Entscheidungsdatum
03.02.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
G307 2238814-1/8E
G307 2238814-2/8E
Schriftliche Ausfertigung des am 25.01.2021 mündlich verkündeten Erkenntnisses
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Afghanistan, vertreten durch die Bundesbetreuungsagentur in 1020 Wien, gegen die seit XXXX .2020, 10:30 Uhr andauernde Anhaltung in Schubhaft und den zu BFA-Zahl XXXX erlassenen Schubhaftbescheid nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.01.2021
A) zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Es wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
III. Die Beschwerde führende Partei hat dem Bund (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) Aufwendungen in Höhe von 887,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
IV. Der Antrag der Beschwerde führenden Partei auf Ersatz der Aufwendungen wird abgewiesen.
V. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
B) beschlossen:
Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang von der Befreiung der Entrichtung der Eingabegebühr wird gemäß § 8a VwGVG iVm § 64 Abs. 1 Z 1 lit a) ZPO abgewiesen.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem am 21.01.2021 um 10:08 Uhr beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) eingelangten und mit 20.01.2021 datierten Schriftsatz erhob der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) durch seine bevollmächtigte Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft seit XXXX .2020, 10:33 Uhr sowie den zugrundeliegenden Schubhaftbescheid.
2. Auf Grund der entsprechenden Verfügung des BVwG zur Aktenvorlage vom 21.01.2021 wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion Steiermark noch am selben Tag der zugehörige Verwaltungsakt elektronisch übermittelt und eine Stellungnahme zur gegenständlichen Beschwerde erstattet.
3. Das BVwG führte in der gegenständlichen Rechtssache am 25.01.2021 in der Außenstelle Graz eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der BF nach polizeilicher Vorführung aus dem XXXX , eine Mitarbeiterin seiner bevollmächtigten RV sowie eine Vertreterin der belangten Behörde teilnahmen. Nach Schluss der Verhandlung wurde das gegenständliche Erkenntnis mündlich verkündet.
4. Mit dem am 29.01.2020 datierten und am 01.02.2021 eingebrachten Schriftsatz beantragte der BF über seine RV die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger Afghanistans. Er reiste im August 2015 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet ein.
1.2. Zu den Asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren des BF
1.2.1. Der BF stellte am 17.08.2015 seinen ersten Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes. Dieser wurde sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG, Zahl W246 2140884-1/25E vom 22.02.2018 als unbegründet abgewiesen und erwuchs am 23.02.2018 in Rechtskraft.
Im Zuge dieses Verfahrens wurde im Rahmen einer Altersfeststellung am XXXX .2015 von einem medizinischen Sachverständigen zu Tage gefördert, dass der BF zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung bereits das 18. Lebensjahr vollendet haben musste. Aufgrund dessen ergab sich der XXXX als Geburtstag des BF, der von diesem auch bestätigt wurde. Um sich „jünger“ zu machen und – eigenen Angaben zufolge – in Österreich eine Schul- und Sprachausbildung zu absolvieren, nannte der BF vor seiner Altersfeststellung den XXXX als Geburtsdatum.
1.2.2. Mit Bescheid vom 26.03.2019 erließ das BFA gegen den BF unter anderem eine Rückkehrentscheidung, ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot und erteilte dem BF keinen Aufenthaltstitel nach dem AsylG. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 11.06.2019, Zahl W144 2140884-2/7E mit der Maßgabe abgewiesen, dass gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt wurde, die Abschiebung des BF nach Afghanistan sei gemäß § 46 FPG zulässig. Diese Entscheidung erwuchs am 12.06.2019 in Rechtskraft.
1.2.3. Am XXXX .2020 wurde der BF aus der damaligen Strafhaft entlassen und über ihn mit Bescheid vom XXXX .2020 die Schubhaft verhängt. Am XXXX .2020 stellte er aus dem Stande der Schubhaft einen weiteren Antrag auf Einräumung internationalen Schutzes. Da die vom BFA am 15.06.2020 ausgesprochene Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes mit Beschluss des BVwG vom 19.06.2020, Zahl W144 2140884-3/3E nicht für rechtmäßig erklärt wurde, wurde der BF am XXXX .2020 wieder aus der Schubhaft entlassen.
1.2.4. Am 04.11.2020 stellte der BF aus dem Stande der Schubhaft seinen dritten Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes. Am 06.11.2020 setze das Bundesamt den BF gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG darüber in Kenntnis, dass geplant sei, diesen Antrag wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurückzuweisen.
1.2.5. Mit Bescheid vom 12.11.2020 erkannte die belangte Behörde dem BF den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a AsylG ab. Dieser wurde mit Beschluss des BVwG vom 18.11.2020, Zahl W115 2140884-4/3E für rechtmäßig erklärt und erwuchs in Rechtskraft.
1.3. Am XXXX .2020 reiste der BF freiwillig aus dem österreichischen Bundesgebiet aus, nach Deutschland ein und stellte dort am selben Tag ebenso einen Asylantrag. Nach Beendigung des dortigen Verfahrens begab sich der BF nach Österreich zurück und nahm zeitweise in der Notschlafstelle „ XXXX “ am XXXX sowie bei einem Cousin in XXXX Unterkunft. Es konnte nicht festgestellt werden, dass es sich beim Cousin um XXXX , wohnhaft in der XXXX , handelt.
1.4. Am XXXX .2018 wurde von der afghanischen Botschaft für den BF ein Heimreisezertifikat ausgestellt. Dieses ist unbefristet gültig. Der BF ist für die am XXXX .2021 geplante Flugabschiebung nach Afghanistan bereits registriert.
1.5. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF mit der österreichischen Staatsbürgerin XXXX , geboren am XXXX , wohnhaft in XXXX , eine Beziehung führt. Fest steht jedoch, dass er mit ihr befreundet ist. Ferner konnte nicht festgestellt werden, dass dem BF an dieser Adresse eine private gesicherte Unterkunft zur Verfügung hat. Die genannte Wohnung steht im Alleineigentum der XXXX , etabliert in XXXX .
1.6. Am XXXX .2020 wurde der BF gemäß § 34 Abs. 3 Ziffer 3 BFA-VG festgenommen und befindet sich seit XXXX .2020 erneut in Schubhaft. Diese wird derzeit im XXXX vollzogen. Zum Zeitpunkt seiner Festnahme war kein Asylverfahren im Laufen.
1.7. Der BF verfügt – abgesehen von den Feststellungen unter I.1.5. – über keine nennenswerten familiären oder erwähnenswerten privaten Bindungen in Österreich. Auch Anhaltspunkte für die Annahme einer besonderen sozialen Integration in Österreich liegen nicht vor. Der BF verfügt über keine zur Sicherung seines Lebensunterhaltes ausreichenden Mittel und (auch sonst) über keine eigene Unterkunft. Aktuell kann er unmittelbar auf € 0,41 zugreifen (Stand 20.01.2021).
1.8. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX .2018, in Rechtskraft erwachsen am XXXX .2018, wurde der BF wegen versuchen schweren Raubes, versuchter Nötigung, Körperverletzung, gefährlicher Drohung und versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt, welche vom XXXX .2018 bis XXXX .2020 in den Justizanstalten XXXX und XXXX vollzogen wurde.
1.9. Der BF erhält innerhalb nicht näher bekannter Zeitspannen von seinem älteren, in Australien aufhältigen Bruder und seinem Onkel in London Geldbeträge zwischen € 100,00 bis € 200,00 über Western Union überwiesen, sodass er aufgrund dessen momentan eine Summe von rund € 400,00 zur Verfügung hat, welche momentan sein Cousin verwaltet.
1.10. Der BF war bisher in Österreich nicht legal beschäftigt.
1.11. Es ist von erhöhter Fluchtgefahr seitens des BF auszugehen.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
Die getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht in der mündlichen Verhandlung und auf Grund des vorliegenden Aktes durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.
Auf Grund des bisherigen Gesamtverhaltens und des in der Verhandlung hinterlassenen persönlichen Eindrucks des BF tritt das erkennende Gericht im Ergebnis der Beurteilung der belangten Behörde bei, dass sich der BF bislang als nicht vertrauenswürdig erwiesen hat.
Da der BF über kein gültiges Reisedokument verfügt, ist gegenständlich von einer Verfahrensidentität auszugehen. Dessen Vorbringen zum ursprünglich falsch angegebenen Alter hat der BF in der mündlichen Verhandlung ebenso bestätigt, wie das im Spruch angeführte Geburtsdatum, an welchem nun kein Zweifel mehr besteht.
Die Einreise des BF in das Bundesgebiet, die zur Person des BF geführten fremden- und asylrechtlichen Verfahren, deren Ausgang, die freiwillige Ausreise aus Österreich im August 2020, die Asylantragstellung in Deutschland, der dortige Verfahrensausgang, die Rückreise nach Österreich sowie die bereits erfolgte Ausstellung eines HRZ im Dezember 2018 folgen dem Speicherauszug des Zentralen Fremdenregisters (IZR) sowie den dazu ergänzend gemachten Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung. Aus dem IZR ergibt sich auch, dass zum Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft kein Asylverfahren mehr im Laufen war. Den jüngsten Antrag stellte der BF (erst) aus dem Stande der Schubhaft, nämlich am 04.11.2020.
Die unbefristete Gültigkeit des HRZ wurde von der Behördenvertreterin in der Verhandlung ebenso plausibel dargetan wie der Umstand, dass im Fall von in Strafhaft vebüßten Zeiten wie jenen Zeiträumen, in denen ein Fremder (hier: der BF) unsteten Aufentaltes ist, das HRZ-Verfahren ruht. Auch die Flugbuchung wurde von der belangten Behörde in der Verhandlung ins Treffen geführt und vom BF bis dato nicht bestritten.
Die fehlenden Meldungen sind dem auf den Namen des BF lautenden Auszug aus dem Zentralen Melderegister (ZMR) zu entnehmen und hat der BF bestätigt, in der „meldefreien“ Zeit bei Freunden und in der Notschlafstelle „ XXXX “ genächtigt zu haben. Dass er auch bei seinem Cousin namens XXXX genächtigt hat, konnte nicht bewiesen werden. Im ZMR scheint eine solche Person afghanischer Abstammung lediglich in XXXX auf, welche dort seit dem 15.03.2016 gemeldet ist. Diese kann der BF jedoch nicht gemeint werden. Dass sein – dem Namen nach nicht bekannter Cousin – die ersparten € 400,00 verwaltet und der BF immer wieder von seinem älteren Bruder und seinem Onkel Geldbeträge auf dessen Namen überwiesen bekam, ist glaubwürdig, weil es der Lebenserfahrung widerspräche, sollte der BF dieses Vorbringen zu seinen eigenen Ungunsten tätigen. Demgemäß besteht auch an der Existenz von älterem Bruder und Onkel kein Zweifel. Der Betrag, über den der BF aus der Schubhaft heraus derzeit frei verfügen kann (€ 0,41) ist in der Vollzugsdateninformation vom 20.01.2021 ersichtlich.
Der BF hat in der mündlichen Verhandlung behauptet, mit XXXX , welche in der Beschwerde als „ XXXX “ bezeichnet wurde, eine Beziehung zu führen und an deren Anschrift wohnen zu können. Beides konnte der BF jedoch nicht bescheinigen. So hielt XXXX in ihrem undatierten, dem BVwG vorgelegten Schreiben zwar fest, der BF könne nach seiner Entlassung bei ihr Unterkunft nehmen. Von einer Beziehung zu ihm ist darin jedoch keine Reden und wurde eine solche von ihr nicht (schriftlich) bestätigt. Ferner weisen die sonstigen Angaben in der mündlichen Verhandlung nicht in diese Richtung. Der BF gab an, die besagte Wohnung liege im Bezirk „ XXXX “, tatsächlich befindet sie sich im Bezirk „ XXXX “, habe der BF dort nie genächtigt und war an dieser Adresse (laut ZMR) auch nie gemeldet. Auf dem Weg in die Wohnung sei er von der Polizei festgenommen worden. Diese Umstände und die fehlenden Kenntnisse über Beruf, Arbeitsstelle, Einkommen und die Art des Wohnverhältnisses zwischen Aschbacher und dem Unterkunftgeber erlauben es nicht, von einer Beziehung zwischen ihr und dem BF zu sprechen. Dass die beiden einander kennen, steht anhand der Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung und dem Schreiben der XXXX außer Zweifel.
Ferner wurde kein Mietvertrag zwischen dem Unterkunfgeber ( XXXX ), der XXXX oder der Eigentümergesellschaft (diese ergibt sich aus dem Akt befindlichen Grundbuchsauszug) mit dem BF vorgelegt. Der Wille der vermeintlichen Freundin des BF, dem BF Unterkunft gewähren zu wollen, reicht für sich allein nicht aus, um von einer privaten gesicherten Unterkunft ausgehen zu können.
Davon abgesehen waren dem Akteninhalt keine weiteren privaten, familiären oder sonstigen Bindungen des BF in Österreich abzugewinnen.
Die Verurteilung folgt dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich sowie der dahingehend im Akt einliegenden Urteilsausfertigung.
Dass der BF bis dato noch nicht legal beschäftigt war, ist dem Inhalt des auf seine Person lautenden Sozialversicherungsdatenauszuges zu entnehmen.
Was den Bestand einer erhöhten Fluchtgefahr betrifft, wird hierauf in der rechtlichen Beurteilung noch näher eingegangen werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Beschwerdegegenstand und Prüfungsumfang:
3.1.1. Mit der gegenständlichen Beschwerde wurden sowohl der Schubhaftbescheid vom 14.10.2020 als auch die weitere Anhaltung in Schubhaft angefochten.
Gemäß § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
Gemäß § 76 Abs. 2 FPG darf die Schubhaft nur dann angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist (Z 1), oder die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen (Z 2).
Gemäß § 76 Abs. 2a FPG idF des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2017 (FrÄG 2017), BGBl. I Nr. 145/2017, ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
Gemäß § 76 Abs. 3 FPG idF FrÄG 2017 liegt eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist oder wenn die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-VO vorliegen (§ 76 Abs. 2 FPG). Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647). Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138). Schubhaft erfordert nämlich keine Gewissheit darüber, dass es letztlich zu einer Abschiebung kommen könnte. Sie muss sich nach Lage des Falles bloß mit ausreichender Wahrscheinlichkeit als möglich darstellen (VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann (vgl. zum Grad der sozialen Verankerung in Österreich VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498).
Die Anhaltung eines Asylwerbers in Schubhaft kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn besondere Umstände vorliegen, die im jeweiligen Asylverfahrensstadium ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen (vgl. VwGH 05.07.2011,
Zl. 2008/21/0080 mwN). Dabei bedarf es in dem frühen Verfahrensstadium (etwa vor Einleitung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) besonderer Umstände, die ein Untertauchen des betreffenden Fremden schon zu diesem Zeitpunkt konkret befürchten lassen. In einem späteren Stadium des Asylverfahrens, insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung oder Anordnung zur Außerlandesbringung, können dann unter Umständen auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs genügen (vgl. VwGH 23.09.2010, Zl. 2007/21/0432 mwN).
3.1.2. Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:
Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Der BF verfügt über keine Berechtigung zur Einreise in das und zum Aufenthalt im Bundesgebiet.
Die belangte Behörde hat den gegenständlich angefochtenen Schubhaftbescheid vom 14.10.2020 auf § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG gestützt und zum Zweck der Sicherung der Abschiebung erlassen.
Der BF hat mehrfach bekundet, nicht freiwillig nach Afghanistan zurückkehren zu wollen und hat diesem Ansinnen durch eine Reise nach Deutschland, wo er ebenso einen Asylantrag gestellt hat, Ausdruck verliehen. Er weist darüber hinaus eine Verurteilung wegen strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögens, Eigentum, die körperliche Unversehrtheit und gegen die Amtsgewalt zu einer nicht unbeträchtlichen unbedingten Freiheitsstrafe von 2 Jahren auf.
Nach Entlassung aus der im Anschluss an die Strafhaft erlassenen Schubhaft und Rückkehr von Deutschland war er unsteten Aufenthalts, teilte der belangten Behörde seinen aktuellen Aufenthalt nicht mit und entzog sich derart ihrem Zugriff. Er konnte keinerlei nennenswerte Beziehungen zu im Bundesgebiet wohnhaften Personen oder anderweitige Bindungen in Österreich ins Treffen führen.
Dem Vorbringen in der Beschwerde zur mangelnden Fluchtgefahr, zur Unverhältnismäßigkeit der Haft und dem Ausreichen der Verhängung gelinderer Mittel wie etwa der Anordnung einer periodischen Meldeverpflichtung gemäß § 77 Abs. 3 Z 2FPG und/oder der Unterkunftnahme gemäß § 77 Abs. 3 Z 1 FPG kann gerade aus diesen Gründen nicht gefolgt werden.
Des Weiteren verschwieg der BF zu Beginn seines ersten Asylverfahrens sein wahres Alter, indem er sich um rund 5 Jahre jünger „machte“ und stellte die beiden folgenden Asylanträge augenscheinlich nur deshalb, um seine Abschiebung hinauszuzögern oder gar zu verhindern.
Nach seiner Festnahme am XXXX .2020 wurde gegenüber dem BF am XXXX .2020 die gegenständliche Schubhaft ausgesprochen. Da zu diesem Zeitpunkt kein Asylverfahren zur Person des BF im Laufen war, stützte die belangte Behörde den Schubhaftbescheid zu Recht auf § 76 Abs. 2 Z 2 FPG. Erst am 04.11.2020 stellte der BF seinen jüngsten Asylantrag, wobei dem BF der faktische Abschiebeschutz bereits rechtskräftig aberkannt wurde.
Es handelt sich daher nicht - wie im Rechtsmittel unter Punkt 2. moniert - um die falsche Rechtsgrundlage (es war zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung eben kein Asylverfahren im Laufen). Der in der Beschwerde gemachte Verweis auf das VwGH-Erkenntnis vom 11.09.2008, Zahl 2007/08/0157, geht daher ins Leere, zumal dem Inhalt dieses Judikats zufolge bei Unklarheiten die Bescheidbegründung herangezogen werden kann und ein falscher Spruch den Bescheid nicht per se rechtswidrig macht. Demzufolge erweist sich aber auch ein Rückgriff auf das VwGH-Erkenntnis vom 19.03.2013, Zahl 2012/21/0140 als nicht zulässig, weil aufgrund dessen Erwägungen die Rechtswidrigkeit der weiteren Anhaltung unmittelbar mit der Anwendung einer verfehlten Rechtsgrundlage im Spruch verbunden ist. Im Übrigen lag diesem Erkenntnis eine völlige Verkennung der Rechtslage zu Grunde, weil der dort belangten Behörde gar nicht bewusst war, dass der Antrag des Revisionswerber als Asylantrag anzusehen gewesen wäre.
Zudem muss hervorgehoben werden, dass die Abschiebung des BF bereits für den XXXX .2021, also sehr zeitnah vorgesehen ist. Demgemäß kann auch hier nicht von einer überlangen, rechtswidrigen Strapazierung des in § 80 FPG normierten 6-Monatsfrist ausgegangen werden, weil diese selbst zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen ist, sondern erst mit Ablauf des XXXX .2021 endet.
Es kann der belangten Behörde deswegen – unter Berücksichtigung des bisherigen Verhaltens des BF – nicht vorgeworfen werden, wenn sie bei ihrer Entscheidung zur Anordnung der Schubhaft und dem dafür erforderlichen Sicherungsbedarf davon ausging, dass sich der BF durch Untertauchen oder Flucht der beabsichtigen Abschiebung in den Herkunftsstaat entziehen oder die Abschiebung wesentlich erschweren könnte.
Da die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen ist, dass auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen war, dass sich der unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältige BF der zu sichernden Abschiebung entziehen könnte und sie den gegenständlichen Bescheid zutreffend auf die im Spruch angeführten Rechtsvorschriften gestützt hat, war gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm. § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Beschwerde hinsichtlich des Schubhaftbescheides und der darauf gestützten Anhaltung in Schubhaft als unbegründet abzuweisen.
A) II. Vorliegen der maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:
3.2. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
3.2.1. Den oben unter Punkt 3.1. dargelegten Erwägungen zum Vorliegen eines konkreten Sicherungsbedarfs und zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft kommt auch zum Zeitpunkt dieser Entscheidung unverändert Geltung zu.
Darüber hinaus war im gegenständlichen Fall bei der Beurteilung des konkreten Sicherungsbedarfs (infolge Fluchtgefahr) der weiter fortgeschrittene Stand des Verfahrens maßgeblich zu berücksichtigen:
So ist festzuhalten, dass gegen den BF eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung samt 5jährigem Einreiseverbot aufrecht ist, die Vertretungsbehörde seines Herkunftsstaates ein Heimreisezertifikat ausstellte und bereits ein konkreter Abschiebetermin mit XXXX .2021 feststeht.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände kann nunmehr von einem verstärkten Sicherungsbedarf ausgegangen werden, zumal eine Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat zeitnah möglich wie auch wahrscheinlich ist und diese Tatsache dem BF auch bewusst wurde. Zudem lässt die mangelnde Vertrauenswürdigkeit des BF, insbesondere aufgrund seines bisherigen Gesamtverhaltens eine Fluchtgefahr als erheblich erscheinen. So wird der Sicherungsbedarf gerade dadurch verstärkt, dass der BF davon in Kenntnis ist, dass seine Abschiebung nach Afghanistan unmittelbar bevorstehet und er somit seinen bisherigen Aufenthalt in Österreich – entgegen seiner ausdrücklich erklärten Absicht – nicht mehr fortsetzen kann.
Aus den eben dargelegten Umständen und insbesondere auch unter Berücksichtigung der geringen sozialen Bindungen in Österreich ist aktuell von einer erheblichen Fluchtgefahr auszugehen, zumal besondere Umstände vorliegen, die ein Untertauchen des BF – um sich so einer Abschiebung zu entziehen – befürchten lassen.
Aus dem bisher Gesagten ergibt sich, dass auch gelindere Mittel im Sinne des § 77 Abs. 1 FPG nicht geeignet sind, die erforderliche Minimalkooperation des BF zu gewährleisten.
Eine auf den vorliegenden Einzelfall bezogene Gesamtabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Abschiebung einerseits und der Schonung der persönlichen Freiheit andererseits ergibt somit, dass das erwähnte öffentliche Interesse überwiegt, weil ohne Anordnung der Schubhaft die Durchführung der Abschiebung wahrscheinlich vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Dass besondere, in der Person des BF gelegene Umstände vorliegen, die der Schubhaft entgegenstehen würden, ist weder dem Vorbringen in der Beschwerde noch den Ermittlungsergebnissen in der mündlichen Verhandlung zu entnehmen.
Die fortgesetzte Anhaltung in Schubhaft erweist sich daher zum Zweck der Sicherung der Abschiebung als notwendig und verhältnismäßig. Die Anhaltung in Schubhaft kann somit zum Entscheidungszeitpunkt auch aus diesem Gesichtspunkt, aber auch unter Berücksichtigung der gesetzlich festgelegten Höchstdauer der Anhaltung in Schubhaft fortgesetzt werden.
Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Insoweit die belangte Behörde in ihrer Würdigung auch davon ausging, dass ein konkreter Sicherungsbedarf für die Durchführung einer Abschiebung sowie die Erforderlichkeit der Schubhaft als einzige geeignete Sicherungsmaßnahme gegenüber der Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG und auch die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft gegeben waren, begegnet dies aus den bereits dargelegten Erwägungen keinen Bedenken. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid im Ergebnis zu Recht dargelegt, dass im vorliegenden Fall der erforderliche Sicherungszweck nicht durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG erreicht werden kann. Weder verfügt der BF über ausreichende finanzielle Mittel für die Hinterlegung einer angemessenen Sicherheit, noch war auf Grund des bisherigen Verhaltens davon auszugehen, dass er sich in irgendeiner Weise den Behörden für die beabsichtigte Abschiebung jedenfalls aus freien Stücken zur Verfügung hielte.
Eine Gesamtabwägung aller angeführten Umstände ergibt daher, dass das öffentliche Interesse an der Sicherung der Abschiebung das Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit überwogen und ein konkretes Sicherungsbedürfnis bestanden hat.
Die belangte Behörde konnte somit unter den gegebenen Umständen zu Recht von einer Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG ausgehen. Auch erweist sich die bisherige Anhaltung in Schubhaft bei Abwägung aller betroffenen Interessen als verhältnismäßig.
Dem im Rechtsmittel getätigten Vorwurf, der BF sei bereits für den am XXXX .2020 geplanten Flug vorgesehen gewesen und daher auch eine zeitnahe Abschiebung nicht möglich, muss eine Absage erteilt werden. Zum einen war dieser Flug überbucht und konnte der BF (nur) aus diesem Grund nicht abgeschoben werden, zum anderen fand dieser tatsächlich statt.
Da die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen ist, dass auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen war, dass sich der unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältige BF der zu sichernden Rückführung (Abschiebung) entziehen könnte und sie den gegenständlich angefochtenen Bescheid unter Berücksichtigung der zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides maßgeblichen Rechtslage und Sachlage zutreffend auf die im Spruch angeführten Rechtsvorschriften gestützt hat, war die Beschwerde hinsichtlich des Schubhaftbescheides vom XXXX .2020 und der darauf gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG gestützten Anhaltung in Schubhaft gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm. § 76 Abs. 2 Z 1 FPG als unbegründet abzuweisen.
3.3. Zu den Anträgen auf Ersatz der Aufwendungen (Spruchpunkte A.III. und A.IV.):
Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe sinngemäß, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
Den Ersatz von Aufwendungen im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) regelt § 35 VwGVG, wonach die obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei hat. Als Aufwendungen gelten die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der BF aufzukommen hat, die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.
Die Höhe der in solchen Verfahren vor den Verwaltungsgerichten als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge ist in der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013 idgF, geregelt (zur Zulässigkeit des Kostenzuspruchs siehe auch VwGH 11.05.2017, Ra 2016/21/0144).
Gemäß § 35 Abs. 7 VwGVG ist Aufwandersatz nur auf Antrag einer Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.
Da die Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft abgewiesen und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft ausgesprochen wurde, ist die belangte Behörde gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG obsiegende und der BF unterlegene Partei.
Die belangte Behörde hat fristgerecht beantragt, dem Bund Kostenersatz im Umfang des Vorlage- und Schriftsatzaufwandes sowie des Verhandlungsaufwandes zuzusprechen.
Es war daher spruchgemäß dem BF als unterlegener Partei der zu leistende Aufwandersatz (Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand) in der Gesamthöhe von 887,20 Euro aufzuerlegen.
Der in der Beschwerde gestellte Antrag des BF auf Ersatz der Aufwendungen im beantragten Umfang war gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abzuweisen, weil er (gänzlich) unterlegene Partei ist und ein Aufwandersatz somit nicht in Betracht kommt.
Zu V.
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Zu Spruchteil B)
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. EMRK oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Regelung der Verfahrenshilfe im VwGVG um eine sogenannte „subsidiäre Bestimmung" handelt: Sie soll nur dann zur Anwendung gelangen, wenn durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, also dann, wenn das sogenannte „Materiengesetz" keine Regelung enthält, deren Gegenstand der Verfahrenshilfe entspricht. Gemäß § 52 BFA-VG ist einem Fremden oder Asylwerber im verwaltungsgerichtlichen Verfahren in bestimmten Angelegenheiten von Amts wegen kostenlos ein Rechtsberater zur Seite zu stellen. § 52 BFA-VG entspricht damit den Vorgaben des Art. 47 GRC. Im Anwendungsbereich des BFA-VG gelangt daher die Bestimmung des § 8a VwGVG (überhaupt) nicht zur Anwendung (siehe ErläutRV 1255 BlgNR 25. GP zu § 8a VwGVG).
Das BFA-VG sieht für seinen, das verwaltungsgerichtliche Verfahren betreffenden Anwendungsbereich allerdings keine ausdrückliche Regelung vor, ob oder inwieweit im Rahmen der kostenlosen Rechtsberatung nach § 52 BFA-VG auch eine Befreiung von allfälligen zu entrichtenden Gerichtsgebühren oder anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren (§ 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO) möglich ist (siehe etwa auch VwGH 31.8.2017, Ro 2017/21/0004). Für Beschwerdeverfahren gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach § 7 Abs. 1 BFA-VG sind die Bestimmungen des VwGVG anzuwenden. Da in diesen Fällen eine gesetzliche Gebührenbefreiung nicht besteht, unterliegen derartige Beschwerden der Verpflichtung zur Entrichtung der Eingabegebühr nach § 14 Tarifpost 6 Abs. 5 Z 1 lit. b GebG iVm BuLVwG- EGebV.
Der gegenständliche Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabegebühr findet somit in § 8a VwGVG iVm § 64 Abs. 1Z 1 lit. a ZPO grundsätzlich eine geeignete Rechtsgrundlage.
Die Vollzugsdateninformation vom 20.01.2021 weist zwar nur ein Guthaben von € 0,41 aus. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass der BF in der mündlichen Verhandlung unmissverständlich angegeben hat, er könne – vermittelt über seinen Cousin – auf € 400,00 zugreifen. Diese Summe ist zwar als zu gering zu betrachten, um ihn aus der Schubhaft entlassen zu können, weil dieser Betrag kein Überleben über eine längere Zeitspanne ermöglicht. Es wäre ihm – vermittelt durch Kontaktaufnahme mit seinem Cousin – jedoch durchaus möglich, die besagten € 30,00 für die Eingabegebühr zu begleichen. Die in der Vollzugsdateninformation aufscheinende geringe Summe erweist sich daher nicht als derart repräsentativ, um von absoluter Vermögenslosigkeit auszugehen.
Es war daher gemäß § 8a iVm § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO der gegenständliche Antrag abzuweisen und durch Beschluss die Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabegebühr abzulehnen.
Schlagworte
Eingabengebühr mangelnder Anknüpfungspunkt Verfahrenshilfe VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:G307.2238814.2.00Im RIS seit
11.03.2021Zuletzt aktualisiert am
11.03.2021