TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/29 97/06/0084

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Veröffentlicht am 29.04.1997
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Index

L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art140 Abs7;
ROG Tir 1994 §15 idF 1996/004;
ROG Tir 1994 §16 Abs1 lite idF 1996/004;
ROG Tir 1994 §16a idF 1996/004;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde der Annemarie und des Jakob D in E, beide vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 4. Juni 1996, Zl. Ve1-554-77/1-3, betreffend Feststellung eines Freizeitwohnsitzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind bücherliche Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft. Mit Schreiben vom 27. Dezember 1994 meldete der Pächter E.I. einen auf dieser Liegenschaft befindlichen Freizeitwohnsitz im Sinne des § 16 Abs. 1 und 2 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994, LGBl. Nr. 81/1993, an. Mit Bescheid vom 27. Dezember 1995 stellte der Bürgermeister der Gemeinde E fest, daß der Freizeitwohnsitz vom Eigentümer bzw. Verfügungsberechtigten weiterhin als Freizeitwohnsitz verwendet werden dürfe. Der Bescheid enthielt auch die Angabe, daß der Freizeitwohnsitz zur ganzjährigen Wohnnutzung geeignet sei. Die Beschwerdeführer erhoben Berufung ausschließlich gegen jenen Teil des Bescheides, der die Feststellung der Eignung zur ganzjährigen Wohnnutzung enthält.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab (der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 19. Juni 1996 zugestellt; im Beschwerdefall ist daher das Tiroler Raumordnungsgesetz 1994 in der Fassung der Novelle

LGBl. Nr. 4/1996 anzuwenden). Begründend führte die belangte Behörde aus, daß bei der Beurteilung der Frage der ganzjährigen Wohnnutzung ein objektiver Maßstab anzulegen sei. Der Einwand der Beschwerdeführer, daß eine Zufahrt im Winter nicht möglich sei, gehe ins Leere, da zur Eignung zur ganzjährigen Haushaltsführung nicht erforderlich sei, daß das Haus mit einem Kraftfahrzeug erreicht werden könne, sondern nur, daß eine rechtlich gesicherte Verbindung bestehe. Es genüge daher grundsätzlich auch ein Fußweg. Auch die Einwendung der Beschwerdeführer, der Privatweg werde von der Gemeinde nicht vom Schnee geräumt, verfange nicht, da der Eigentümer nach den ihm zu Gebote stehenden Mitteln für die Schneeräumung Sorge zu tragen habe. Auch ein Stromanschluß sei zum Vorliegen der Eignung zur ganzjährigen Haushaltsführung nicht erforderlich, da mittels Flüssiggas die zur Haushaltsführung notwendige Energie gewonnen werden könne. Die Sicherung der Wasserversorgung sei aus den Ausführungen der Beschwerdeführer im Bauverfahren ersichtlich, in dem die Beschwerdeführer ausgeführt haben, daß die Wasserversorgung jedenfalls durch die eigene Quelle gesichert sei. Der Einwand, daß das Gebäude nicht in allen Belangen den heute gestellten technischen Bauweisen entspreche, verfange nicht, da die Beschwerdeführer verhalten seien, die in der Baubewilligung angeführten Vorschreibungen einzuhalten. Zusammenfassend sei davon auszugehen, daß der festgestellte Freizeitwohnsitz zur ganzjährigen Haushaltsführung geeignet sei.

Aus Anlaß der Prüfung des vorliegenden Beschwerdefalles sind beim Verwaltungsgerichtshof Bedenken in bezug auf die Verfassungsmäßigkeit der §§ 15, 16 und 16a des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994, LGBl. Nr. 81/1993, in der Fassung LGBl. Nr. 4/1996, entstanden. Der Verwaltungsgerichtshof stellte daher mit Beschluß vom 25. Oktober 1996, ergänzt mit Beschluß vom 21. November 1996, in der vorliegenden Beschwerdesache an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, die bezughabenden Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 in der Fassung der Novelle LGBl. 4/1996 als gesetzwidrig aufzuheben.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 12. März 1997, G 114/96 u.a., ausgesprochen, daß die §§ 15, 16 und 16a des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 in der Fassung der 1. Raumordnungsgesetz-Novelle, LGBl. Nr. 4/1996, verfassungswidrig waren.

Angesichts dieser, gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG auf den Beschwerdefall zurückwirkenden Feststellung des Verfassungsgerichtshofes in bezug auf jene Bestimmung (hier nur § 16 Abs. 1 lit. e TROG 1994), auf die der angefochtene Bescheid gestützt worden ist, ist dieser aufgrund einer verfassungswidrigen Rechtslage ergangen und somit mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997060084.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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