TE Vwgh Beschluss 2021/2/3 Ra 2019/03/0035

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Veröffentlicht am 03.02.2021
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren
93 Eisenbahn

Norm

AVG §56
EisenbahnG 1957 §47a

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und den Hofrat Dr. Lehofer als Richter sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Ö Aktiengesellschaft in W, vertreten durch die Walch/Zehetbauer/Motter Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Biberstraße 11, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 21. Jänner 2019, Zlen. LVwG-651235/9/SCH/KA, LVwG-651237/9/SCH/KA und LVwG-651274/9/SCH/KA, betreffend Feststellung der Nicht-Öffentlichkeit von Eisenbahnübergängen nach dem EisbG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Oberösterreich; mitbeteiligte Partei: Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz; nunmehr: Bundesminister für Arbeit), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Kundmachungen vom 1. Februar 2018, vom 24. April 2018 und vom 20. Juni 2018 leitete der Landeshauptmann von Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) gemäß § 103 Abs. 1 Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 (EisbKrV) iVm § 49 Abs. 2 Eisenbahngesetz 1957 (EisbG) jeweils ein Verfahren zur Überprüfung der erforderlichen Sicherung von näher bezeichneten Eisenbahnkreuzungen der ÖBB-Strecken Haiding - Aschach, Linz/Urfahr - Aigen-Schlägl und Sattledt - Grünau ein. Diese waren - laut den Ausführungen des den durchgeführten mündlichen Verhandlungen jeweils beigezogenen eisenbahntechnischen Amtssachverständigen - zu jenem Zeitpunkt als Straßenkreuzungen für alle Fahrzeugarten durch Andreaskreuze mit dem Zeichen „Achtung Pfeifsignale“ und Abgabe akustischer Signale vom Schienenfahrzeug aus gemäß § 6 Eisenbahnkreuzungsverordnung 1961 (EKVO) gesichert.

2        Mit Bescheiden vom 2. Juli 2018, vom 3. Juli 2018 und vom 20. September 2018 stellte die belangte Behörde jeweils gemäß § 12 Abs. 2 Z 1, § 47a EisbG iVm § 1 Abs. 1 EisbKrV fest, dass dem Verkehr auf den Eisenbahnkreuzungen in Bahn-km 39,050 der ÖBB-Strecke Linz/Urfahr - Aigen-Schlägl mit einer Gemeindestraße im Gemeindegebiet von A, in Bahn-km 5,423 der ÖBB-Strecke Haiding - Aschach mit einer Gemeindestraße im Gemeindegebiet von S sowie in Bahn-km 10,795 und 10,990 der ÖBB-Strecke Sattledt - Grünau im Gemeindegebiet von P jeweils die Merkmale der Öffentlichkeit nicht zukämen und es sich daher um nicht-öffentliche Eisenbahnübergänge handle.

3        Begründend führte die belangte Behörde aus, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Eisenbahnkreuzungen - ausgehend von den als vollständig, schlüssig und nachvollziehbar bewerteten Aussagen des eisenbahntechnischen Amtssachverständigen in den mündlichen Verhandlungen, wonach dem Verkehr auf den genannten Eisenbahnkreuzungen die Merkmale der Öffentlichkeit nicht zukämen - um nicht-öffentliche Eisenbahnübergänge handle. Die Feststellung der Nicht-Öffentlichkeit der schienengleichen Eisenbahnübergänge liege im rechtlichen Interesse der Revisionswerberin, weil diese im Falle, dass es sich um öffentliche Eisenbahnkreuzungen handle, gemäß § 3 EisbKrV die Pflicht treffe, diese zu sichern und der Revisionswerberin bei Nichtbefolgung dieser Pflicht u.a. die Gefahr einer Bestrafung drohe. Die gegenständliche Feststellung sei daher zulässig.

4        Zur Frage der Entscheidung über die Art der Sicherung von nicht-öffentlichen Eisenbahnübergängen führte die belangte Behörde aus, dass aus der Tatsache, dass § 47a EisbG idgF im Unterschied zur Vorgängerbestimmung in § 43 Abs. 7 EisbG idF BGBl. Nr. 452/1992 keine Regelung dahingehend enthalte, dass die Sicherung von nicht-öffentlichen Eisenbahnübergängen festzulegen sei, nicht der Schluss zu ziehen sei, dass dies nunmehr im Rahmen des § 49 Abs. 2 EisbG zu erfolgen habe. Vielmehr sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die Sicherung von nicht-öffentlichen Eisenbahnübergängen ausschließlich in den Benützungsbedingungen ihren Niederschlag zu finden habe und keiner behördlichen Festlegung mehr bedürfe.

5        Gegen diese Bescheide erhob die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (nunmehr: Bundesminister für Arbeit) (mitbeteiligte Partei) jeweils Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, in der sie zusammengefasst geltend machte, dass auch bei nicht-öffentlichen schienengleichen Eisenbahnübergängen die Behörde gemäß § 49 Abs. 2 EisbG über die im Einzelfall zur Anwendung kommende Sicherung zu entscheiden habe. Diese Entscheidung erfolge mit einem rechtsgestaltenden Leistungsbescheid, aus dem klar hervorgehen müsse, dass es sich im konkreten Fall nicht um eine Eisenbahnkreuzung, sondern um einen nicht-öffentlichen Eisenbahnübergang handle. Damit sei ein Feststellungsbescheid über die Öffentlichkeit bzw. Nicht-Öffentlichkeit des den Eisenbahnübergang benützenden Straßenverkehrs entbehrlich.

6        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - die Beschwerden als unbegründet ab und erklärte die Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig.

7        Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, es werde von den Verfahrensparteien nicht in Frage gestellt, dass die gegenständlichen Eisenbahnkreuzungen als nicht-öffentliche Eisenbahnübergänge anzusehen seien. Die Feststellung, ob bei einem schienengleichen Eisenbahnübergang Öffentlichkeit oder Nicht-Öffentlichkeit vorliege, sei neben einer Tatsachenfrage auch eine Rechtsfrage, weil § 3 EisbKrV ausdrücklich das Eisenbahnunternehmen verpflichte, Eisenbahnkreuzungen nach Maßgabe dieser Verordnung zu sichern. Die ordnungsgemäße Sicherung einer Eisenbahnkreuzung liege im immensen öffentlichen Interesse, sei doch davon die Sicherheit des Verkehrs auf der Straße und auch auf der Schiene massiv betroffen. Dazu komme, dass für das betroffene Eisenbahnunternehmen keine andere Möglichkeit bestehe, diese Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgesehenen Verwaltungsverfahrens entscheiden zu lassen. Eine ungeklärte Rechtslage dürfe nicht eine Partei der Gefahr einer Bestrafung aussetzen. Die gegenständlichen Feststellungsbescheide seien daher rechtskonform ergangen. Weiters führte das Verwaltungsgericht aus, dass die offenkundig einzige Bestimmung im EisbG, die sich dezidiert auf nicht-öffentliche Eisenbahnübergänge beziehe, § 47a EisbG sei. In dieser Bestimmung könne jedenfalls keine Behördenzuständigkeit erblickt werden, weshalb für die (Vorschreibung der) Benützungsbedingungen das Eisenbahnunternehmen allein zuständig sei.

8        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in welcher zur Zulässigkeit vorgebracht wird, es existiere keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Rechtsfragen, ob die Nicht-Öffentlichkeit von Eisenbahnübergängen iSd § 47a EisbG durch die Eisenbahnbehörde mit Feststellungsbescheid auszusprechen sei, ob die Eisenbahnbehörde zur Feststellung der Nicht-Öffentlichkeit zu ermitteln habe, ob tatsächlich wegeberechtigte Personen vorhanden seien und ob die Sicherung eines nicht-öffentlichen Eisenbahnüberganges wie bei öffentlichen Eisenbahnkreuzungen gemäß § 49 Abs. 2 EisbG bzw. analog zu dieser Bestimmung behördlich anzuordnen oder vom Eisenbahninfrastrukturunternehmen im Wege von Benützungsbedingungen nach § 47a EisbG vorzuschreiben sei.

9        Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in welcher sie den Ausführungen der Revision entgegentrat und die kostenpflichtige Zurückweisung in eventu Abweisung der Revision beantragte. Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Revisionsbeantwortung.

10       Die Revision erweist sich als nicht zulässig.

11       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

13       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

14       Die Frage, ob die Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG, also eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Einbringung der Revision - bereits geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. VwGH 26.6.2014, Ra 2014/03/0005; 29.4.2015, Ro 2015/03/0019, mwN; 31.5.2019, Ro 2018/03/0022, mwN).

15       Davon ist im vorliegenden Fall auszugehen:

16       Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem zu einem vergleichbaren Sachverhalt ergangenen Erkenntnis vom 24. September 2019, Ra 2019/03/0038 und 0039, zunächst festgehalten, dass ein rechtliches Interesse des Eisenbahnunternehmens an der Feststellung der Nicht-Öffentlichkeit eines Eisenbahnüberganges iSd § 47a EisbG - insbesondere vor dem Hintergrund, dass gegebenenfalls die Verpflichtung zur Festlegung der Art der Sicherung im Falle der Nicht-Öffentlichkeit eines Eisenbahnüberganges das Eisenbahnunternehmen selbst trifft - bejaht werden kann. Die erforderliche Klarstellung des Umfangs der dem Eisenbahnunternehmen auferlegten Verpflichtungen kann ein rechtliches Interesse an einer Feststellung begründen (vgl. Rn. 18 und 19). Zur Frage der Entscheidung über die Sicherung von nicht-öffentlichen Eisenbahnübergängen führte der Verwaltungsgerichtshof sodann aus, dass seit der Novelle BGBl. I Nr. 125/2006 die Verantwortung für die Festlegung von Benützungsbedingungen für nicht-öffentliche Eisenbahnübergänge, wozu auch die Entscheidung über deren Sicherung zählt, gemäß § 47a EisbG beim Eisenbahnunternehmen selbst liegt. Es verbleibt damit keine „Restkompetenz“ der Behörde für die Festlegung der Art der Sicherung von nicht-öffentlichen Eisenbahnübergängen (vgl. Rn. 52). Ausgehend davon hat der Verwaltungsgerichtshof den von der belangten Behörde erlassenen und vom Verwaltungsgericht bestätigten Feststellungsbescheid, mit dem gemäß § 47a EisbG die Nicht-Öffentlichkeit der Eisenbahnübergänge ausgesprochen wurde, als zulässig und das dagegen von den dortigen Revisionswerbern vorgebrachte Argument des Primats eines Leistungsbescheids für nicht stichhaltig erachtet (vgl. Rn. 53).

17       Der vorliegende Revisionsfall gleicht in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in den entscheidungswesentlichen Punkten jenem, der vom Verwaltungsgerichtshof mit dem zitierten Erkenntnis vom 24. September 2019, Ra 2019/03/0038 und 0039, entschieden wurde, weshalb zur weiteren Begründung gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf dieses Erkenntnis verwiesen wird.

18       Auf dieser Grundlage erweist sich das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichts als mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimmend.

19       Soweit die Revisionswerberin zudem vorbringt, die gegenständlichen Eisenbahnübergänge wären richtigerweise mangels Vorhandensein von Wegeberechtigten aufzulassen gewesen, ist dem entgegenzuhalten, dass ein entsprechendes Vorbringen weder im behördlichen noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstattet wurde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist aber die Rüge einer Partei abzulehnen, die im Verwaltungsverfahren untätig geblieben ist, und erst vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung ablegt, um das Verwaltungsverfahren als mangelhaft zu bekämpfen (vgl. VwGH 6.4.2016, Ro 2014/03/0058, mwN).

20       Da die von der Revisionswerberin im Hinblick auf die Frage der Zulässigkeit der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits geklärt wurden und die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG somit nicht (mehr) vorliegen, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.

21       Von der Durchführung der von der Revisionswerberin beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

22       Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 3. Februar 2021

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019030035.L00

Im RIS seit

16.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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