TE Vwgh Beschluss 2021/2/9 Ra 2020/19/0448

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Veröffentlicht am 09.02.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte

Norm

B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des A H C in N, vertreten durch die Rechtsanwälte Gruber Partnerschaft KG in 1010 Wien, Wipplingerstraße 20, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. November 2020, W233 2192180-1/6E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Pakistans, stellte am 17. Februar 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2        Mit Bescheid vom 28. Februar 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Pakistan zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3        Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        In seiner Begründung kam das BVwG zum Ergebnis, das Vorbringen des Revisionswerbers zu seinen Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates sei nicht glaubhaft, weil sich aus den Darstellungen nicht ableiten lasse, dass der Revisionswerber in Pakistan einer gezielt gegen ihn gerichteten Bedrohung oder Verfolgung von erheblicher Intensität durch staatliche Organe oder der realen Gefahr einer Verfolgung durch Privatpersonen ausgesetzt gewesen wäre oder im Fall einer Rückkehr ausgesetzt sein würde.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6        Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG sei „fälschlicherweise“ davon ausgegangen, dass dem Revisionswerber in Pakistan keine asylrelevante Verfolgung drohe. Der Revisionswerber habe nachvollziehbar dargelegt, dass ihm auf Grund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie seines Vaters Verfolgung drohe. Auch seien ausgeprägte private und persönliche Interessen des Revisionswerbers dargetan worden. Er habe sehr gute Kenntnisse der deutschen Sprache und zahlreiche Kurse besucht. Dem Umstand, dass im gegenständlichen Fall eine vorbildhafte Integration vorliege, sei keine Bedeutung beigemessen worden.

7        Sofern sich die Revision gegen die Annahme des BVwG wendet, dass dem Revisionswerber keine asylrelevante Verfolgung drohe, rügt sie die Beweiswürdigung.

8        Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt - als Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - allerdings dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 1.12.2020, Ra 2020/19/0321, mwN).

9        Das BVwG stützte die - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und unter Berücksichtigung der zum Zeitpunkt der Einvernahme vor dem BFA noch bestehenden Minderjährigkeit des Revisionswerbers getroffene - Annahme fehlender Glaubwürdigkeit des Revisionswerbers mit näherer Begründung auf mehrere Aspekte, vor allem auf widersprüchliche Angaben zu seinen Fluchtgründen. Dass darin eine solche unvertretbare Fehlbeurteilung liegen würde, vermag die Revision jedoch nicht darzutun.

10       Soweit der Revisionswerber die in Zusammenhang mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung durchgeführte Interessenabwägung bemängelt, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darstellt (vgl. VwGH 30.10.2020, Ra 2020/19/0367, mwN).

11       Das BVwG hat im vorliegenden Fall alle entscheidungswesentlichen Umstände, so auch die zugunsten des Revisionswerbers sprechenden, in seine Interessenabwägung einbezogen. Die Revision zeigt nicht auf, dass diese fallbezogen unvertretbar wäre.

12       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 9. Februar 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020190448.L00

Im RIS seit

13.04.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.04.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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