TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/29 97/05/0062

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Veröffentlicht am 29.04.1997
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;

Norm

BauO Wr §101 Abs2;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §129 Abs4;
BauO Wr §99;
BauRallg;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Ing. J in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 19. Dezember 1996, Zl. MD-VfR-B XXIII-62/96, betreffend einen Bauauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde einer Berufung des Beschwerdeführers gegen einen Bauauftrag vom 23. September 1996 keine Folge gegeben. Dieser Bauauftrag an den Beschwerdeführer als Eigentümer des Hauses Wien XXIII, S-Gasse 4, lautete wie folgt:

"Binnen drei Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides sind folgende Baugebrechen zu beheben:

1)

Das Mauerwerk im Erdgeschoß und der Fußboden in der Wohnung Top 1 und 2 ist wirksam trocken zu legen und ein ordnungsgemäßer Fußboden herzustellen. Der schadhafte Wandverputz ist abzuschlagen und ein neuer Verputz anzubringen. Die Türen und Türstöcke sind instandzusetzen.

2)

Sämtliche Fenster und Stöcke sind dichtschließend herzustellen. Vermorschte Teile durch ordnungsgemäße Teile auszuwechseln.

3)

Der Außenverputz ist instandzusetzen."

Die Baubehörde erster Instanz ging, wie sich aus dem angefochtenen Bescheid ergibt und insofern vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten wird (wenn auch die Unvollständigkeit der Sachverhaltsaufnahme behauptet wird), von folgendem Sachverhalt aus:

"Bei einer am 27.3.1996 abgehaltenen Augenscheinsverhandlung wurde von der Baubehörde erster Instanz festgestellt, daß die Wohnungen Top 1 und 2 im Erdgeschoß des Hauses auf der gegenständlichen Liegenschaft durch aufsteigende Grundfeuchtigkeit stellenweise bis 2,50 m durchfeuchtet sind. Es ist Schimmelbildung vorhanden und es besteht ein schadhafter Wandverputz. Der Fußboden ist stellenweise uneben und daher nicht trittsicher. Die Türstöcke, Türen, Fensterstöcke und Fensterflügel sind teilweise vermorscht bzw. in der Verankerung (Bänder) schadhaft. Die Fenster sind undicht und der Außenverputz des Hauses ist stellenweise schadhaft. Laut Gutachten der Magistratsabteilung 15 - Bezirksgesundheitsamt für den 23. Bezirk sind die Wohnungen Top 1 und 2 als objektiv gesundheitsschädlich zu bezeichnen."

In der vorliegenden Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht, daß ein Bauauftrag nur nötigenfalls und nur unter angemessener Fristsetzung erteilt werde, sowie in seinem Recht auf ein gesetzmäßiges Verfahren verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 129 Abs. 2 erster Satz der Bauordnung für Wien (im folgenden: BO) hat der Eigentümer dafür zu sorgen, daß die Gebäude und die baulichen Anlagen in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden. Gemäß Abs. 4 erster Satz dieser Bestimmung hat die Behörde nötigenfalls den Eigentümer zur Behebung von Baugebrechen unter Gewährung einer angemessenen Frist zu verhalten; sie verfügt die aus öffentlichen Rücksichten notwendige Beseitigung von Baugebrechen und ordnet die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen an.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß der Verputz an der Außenmauer seines Hauses stellenweise schadhaft ist. Während er in seiner Berufung - die diesbezügliche Darstellung im angefochtenen Bescheid wird in der Beschwerde nicht widerlegt - noch behauptete, die Verputzschäden seien auf die Benützung des Gehsteiges als Verkehrsfläche zurückzuführen, macht er nunmehr geltend, allein die Feststellung, der Außenputz sei stellenweise schadhaft, rechtfertige noch nicht die Anordnung, den Außenputz instandzusetzen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem auch vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnis vom 23. Jänner 1996, Zl. 95/05/0275, ausgesprochen, daß ein Verputz an Außenmauern erforderlich ist, soweit die Außenmauer nicht so gestaltet ist, daß sie, ohne eines Verputzes zu bedürfen, auf die Dauer den Anforderungen des § 99 BO genügen könne. Aus den Bestimmungen des § 101 Abs. 2 BO sei zu schließen, daß auch andere Mauern als Feuermauern im Falle des Erfordernisses mit einem Verputz zu versehen sind. Schon in seiner bisherigen Rechtsprechung habe der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, das Fehlen des Verputzes auch an Hofschauflächen stelle ein Baugebrechen dar, wenn festgestellt werde, daß der Verputz an Mauern fehle, die - wegen der Gefahr des Eindringens von Niederschlägen - eines Verputzes bedürfen, um dem gesetzlichen Erfordernis der Standfestigkeit und Tragfähigkeit zu genügen. Im Einzelfall sei zu prüfen, ob nicht die Beschaffenheit des Mauerwerkes (z.B. wasserabstoßende Ziegel) die Behebung von Verputzschäden entbehrlich mache. Gewöhnliches Rohziegelmauerwerk sei gegen Witterungseinflüsse anfällig, weil die Niederschläge in die freigewordenen Mörtelbänder eindringen.

Aus den Feststellungen im angefochtenen Bescheid ergibt sich, daß die Wohnungen Top Nr. 1 und 2 im Erdgeschoß des Hauses durch aufsteigende Grundfeuchtigkeit stellenweise bis 2,50 m durchfeuchtet seien, daß Schimmelbildung vorhanden sei und ein schadhafter Wandverputz bestehe. Aufgrund dieser vom Beschwerdeführer unbestrittenen Tatsachen bedurfte es keiner weiteren Beweisaufnahme über die Beschaffenheit des Mauerwerkes, zumal in der Berufung offenbar nicht die Behauptung aufgestellt wurde, die Behebung von Verputzschäden sei aufgrund einer besonderen Beschaffenheit des Mauerwerkes nicht erforderlich. Vielmehr stehen Durchfeuchtungen fest, sodaß es keiner Erhebungen darüber bedarf, ob die Behebung der Verputzschäden geboten ist, wobei nicht nur die Gefahr des Eindringens von Niederschlägen besteht, sondern ein solches Eindringen und die damit verbundene Durchfeuchtung bereits erfolgt ist. Der Beschwerdeführer behauptet auch jetzt nicht, daß die Beschaffenheit des Mauerwerkes, etwa durch wasserabstoßende Ziegel, die Ausbesserung entbehrlich machen würde. Gerade unter Heranziehung der im genannten Erkenntnis hervorgehobenen Gesichtspunkte war somit im vorliegenden Fall der erteilte Bauauftrag durchaus geboten.

Völlig unzweifelhaft ist schon nach dem eindeutigen Spruch des Bauauftrages, daß nicht der gesamte Verputz auszubessern ist, sondern nur die schadhaften Stellen auszubessern sind. Von einer Verletzung des aus § 59 Abs. 1 AVG abgeleiteten Konkretisierungsgebotes kann daher keine Rede sein. Diesbezüglich liegt auch keine mangelhafte Sachverhaltsermittlung vor, wenn nicht im einzelnen festgestellt wurde, wo sich die schadhaften Stellen befinden. Bei schadhaftem Verputz von Außenwänden handelt es sich um ein Baugebrechen, bei welchem die Umschreibung des Schadens niemals bis in alle Einzelheiten möglich ist (siehe die Beispiele aus der hg. Judikatur bei Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften3, S. 559, E 7 und S. 566, E 14a). Im Erkenntnis vom 20. Juni 1995, Zl. 95/05/0116, wurde auch ausgesprochen, daß der Auftrag, den an mehreren Stellen schadhaften Verputz instandzusetzen, nicht die Verpflichtung enthält, den GESAMTEN Verputz instandzusetzen.

Als Rechtswidrigkeit wird weiters geltend gemacht, daß die gesetzte Dreimonatsfrist unangemessen kurz sei. Eine Erfüllungsfrist ist angemessen, wenn innerhalb derselben die erforderlichen Arbeiten durchgeführt werden können; bei der Fristsetzung muß überdies darauf Bedacht genommen werden, daß die in einem Baugebrechen gelegene Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen so rechtzeitig beseitigt wird, daß der Eintritt eines Schadens verhindert wird (siehe die Nachweise bei Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens5, E 4 zu § 59 Abs. 2 AVG).

Weder dem Beschwerdevorbringen noch dem im angefochtenen Bescheid zitierten Berufungsvorbringen ist zu entnehmen, der Beschwerdeführer hätte geltend gemacht, daß die aufgetragenen Arbeiten innerhalb von drei Monaten nicht durchführbar wären. In der Beschwerde wird vorgebracht, daß in einzelnen vom Verwaltungsgerichtshof judizierten Fällen andere Fristen gesetzt worden seien, während auch jetzt nicht dargetan wird, warum - also aufgrund welcher technischen oder allenfalls wirtschaftlichen Gegebenheiten - die Arbeiten innerhalb dieser Frist nicht ausgeführt werden können. Die Beschwerde bietet somit keine Anhaltspunkte, die auf eine Unangemessenheit der Dreimonatsfrist schließen ließen; eine Rechtswidrigkeit des Bescheides kann darin nicht erkannt werden.

Als Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens wird die Schlußfolgerung gerügt, der unebene Fußboden sei "daher" nicht trittsicher. Die Sturzgefahr sei nicht durch ein Sachverständigengutachten belegt.

Aus dem vom Beschwerdeführer zitierten hg. Erkenntnis vom 23. November 1962, Zl. 711/62, ergibt sich keineswegs, daß in jedem Fall zur Frage der Sturzgefahr bei einem unebenen Fußboden zwingend ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müsse. Vielmehr wird ausgeführt, daß die Behörde die Sturzgefahr "allenfalls" unter Mitwirkung von Sachverständigen festzustellen habe. Im vorliegenden Fall hat sich der Beschwerdeführer in der Berufung gegen die festgestellte mangelnde Trittsicherheit nicht gewehrt; im angefochtenen Bescheid heißt es vielmehr, vom Beschwerdeführer unbestritten:

"Das Vorhandensein all dieser Baugebrechen wird vom Berufungswerber nicht bestritten. Sie sind durch die amtlichen Erhebungen und das Gutachten der Magistratsabteilung 15, mit dem die objektive Gesundheitsschädlichkeit der Räume festgestellt wurde, eindeutig nachgewiesen".

Damit besteht keine Parallele zu dem dem hg. Erkenntnis vom 23. November 1962 zugrundegelegenen Sachverhalt. Dort hat der Beschwerdeführer schon beim Ortsaugenschein behauptet, daß keine Sturzgefahr bestehe. Im vorliegenden Fall kann von einer mangelhaften Sachverhaltsaufnahme keine Rede sein, zumal der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach ausgesprochen hat, daß dann, wenn anläßlich eines Augenscheines der Feststellung der Schäden nicht entgegengetreten wurde, der Verpflichtete das Vorliegen der Baugebrechen anerkannt hat (siehe die Nachweise bei Geuder-Hauer a.a.O, 566, E 14a).

Gerügt wird weiters, die Behörde habe nicht begründet, warum der "gesamte" Außenputz instandzusetzen sei. Ein derartiger Auftrag wurde jedoch gar nicht erteilt.

Schließlich sei nicht begründet worden, warum "sämtliche" Fenster und Stöcke dichtschließend herzustellen seien. Wie sich aus der eingangs wiedergegebenen Sachverhaltsdarstellung und der Begründung des angefochtenen Bescheides unzweifelhaft ergibt, waren nur Baugebrechen im Erdgeschoß Gegenstand des Verfahrens. Wenn anläßlich eines Augenscheines im Erdgeschoß festgestellt wurde, daß die Fenster und Fensterstöcke vermorscht, die Verankerung der Bänder schadhaft und die Fenster undicht seien, dann bezieht sich der Auftrag, "sämtliche" Fenster und Stöcke dichtschließend herzustellen, auf Fenster und Stöcke im Erdgeschoß. Es bedurfte daher keiner (als fehlend gerügter) Begründung, warum "sämtliche" Fenster instandzusetzen seien.

Somit ließ schon der Inhalt der Beschwerde erkennen, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997050062.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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