TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/29 96/05/0005

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Veröffentlicht am 29.04.1997
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Index

L85003 Straßen Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
LStG NÖ 1979 §6 Abs1;
LStG NÖ 1979 §6;
LStG NÖ 1979 §6a Abs1;
LStG NÖ 1979 §6a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der F in N, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 16. November 1995, Zl. R/1-V-93001/01, betreffend ein Verfahren nach dem Niederösterreichischen Landesstraßengesetz (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde N, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die im Stadtgebiet der mitbeteiligten Partei liegende, als Gerichtsgasse benannte Gemeindestraße (Grundstück Nr. n1 der Liegenschaft EZ nn, Stadtgemeinde N, öffentliches Gut) ist die Verbindungsstraße zwischen Wienerstraße und Fabriksgasse in N. Sie ist als Einbahn von der Wienerstraße geführt. Wegen der geringen Straßenbreite und der Einbahnregelung beabsichtigt die mitbeteiligte Partei, die Gerichtsgasse mit einer Fahrbahnbreite von 3,10 m bis 3,50 m auszustatten und nordseitig einen Gehsteig durchgehend in einer Breite von 1,50 m herzustellen. An der südseitigen Straßenseite ist die Herstellung eines Gehsteiges im Bereich der Häuser Nr. nn1 bis Nr. nn4 geplant. Bei entsprechender Abtretung durch anrainende Grundstückseigentümer kann vom Haus Nr. nn1 bis Nr. nn4 eine Parkspur in einer Breite von 2,20 m und die Fahrbahn in diesem Bereich zum besseren Rangieren in einer Breite von 3,50 m ausgeführt werden. Durch die Einbahnregelung wird in der Gerichtsgasse - außer dem Anrainerverkehr - nur der Verkehr zum Parkplatz im Bereich des Hauses Nr. nn8 und in der Fabriksgasse erwartet.

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin der an der Gerichtsgasse liegenden Grundstücke Nr. .nn und nn/3, KG N, Gerichtsgasse nn4.

In der über die von der mitbeteiligten Partei geplanten Umgestaltung der Gerichtsgasse gemäß § 6 Abs. 6 des NÖ Landesstraßengesetzes durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 28. August 1992 erhob die Beschwerdeführerin unter Verweis auf ihre schriftlichen Stellungnahmen vom 17. und 25. August 1992 Einwendungen.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 16. Jänner 1995 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 6 des NÖ Landesstraßengesetzes die Baubewilligung für die Umgestaltung der Gerichtsgasse unter Auflagen erteilt. Die beglaubigte Abschrift der Verhandlungsschrift vom 28. August 1992, das bezughabende verkehrstechnische Gutachten des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung und die mit der Genehmigungsklausel versehenen Planunterlagen samt technischer Beschreibung wurden zum wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides erklärt. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin wurden abgewiesen, da sie zu dem Gegenstand der Verhandlung keinen Bezug aufwiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 16. November 1995 wurde die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Im Baubewilligungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei sei unter Auflage 3 zwar eine Baubeginns- und Bauvollendungsfrist festgesetzt worden, welche zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 16. Jänner 1995 abgelaufen gewesen sei. Es handle sich somit um eine nichtvollstreckbare Auflage. Diese richte sich aber nur an die Bewilligungswerberin, begründe jedoch keinen Rechtsanspruch in bezug auf subjektiv-öffentliche Rechte der Nachbarn. Aus der Vorschrift des letzten Satzes des § 6a Abs. 1 des NÖ Landesstraßengesetzes sei abzuleiten, daß den Nachbarn in den von dieser Gesetzesstelle erfaßten Belangen kein Mitspracherecht zustehe, sodaß sie in keinem Recht verletzt werden könnten, wenn die Behörde ihren diesbezüglichen Einwendungen nicht Rechnung trage. Dies ändere aber nichts daran, daß bei der obligatorischen Bauverhandlung eine Begutachtung des Bauvorhabens vom Standpunkt der durch den Bauentwurf berührten Interessen durchzuführen sei, wobei die Bewilligungsbehörde über straßenbautechnische Einwendungen meritorisch abzusprechen habe, während privatrechtliche Einwendungen, über welche eine Einigung nicht habe erzielt werden können, auf den Zivilrechtsweg zu verweisen seien. Bezüglich der zu erwartenden Verkehrsbeeinträchtigungen könne somit die Beschwerdeführerin in keinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt werden, weil Anrainern kein Rechtsanspruch auf Schutz vor Immissionen erwachse, die von der gegenständlichen Gemeindestraße ausgingen. In einem Verfahren nach § 6 des NÖ Landesstraßengesetzes werde nur die bautechnische Gestaltung einer Landes- oder Gemeindestraße und deren Nebenanlagen, wie Gehsteige, Haltestellenbuchten, Grünanlagen etc. geregelt. Die Frequenz und den Ablauf des Verkehrs auf einer öffentlichen Straße zu regeln, sei jedoch Aufgabe anderer Behörden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem Recht auf ordnungsgemäße Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, ihrem Recht gemäß § 6 bzw. § 6a NÖ Landesstraßengesetz, weiters in ihrem aus der Bauordnung für Niederösterreich erfließenden Rechten verletzt". Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dem Beschwerdeverfahren liegt eine von der mitbeteiligten Partei beabsichtigte Umgestaltung einer Gemeindestraße zugrunde. Für ein solches Verfahren sieht das NÖ Landesstraßengesetz in der Fassung der Novelle LGBl. 8500-3 folgende Regelungen vor:

"§ 6

Bauverhandlung, Trassenbegehung, Baubewilligung

(1) Vor Inangriffnahme der Bauarbeiten für die Neuanlage, Umgestaltung oder Umlegung einer Landeshaupt- oder Landesstraße ist eine örtliche Verhandlung und Begehung der Trasse zum Zwecke der Begutachtung des Bauvorhabens vom Standpunkt der durch den Bauentwurf berührten Interessen durchzuführen. Hiebei ist insbesondere auch darauf Bedacht zu nehmen, daß sich die geplante Straße unter Schonung bestehender Natur- und Kunstdenkmale dem Landschaftsbild anpaßt und dem Verkehr, einschließlich eines allfälligen besonderen landwirtschaftlichen Verkehrsbedürfnisses gerecht wird. Weiters ist auf die Umweltverträglichkeit Bedacht zu nehmen.

...

(3) Zu der Amtshandlung, die in den durchzogenen Gemeinden durch Anschlag an der Amtstafel durch acht Tage vor dem Verhandlungstag kundzumachen ist, sind außer den Entwurfsvertretern die Durchzugsgemeinden, die sonstigen beteiligten Behörden und Amtsstellen sowie alle bekannten Anrainer und sonstigen Beteiligten, insbesondere auch die in Betracht kommenden Stromversorgungsunternehmungen nachweislich zu laden. Abweichungen vom Bauentwurf, über die bei der Verhandlung eine Einigung erzielt wurde, sind in den der Verhandlung zugrunde liegenden Entwurfsplänen mit blauer Farbe ersichtlich zu machen. Privatrechtliche Einwendungen gegen den Bauentwurf, über die eine Einigung nicht erzielt worden ist, sind zur Austragung auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.

(4) Nach Maßgabe des Ergebnisses der Begehung und Verhandlung ist ein Baubewilligungsbescheid zu erlassen, in dem die Bedingungen festzusetzen sind, die bei der Durchführung des Bauentwurfes vom Standpunkt der öffentlichen und der als begründet erkannten Interessen der Beteiligten zu erfüllen sind.

...

(6) Bei Neuanlage, Umgestaltung oder Umlegung von Gemeindestraßen und Wegen ist das vorangeführte Verfahren durch den Gemeinderat durchzuführen. Die Landesregierung ist vor Ausschreibung der Verhandlung über das Bauvorhaben gutachtlich zu hören und zu dieser einzuladen. Den Baubewilligungsbescheid erläßt der Gemeinderat.

...

§ 6a

Schutz der Nachbarn

(1) Bei der Planung und beim Bau von Landeshaupt- und Landesstraßen ist vorzusorgen, daß Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den zu erwartenden Verkehr auf Landeshaupt- und Landesstraßen soweit herabgesetzt werden, als dies durch einen im Hinblick auf den erzielbaren Zweck wirtschaftlich vertretbaren Aufwand erreicht werden kann, sofern nicht die Beeinträchtigung wegen der Art der Nutzung des der Landeshaupt- und Landesstraße benachbarten Geländes zumutbar ist. Subjektive Rechte werden hiedurch nicht begründet.

..."

Im hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1990, Slg. Nr. 13.197/A, hat der Verwaltungsgerichtshof zur hier maßgeblichen Rechtslage bereits klargestellt, daß den Nachbarn in den von § 6a Abs. 1 leg. cit. erfaßten Belangen, also hinsichtlich der für sie zu erwartenden Verkehrsbeeinträchtigungen, kein Mitspracherecht zusteht, sodaß sie in keinem Recht verletzt werden, wenn die Behörde ihren diesbezüglichen Einwendungen nicht Rechnung trägt. Über die straßenbautechnischen Einwendungen, welche die Interessen der durch den Bauentwurf berührten Nachbarn betreffen, hat jedoch die Bewilligungsbehörde abzusprechen. Auf die Umweltverträglichkeit hat die Behörde auch bei der Neuanlage, Umgestaltung und Umlegung von Gemeindestraßen Bedacht zu nehmen, ein diesbezügliches Mitspracherecht können die Nachbarn aber nicht beanspruchen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1994, Zl. 94/05/0007). Im übrigen können jedoch die Anrainer - auch im Verfahren bei der Neuanlage, Umgestaltung und Umlegung von Gemeindestraßen - nach § 6 NÖ Landesstraßengesetz ihre Interessen wahren (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 1994, Zl. 94/05/0006). Der gegenständliche Beschwerdefall bietet keinen Anhaltspunkt, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.

Der im § 6a NÖ Landesstraßengesetz vorgesehene Schutz der Nachbarn bezieht sich ausdrücklich nur auf Landeshaupt- und Landesstraßen, nicht jedoch auf Gemeindestraßen. Auf die durch die bewilligte Umgestaltung der in Rede stehenden Gemeindestraße allenfalls entstehende erhöhte Lärmbelästigung konnte die belangte Behörde aufgrund der Vorstellung der Beschwerdeführerin nicht eingehen, weil der Beschwerdeführerin diesbezüglich kein Mitspracherecht zukommt, da es sich hiebei um Fragen der Umweltverträglichkeit handelt. Die in der Beschwerde geäußerte Befürchtung, durch die bewilligte bauliche Maßnahme werde das Verkehrsaufkommen in der Gerichtsgasse wesentlich vergrößert, betrifft ebenso keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Beschwerdeführerin, weil es sich hiebei um zu erwartende Verkehrsbeeinträchtigungen handelt, bezüglich deren - wie oben bereits dargelegt - dem Nachbarn kein Mitspracherecht zukommt.

Insoweit die Beschwerdeführerin eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens in bezug auf die ihr zukommenden straßenbautechnischen Einwendungen behauptet, zeigt sie nicht auf, um welche Interessen der Beschwerdeführerin es sich hiebei handelt und aufgrund welcher Verfahrensergänzungen der Gemeinderat der mitbeteiligten Partei zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre. Die Verfahrensrüge ist daher nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Die Beschwerde erweist sich sohin insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996050005.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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