbauen kann, ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Aus den Länderinformationen ergibt sich, dass die Städte Herat bzw. Mazar-e Sharif als relativ sicher gelten und unter der Kontrolle der Regierung stehen. Diese sind auch sicher erreichbar. Die Versorgung der Bevölkerung ist in diesen Städten grundlegend gesichert.

Der Beschwerdeführer ist mit der afghanischen Kultur und den afghanischen Gepflogenheiten sozialisiert. Er kann sich daher in den beiden genannten Städten zurechtfinden. Der Beschwerdeführer hat in der Heimat zwölf Jahre die Schule, zweieinhalb Jahre die Universität sowie ein Jahr Computer- und Englischkurse besucht und auch im Bildungsministerium gearbeitet. Der Beschwerdeführer ist im erwerbsfähigen Alter, gesund, volljährig, alleinstehend, anpassungsfähig und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer hat keine Sorgepflichten. Er kann auch Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

Das Bundesverwaltungsgericht geht daher auf Grund dieser Umstände davon aus, dass sich der Beschwerdeführer nach anfänglichen Schwierigkeiten auch in Herat bzw. Mazar-e Sharif niederlassen und sich dort eine Existenz ohne unbillige Härte aufbauen kann.

Dies gilt angesichts des festgestellten Bildungsstatus und der Berufserfahrung sowie der familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers auch unter Zugrundelegung der aktuellen Berichte im Zusammenhang mit Covid 19 (vgl. VwGH 21.10.2020, Ra 2020/19/0349-6).

2.5.    Zur Situation im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Länderberichte. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche bieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der herangezogenen Länderinformationen zu zweifeln. Die den Feststellungen zugrundeliegenden Länderberichte sind in Bezug auf die Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan aktuell. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich durch Einsichtnahme in die jeweils verfügbaren Quellen (u.a. laufende Aktualisierung des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation) davon versichert, dass zwischen dem Stichtag der herangezogenen Berichte und dem Entscheidungszeitpunkt keine wesentliche Veränderung der Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan eingetreten ist. Die in der Beschwerde zitierten Länderberichte sind durch die aktuellen, in den Feststellungen zitierten Länderinformationen überholt.

2.6. Zur Pandemie aufgrund des Corona-Virus:

Die unter Punkt II.1.6. getroffenen unstrittigen Feststellungen zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ergeben sich aus den unbedenklichen tagesaktuellen Berichten und Informationen (z.B. https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus.html; https://www.ages.at/themen/krankheitserreger/coronavirus/)

3.       Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und verfahrensrechtliche Grundlagen:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, liegt gegenständlich die Zuständigkeit der nach der geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts zuständigen Einzelrichterin vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte ist mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts durch das Verwaltungsgerichtsverfahrens (VwGVG) geregelt. Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG idgF bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zweck des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG idgF sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 7 Abs 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß §§ 16 Abs 6 und 18 Abs 7 BFA-VG idgF sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

3.2. Zu Spruchpunkt A)

3.2.1.  Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides – Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten:

3.2.1.1. § 3 Asylgesetz 2005 (AsylG) lautet auszugsweise:

„Status des Asylberechtigten

§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn
1.         dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder
2.         der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

…“

3.2.1.2. Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt also dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG liegt es am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat eine Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "begründete Furcht vor Verfolgung" (VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthalts zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011 ua).

Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Flüchtlingskonvention. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. hiezu VwGH 21.01.1999, 98/18/0394; 19.10.2000, 98/20/0233, mwH).

Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation kann nach ständiger Judikatur nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden (vgl. VwGH vom 17.06.1993, Zl. 92/01/1081; VwGH vom 14.03.1995, Zl. 94/20/0798).

Nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr kann relevant sein, diese muss im Entscheidungszeitpunkt vorliegen. Auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.2.1.3. Der Beschwerdeführer war in Afghanistan nicht wegen eines politischen Engagements oder aus sonstigen Gründen von den Taliban worden. Aus diesem Grund droht ihm auch keine Gefahr durch die Taliban. Es liegt beim Beschwerdeführer keine Verfolgungsgefahr aus einem Konventionsgrund vor.

3.2.1.4. Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, liegt beim Beschwerdeführer keine europäische oder "westliche" Lebenseinstellung seiner Person, die zu einer Gefährdung führen könnte, vor. Auch EASO bewertet in seinen Leitlinien vom Juni 2019 das Risikopotential von Männern, welche als „verwestlicht“ angesehen werden könnten, im Allgemeinen als minimal (EASO Kapitel Common analysis: Afghanistan, II. 13). Es sind nach den zitierten Länderinformationen keine Fälle bekannt, in denen Rückkehrer nachweislich aufgrund ihres Aufenthaltes in Europa Opfer von Gewalttaten wurden.

Eine auch mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu prognostizierende, individuelle und konkret gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgung aus einem in der GFK genannten Grund aufgrund seiner Eigenschaft als Rückkehrer aus Europa oder im Zusammenhang mit einer "westlichen Wertehaltung" kann nicht abgleitet werden.

3.2.1.5. Aufgrund der getroffenen Feststellungen zur Lage der Herkunftsregion des Beschwerdeführers ist auch sonst nicht darauf zu schließen, dass gegenständlich sonstige mögliche Gründe für eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus einem der Gründe nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK vorliegen.

3.2.1.6. Im Ergebnis droht dem Beschwerdeführer aus den von ihm ins Treffen geführten Gründen im Herkunftsstaat keine asylrelevante Verfolgung.

3.1.7. Die Beschwerde ist zu diesem Spruchpunkt daher als unbegründet abzuweisen.

3.2.2.  Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides – Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten:

3.2.2.1. § 8 AsylG lautet auszugsweise:

„Status des subsidiär Schutzberechtigten

§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1.       der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2.       dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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