TE Bvwg Erkenntnis 2021/1/26 G308 2236213-2

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Veröffentlicht am 26.01.2021
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Entscheidungsdatum

26.01.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76

Spruch


G308 2236213-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. PENNITZ als Einzelrichterin in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft von XXXX , geb. XXXX , StA. AFGHANISTAN, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Steiermark (BFA-St) vom XXXX .2020, Zl. XXXX , zu Recht:

A)       Es wird gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der betroffene Fremde (in der Folge auch kurz BF) ist spätestens am 25.03.2016 schlepperunterstützt und unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet eingereist und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX .2017, GZ: XXXX , wurden er rechtskräftig nach dem Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.

3. Am 04.12.2017 wurde seitens BFA der Antrag in Bezug auf den Status des Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG wurde nicht zugesprochen. Weiters wurde eine Rückkehrentscheidung mit befristetem Einreiseverbot erlassen. Die Abschiebung nach Afghanistan wurde als zulässig festgestellt und eine Frist zur freiwilligen Ausreise nicht gewährt.

4. Gegen diesen Bescheid erhob er fristgerecht Beschwerde. Mit Entscheidung des BVwG vom 22.01.2018, GZ: W104 2182868-1/3E, wurde das Einreiseverbot behoben und die übrige Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

5. Mit Entscheidung des VfGH vom 25.02.2019, GZ: E 400/2018-15, wurde das Erkenntnis des BVwG aufgehoben

6. Mit Beschluss des BVwG vom 01.04.2019, GZ: W104 2182868-1/18Z, wurde die aufschiebende Wirkung der Beschwerde zuerkannt.

7. Mit Beschluss des BVwG vom 04.04.2019, GZ: GZ W104 2182868-1/20E, wurde das Asylverfahren eingestellt, da sich der BF dem Asylverfahren entzogen hat und dieses daher nicht fortgesetzt werden konnte.

8. Am 21.06.2019 stellte er in Deutschland einen Asylantrag, der Rückübernahme seitens dem BFA wurde nicht zugestimmt, es kam weiters hervor, dass er bereits am 13.04.2018 in Frankreich ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat.

9. Am 28.09.2020 musste der BF wegen Fremdgefährdung gem. § 46 Abs 2 SPG in eine Krankenanstalt vorgeführt werden.

10. Am 29.09.2020 wurden er aus dieser entlassen und gem. § 34 Abs 3 Z 1 BFA-VG festgenommen und in das PAZ XXXX verbracht.

11. Am XXXX .2020 wurde mittels Mandatsbescheid die Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 FPG zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung eine aufenthaltsbeende Maßnahme angeordnet.

12. Anlässlich der Beschwerde wurde eine mündliche Verhandlung am 23.10.2020 durchgeführt und mit mündlich verkündetem Erkenntnis die Beschwerde abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

13. Mittels Aktenvermerk vom 27.10.2020, 21.11.2020, 23.12.2020 und 19.01.2021 wurde seitens des BFA festgestellt, dass die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung der Schubhaft überprüft wurde und die Verhältnismäßigkeit nach wie vor vorliegt, da der Fremde in die Illegalität abgetaucht ist, über keine gesicherte Unterkunft und kein gesichertes Einkommen verfügt.

14. Am 04.12.2020 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem BVwG zu dem Antrag auf internationalen Schutz des BF statt, anlässlich der ein psychologisches Gutachten in Auftrag gegeben wurde, welches für den 26.01.2021 geplant ist, sodass mit einem zeitnahen Abschluss des Verfahrens zu rechnen ist.

1. Feststellungen:

1.1. Der BF führt die im Spruch angeführte Verfahrensidentität (Namen, Geburtsdatum und Staatsangehörigkeit). Aufgrund der vorliegenden Tazkira ist ein Heimreisezertifikat jederzeit ausstellbar und eine Abschiebung nach Abschluss des Asylverfahrens in absehbarer Zeit möglich. Der BF besitzt kein gültiges Reisedokument und kann Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen.

1.2. Der BF hat in Österreich keine maßgebliche familiäre, soziale und berufliche Verankerung. Er verfügt auch nicht über ausreichende finanzielle Mittel zur Sicherung seines Unterhalts und hat auch keinen gesicherten Wohnsitz.

1.3. Der BF wurde in Österreich einmal rechtskräftig verurteilt: er wurde vom Landesgericht für Strafsachen XXXX mit Urteil vom XXXX .2017, GZ: XXXX , rechtskräftig nach dem Suchtmittelgesetz gem. § 27 Abs 2a zweiter Fall , § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall und § 27 Abs 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.

1.4. Der BF wird seit XXXX .2020 durchgängig in Schubhaft angehalten, er ist haftfähig und sind keine Umstände hervorgekommen, die eine Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts indizieren oder Zweifel an der Verhältnismäßigkeit seiner weiteren Anhaltung in Schubhaft erwecken.

1.5. Der BF leidet an keinen schweren, lebensbedrohenden Krankheiten.

1.6. Es ist ein Asylverfahren anhängig, es besteht faktischer Abschiebeschutz, die Entscheidung ist noch nicht durchführbar.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Asyl- und Fremdenwesen sowie den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Verurteilung des BF in Österreich und zur Höhe der in diesem Zusammenhang verhängten Freiheitsstrafe ergibt sich aus der Aktenlage, insbesondere aus einem rezenten Auszug aus dem Strafregister.

Die Feststellungen zur Familiensituation des BF und zu seiner mangelnden (sozialen) Integration in Österreich ergeben sich aus der Aktenlage.

Die zur finanziellen Situation getroffenen Konstatierungen ergeben sich aus der Aktenlage und fügen sich zudem stimmig in die (unstrittigen) Lebensumstände des BF. Hinweise auf substanzielle gesundheitliche Probleme sind dem Akt zu entnehmen, ein grundsätzliches Fehlen der Haftfähigkeit wurde jedoch in keiner Phase des Verfahrens behauptet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A): Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF., hat folgenden Wortlaut:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1.       dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2.       dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3.       die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1.       ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a.      ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2.       ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3.       ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4.       ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5.       ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6.       ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7.       ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8.       ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9.       der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Die Bestimmung des § 22a Abs. 4 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF., lautet wörtlich wie folgt:

„§ 22a. [...]

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.“

Die Schubhaft dient der Sicherung der angeführten Verfahren bzw. der Sicherung der Abschiebung. Zur Prüfung der Fluchtgefahr ist auf alle Umstände des konkreten Falles Bedacht zu nehmen, um die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig anzusehen. Dabei kommt insbesondere auch dem bisherigen Verhalten des Fremden Bedeutung zu (VwGH 27.2.2007, 2006/21/0311). Von einer Anordnung der Schubhaft ist Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist. So ist eine verfassungsrechtlich gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen (VfGH 24.6.2006, B362/06). In diesem Zusammenhang sind die Kriterien gem. § 76 Abs. 3 FPG zu beachten.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung insbesondere auch ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an der baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit überwiegt.

Entsprechend des bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien Fluchtgefahr:

Der BF hat sein Asylverfahren in Österreich nicht abgewartet und stellten weitere Asylanträge in Frankreich und in Deutschland.

Er wurde bereits nach kurzer Zeit im Bundesgebiet straffällig indem er gewinnbringend Drogen an andere Personen verkaufte. Hierfür wurden er von einem Gericht zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.

Da er seit 20.09.2018 über keine ZMR-Meldeadresse verfügen, musste das BVwG das Beschwerdeverfahren einstellen.

Am 28.09.2020 wurden die Polizei gerufen, da er sich aggressiv verhalten hat. Beim Eintreffen konnte die Polizei vernehmen, wie er lautstark schrien, dass er alle umbringen werde. Auch bei der Amsthandlung und am Polizeirevier, wiederholten er die Drohung, alle umzubringen. Daher wurden er wegen Fremdgefährdung gem. § 46 Abs 2 SPG in eine Krankenanstalt (LKH XXXX , Standort XXXX ) verbracht.

Darüber hinaus verfügt der BF über keine finanziellen Mittel, geht keiner legalen Beschäftigung nach und hält sich im Verborgenen auf.

Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da er sich aufgrund des oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen hat. Es ist davon auszugehen, dass er auch künftig nicht gewillt sein wird, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Aus der Wohn- und Familiensituation, aus der fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund des bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich der Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.

Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist Voraussetzung, dass das persönliche Verhalten die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Der BF wurden bereits 2017 verurteilt, indem er Drogen an dritte gewinnbringend verkaufte. Auch der Polizeibericht über Fremdgefährdung vom 28.09.2020 zeigt klar, dass er eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen.

Bei der Prüfung der Fluchtgefahr ist auch ein massives strafrechtliches Verhalten des Fremden in Bezug auf Gewalt- und Vermögensdelikte in Verbindung mit der wegen seiner Mittellosigkeit naheliegenden Wiederholungsgefahr einzubeziehen (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276). Der VwGH hat auch ausgesprochen, dass eine erhebliche Deliquenz des Fremden das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität einer baldigen Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276).

Da an der Verhinderung von Schwarzarbeit ein großes öffentliches Interesse besteht, reicht allein schon das Betreten des Fremden bei der Verrichtung von Schwarzarbeit aus, um die Notwendigkeit der Schubhaft im Hinblick auf die Sicherung eines voraussichtlich zu verhängenden Aufenthaltsverbotes zu rechtfertigen (VwGH 27.04.2000, 2000/02/0088).

Daher liegt eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit iSd §§ 67 FPG und 76 Abs. 2 Z 1 FPG vor.

Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher, dass das private Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio – Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund der finanziellen Situation nicht in Betracht.

Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann damit nicht das Auslangen gefunden werden.

Der BF zeigte sich im laufenden Verfahren als nicht vertrauenswürdig und hat sich dem Verfahren entzogen.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht aufgrund der persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund des bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima – ratio – Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung in Freiheit ausschließt.

Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.

Eine auf den vorliegenden Einzelfall bezogene Gesamtabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Abschiebung einerseits und der Schonung der persönlichen Freiheit andererseits ergibt somit, dass das erwähnte öffentliche Interesse überwiegt, weil ohne Anordnung der Schubhaft die Durchführung der Abschiebung wahrscheinlich vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Dass besondere in der Person des BF gelegene Umstände vorliegen würden, die der Schubhaft allenfalls entgegenstehen könnten, ist anlassbezogen nicht hervorgekommen.

Die in § 80 Abs. 4 FPG grundsätzlich vorgesehene Höchstdauer der Anhaltung in Schubhaft wurde zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht überschritten.

Nach Abschluss des Asylverfahrens ist mit der Ausstellung eines HRZ zu rechnen, da der Flugverkehr nach Afghanistan grundsätzlich aufrecht ist, ist auch mit einer Abschiebung zu rechnen.

Der BF stellt eine gravierende Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung iSd § 67 FPG dar, wie sich auch in der mündlichen Verhandlung am 23.10.2020 vor dem BVwG gezeigt hat. Er hat selbst ausgeführt, dass er – sobald er aus der Schubhaft entlassen wird – wieder mit dem Suchtgifthandel beginnen wird bzw. dieses weiterführt.

Zudem wurde der BF aufgrund aggressiven Verhaltens auf offener Straße festgenommen und einer Krankenanstalt vorgeführt. Fluchtgefahr liegt ebenfalls vor wie das bisherige Verhalten des BF gezeigt hat.

In Zusammenschau mit der bisherigem Verhalten ist auch nicht glaubwürdig, dass er mit der Behörde nun zusammenarbeiten wird.

Die Anhaltung in Schubhaft erweist sich somit weiterhin zum Zweck der Sicherung der Abschiebung wegen Fluchtgefahr als notwendig und auch als verhältnismäßig. Die andauernde Schubhaft kann daher - auch unter Berücksichtigung der gesetzlich festgelegten Höchstdauer der Anhaltung - fortgesetzt werden, weshalb gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wie im Spruch angeführt zu entscheiden war.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm. § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Fluchtgefahr Interessenabwägung öffentliche Interessen Schubhaft Schubhaftbeschwerde Sicherungsbedarf Verhältnismäßigkeit Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G308.2236213.2.00

Im RIS seit

11.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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