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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 23. Jänner 1997, Zl. BauR-011892/1 - 1997/HA/Vi, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerde und dem beiliegenden angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:
Der bautechnische Amtssachverständige des Magistrates Linz hat im Rahmen eines Ortsaugenscheines am 7. Mai 1996 festgestellt, daß im Hofgebäude, R-Straße 18a, des dem Beschwerdeführer gehörigen Grundstückes Nr. nn/3 der KG Linz ein Dachraumausbau durchgeführt worden ist, für welchen keine Baubewilligung vorliegt.
Mit Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 10. Oktober 1996 wurde daher dem Beschwerdeführer aufgetragen, diesen Dachraumausbau binnen acht Wochen nach Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. Die Erteilung einer nachträglichen, erforderlichen Baubewilligung sei nicht möglich, weil das gegenständliche Objekt im rechtswirksamen Bebauungsplan zum Abbruch bestimmt sei und der Dachraum nach § 8 Abs. 1 Z. 3 der Oberösterreichischen Bautechnikverordnung, nach welcher die lichte Raumhöhe in einem ausgebauten Dachraum mindestens 2,4 m betragen müsse, nicht entspräche.
Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Gemeinde vom 28. November 1996 keine Folge gegeben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 23. Jänner 1997 wurde der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt wird. In der Begründung führte die belangte Behörde hiezu aus, daß für den vom baupolizeilichen Auftrag erfaßten, als Wohnung ausgebauten Dachraum eine Baubewilligung nicht erteilt worden sei. Die Baubewilligungspflicht werde vom Beschwerdeführer nicht in Zweifel gezogen. Der Ausbau eines Dachbodens zu Wohnzwecken habe auf den Brandschutz des Gebäudes sowie auf die gesundheitlichen bzw. hygienischen Verhältnisse Einfluß, sodaß eine Bewilligungspflicht dieser Maßnahme - unabhängig von deren rechtlicher Qualifikation als "Umbau" - schon nach § 24 Abs. 1 Z. 4 O.ö. Bauordnung 1994 bzw. § 41 Abs. 1 lit. d O.ö. Bauordnung 1976 gegeben (gewesen) sei. Das gegenständliche Hofobjekt sei entsprechend den Festlegungen des rechtswirksamen Bebauungsplanes W 101/40 - kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Linz Nr. 22 vom 28. November 1988 - zum Abbruch bestimmt. Durch die Festlegung "abzutragender Bauten" im Bebauungsplan sei die Erwirkung jeder anderen Bewilligung als einer Abbruchbewilligung ausgeschlossen (Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Juni 1995, V 60/94), die Erteilung einer Baubewilligung für die vom Auftrag umfaßten baulichen Maßnahmen daher nicht möglich (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1995, Zl. 95/05/0261). Die beabsichtigte Änderung eines Bebauungsplanes sei weder in materieller Hinsicht noch in einem anhängigen individuellen Verwaltungsverfahren zu berücksichtigen, noch stelle dieser Umstand eine Vorfrage dar, welche die Berufungsbehörde zu einer Verfahrensaussetzung im Sinne des § 38 AVG berechtige. Das bloß faktische Zuwarten mit der Berufungsentscheidung bis zu einer Änderung des Bebauungsplanes widerspräche § 73 Abs. 1 AVG. Im übrigen stehe niemandem ein Rechtsanspruch auf die Erlassung oder Abänderung eines Raumordnungsplanes (Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan) zu. Ungeklärt sei allerdings die Frage geblieben, wann der verfahrensgegenständliche Dachraumausbau zu Wohnzwecken durchgeführt worden sei. Der Beschwerdeführer gebe hiezu den Zeitpunkt vor dem 1. Jänner 1977 an. Dieser Mangel des Ermittlungsverfahrens führe im vorliegenden Fall jedoch nicht zur Bescheidaufhebung, weil nach § 12 der bis 31. Dezember 1976 in Geltung gestandenen Bauordnung für die Landeshauptstadt Linz und die Stadt Wels, GuVBlNr. 22/1887, Umbauten an sowie wesentliche Ausbesserungen und Abänderungen von bestehenden Gebäuden einer Bewilligung der Baubehörde bedurft hätten. Der Einbau einer kompletten Wohnung in einen Dachraum, der früher bloß ein "Dachboden" gewesen sei, sei zumindest und jedenfalls als wesentliche Abänderung - wenn nicht ohnedies von vorneherein auch als Umbau - eines bestehenden Gebäudes im Sinne des § 12 der vorzitierten Linzer Bauordnung anzusehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, "daß entgegen § 49 O.ö. Bauordnung eine Beseitigung des Dachraumausbaues nicht aufgetragen" werde. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 49 Abs. 1 der mit 1. Jänner 1995 in Kraft getretenen, hier anzuwendenden O.ö. Bauordnung 1994 (BO) hat die Baubehörde - unbeschadet des § 41 - im Falle der Feststellung, daß eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, dem Eigentümer der baulichen Anlage mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer festzusetzenden angemessenen Frist die Baubewilligung zu beantragen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen. Die Möglichkeit, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann.
Die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages nach § 49 BO setzt voraus, daß die den Gegenstand des Verfahrens bildende bauliche Anlage sowohl im Zeitpunkt ihrer Ausführung als auch im Zeitpunkt der Erlassung des behördlichen Auftrages bewilligungspflichtig war bzw. ist. Für die Klärung der Frage, ob die Erteilung einer nachträglichen Bewilligung im Zeitpunkt der Erlassung des Abbruchauftrages möglich ist, ist die in diesem Zeitpunkt geltende Rechtslage maßgeblich (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 17. September 1996, Zl. 96/05/0098, mwN). Sowohl die Berufungsbehörde als auch die Vorstellungsbehörde sind ohne Rechtsirrtum zu dem Ergebnis gelangt, daß die hier zu beurteilenden baulichen Maßnahmen (Ausbau eines Dachbodens zu Wohnräumlichkeiten) im Zeitpunkt der Ausführung bewilligungspflichtig waren und auch nach der BO bewilligungspflichtig sind. Für den Anwendungsbereich der O.ö. Bauordnung 1976 ergibt sich dies aus § 41 Abs. 1 und Abs. 2 lit. e, wonach der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung) bedürfen und unter Umbau eine so weitgehende bauliche Änderung des Gebäudes zu verstehen ist, daß dieses nach der Änderung ganz oder doch in größeren Teilen (z.B. hinsichtlich eines Geschosses) als ein anderes anzusehen ist. Im Anwendungsbereich des § 12 der Linzer Bauordnung 1887 wiederum war zur Führung von Neu-, Zu- und Umbauten sowie zur Vornahme wesentlicher Ausbesserungen und Abänderungen an bestehenden Gebäuden die Bewilligung der Behörde notwendig. Mag für den Anwendungsbereich dieser Gesetzesstelle für die hier zu beurteilenden Baumaßnahmen der Begriff "Umbau" nicht zutreffen, da mangels näherer Umschreibung der Umbau im Sinne der hg. Judikatur nur dann vorliegt, wenn das Gebäude nach Durchführung der vorgesehenen baulichen Maßnahmen derart verändert wird, daß es als ein anderes anzusehen ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 11. November 1963, Slg. Nr. 6.148/A, und Krzizek, System des österreichischen Baurechtes, 2. Band, Seite 32 f), so ist die Ausgestaltung eines Dachbodens als Wohnraum aber jedenfalls als wesentliche Abänderung an einem bestehenden Gebäude anzusehen, für welche die Bewilligung der Behörde notwendig war. Dies wurde von der Vorstellungsbehörde richtig erkannt. Im übrigen wird vom Beschwerdeführer die Bewilligungspflicht nicht in Zweifel gezogen.
Der Beschwerdeführer vertritt jedoch die Ansicht, daß die künftige Änderung des derzeit bestehenden Bebauungsplanes W 101/40 der mitbeteiligten Stadtgemeinde die Erwirkung einer nachträglichen Baubewilligung ermöglichen werde. Die Baubehörden und auch die belangte Behörde hätten daher die beabsichtigte Änderung des Bebauungsplanes als Vorfrage gemäß § 38 AVG berücksichtigen müssen. Entscheidungsrelevant sei, ob der Bebauungsplan abgeändert werde oder nicht.
Für die Erteilung einer nachträglichen Bewilligung ist die im Zeitpunkt der Erlassung des Abbruchauftrages geltende Rechtslage maßgeblich. Die Berufungsbehörde hatte daher den im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides bestehenden Bebauungsplan, welcher für das auf dem Grundstück des Beschwerdeführers befindliche Gebäude die Bestimmung zum Abbruch vorsieht, anzuwenden. Raumordnungsrechlichen Vorschriften widersprechende Bauvorhaben können auch nicht durch Vorschreibungen zulässig gemacht werden. Gemäß § 32 Abs. 2 Z. 14 O.ö. ROG 1994 kann der Bebauungsplan u.a. auch abzutragende Bauten und Anlagen vorsehen. Gemäß § 37 Abs. 2 leg. cit. wiederum dürfen generelle und individuelle Verwaltungsakte der Gemeinde im Rahmen des durch Landesgesetze umschriebenen eigenen Wirkungsbereiches einem Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan nicht widersprechen. Ein Baubewilligungsantrag ist daher gemäß § 30 Abs. 6 Z. 1 BO von der Behörde ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen, wenn sich aufgrund der Prüfung durch die Baubehörde schon aus dem Antrag oder dem Bauplan ergibt, daß das Bauvorhaben zwingenden Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes, eines Bebauungsplanes, einer Bausperre oder einer rechtskräftigen Baubewilligungspflicht widerspricht. Die Möglichkeit, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen, kommt daher für die vom gegenständlichen Bauauftrag umfaßten baulichen Maßnahmen nicht in Betracht (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1995, Zl. 95/05/0261).
Auf zukünftige Änderungen der Rechtslage hatten die Baubehörden nicht Bedacht zu nehmen. Dies stellt auch keine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG dar, weil darunter eine für die Entscheidung der Verwaltungsbehörde präjudizielle Rechtsfrage zu verstehen ist. Präjudiziell ist eine Entscheidung nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage betrifft, deren Beantwortung für die Hauptfragenentscheidung unabdingbar, d.h. eine notwendige Grundlage, ist und diese in einer die Verwaltungsbehörde bindenden Weise regelt (vgl. hiezu die bei Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes,
6. Auflage, Rz 305 ff, Seite 123 f, referierte hg.
Rechtsprechung).
Da somit der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Verhältnis zu anderen Rechtsgebieten Kompetenztatbestände Baupolizei und Raumordnung BauRallg1Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4Baubewilligung BauRallg6Auflagen BauRallg7European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997050065.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
08.08.2009