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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AnerkennungsG 1874 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des F, des K, des L und des J, alle in W und vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bundesminister für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht, gelegen in der Nichterledigung des Antrages der Beschwerdeführer auf Anerkennung als Religionsgesellschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Der belangten Behörde wird gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 330/1990, in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG sowie § 2 des Gesetzes vom 20. Mai 1874, RGBl. Nr. 68, betreffend die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften (in der Folge: Anerkennungsgesetz), aufgetragen, über den Antrag der Beschwerdeführer auf Anerkennung als Religionsgesellschaft binnen a c h t Wochen, unter Zugrundelegung nachstehend festlegter Rechtsanschauung zu entscheiden:
Der Bundesminister für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten hat - sofern nicht eine Verordnung erlassen wird - bescheidmäßig über das Anerkennungsbegehren der Beschwerdeführer abzusprechen.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 5.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der Darstellung des Sachverhaltes auf die Begründung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 1993, Zl. 92/10/0155, verwiesen. Mit diesem Beschluß wurde die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Bundesminister für Unterricht und Kunst wegen Verletzung der Entscheidungspflicht hinsichtlich eines Antrages auf Anerkennung als Religionsgesellschaft zurückgewiesen.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 4. Oktober 1995, K I-9/94-11, den genannten Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes aufgehoben und ausgesprochen, daß dieser zuständig war zur Entscheidung über die bei ihm von den Beschwerdeführern eingebrachte, auf Art. 132 B-VG gestützte Säumnisbeschwerde, in der die Verletzung der Pflicht des Bundesministers für Unterricht, Kunst und Sport über den bei diesem mit Schriftsatz vom 17. Juni 1987 gemäß § 2 des Anerkennungsgesetzes gestellten Antrag auf Anerkennung der Zeugen Jehovas als Religionsgesellschaft geltend gemacht wurde. Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen (unter Hinweis auf die Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 11.931/1988 und VfSlg. 13.134/1992) damit, daß bei Vorliegen der im Anerkennungsgesetz enthaltenen Voraussetzungen ein Anspruch auf Anerkennung als Religionsgesellschaft bestehe. Die Anerkennung sei durch Verordnung auszusprechen, wobei außerdem (zusätzlich) bescheidmäßig das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen festgestellt werden könne. Lägen die im Anerkennungsgesetz enthaltenen Voraussetzungen nicht vor, so sei ein (negativer) Bescheid zu erlassen.
Der Bundesminister teilte daraufhin dem Verwaltungsgerichtshof mit Schriftsatz vom 13. Februar 1996 u. a. mit, daß es ihm im Sinne der (bisherigen) Rechtsprechung nicht möglich gewesen sei, eine Verordnung oder einen negativen Bescheid zu erlassen.
Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1996, Zl. 96/10/0049, wurde über die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren eingeleitet.
Da die belangte Behörde innerhalb der ihr eingeräumten Frist keine Entscheidung traf, ist die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführer auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 28. Februar 1985, VwSlg. 11.688/A).
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 4. Oktober 1995 stellt verbindlich die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Entscheidung über die Säumnisbeschwerde fest (vgl. dazu etwa Schäffer, Die Exekution der Erkenntnisse des österreichischen Verfassungsgerichtshofes, ZöffR. NF. XVIII., 1968, Seite 185 ff). Der Verwaltungsgerichtshof übernimmt auch die in der Begründung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes dargelegte Rechtsanschauung, wonach über den Antrag der Beschwerdeführer mit Bescheid zu entscheiden sei. Über diesen Antrag hat bei der gegebenen Verfahrenskonstellation nunmehr der Verwaltungsgerichtshof zu entscheiden.
Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in den Fällen des Art. 132 B-VG sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgebender Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiemit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen.
In diesem Zusammenhang verweist der Gerichtshof auch darauf, daß die achtwöchige Frist des § 42 Abs. 4 VwGG nicht erstreckbar ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 15. März 1983, Zl. 81/05/0164).
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994, allerdings begrenzt durch den entsprechenden Antrag in der Beschwerde.
Schlagworte
Anspruch auf Sachentscheidung Allgemein Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche Angelegenheiten Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996100049.X00Im RIS seit
20.11.2000