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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §5 Abs1 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Bachler, Dr. Rigler und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der V in B, mit ihren mj. Kindern Branimir, Daniela und Vanessa, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. April 1995, Zl. 4.217.329/5-III/13/94, betreffend Feststellung gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz 1991, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Bulgariens, war mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. November 1986, ihre mj. Kinder mit Bescheiden der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 28. Oktober 1987 und vom 11. Februar 1992 als Flüchtlinge im Sinne des Asylgesetzes (1968) anerkannt worden. Mit Bescheid vom 19. April 1994 stellte das Bundesasylamt gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz 1991 fest, daß "hinsichtlich ihrer Person" (gemeint auf Grund der Bescheidadressaten auch die mj. Kinder der Beschwerdeführerin) die im Artikel 1 Abschnitt C Ziffer 1 und 5 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Tatbestände eingetreten seien. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 14. April 1995 gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz 1991 verliert ein Flüchtling das Asyl, wenn festgestellt wird, daß hinsichtlich seiner Person einer der im Artikel 1 Abschnitt C oder F lit. a oder c oder Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Tatbestände eingetreten ist.
Gemäß Artikel 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention wird dieses Abkommen auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt, nicht mehr angewendet, wenn sie
1.
sich freiwillig wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt hat; oder
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5.
wenn die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und sie es daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen.
Die Behörde erster Instanz ging einerseits davon aus, daß sich die Beschwerdeführerin wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt habe, weil aus einem von der bulgarischen Botschaft in Wien ausgestellten "Kinderanerkennungsdokument" hervorgehe, daß die Beschwerdeführerin persönlich bei der bulgarischen Botschaft vorgesprochen habe. Andererseits vertrat sie die Auffassung, daß die Beschwerdeführerin im Hinblick auf die in Bulgarien eingetretenen politisches Änderungen es nicht mehr ablehnen könne, sich wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen. So bestehe auf Grund der nunmehrigen Rechtslage und Rechtsanwendung in diesem Staat in der Regel keine begründete Gefahr einer Verfolgung wegen der politischen Gesinnung. Seit der Revolution und dem Sturz des Staats- und Parteichefs Schiwkow im November 1989 bestehe ein demokratisch gewähltes Parlament, das sich in der Hauptsache aus ehemaligen Oppositionsparteien zusammensetze. Die Verfassung gewährleiste weitreichend die Grundrechtsgarantien, die dem einzelnen Staatsbürger ausreichende Rechtsschutzmöglichkeiten zu deren Durchsetzung anböten, sodaß die Rechtsanwendung in Übereinstimmung mit jenen Grundsätzen erfolge, die in demokratischen Staaten üblich sei und dort Sicherheit vor einer Verfolgung aus Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention böten.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wandte sich die Beschwerdeführerin ausschließlich gegen die Annahme der Behörde erster Instanz, sie habe sich wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt; zur Frage der Änderung der politischen Verhältnisse in ihrem Heimatland und der Zumutbarkeit, sich wieder unter den Schutz dieses Landes zu stellen, machte sie keine Ausführungen.
Die belangte Behörde hat dem angefochtenen Bescheid zunächst die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides zugrundegelegt und die Auffassung vertreten, der Beschwerdeführerin sei es nicht gelungen, die Annahme, sie habe sich wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt, zu widerlegen. Die Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin sei auch dadurch erschüttert, daß entgegen ihrer Angabe im Asylverfahren, verheiratet zu sein, sich nunmehr herausgestellt habe, daß ihre Ehe bereits 1982 geschieden worden sei. Daraus folge, daß die von ihr im Asylverfahren vorgetäuschten, auf den seinerzeitigen Auslandsaufenthalt ihres Ehemannes zurückgeführten Ereignisse in Bulgarien in der Gegenwart keine Auswirkungen mehr haben könnten. Darüber hinaus habe sich herausgestellt, daß ihrem Ehemann 1990 ein bulgarischer "Dienstreisepaß" ausgestellt worden sei, woraus sich ergebe, daß dieser einer privilegierten "Funktionselite" angehöre. Die Beschwerdeführerin habe im nunmehrigen Verfahren auch keinerlei Furcht vor Verfolgung für den Fall ihrer Rückkehr geäußert.
Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Beschwerde zu dem - durch Übernahme der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides auch den Gegenstand des angefochtenen Bescheid bildenden - Asylentziehungsgrund des § 5 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz 1991 in Verbindung mit Artikel 1 Abschnitt C Ziffer 5 der Genfer Flüchtlingskonvention (Wegfall der zur Anerkennung als Flüchtling führenden Umstände) lediglich im Rahmen der Verfahrensrüge ausgeführt, sie hätte, wäre sie bereits früher darauf hingewiesen worden, daß der Wegfall von Verfolgung in ihrem Heimatland der Grund für die "Anerkennung" (gemeint wohl: Aberkennung) des Asyls sei, ausführlich nachweisen können, daß ihrerseits nach wie vor wohlbegründete Furcht vor Verfolgung bestehe und somit die Flüchtlingseigenschaft gegeben sei.
Bereits der erstinstanzliche Bescheid stützte die gegenüber der Beschwerdeführerin ausgesprochene Aberkennung von Asyl auch auf Artikel 1 Abschnitt C Ziffer 5 der Genfer Flüchtlingskonvention und führte in der Begründung die dem zugrundeliegenden Umstände an. Obwohl die Beschwerdeführerin somit Gelegenheit gehabt hätte, den von ihr nunmehr aufgezeigten Verfahrensmangel der Verletzung des Parteiengehörs geltend zu machen, hat sie es unterlassen, in der Berufung eine sich darauf beziehende Mängelrüge zu erheben. Die Unterlassung des Parteiengehörs in erster Instanz kann im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof aber nicht mehr mit Erfolg gerügt werden, wenn die Partei es unterließ, diesen Verfahrensmangel im Zuge des Berufungsverfahrens geltend zu machen (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Wien 1987, S. 612 angeführte Judikatur). Darüber hinaus ist die Beschwerdeführerin in der Beschwerde nicht ihrer Verpflichtung nachgekommen, die Relevanz dieses Verfahrensmangels darzutun. Die bloße Behauptung, aufzeigen zu können, daß weiterhin begründete Furcht vor Verfolgung bestehe, kann angesichts der im Verwaltungsverfahren behördlicherseits dargelegten und von der Beschwerdeführerin nicht bestrittenen Änderungen der politischen Verhältnisse in ihrem Heimatland nicht ausreichen, die Richtigkeit der behördlichen Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Vielmehr wäre es bei Rüge der Verletzung des Parteiengehörs Aufgabe der Beschwerdeführerin gewesen, alle entscheidenden Tatsachen bekanntzugeben, die der Behörde wegen der Unterlassung des Parteiengehörs unbekannt geblieben sind. Die bloße Aufzeigung dieses Mangels, ohne die dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegten Feststellungen zu bekämpfen und ohne darzulegen, was im Fall der gebotenen Gelegenheit zur Stellungnahme vorgebracht worden wäre, kann nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führen (vgl. die in Dolp, a. a.O., S. 610 angeführte Judikatur).
Da somit ausgehend vom Beschwerdevorbringen nichts dagegen spricht, daß im Beschwerdefall der Tatbestand des Artikel 1 Abschnitt C Ziffer 5 der Genfer Flüchtlingskonvention erfüllt ist, kann der belangten Behörde nicht mit Aussicht auf Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz 1991 festgestellt hat, daß dieser Tatbestand eingetreten ist.
Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine weitere Auseinandersetzung mit der Frage, ob auch der von der belangten Behörde herangezogene Tatbestand des Artikel 1 Abschnitt C Ziffer 1 der Genfer Flüchtlingskonvention (Unterschutzstellung) im Beschwerdefall gegeben ist.
Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995010139.X00Im RIS seit
20.11.2000