Entscheidungsdatum
23.12.2020Norm
BStG 1971 §17Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Einzelrichter Dr. Becksteiner über die Beschwerde von Frau A (auch als Rechtsnachfolgerin von Herrn B) und Herrn C (als Rechtsnachfolger von Herrn B), beide vertreten durch RAe D in ***, ***, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 07.10.2002, *** betreffend dauernde und lastenfreie Enteignung zu Gunsten des Bundes (vertreten durch die E GmbH in ***, ***) von Teilflächen des Grundstückes Nr. ***, EZ ***, und des Grundstückes ***, EZ ***, beide KG *** (Spruchpunkt I.a), Verpflichtung des ursprünglichen Eigentümers B auf Duldung der vorübergehenden Inanspruchnahme zu Gunsten des Bundes von konkret bezeichneten Teilflächen der Grundstücke *** der EZ *** und des Grundstückes *** der EZ *** (beide KG ***) für Baustelleneinrichtungen während der Bauarbeiten betreffend das Bauvorhaben „***-***“, Projekttunnel *** (Spruchpunkt I.b) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
Der Spruch des bekämpften Bescheides wird jedoch dahingehend berichtigt, als
a) vom Grundstück *** der EZ *** (KG ***) eine Teilfläche von 244 m² und vom Grundstück *** der EZ *** (KG ***) eine Teilfläche von 4.259 m² dauernd zu Gunsten des Bundes enteignet werden;
b) beim Grundstück *** der EZ *** (KG ***) auf einer Teilfläche von 298 m² und beim Grundstück *** der EZ *** (KG ***) auf einer Teilfläche von 7.095 m² die zeitweilige Einräumung von Nutzungsrechten (vorübergehende
Inanspruchnahme für Baustellen-einrichtungen während der Bauarbeiten betreffend das Bauvorhaben „***-***“, Projekttunnel ***, zu Gunsten des Bundes zu dulden ist.
2. Die Entschädigungshöhe für die dauerhafte Enteignung zu Gunsten des Bundes und der vorübergehenden Inanspruchnahme zu Gunsten des Bundes der vorgenannten Liegenschaftsteile wird wie folgt festgelegt:
a) Grundstück *** – Fläche 244 m² zu je € 235/m² € 57.340,-- zuzüglich Außenanlagen € 4.800,--
€ 62.140,--
b) Grundstück *** – Fläche 4.259 m² (dauernd) € 188/m² € 800.692,--
c) Grundstück *** – Fläche 298 m² (vorübergehend für 21 Monate) € 233,40/Monat ergibt € 4.901,40
Grundstück *** – Fläche 7.095 m² (vorübergehend für 21 Monate) € 4.446,20/Monat € 93.370,20
Der Gesamtentschädigungsbetrag beträgt damit € 961.103,60.
Der Bund wird verpflichtet, diesen Betrag abzüglich bereits geleisteter Teilzahlungen binnen vier Wochen an Frau A und Herrn C zu leisten.
3. Der Grundeinlöseplan Neu (2012) vom 26.09.2012, GZ. ***, des Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen F (***) wird zum integrierenden Bestandteil dieses Erkenntnisses erklärt.
4. Sämtliche unerledigten Anträge werden abgewiesen.
5. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG
§§ 17 ff Bundesstraßengesetz 1971 - BStrG
§§ 2, 3, 4 ff Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz - EisbEG
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
Entscheidungsgründe:
Mit dem bekämpften Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 07.10.2002 wurde über den Antrag der Republik Österreich, vertreten durch die G Gesellschaft m.b.H. (G) auf Enteignung von Teilflächen konkret bezeichneter Grundstücke (damaliger Eigentümer B) sowie auf vorübergehende Inanspruchnahme von weiteren Teilflächen derselben Grundstücke zum Zwecke der Errichtung der *** Schnellstraße (***), Bauvorhaben „***-***“, Projekttunnel ***, entschieden und dem Antrag stattgegeben. Gleichzeitig wurden die Anträge von B und A auf Enteignung eines weiteren (nicht beantragten) Grundstückes sowie jener Teile eines dem Enteignungs-antrag zu Grunde liegenden Grundstückes, die innerhalb der 15 m Zone des § 21 Abs. 3 Bundesstraßengesetz 1971 liegen, als unzulässig zurückgewiesen.
Des Weiteren wurde unter Spruchpunkt II. des bekämpften Bescheides die Höhe der Entschädigungssumme festgelegt.
Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung von 1. Herrn B (nunmehrige Rechtsnachfolger Frau A und Herr C) und 2. Frau A mit dem Antrag auf Abänderung des bekämpften Bescheides dahingehend, dass das gesamte Grundstück Nr. *** der EZ ***, das gesamte Grundstück *** der EZ *** sowie jene Teile des Grundstückes *** der EZ ***, die innerhalb der 15 m-Zone iSd § 21 Abs. 3 BStG 1971 liegen, in die Enteignung einzubeziehen sind; in eventu den Antrag der Antragstellerin auf Enteignung von Teilen der Grundstücke *** der EZ *** sowie des Grundstückes *** der EZ *** (beide GB ***) als nicht alle beabsichtigten Eigentumseingriffe abdeckend, abzuweisen und überdies den Berufungswerbern die im Kostenverzeichnis verzeichneten Kosten sowie die Kosten des Berufungsverfahrens zuzusprechen.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 20.09.2017, 01.10.2018 und 07.09.2020 eine öffentlich mündliche Verhandlung durchgeführt, in der eine Beweisaufnahme durch Einsicht in den gesamten Verwaltungsakt, Vorbringen der Parteien und deren Vertreter sowie durch Vornahme eines Ortsaugenscheines erfolgte.
Aufgrund dieser Beweisaufnahme ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Mit Schriftsatz vom 25.02.2002 hat die G Aktiengesellschaft (G) beim Landeshauptmann von Niederösterreich als Bundesstraßenbehörde den Antrag auf Durchführung eines Enteignungsverfahrens nach den §§ 17 ff BStG 1971 hinsichtlich des Grundstückes *** der EZ *** (dauernde Grundinanspruchnahme 4.210 m² und temporäre Grundinanspruchnahme 6.859 m²) sowie des Grundstückes Nr. *** der EZ *** (dauernde Grundinanspruchnahme 278 m² und temporäre Grundinanspruchnahme 265 m²) gestellt. Alleineigentümer der beantragten Grundstücksteile war Herr B.
Seitens des Landeshauptmannes von NÖ wurden zunächst Gutachten aus dem Fachbereich Bau-, Agrar- und Verkehrstechnik und zur Frage der Entschädigungs-höhe eingeholt (Gutachten vom 19.03.2002 betreffend das Grundstück Nr. *** der EZ *** der KG *** und Gutachten vom 20.03.2002 betreffend das Grundstück Nr. *** der EZ *** der KG ***). Nach Vorliegen dieser Gutachten hat die Bundesstraßenbehörde mit Datum 17.05.2002 eine mündliche Verhandlung abgeführt, in der vom betroffenen Enteignungsgegner ein Privat-gutachten mit Datum 16.05.2002 der H GesmbH (***, ***) vorgelegt wurde.
Im Anschluss daran wurde seitens der Bundesstraßenbehörde sowohl zum Grundstück *** der EZ *** als auch zum Grundstück *** der EZ *** ein weiteres Amtssachverständigengutachten zur Frage der Entschädigungshöhe eingeholt (beide Ergänzungsgutachten tragen das Datum 04.06.2002).
Nach Vorliegen dieser Ergänzungsgutachten hat die Behörde am 12.07.2002 abermals eine mündliche Verhandlung durchgeführt und nach Einholung eines weiteren Ergänzungsgutachtens mit Datum 17.07.2002 betreffend das Grundstück *** der EZ *** letzten Endes den nunmehr bekämpften Bescheid vom 07.10.2002, Zl. ***, erlassen. In Spruchpunkt I.a wurde ein Teilbereich des Grundstückes *** der EZ *** im Ausmaß von 4.210 m² sowie weiters ein Teilbereich des Grundstückes *** der EZ *** im Ausmaß von 278 m² dauernd und lastenfrei zu Gunsten der Republik Österreich enteignet, wobei Basis der Grundeinlöseplan „Enteignung B“ der I Gesellschaft m.b.H. vom 30.01.2002, GZ. ***, Plannummer *** sowie ***, war.
Unter Spruchpunkt I.b desselben Bescheides wurde dem Enteignungsgegner Herrn B aufgetragen, die vorübergehende Inanspruchnahme der im Grund-einlöseplan gekennzeichneten Teilflächen des Grundstückes *** der EZ *** im Ausmaß von 6.859 m² und des Grundstückes Nr. *** der EZ *** im Ausmaß von 265 m² für Baustelleneinrichtungen während der Bauarbeiten betreffend das Bauvorhaben „***-***“, Projekttunnel ***, zu dulden.
Des Weiteren wurden die Anträge von Herrn B und Frau A auf Enteignung des Grundstückes *** der KG *** sowie auf Enteignung jener Teile des Grundstückes *** der KG ***, die innerhalb der 15 m-Zone des § 21 Abs. 3 des Bundesstraßengesetzes 1971 liegen, als unzulässig zurückgewiesen.
Unter Spruchpunkt II. des genannten Bescheides wurde die Höhe der Entschädigungsbeträge festgesetzt, wobei für die dauernde Grundinanspruchnahme (dauernde und lastenfreie Enteignung lt. Spruchpunkt I.a) € 861.630,-- festgelegt wurden, für die vorübergehende Inanspruchnahme der vorgenannten Flächen (lt. Spruchpunkt I.b) wurde ein Betrag von € 4.496,-- pro Monat festgesetzt.
Des Weiteren wurde mit dem genannten Bescheid der Republik Österreich aufgetragen, die genannten Beträge binnen vier Wochen ab Rechtskraft des Bescheides an Herrn B zur Auszahlung zu bringen. Abschließend wurden noch das korrigierte Gutachten des Amtssachverständigen für Bautechnik vom 04.06.2002 sowie das Amtssachverständigengutachten für Bautechnik vom 17.07.2002 sowie die Verhandlungsniederschriften vom 17.05.2002 und 12.07.2002 zu Bestandteilen des Bescheides erklärt.
Gegen diesen Bescheid des Landeshauptmannes vom 07.10.2002 haben Herr B und Frau A Berufung hinsichtlich des Spruchteiles I (Enteignung) in vollem Umfang wegen Rechtswidrigkeit infolge wesentlicher Verfahrensmängel sowie wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhoben. Beantragt wurde, dass die Berufungsbehörde (allenfalls nach Durchführung der erforderlichen ergänzenden Ermittlungen) den bekämpften Bescheid insoweit abändern möge, als – abweichend vom bekämpften Bescheid – das gesamte Grundstück Nr. *** der EZ ***, das gesamte Grundstück *** der EZ *** sowie jene Teile des Grundstückes *** der EZ ***, die innerhalb der 15 m-Zone iSd § 21 Abs. 3 BStG 1971 liegen, in die Enteignung einzubeziehen sind; in eventu den Antrag auf Enteignung von Teilen der Grundstücke *** der EZ *** sowie des Grundstückes *** der EZ ***, beide GB ***, als nicht alle beabsichtigten Eigentumseingriffe abdeckend, abzuweisen und den Berufungs-werbern die im Kostenverzeichnis vom 05.08.2002 verzeichneten Kosten sowie die Kosten des Berufungsverfahrens zuzusprechen.
Über diese Berufung hat der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie mit Bescheid vom 23.04.2003, Zl. ***, entschieden und die Berufung zu Spruchpunkt I. hinsichtlich der Grundstücke *** und *** abgewiesen und hinsichtlich des Grundstückes *** zurückgewiesen. Betreffend die Entschädigungshöhe wurde die Berufung ebenfalls zurückgewiesen, ebenso die Berufung von Frau A zu Spruchpunkt II. des bekämpften Bescheides.
Einer dagegen erhobenen Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 24.02.2009, Zl. ***, dahingehend Folge gegeben, dass der angefochtene Bescheid im Umfang seines Spruchpunktes I. mit Ausnahme der Zurückweisung der Berufung gegen die Festsetzung der im Verwaltungswege zuerkannten Entschädigung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben wurde. Begründend führt der Verwaltungsgerichtshof an, dass im vorliegenden Fall es die belangte Behörde verabsäumt habe, die Frage der Umweltverträglichkeit des gegenständlichen Straßenprojekts im Enteignungsverfahren aufzuwerfen und sich in dem der Erlassung des angefochtenen Bescheides vorangegangenen Verwaltungs-verfahren sowie in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit diesen Voraussetzungen nicht auseinandergesetzt habe, nämlich mit der Frage ob und inwiefern die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung im gegenständlichen Projekt ausreichende Berücksichtigung gefunden haben.
Aufgrund dieses höchstgerichtlichen Erkenntnisses hat der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie mit Datum 17.07.2013 unter der Zahl GZ. ***, einen Ersatzbescheid erlassen und unter Spruchpunkt I. die Berufung, soweit sich diese auf die Grundstücke Nr. *** und *** (EZ *** und EZ *** der KG ***) bezieht, als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich des Grundstücks Nr. *** (EZ *** der KG ***) wurde die Berufung mangels Antragslegitimation zurückgewiesen.
Unter Spruchpunkt II. des Berufungsbescheides wurde neu festgelegt, welche Liegenschaften bzw. Liegenschaftsteile der Enteignung unterliegen. Dabei wurde festgelegt, dass eine Teilfläche von 244 m² des Grundstückes *** der KG *** und eine Teilfläche von 4.259 m² des Grundstückes *** der KG *** dauernd enteignet werden. Von einer lediglich temporären Enteignung sind nach diesem Bescheid eine Teilfläche von 298 m² des Grundstückes *** der KG *** und eine Teilfläche von 7.095 m² des Grundstückes *** der KG *** betroffen. Die Gesamtent-schädigungshöhe wurde mit dem Betrag von € 961.103,60 festgelegt (€ 62.140,-- für die dauernde Enteignung einer Teilfläche des Grundstückes *** der KG ***, € 800.692,-- für die dauernde Enteignung einer Teilfläche des Grundstückes *** der KG ***, der Betrag von € 4.901,40 für die temporäre Enteignung einer Teilfläche des Grundstückes *** und € 93.370,20 für die temporäre Enteignung einer Teilfläche des Grundstückes ***).
Unter Spruchpunkt III. dieses Bescheides wurde der Grundeinlöseplan Neu (2012) des Ingenieur-konsulenten für Vermessungswesen F, ***, GZ. *** vom 26.09.2012 zum integrierenden Bestandteil erklärt. Die der Enteignung unterliegenden Flächen wären diesem Grundeinlöseplan zu entnehmen.
Letzten Endes wurden unter Spruchpunkt IV. sämtliche im Verfahren gestellten und unerledigten Anträge des Berufungswerbers abgewiesen.
Diese Entscheidung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 17.07.2013 im zweiten Rechtsgang erging nach Einbringung einer Säumnis-beschwerde durch die damaligen Berufungswerber, wobei der Verwaltungsgerichts-hof die belangte Berufungsbehörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG zur Nachholung des versäumten Bescheides binnen drei Monate aufforderte, diese Aufforderung trägt das Datum 10.07.2012 und wurde dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie am 19.07.2012 zugestellt. Damit endete die Frist zur Nachholung der Entscheidung mit Ablauf des 19.10.2012. Einer beantragten Fristverlängerung wurde nicht stattgegeben.
Der im zweiten Rechtsgang erlassene Berufungsbescheid vom 17.07.2013 wurde aufgrund einer Beschwerde der Berufungswerber mit Erkenntnis vom 19.05.2015, Zl. ***, infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben, da der Berufungsbescheid nach Ablauf der gesetzten Frist zur Nachholung der versäumten Handlung (Erlassung des Berufungsbescheides) erlassen wurde und zu diesem Zeitpunkt die Zuständigkeit zur Entscheidung bereits vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen war und überdies die Unzuständigkeit in der Beschwerde geltend gemacht wurde.
Zu den Rechtsmittelwerbern ist weiters festzustellen, dass der ursprüngliche Berufungswerber, Herr B, am *** verstorben ist. Laut Einantwortungsbeschluss des BG *** (GZ ***) vom 23. April 2015 wurde das Eigentumsrecht für die Liegenschaft EZ *** Grundbuch *** (dazu gehört auch das Grundstück Nr. ***) mit dem Anteil von 1/3 Herrn C und mit dem Anteil von 2/3 Frau A einverleibt. Bezüglich der Liegenschaften EZ *** Grundbuch *** (dazu gehört das Grundstück Nr. ***) und EZ *** Grundbuch *** (dazu gehört das Grundstück Nr. ***) ist nunmehr Frau A jeweils Alleineigentümerin.
Zur Frage der Berechtigung der Enteignung selbst ist von folgenden Feststellungen auszugehen:
Vom ursprünglichen Enteignungsantrag der G ist zunächst betroffen das Grundstück Nr. *** der EZ *** (ursprüngliche Gesamtfläche 670 m², davon zunächst beantragte dauernde Grundinanspruchnahme 278 m² und temporäre Grundinanspruchnahme 265 m²). Laut Antrag nicht betroffen ist das von den Beschwerdeführern wiederholt erwähnte Grundstück ***, welches an das Grundstück *** unmittelbar in nord-nordöstlicher Richtung angrenzt. Auf dem Grundstück *** befindet sich ein Einfamilienhaus, welches derzeit von den Beschwerdeführern vermietet ist. Das Grundstück *** ist weiterhin unbebaut.
Ebenfalls vom Enteignungsantrag betroffen ist das Grundstück *** der EZ ***, welches an die Grundstücke *** und *** westseitig angrenzt und ursprünglich eine Fläche von 28.004 m² aufwies, der Enteignungsantrag bezieht sich hinsichtlich dieses Grundstückes auf eine dauernde Grundinanspruchnahme von 4.210 m² und eine temporäre Grundinanspruchnahme von 6.859 m². Sowohl beim Grundstück *** als auch *** liegen jene Teilflächen, deren Inanspruchnahme beantragt wurden, im jeweiligen südlichen Bereich der beiden Grundstücke.
Nach der Endvermessung verhält es sich so, dass hinsichtlich des Grundstückes *** eine dauernde Grundinanspruchnahme von 244 m² (anstelle von ursprünglich beantragten 278 m²) vorliegt, die temporäre Grundinanspruchnahme bei diesem Grundstück beträgt 298 m² (anstelle der ursprünglich beantragten 265 m²). Beim Grundstück *** verhält es sich in der Form, dass sich letztendlich eine dauernde Grundinanspruchnahme von 4.259 m² ergibt (anstelle der ursprünglich beantragten 4.210 m²) und eine temporäre Grundinanspruchnahme von 7.095 m² (anstelle der ursprünglich beantragten 6.859 m²).
Derzeit stellen sich in der Natur das Grundstück *** (auf diesem befindet sich das Einfamilienhaus) und der verbliebene Rest vom Grundstück *** (im Ausmaß von 426 m²) als optische Einheit dar (Einfamilienhaus mit nahezu nach Süden vorge-lagertem Garten, wobei die beiden Grundstücke derzeit auch eine gemeinsame Grundstückseinzäunung aufweisen). Die Gesamtfläche hinsichtlich des bebauten Grundstückes *** und des verbliebenen Grundstücksrestes von *** beträgt 1.096 m² (670 m2 und 426 m2).
Die ursprünglichen Berufungswerber haben hinsichtlich des verbliebenen Grundstücksrestes des Grundstückes *** ausdrücklich keinen selbstständigen Antrag auf Ablöse gestellt sondern vorgebracht, dass die Grundstücke *** und *** schon in der ursprünglichen Größe in der Natur eine Einheit dargestellt hätten und durch die Verkleinerung des Grundstückes *** in Folge der faktischen Einheit auch das bebaute Grundstück *** in Verbindung mit dem verbliebenen Rest des Grundstückes *** abgelöst werden müsse. Sollte das bebaute Grundstück *** nicht abgelöst werden, so soll auch der verbliebene Rest vom Grundstück *** nicht selbstständig abgelöst werden.
Grundlage für die verfahrensgegenständliche Errichtung der *** (*** = nunmehrige ***) ist die Trassenverordnung vom 11.11.2000, BGBl. II Nr. 253/2000, in der Fassung BGBl. II Nr. 134/2002 und die Verordnung vom 29.06.2002, BGBl. II Nr. 256/2002, des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie. Aufgrund mehrerer Anträge an den Verfassungsgerichtshof hat dieser mit den Erkenntnissen vom 22.06.2002, Zl. ***, die Anträge von Bürgerinitiativen und Grundeigentümern auf Aufhebung der Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der *** im Bereich der Gemeinden ***, ***, ***, ***, ** und ***, BGBl. II Nr. 253/2000, abgewiesen.
Im Zuge der Planung des verfahrensgegenständlichen Projektes wurde neben zahlreichen Einzelbewilligungsverfahren nach diversen Materiengesetzen auch ein UVP-Verfahren abgeführt, im Rahmen dessen auch ein umfassendes Umwelt-verträglichkeitsgutachten mit Datum „November 1999“ erstattet wurde.
Dieses Gutachten befasst sich zusammengefasst mit vier Fragenbereichen, wobei Fragenbereich 1 die alternativen Varianten und die Nullvariante betrifft, Fragenbereich 2 sich mit den Auswirkungen, Maßnahmen und Kontrollen befasst, Fragenbereich 3 mit den Auswirkungen auf die Entwicklung des Raumes und Fragenbereich 4 die fachliche Auseinandersetzung mit den Stellungnahmen beinhaltet. Speziell im Fragenbereich 2 nimmt das Gutachten konkret Bezug auf zahlreiche Schutzgüter (Grund-/Oberflächenwasser, Boden, Luft/Klima, Gesundheit/Wohlbefinden, Sach-/Kulturgüter/Ortsbild, Natur-/Biotopschutz, Landschaftsbild/-schutz, Siedlung/Wohnen, Freizeit/Erholung, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Wasserwirtschaft, Jagd/Fischerei, Fremdenverkehr, Verkehrsbeziehungen, technische Infrastruktur, Rohstoffgewinnung, Entsorgung/Deponie, Landesverteidigung, Ökosysteme, Fauna und Flora).
Hinsichtlich der einzelnen aufgelisteten Schutzgüter haben die jeweiligen Sachverständigen in ihren Gutachten „zwingende Maßnahmen“ und „empfohlene Maßnahmen“ vorgesehen, teilweise wurden weder zwingende noch empfohlene Maßnahmen aufgelistet.
Die Gesamtschlussfolgerung zum geplanten Vorhaben am Ende des Gesamtgutachtens lautet wie folgt:
„Das vorliegende Umweltverträglichkeitsgutachten wurde auf Basis der UVE und der im Rahmen der UVP erstellten Teilgutachten einschließlich der dort angeführten Unterlagen erstellt.
Unter der Voraussetzung, dass die in der UVE bereits enthaltenen und die von den unterfertigten Sachverständigen geforderten zwingenden Maßnahmen bei der Detail-planung berücksichtigt werden, ist die Umweltverträglichkeit des gegenständlichen Vorhabens im Sinne einer umfassenden und integrativen Gesamtschau gegeben.“
Hinsichtlich der Frage, ob die in den einzelnen Fachgutachten vorgeschriebenen zwingenden Maßnahmen eingehalten wurden, ist seitens des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie eine Nachkontrolle gemäß § 24h UVP-G 2000 durchgeführt worden. Über diese Nachkontrolle liegt ein umfangreiches Aktenkonvolut vor (Begleitbuch mit mehreren Statusberichten; so auch der 8. Statusbericht, der die Erfüllung aller Auflagen bis zum Ende der Bauphase dokumentiert und das Ende der Kontrolle der Auflagenerfüllung in Form von Statusberichten im Begleitbuch zur *** darstellt), weiters der Endbericht Monitoring von „J“ (Büro für Landschaftsplanung in ***, ***), ein Gutachten über die Erschütterungsimmissionen im Haus *** durch die K GmbH in ***, eine Stellungnahme der E vom 21.08.2019 und das Gutachten von L vom 09.04.2013.
Darüber hinaus wurden bereits von der ursprünglichen Berufungsbehörde (BMVIT) im Jahre 2009 mehrere Fragen an den Enteignungswerber betreffend Ausführung des Bauvorhabens gerichtet und wurden diese Fragen mit Schreiben vom 01.04.2009 beantwortet, die sachverständige Beurteilung dieser Antworten und Beantwortung weiterer Fragen der Behörde erfolgte mit Datum 23.07.2009. Ebenso erstattete der Sachverständige L mit Datum 24.09.2012 ein Gutachten zur Stellungnahme des Enteignungsgegners vom 15.09.2009.
In weiterer Folge hat die ursprüngliche Berufungsbehörde weitere Fragestellungen in Schriftform an den Enteignungswerber mit Datum 04.10.2012 gerichtet, die Beant-wortung erfolgte mit Schriftsatz vom 24.10.2012 und Ergänzung 18.01.2013. Die fachliche Beurteilung von L trägt das Datum 29.03.2013, eine im Rahmen des Parteiengehörs erstattete Stellungnahme des Enteignungsgegners trägt das Datum 23.04.2013.
Sämtlichen Stellungnahmen des Enteignungswerbers und Gutachten von L sowie den übrigen erwähnten Überprüfungsberichten und Gutachten ist zu entnehmen, dass das realisierte Projekt sowohl der Trassenverordnung als auch den zwingenden Maßnahmen laut UVP-Gutachten im Wesentlichen entspricht. Die von L aufgezeigten Abweichungen sind entweder äußerst geringfügiger Natur oder können die ursprünglichen Annahmen (z. B. Prognose der Entwicklung der Verkehrsströme) nicht als verbindlicher Maßstab herangezogen werden. Unter den noch folgenden rechtlichen Ausführungen wird detailliert darauf Bezug genommen werden.
Die Feststellungen stützen sich vom Ablauf her auf die unbedenkliche und diesbezüglich auch unbestrittene Aktenlage, die Stellungnahmen des Enteignungswerbers sowie die vorliegenden ASV-Gutachten sind schlüssig und unbedenklich. Zu den vom Rechtsmittelwerber vorgelegten Gutachten und Ausführungen wird im Rahmen der rechtlichen Beurteilung noch Stellung genommen werden.
In rechtlicher Hinsicht ist der festgestellte Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:
Gemäß § 17 Bundesstraßengesetz 1971 kann für die Herstellung, Erhaltung und Umgestaltung von Bundesstraßen samt den zugehörigen baulichen Anlagen sowie aus Verkehrsrücksichten das Eigentum an Liegenschaften, die dauernde oder zeitweilige Einräumung, Einschränkung und Aufhebung von dinglichen und obligatorischen Rechten (insbesondere Nutzungs- und Bestandrechten) an solchen im Wege der Enteignung in Anspruch genommen werden. Das Gleiche gilt für Baulichkeiten und sonstige Anlagen, deren Entfernung sich aus Gründen der Verkehrssicherheit als notwendig erweist. Auch können zu diesen Zwecken durch Enteignung die für die Anlagen von Ablagerungsplätzen, Zufahrten, Straßenwärterhäusern, Bauhöfen und anderen Baulichkeiten sowie die zur Aufrechterhaltung der Verkehrsbeziehungen erforderlichen Grundstücke erworben werden.
Gemäß § 18 Abs. 1 leg.cit. gebührt dem Enteigneten für alle durch die Enteignung verursachten vermögensrechtlichen Nachteile Schadloshaltung (§ 1323 ABGB). Bei Bemessung der Entschädigung hat jedoch der Wert der besonderen Vorliebe und die Werterhöhung außer Betracht zu bleiben, den die Liegenschaft durch die straßen-bauliche Maßnahme erfährt. Hingegen ist auf die Verminderung des Wertes eines etwa verbleibenden Grundstücksrestes Rücksicht zu nehmen. Ist dieser Grund-stücksrest unter Berücksichtigung seiner bisherigen Verwendung nicht mehr zweckmäßig nutzbar, so ist auf Verlangen des Eigentümers das ganze Grundstück einzulösen. Bei der Bemessung der Entschädigung ist auf jene Widmung abzu-stellen, die im Zeitpunkt der Kenntnisnahme der Gemeinde von den Planungsab-sichten des Bundes bei der öffentlichen Auflage eines Bundesstraßenplanungs-gebiets (§ 14) oder, falls ein solches nicht aufgelegt wurde, bei der öffentlichen Auflage des Bundesstraßenbauvorhabens (§ 4) gegeben war.
Gemäß § 21 Abs. 1 und 2 leg. cit. dürfen in einer Entfernung von 25 m auf Bundesschnellstraßen, Rampen von Anschlussstellen sowie Zu- und Abfahrts-straßen, Autobahnen und Bundesschnellstraßen Neu-, Zu- und Umbauten nicht vorgenommen sowie Einfriedungen nicht angelegt und überhaupt Anlagen jeder Art weder errichtet noch geändert werden. Der Bund (Bundesstraßenverwaltung) hat auf Antrag Ausnahmen zuzustimmen, soweit dadurch Rücksichten auf den Bestand der Straßenanlagen und des Straßenbildes, Verkehrsrücksichten sowie Rücksichten auf die künftige Verkehrsentwicklung oder erforderlichen Maßnahmen nach §§ 7 und 7a nicht beeinträchtigt werden. Gemäß § 21 Abs. 3 leg.cit. hat die Behörde dem Grundeigentümer (Bergbauberechtigten) auf seinen Antrag in sinngemäßer Anwendung der §§ 18 und 20 eine angemessene Entschädigung zuzuerkennen, wenn einem Grundeigentümer bzw. Bergbauberechtigten durch die Verweigerung der Ausnahmebewilligung gemäß Abs. 1 oder 2 ein Nachteil erwächst, soweit es sich nicht um ein Vorhaben des Grundeigentümers (Bergbauberechtigten) innerhalb einer Zone von 15 m handelt.
Die nunmehrigen Beschwerdeführer bringen zunächst vor, dass die Grundstücke *** (auf diesem befindet sich das Wohnhaus) und das unmittelbar südlich daran anschließende Grundstück *** in der Natur eine Einheit bilden bzw. gebildet haben und somit auch Grundstück *** einschließlich des darauf befindlichen Hauses abgelöst hätte werden müssen.
Dazu ist Folgendes auszuführen:
Das Grundstück *** weist eine Fläche von 670 m² auf, die gleiche Fläche hat das Grundstück *** in seiner ursprünglichen Form aufgewiesen. Damit hat die gesamte Liegenschaft eine Fläche von 1.340 m² aufgewiesen. Das Grundstück *** ist durch eine dauernde Enteignung im Ausmaß von nunmehr 244 m² betroffen, dies ergibt eine verbleibende Restfläche von 426 m² und die verbleibende Gesamtliegenschaft (426 m² von Grundstück *** und 670 m² des Grundstückes ***) weist somit noch eine Gesamtfläche von 1.096 m² auf. Wenngleich den Beschwerdeführern zugebilligt werden muss, dass eine Gesamtfläche von 1.340 m² je nach persönlichem Empfinden angenehmer erscheinen mag als eine Fläche von 1.096 m², so darf dennoch nicht übersehen werden, dass die verbleibende Gesamtfläche nach wie vor zumindest als ortsüblich angesehen werden kann und jedenfalls nicht als unzumutbar klein, auch nicht in Bezug auf ein Einfamilienhaus. Weiters darf nicht übersehen werden, dass es sich bei Grundstück Nr. *** um ein eigenes Grundstück handelt mit einem eigenen rechtlichen Schicksal, dieses Grundstück ist auch vom Enteignungsantrag nicht umfasst. Mangels Rechtsgrund-lage darf dieses Grundstück daher gar nicht in die Enteignung miteinbezogen werden, zumal auch keine sonstigen Umstände vorliegen, die eine Unzumutbarkeit der Weiterverwendung diese Liegenschaft zwingend ergeben würden. Das erkennende Verwaltungsgericht gelangt daher zum Ergebnis, dass die Einbeziehung des Grundstückes *** einschließlich des darauf befindlichen Einfamilienhauses weder erforderlich noch zulässig ist.
Zur Frage der allfälligen Einlösung des verbleibenden Grundstücksrestes des Grundstücks *** ist jedenfalls darauf zu verweisen, dass im Verfahren vor der belangten Verwaltungsbehörde seitens der Beschwerdeführer ausdrücklich dargelegt wurde, dass nur im Falle der Ablöse von Grundstück *** auch der verbleibende Grundstücksrest von *** abgelöst werden möge. Für den Fall, dass Grundstück *** nicht abgelöst werde, haben sich die Beschwerdeführer auch gegen die Ablöse des verbleibenden Restes von Grundstück *** ausgesprochen. Damit ist die Nichteinbeziehung des verbleibenden Grundstücksrestes des Grundstückes *** jedenfalls rechtens, da hiefür unter Berücksichtigung der Nichteinbeziehung von Grundstück Nr. *** weder von der Enteignungswerberin noch den Enteignungsgegnern ein Antrag vorliegt.
Soweit die Beschwerdeführer Ausführungen zum Bauverbot innerhalb der 15-m-Zone gemäß § 21 BStG treffen, ist auszuführen, dass nach den gesetzlichen Grundlagen jedenfalls eine Entschädigung nicht sofort zu erfolgen hat. Darüber hinaus ist auch festzustellen, dass die Höhe der Entschädigung, die von der belangten Verwaltungs-behörde festgelegt wurde, durch das erkennende Verwaltungsgericht nicht abgeändert werden kann, lediglich im Falle einer Änderung des Enteignungs-umfanges im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens kann das Verwaltungsgericht im Umfang der Änderung des Enteignungsausmaßes die Entschädigung neu festsetzen.
Des Weiteren bringen die Beschwerdeführer vor, dass eine Abänderung der Trassenführung vorgenommen worden sei und wäre dies jedenfalls sachlich nicht gerechtfertigt und überdies verfassungswidrig. In diesem Zusammenhang wird auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 22.06.2002, Zl. *** bis ***, verwiesen. Der Verfassungsgerichtshof hat mit diesen Erkenntnissen die Anträge auf Aufhebung der Trassenverordnung abgewiesen, sodass diese nach wie vor dem Rechtsbestand angehört und auch das erkennende Verwaltungsgericht daran gebunden ist. Es bedarf daher dazu keiner weiteren Ausführungen. Auch liegen für das erkennende Verwaltungsgericht keine Umstände vor, die auf eine Verfassungswidrigkeit der Trassenverordnung hinweisen und somit eine Antrag-stellung auf Aufhebung dieser Verordnung beim Verfassungsgerichtshof nahelegen würden. Wenn in diesem Zusammenhang auch vorgebracht wird, dass die tatsächliche Ausführung von der Trassenverordnung abweiche und damit die tatsächliche Ausführung keine rechtliche Deckung habe, so ist dem entgegen-zuhalten, dass es in der Natur derartiger Großprojekte liegt, dass eine exakte Planung auf den Quadratmeter genau unmöglich ist und daher geringfügige Abweichungen an der Identität des Projektes nichts ändern. Im gegenständlichen Fall haben sich die Enteignungsumfänge letztendlich nur um wenige Quadratmeter verändert, sodass nicht einmal ansatzweise von einem anderen Projekt als ursprünglich geplant gesprochen werden kann. Derartige geringfügige Änderungen sind auch im Rechtsmittelverfahren zulässig.
Die geänderte Flächeninanspruchnahme resultiert konkret aus einer modifizierten baulichen Umsetzung (Spundbauweise anstelle Senkkastenbauweise). Darüber hinaus wurde die Laufmeterlänge ursprünglich mit 420 lfm anstellte richtig 230 lfm. angenommen.
Hinsichtlich der Einhaltung der im abgeführten UVP-Verfahren von den Sachverständigen der einzelnen Fachbereiche als „zwingende Maßnahmen“ bezeichneten Vorschreibungen verhält es sich grundsätzlich so, dass die vorliegende Trassenverordnung (BGBl. II 352/2000) nicht als Genehmigung im Sinne der UVP-Richtlinie angesehen werden kann, da das Projekt nicht in seinen Einzelheiten genehmigt wurde und die Verordnung auch nicht Maßnahmen und Anordnungen enthält, die nach der UVP geboten sind. Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. VwGH 21.10.2003, 2003/06/0078, u.a.) hat die Enteignungsbehörde zu prüfen, ob das Projekt sämtliche zur Einhaltung der Umweltverträglichkeit für erforderlich erachteten Maßnahmen enthält, aufgrund dessen die Enteignungsbehörde das Vorliegen der Umweltverträglichkeit des Projektes als gegeben feststellen kann.
In diesem Zusammenhang ist allerdings auch auf die Judikate VwGH vom 25.11.2008, 2007/06/0246, und VwGH vom 31.03.2009, 2008/06/0224, zu verweisen. Nach diesen Erkenntnissen sind die Prüfungen im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeit vielmehr auf jene angeblichen Mängel und Unrichtigkeiten zu beschränken, die vom Beschwerdeführer auch tatsächlich moniert werden. Im Berufungsschriftsatz vom 23.10.2002 finden sich diesbezüglich keine Hinweise. Erst während des Berufungsverfahren/nunmehr Beschwerdeverfahren bringen die Beschwerdeführer Konkretes vor zu den Themenbereichen „Lärm“ und „Maßnahmenbündel betreffend Verkehrskonzept ***“ vor. In diesem Zusammenhang haben die Beschwerdeführer auch ein Gutachten der Verkehrs-planung M GmbH mit Datum 25.08.2011 vorgelegt.
Maßstab bei der Beurteilung der Einhaltung bzw. allfälligen Nichteinhaltung der zwingenden Maßnahmen in diesem Zusammenhang ist das Umweltverträg-lichkeitsgutachten vom November 1999. In Ergänzung dazu ist aber auch festzustellen, dass selbstverständlich unter Berücksichtigung der Judikatur nicht übersehen werden darf, dass nach der damaligen Rechtslage eine Überprüfung der im UVP-Verfahren erstellten Gutachten nicht möglich war (weil dieses Verfahren nicht mit der Erlassung eines Bescheides abgeschlossen wurde). Damit ist es auch möglich, dass die durch die Sachverständigen der einzelnen Fachgebiete vorgeschlagenen „zwingenden Maßnahmen“ theoretisch “zu milde“ oder auch „überzogen“ ausfielen. Es steht aber auch außer Zweifel, dass mangels Rechtsgrundlage eine Überprüfung der einzelnen Gutachten durch neu einzuholende Gutachten unzulässig ist. Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ist die Erfüllung der vorgeschlagenen „zwingenden Maßnahmen“ jedenfalls als gegeben anzusehen, wenn diese Maßnahmen von ihrem Wesensgehalt her erfüllt sind, Änderungen geringfügiger Natur ohne Auswirkungen auf die Umweltverträglichkeit sind für die Frage der Zulässigkeit der Enteignung nicht von Bedeutung.
Zum Thema „Lärm“ finden sich Ausführungen im UVP-Gutachten in den Darlegungen zum Schutzgut „Siedlung/Wohnen“ auf den Seiten 99 und 100 zur „Risikofaktor-nummer: 36“. Die „zwingenden Maßnahmen“ dazu finden sich auf den Seiten 109 und 110 (in der Zusammenfassung gem. § 12 Abs. 5 UVP-Gesetz auf den Seiten 40 bis 42).
Laut Ausführungen des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie im Bericht über die Nachkontrolle gem. § 24h UVP-G 2000 erfolgte am 18.02.2011 die Einleitung der Nachkontrolle mittels Aufforderungsschreibens an die Projekt-werberin mit dem Ersuchen zur Übermittlung von Unterlagen hinsichtlich Einhaltung der Maßnahmen und Auflagen bzw. Übereinstimmung der Annahmen und Prognosen der Umweltverträglichkeitsprüfung mit den tatsächlichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt betreffend der ***, Abschnitt Knoten *** bis Knoten *** sowie der in Pkt. 2.2 angeführten sieben Anschlussstellen. Einbezogen in die Nachkontrolle wurden auch die mit-wirkenden Behörden zur Frage der Einhaltung der in den einzelnen Bewilligungs-bescheiden vorgeschriebenen Maßnahmen.
Des Weiteren hat die Enteignungswerberin zum Thema der Nachkontrolle Fragen des zuständigen Bundesministers mit Schreiben vom 01.04.2009 beantwortet und wurden diese Beantwortungen einer Beurteilung des Sachverständigen L unterzogen (Datum 23.07.2009) mit Ergänzung vom 24.09.2012 auf Grund einer Stellungnahme der nunmehrigen Beschwerdeführer vom 15.09.2009.
Darüber hinaus erfolgte eine ergänzende Fragenbeantwortung durch die Enteignungswerberin mit Schriftsatz vom 24.10.2012 und letztendlich mit Schreiben vom 21.08.2019.
Zum Themenbereich „Lärm“ verweist die Enteignungswerberin auf den Bericht der Nachkontrolle und fasst die Ergebnisse dahingehend zusammen, dass die tatsächlich realisierten Vorkehrungen von den ursprünglich geplanten Arten der Ausführung in geringem Maße abweichen, jedoch die Gleichwertigkeit zu den in der UVE vorgeplanten Lärmschutzmaßnahmen bestätigt wird. Danach sei wesentlich, dass dabei eine genaue Betrachtung und Überprüfung jener Wohnobjekte entlang der Trasse der ***, die gemäß UVE im Maßnahmenfall 2010 einen Schallimmissions-anteil zwischen 50 und 55 dB aufweisen und somit unter dem zum Zeitpunkt der Genehmigung gültigen Grenzwert von 55 dB in der Nacht liegen, erfolgt ist. Es konnte festgestellt werden, dass bei allen Wohnobjekten der Grenzwert eingehalten und damit das Ziel der getroffenen Schutzmaßnahmen erreicht wurde.
Die Beschwerdeführer halten dem entgegen und führten bereits in ihrem Schriftsatz vom 15.09.2009 aus, dass durch Messungen der O vom 29.4.2009 sich ergeben würde, dass die Grenzwertüberschreitung über dem Irrelevanzkriterium von mehr als 1 dB gegeben sei.
Dazu ist wie folgt auszuführen: Das erkennende Verwaltungsgericht hat grundsätz-lich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung heranzuziehen. Selbst bei Zutreffen des Vorbringens der Beschwerdeführer betreffend Grenzwertüberschreitung von rund 1 dB bedeutet dies nicht, dass das gesamte Projekt als solches nicht umweltverträglich ist, die vorgenommene Enteignung unzulässig ist und das gesamte Projekt „***“ nicht realisiert werden darf bzw. nicht realisiert hätte werden dürfen. Vielmehr müssten bei Zutreffen des Vorbringens – wie die Beschwerdeführer selbst richtig ausführen – Zusatzmaßnahmen zur Vermeidung von Grenzwertüberschreitungen (noch dazu in diesem geringen Umfang) getroffen werden. Die Vorschreibung allfällig zusätzlicher Maßnahmen ist aber nicht Gegenstand dieses Verfahrens, überdies ist die Prüfung der Umweltverträglichkeit und damit auch die Frage der Zulässigkeit der Enteignung – auch nach der damaligen Rechtslage – nach den gesetzlichen Vorgaben eine ex ante Prüfung. Der Umstand, dass zwischenzeitig das Projekt realisiert worden ist, kann aber mangels Rechtsgrundlage nicht bedeuten, dass für die Frage der Zulässigkeit der Enteignung nunmehr eine ex post Prüfung vorgenommen wird.
Hinsichtlich des Themenbereiches „Lärm“ bestehen für das erkennende Verwaltungsgericht nicht die geringsten Zweifel, dass sowohl beim geplanten Projekt als auch beim tatsächlich hergestellten Projekt auf Grund der vorliegenden Berichte und Gutachten die Umweltverträglichkeit gegeben ist.
Gleiches gilt für den Themenbereich „Erschütterungsimmissionen“. Dazu wurde von den Rechtsmittelwerbern nichts Substanzielles vorgebracht, das vorliegende Gutachten vom 16.02.2012 für das Haus „***“ in *** ergab vielmehr, dass die Erschütterungsimmissionen weit unter allen Richtwerten liegen und weder geeignet sind, Bauwerksschäden hervorzurufen noch erreichen sie ein für die Bewohner unzumutbares Ausmaß. Dazu hat die Rechtsmittelwerberin, Frau A, im Rahmen des durchgeführten Ortsaugenscheines selbst angegeben, dass durch den vorbeiführenden Tunnel „***“ im Zuge der *** weder Lärm noch Erschütterungen im vermieteten Anwesen (Grundstücke *** und ***) wahrnehmbar sind. Lediglich vom Westportal dieses Tunnels sei Straßenlärm vernehmbar.
Zum Themenbereich „Verkehrsmaßnahmen“ führt die Enteignungswerberin in ihrer Stellungnahme vom 21.08.2019 zutreffend aus, dass der dem Umweltverträglich-keitsgutachten zugrunde gelegte Planfall 3 begleitende Maßnahmen im öffentlichen Verkehr vorsieht. Dazu wird u. a. bereits in der Beilage 1 zur Trassenverordnung der *** ausgeführt, dass „sollten einige wenige dieser begleitenden Maßnahmen nicht gesetzt werden oder das aus diesen Maßnahmen resultierende Angebot des öffentlichen Verkehrs nicht entsprechend angenommen werden und eine damit durch die stärkere Verkehrsbelastung bedingte größere Umweltbelastung auftreten, so müsste auf diese entweder durch zusätzliche Schutzmaßnahmen oder verkehrs-organisatorische Maßnahmen (Vorschreibungen der Straßenaufsichtsbehörde) reagiert werden“.
Völlig zutreffend führt die Enteignungswerberin in diesem Zusammenhang auch aus, dass zur Beurteilung der Umweltverträglichkeit eine gesamtheitliche Betrachtung erforderlich ist und die Beurteilung nicht auf Einzelmaßnahmen heruntergebrochen werden darf. Das erkennende Verwaltungsgericht vertritt weiters die Auffassung, dass sowohl die Planungen als auch die Ausführungen derart umfangreicher und komplexer Bauvorhaben Jahre dauern und in diesen Zeiträumen sowohl nicht beeinflussbare Umstände eintreten als auch Optimierungsmöglichkeiten sich ergeben können und meist auch werden. Auch können bei realistischer Betrachtungsweise über derart lange Zeiträume sämtliche Gesichtspunkte im Detail nicht immer vorausgesehen und daraus nicht immer die richtigen Vorschreibungen abgeleitet werden (z. B. Prognose betreffend Entwicklung von diversen Verkehrsströmen). Die von den Beschwerdeführern herangezogene ex post – Betrachtungsweise hätte zum Ergebnis, dass auch bei noch so geringfügigen Abweichungen trotz Gleichwertigkeit im Nachhinein ein realisiertes Projekt als nicht umweltverträglich eingestuft werden müsste.
Die Enteignungswerberin verweist in ihrer Stellungnahme vom 21.08.2019 zum Thema „Verkehrsmaßnahmen“ auf eine Vielzahl von umgesetzten Maßnahmen und werden hier nur beispielhaft erwähnt: Verlängerung der ***, *** und ***, Vollbetrieb des neuen *** einschließlich des *** Tunnels, Durchbindung der Bahn zum Flughafen ***, Errichtung von mehreren Bushöfen und Park & Ride Anlagen, Intervallverdichtung auf der *** und der *** usw.
Darüber hinaus muss nach Ansicht des erkennenden Verwaltungsgerichtes auch festgestellt werden, dass von den von den Beschwerdeführern herangezogenen und angeblich nicht erfüllten Maßnahmen auch solche umfasst sind, die einem nicht messbaren Bereich zuzuordnen sind. Umso wichtiger ist daher die gesamtheitliche Betrachtungsweise. Es bestehen somit nicht die geringsten Zweifel, dass unter Berücksichtigung der vorliegenden Berichte und des Gutachtens von L auch das realisierte Projekt hinsichtlich der vorgeschriebenen Verkehrsmaßnahmen jedenfalls als umweltverträglich zu bezeichnen ist. Gleiches gilt im Übrigen für die Bereich Rekultivierungsmaßnahmen und Erschütterungen.
Wenn in diesem Zusammenhang die Rechtsmittelwerber ein Privatgutachten mit Datum 25. August 2011 (erstellt von Verkehrsplanung M GmbH in ***, ***) zur Äußerung des ASV L vorgelegt hat, so ist dem entgegenzuhalten:
Als Grundlage für die Erstellung der UVE im Jahre 1997 wurde der am 14.12.1994 beschlossene Planfall 3 des „Verkehrskonzeptes ***“ als maßgeblicher Planfall zugrunde gelegt. Als Beurteilungszeitpunkt wurde das Jahr 2010 (= Prognose-horizont der UVE) herangezogen. Zu diesem Zeitpunkt wäre laut Privatgutachten ein Großteil der Maßnahmen zur Ertüchtigung des öffentlichen Verkehrs nicht umgesetzt gewesen.
Das erkennende Verwaltungsgericht hat aber bei seiner Entscheidung grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung heranzuziehen. Es mag dahingestellt bleiben, wie viele der Maßnahmen zur Ertüchtigung des öffentlichen Verkehrs im Jahre 2010 umgesetzt bzw. nicht umgesetzt waren. Nach derzeitigem Stand, allgemeinem Wissen und dem Vorbringen der Enteignungswerberin sind eine Vielzahl von intensiven Maßnahmen zur Förderung des öffentlichen Verkehrs im südlichen Raum von *** in den letzten 20 Jahren umgesetzt worden, weshalb das verfahrensgegenständliche Projekt jedenfalls auch unter diesem Gesichtspunkt als umweltverträglich einzustufen ist. Darüber hinaus sind – wie bereits dargelegt – viele der vorgeschlagenen Maßnahmen nicht messbar und daher keine taugliche Grundlage für eine allfällig negative Beurteilung des Projektes im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit.
Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass laut Vorbringen im genannten Privatgutachten die Verkehrsbelastung im Bereich der neuen *** um rund 60% höher liege als prognostiziert. Als möglich Ursache wird eine unzureichende Aufwertung des öffentlichen Verkehrs in den Raum gestellt. Die bloße Überschreitung von prognostizierten Werten kann aber alleine aus Rechtschutzüberlegungen keine Grundlage für eine negative Beurteilung sein, da ansonsten diesen Prognosen eine absolut verbindliche Wirkung zukommen würde. Außerdem handelt es sich lediglich um eine Vermutung, dass die Ursache für die massive Steigerung eine unzu-reichende Weiterentwicklung des öffentlichen Verkehrs sei.
Hinsichtlich des begehrten Kostenzuspruchs ist auszuführen:
Nach § 7 Abs. 3 Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz hat der Enteignungs-
gegner Anspruch auf Ersatz der zur „zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten“ seiner rechtsfreundlichen Vertretung und sachverständigen Beratung. Dem Enteignungsgegner gebührt voller Kostenersatz, soweit der Enteignungsantrag ab- oder zurückgewiesen oder in einem nicht nur geringfügigen Umfang zurückgezogen wird. In allen anderen Fällen gebührt dem Enteignungs-gegner eine Pauschalvergütung in Höhe von 1,5 vH der festgesetzten Enteignungs-entschädigung, mindestens aber 500 Euro und höchstens 7 500 Euro. Im konkreten Fall käme theoretisch nur die Pauschalvergütung in Frage, allerdings wieder nur unter der Einschränkung, dass die Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverteidi-gung notwendig waren. Worin im gegenständlichen Fall die „notwendige zweckent-sprechende Rechtsverteidigung“ gelegen sein soll, ist nicht erkennbar. Sämtliche vorgebrachten Argumente der Rechtsmittelwerber haben sich als haltlos erwiesen, sodass dieser Antrag ebenso wie alle weiteren unerledigten Anträge unter Spruchpunkt 4. abzuweisen war.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Entscheidung keine solche von grund-sätzlicher Natur ist, ebenso wenig ist von fehlender oder divergierender Judikatur auszugehen. In diesem Zusammenhang darf auf mehrere gleichgelagerte Verfahren betreffend die *** aber auch die *** verwiesen werden, in denen der Verwaltungsgerichtshof die Letztentscheidungen getroffen hat. Somit ist nur die außerordentliche Revision zulässig.
Schlagworte
Infrastruktur und Technik; eisenbahnrechtliche Enteignung; Entschädigung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.598.001.2015Zuletzt aktualisiert am
10.03.2021