RS Vfgh 2020/11/24 E1741/2020

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Veröffentlicht am 24.11.2020
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §8, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten betreffend einen Staatsangehörigen von Afghanistan; keine Auseinandersetzung mit aktuellen Länderberichten des EASO zu Personen, die lange Zeit außerhalb Afghanistans gelebt haben

Rechtssatz

Nach der maßgeblichen Berichtslage müssen nämlich zu den vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) festgestellten Umständen für Rückkehrer wie den Beschwerdeführer, der sich Zeit seines Lebens außerhalb Afghanistans aufgehalten hat, qualifizierte Umstände, insbesondere im Hinblick auf Unterstützungsnetzwerk, Ortskenntnis der betroffenen Person sowie Bildungs- und Berufserfahrung einschließlich Selbsterhaltungsfähigkeit außerhalb Afghanistans, hinzutreten, um von einer im Hinblick auf Art2 und 3 EMRK zumutbaren Rückkehrsituation ausgehen zu können. Rückkehrer, die nie, nur im Kleinkindalter oder nur sehr kurze Zeit in Afghanistan gelebt haben, stehen nämlich gegenüber solchen, die in Afghanistan aufgewachsen sind, bei der Sicherung ihrer grundlegenden existenziellen Bedürfnisse vor besonderen Herausforderungen, mit denen sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und das BVwG auseinanderzusetzen haben.

Solche qualifizierte Umstände liegen im Hinblick auf den Beschwerdeführer, der weder über ein Unterstützungsnetzwerk in Afghanistan noch über eine besondere Ausbildung oder eine entsprechende Berufserfahrung verfügt, die seine Selbsterhaltungsfähigkeit nahelegen, aber nach den Feststellungen und Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis nicht vor. Das BVwG geht vielmehr von einem Personenprofil (entsprechend den Länderberichten des UNHCR und des EASO) des Beschwerdeführers aus, das sich auf alleinstehende, gesunde Männer im erwerbsfähigen Alter bezieht, die in Afghanistan aufgewachsen sind, und lässt dieses auch für die maßgebliche Situation des Beschwerdeführers, der allerdings im Iran geboren und aufgewachsen ist, ausreichen. Damit verkennt es aber die spezifische Situation, wie sie sich für den Beschwerdeführer als Rückkehrer nach Afghanistan in den für ihn unbekannten Gebieten Herat oder Mazar-e Sharif ergibt, in qualifizierter Weise.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Asylrecht, Entscheidungsbegründung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:E1741.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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