TE Bvwg Erkenntnis 2021/1/12 W233 2238468-1

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Veröffentlicht am 12.01.2021
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Entscheidungsdatum

12.01.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
FPG §52

Spruch


W233 2238468-1/2Z

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Andreas FELLNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Kasachstan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.11.2020, Zl. 549429708 - 190788445, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 02.06.2020, ZL. 13 Hv 21/20x wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der Terrorismusfinanzierung nach § 278d Abs. 1 a Z 2 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr rechtskräftig verurteilt.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 27.11.2020 wurde dem Beschwerdeführer gegenüber eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 5 FPG 2005 iVm § 9 BFA-VG erlassen und seine Abschiebung gemäß § 46 FPG 2005 nach Kasachstan für zulässig erklärt. Darüber hinaus wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 6 FPG 2005 ein für die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen, ihm gem. § 55 Abs. 2 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und der Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde soweit hier wesentlich festgestellt, dass sich der Beschwerdeführer seit 2011 legal in Österreich aufhält, er mit Urteil des Landesgerichts XXXX wegen des Verbrechens der Terrorismusfinanzierung zu einer bedingten Freiheitsstragfe von einem Jahr verurteilt wurde und sein Aufenthalt in Österreich eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstelle (vgl. AS 188f). Beweiswürdigend hielt das Bundesamt in diesem Zusammehang fest, dass da dem Beschwerdeführer bewusst gewesen sei, dass er Geld für ein Mitglied einer terroritsischen Vereinigung zur Verfügung stelle, davon auszugehen sei, dass sein weiterer Aufenthalt in Österreich eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstelle (vgl. AS 217). In der rechtlichen Würdigung führte das Bundesamt aus, dass der Beschwerdeführer seit 18.09.2018 über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“ verfüge (vgl. AS 218) bzw. dass in Hinblick auf die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen des Verbrechens der Terrorismusfinanzierung und in Zusammenschau mit dem bei ihm gefundenen Material davon auszugehen sei, das bei ihm eine gefestigte Einstellung vorliege, die den Werten der österreichischen Gesellschaft widerspreche und somit eine aktuelle Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit vorliege (vgl. AS 221).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A)

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2 EMRK, Artikel 3 EMRK, Artikel 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

Im vorliegenden Fall kann eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht getroffen werden. Der Beschwerdeführer macht ein reales Risiko einer Verletzung der hier zu berücksichtigenden Konventionsbestimmungen - insbesondere im Hinblick Art. 8 EMRK - geltend. Der Beschwerdeführer moniert in seiner Beschwerde, dass das Landesgericht es für nicht notwendig erachtet habe auch nur einen Teil seiner Freiheitsstrafe unbedingt auszusprechen. Dieser Umstand zeige, dass weder die Staatsanwaltschaft noch das Landesgericht von einer Gefährlichkeit seiner Person ausgegangen seien, ansonsten man ihm die Rechtswohltat der bedingten Strafnachsicht nicht gewährt hätte. Angesichts der geschilderten Umstände, seines langjährigen Aufenthalts in Österreich, seiner sozialen und wirtschaftlichen Integration im Bundesgebiet und seiner geordneten Lebensverhältnisse, gehe er davon aus, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots in seinem Fall nicht vorliegen. Die gemäß Art. 8 EMRK durchzuführende Interessensabwägung müsse zu seinen Gunsten ausfallen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem ähnlich gelagerten Fall (vgl. VwGH 29.09.2020, Ra 2020/21/0126) unlängst ausgeführt, dass durch die Verurteilung einer Person wegen Straftaten in Zusammenhang mit Terrorismus zwar jedenfalls die Erfüllung Tatbestände der Z 1, 6 und 9 des § 53 Abs 3 FPG zu bejahen seien, sodass eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit iSd § 53 Abs 3 FPG indiziert sei. Allerdings sei aber auch nicht auszuschließen, dass unter besonderen Umständen ein für die Gefährdungsprognose maßgeblicher Gesinnungswandel konstatiert werden kann. Dies könnte nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa dann ausnahmsweise der Fall sein, wenn die altersmäßige Persönlichkeitsentwicklung des betreffenden Fremden in Verbindung mit dem nach der Tat gesetzten Verhalten eine deutliche Abkehr von dem in der Vergangenheit gezeigten Verhaltensmuster schon nach kurzer Zeit hinreichend deutlich erkennen bzw. erwarten lässt (vgl. in diesem Sinn - betreffend einen jugendlichen, wiederholt wegen Terrorismusdelikten verurteilten Straftäter - VwGH 26.4.2018, Ra 2018/21/0027, Rn. 16, und das Folgeerkenntnis im zweiten Rechtsgang VwGH 4.3.2020, Ra 2019/21/0161, Rn. 15, mwN).

Der Tatbestand der Terrorismusfinanzierung iSv § 278 d StGB sieht eine Strafdrohung von einer Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren vor. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX wegen Terrorismusfinanzierung zur Mindeststrafe von einem Jahr rechtskräftig verurteilt, wobei diese Strafe gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Gem. § 43 Abs. 1 leg. cit hat das Gericht einem Rechtsbrecher, der zu einer zwei Jahre nicht übersteigenden Freiheitsstrafe verurteilt wurde, ihm die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von mindestens einem und höchstens drei Jahren bedingt nachzusehen, wenn anzunehmen ist, dass die bloße Androhung der Vollziehung allein oder in Verbindung mit anderen Maßnahmen genügen werde, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, und es nicht der Vollstreckung der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Dabei sind insbesondere die Art der Tat, die Person des Rechtsbrechers, der Grad seiner Schuld, sein Vorleben und sein Verhalten nach der Tat zu berücksichtigen.

Bei einer Grobprüfung kann deshalb derzeit nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass der seit 2011 in Österreich legal aufhältige Beschwerdeführer trotz seiner erfolgten Verurteilung wegen Terrorismusfinanzierung iSv § 278 d Abs. 1 a Z 2 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von einem Jahr im Falle der Effektuierung seiner ihm gegenüber erlassenen Rückkehrentscheidung und den damit in Zusammenhang stehenden Absprüchen, wie insbesondere das ihm gegenüber erlassene Einreiseverbot, eine realen Gefahr einer Verletzung seiner von der EMRK geschützten Rechte (insbesondere von Art. 8 EMRK) bedeuten würde.

Daher war der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG entfaltet daher keine Wirkung mehr und braucht darauf insofern nicht mehr eingegangen zu werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W233.2238468.1.00

Im RIS seit

11.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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