TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/26 L527 2234078-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.08.2020
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Entscheidungsdatum

26.08.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z6
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4

Spruch


L527 2234078-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX Staatsangehörigkeit Bangladesch, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.08.2020, Zahl XXXX :

I. den Beschluss gefasst:

A) Soweit die Beschwerde die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 beantragt, wird sie als unzulässig zurückgewiesen.

B) Soweit die Beschwerde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt, wird sie als unzulässig zurückgewiesen.

C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

II. zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I, II und III des angefochtenen Bescheids wird als unbegründet abgewiesen.

B) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheids wird stattgegeben und Spruchpunkt IV wird ersatzlos behoben.

C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Volksrepublik Bangladesch, reiste Anfang Juni 2020 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Am 03.06.2020 betraten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Beschwerdeführer in XXXX . Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nahmen den Beschwerdeführer fest.

Am 04.06.2020 vernahm ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Beschwerdeführer ein. Nach dem Grund für seine Einreise und wohin er wolle, befragt, sagte der Beschwerdeführer, dass er in Bangladesch keine gute Arbeit gehabt habe. Als Bauer habe er nicht genug verdienen können; deshalb habe er das Land verlassen. Eigentlich habe er nach Italien gewollt. Er möchte in Österreich bleiben und nicht nach Bangladesch zurück. Er habe keine Probleme mit Behörden im Heimatland zu befürchten. Wenn er in Österreich eine Karte bekomme, werde er nach Bangladesch zu Besuchszwecken und anschließend wieder zurück nach Österreich reisen.

Mit Bescheid vom 05.06.2020 verhängte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: [belangte] Behörde) über den Beschwerdeführer die Schubhaft.

Mit einem weiteren Bescheid vom 05.06.2020 erteilte die Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I), erließ gestützt auf § 10 Abs 2 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG und § 52 Abs 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II) sowie gemäß § 53 Abs 1 in Verbindung mit Abs 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt IV) und sprach die Zulässigkeit der Abschiebung nach Bangladesch aus (Spruchpunkt III). Es bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI). Unter Spruchpunkt V erkannte die Behörde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab (§ 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG). Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel.

Am 18.06.2020 – während der Schubhaft – stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz. In der Erstbefragung am darauffolgenden Tag gab der Beschwerdeführer als Fluchtgrund an, dass er in Bangladesch bei der politischen Partei BNP (Bangladesh Nationalist Party) tätig gewesen sei. Die Mitglieder der anderen Partei Awami League (AL) haben ihn im Juni 2017 in der Nacht auf der Straße mit dem Messer an Hand und Gesäß attackiert. Eine Person, die zufällig vorbeigegangen sei, habe mit einer Taschenlampe geleuchtet, somit seien die AL-Mitglieder geflüchtet. Der Beschwerdeführer sei dann für ca. einen Monat im Krankenhaus gewesen. Als er wieder gesund gewesen sei, haben sie ihn telefonisch mit dem Umbringen bedroht. Deshalb sei er zuerst nach XXXX gefahren und dann nach Europa geflüchtet. Für den Fall der Rückkehr in seine Heimat befürchte der Beschwerdeführer, dass „sie“ ihn schlagen oder umbringen werden.

Das Verfahren des Beschwerdeführers wurde nicht zugelassen.

In der behördlichen Einvernahme am 25.06.2020 nach den Gründen, aus denen er seinen Herkunftsstaat verlassen habe und einen Antrag auf internationalen Schutz stelle, gefragt, behauptete der Beschwerdeführer, dass er und sein Vater Angehörige der BNP seien. Die AL-Mitglieder haben ihn deswegen einige Male bedroht und ihm gesagt, dass er sein Dorf verlassen solle. Er habe dies nicht getan und sie haben ihn dann im Juni 2017 verprügelt. Es sei geplant gewesen, dass sie ihn umbringen. Eine unbekannte Person sei mit einer Taschenlampe gekommen und sie seien weggelaufen. Deswegen habe der Beschwerdeführer beschlossen, sein Heimatland zu verlassen. Danach haben „sie“ ihn noch einige Male bedroht, dass er sein Dorf verlassen solle.

In einer weiteren – nach erfolgter Rechtsberatung und im Beisein eines Rechtsberaters durchgeführten – behördlichen Einvernahme am 29.07.2020 erklärte der Beschwerdeführer, dass er in der Einvernahme am 25.06.2020 die Wahrheit gesagt habe. Der Leiter der Einvernahme stellte dem Beschwerdeführer zahlreiche Fragen zum Fluchtvorbringen.

Die belangte Behörde gelangte zum Ergebnis, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe seinen Herkunftsstaat deswegen verlassen müssen, weil er von Mitgliedern der AL mehrfach bedroht und geschlagen worden sei, nicht gefolgt werden könne. Mit dem angefochtenen Bescheid wies sie den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I und II). Die Behörde erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III) und erkannte der Beschwerde gestützt auf § 18 Abs 1 Z 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV).

Dagegen erhob der Beschwerdeführer in vollem Umfang die vorliegende Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Die Beschwerde langte samt unvollständigem Akt am 17.08.2020 beim Bundesverwaltungsgericht (Wien) ein. Nach mehrfachen Urgenzen bei der Behörde durch das Bundesverwaltungsgericht lagen am 20.08.2020 schließlich alle relevanten Akten(bestandteile) der Gerichtsabteilung L527, Außenstelle Linz, vor, wovon die Behörde am 21.08.2020 verständigt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Bei der Bezeichnung von Aktenbestandteilen verwendet das Bundesverwaltungsgericht in der Folge Abkürzungen: AS: Aktenseite(n); S: Seite(n); OZ: Ordnungszahl(en); VA INT: (von der belangten Behörde vorgelegter) Verwaltungsverfahrensakt zum angefochtenen Bescheid (internationaler Schutz); VA EAM: (von der Behörde vorgelegter) Verwaltungsverfahrensakt zum Bescheid vom 05.06.2020, Zahl XXXX , (Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme); f: folgende [Aktenseite/Seite]; ff: folgende [Aktenseiten/Seiten].

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und zum bisherigen Verfahren:

Der Beschwerdeführer führt in Österreich den im Kopf der Entscheidung genannten Namen und wurde zum dort angegebenen Datum geboren; seine Identität steht nicht fest. Er ist ein erwachsener, arbeitsfähiger, männlicher Drittstaatsangehöriger, konkret: Staatsangehöriger der Volksrepublik Bangladesch. Er gehört der moslemischen Glaubensgemeinschaft an. Der Beschwerdeführer leidet nicht an schweren psychischen oder physischen Störungen und auch nicht an schweren Krankheiten, er ist gesund. Er ist ledig und kinderlos.

Der Beschwerdeführer wurde im Distrikt XXXX , Division XXXX , Bangladesch, geboren und verbrachte dort den Großteil seines Lebens. Er besuchte in seinem Herkunftsstaat acht Jahre die Grundschule und bestritt anschließend seinen Lebensunterhalt als Landwirt. Familienangehörige, namentlich jedenfalls die Eltern des Beschwerdeführers und seine Schwester und seine zwei Brüder, leben nach wie vor in Bangladesch.

Der Beschwerdeführer beherrscht Bengali, die Amtssprache seines Herkunftsstaats; er hat außerdem geringe Englischkenntnisse.

Der Beschwerdeführer verließ seinen Herkunftsstaat am 25.01.2019 und reiste in den Irak, wo er sich mehrere Monate lang aufhielt. Nach Aufenthalten in der Dauer von einem Monat im Iran, drei Monaten in der Türkei, zwei Monaten in Griechenland, der Durchreise durch Mazedonien und einem viermonatigen Aufenthalt in Serbien reiste er Anfang Juni 2020 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Am 03.06.2020 betraten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Beschwerdeführer in XXXX . Sie nahmen ihn fest und vernahmen ihn am 04.06.2020 ein. Mit Bescheid vom 05.06.2020, Zahl XXXX , verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer die Schubhaft.

Mit Bescheid vom 05.06.2020, Zahl XXXX , erteilte die Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I), erließ gestützt auf § 10 Abs 2 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG und § 52 Abs 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II) sowie gemäß § 53 Abs 1 in Verbindung mit Abs 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt IV) und sprach die Zulässigkeit der Abschiebung nach Bangladesch aus (Spruchpunkt III). Es bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI). Unter Spruchpunkt V erkannte die Behörde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab (§ 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG). Der Beschwerdeführer erhob kein Rechtsmittel, der Bescheid ist rechtskräftig.

Am 18.06.2020 – während der Schubhaft – stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Das Verfahren wurde nicht zugelassen.

Im Hinblick auf (allfällige) private und familiäre Verhältnisse des Beschwerdeführers in Österreich ist seit der Erlassung des Bescheids vom 05.06.2020, Zahl XXXX keine Änderung der Sachlage eingetreten: Der Beschwerdeführer verfügt nicht einmal über Grundkenntnisse der deutschen Sprache. Er hat keine Deutschkurse besucht, ist nicht Mitglied von Vereinen oder Organisationen in Österreich und ging und geht hier weder ehrenamtlicher/gemeinnütziger Arbeit noch Erwerbsarbeit nach. Er befindet sich seit 03.06.2020 in (Schub-)Haft. Der Beschwerdeführer hat in der Europäischen Union, in Norwegen, Island, Liechtenstein und in der Schweiz keine Verwandten und führt auch keine Lebensgemeinschaft. Ebenso wenig unterhält der Beschwerdeführer ausgeprägte oder enge freundschaftliche Beziehungen zu österreichischen Staatsangehörigen bzw. in Österreich dauerhaft aufenthaltsberechtigten Personen; es bestehen auch keine finanziellen Abhängigkeitsverhältnisse.

1.2. Zu den (behaupteten) Fluchtgründen und zur Situation des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat:

Der Beschwerdeführer war in seinem Herkunftsstaat Bangladesch keiner aktuellen unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt und wäre auch im Falle seiner Rückkehr dorthin nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt:

Namentlich war der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat nicht aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung (einer aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Gefahr von) intensiven staatlichen Übergriffen oder intensiven Übergriffen von Privatpersonen ausgesetzt. Der Beschwerdeführer liefe auch nicht ernstlich Gefahr, bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung intensiven Übergriffen durch den Staat, andere Bevölkerungsteile oder sonstige Privatpersonen ausgesetzt zu sein. Dem Beschwerdeführer würde nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit physische oder psychische Gewalt oder Strafverfolgung drohen.

Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und Beweismittel ist festzustellen, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bangladesch keine reale Gefahr einer Verletzung der Art 2, 3 EMRK oder des 6. und 13. ZPEMRK bedeuten würde und für den Beschwerdeführer als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich bringen würde. Der Beschwerdeführer hätte auch nicht um sein Leben zu fürchten, es würde ihm nicht jegliche Existenzgrundlage oder notwendige medizinische Versorgung fehlen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Rechtliche Grundlagen für die Feststellung des Sachverhalts und die Beweiswürdigung:

2.1.1. Zur Begründung von Anträgen auf internationalen Schutz braucht die behauptete Verfolgung nicht bewiesen, sondern gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 lediglich glaubhaft gemacht zu werden.

Dies bedeutet zum einen eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Antragstellers bzw. Beschwerdeführers. Dieser hat nämlich initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der betreffenden Fakten spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für deren Vorliegen liefern; vgl. z. B. VwGH 15.09.2004, 2002/04/0201.

Zum anderen wird, wenn eine Tatsache (lediglich) glaubhaft gemacht werden muss, das Beweismaß herabgesetzt; vgl. Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 1 (Stand 1.8.2017, rdb.at); zur Relevanz dieser Bestimmung im Verwaltungsverfahren: Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6 (2018) Rz 206. Für die Glaubhaftmachung (im Unterschied zum vollen Beweis) genügt es, dass die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer bestimmten Tatsache überzeugt ist. Die Glaubhaftmachung hat also das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt; VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252. Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel an dem Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen. Ob die Glaubhaftmachung behaupteter Tatsachen gelungen ist oder nicht, ist das Ergebnis richterlicher Beweiswürdigung und keine Frage der rechtlichen Beurteilung; so mwN Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 5 (Stand 1.8.2017, rdb.at).

2.1.2. Im Hinblick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die (Un-)Zulässigkeit der Abschiebung ist zu beachten: Abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde, obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde; vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, und VwGH 10.08.2018, Ra 2018/20/0314. In seiner Entscheidung vom 10.08.2018, Ra 2018/20/0314, hat der Verwaltungsgerichtshof bekräftigt, dass grundsätzlich der Fremde das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 50 Abs 1 oder Abs 2 FPG glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist.

2.2. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und zum bisherigen Verfahren:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich großteils aus seinen insoweit weitgehend gleichbleibenden, nachvollziehbaren und glaubhaften Angaben im Verfahren zur Erlassung des Bescheids vom 05.06.2020, Zahl XXXX , (VA EAM AS 31 ff) sowie des angefochtenen Bescheids (VA INT AS 3 ff, 69 ff, 111 ff), teils auch in Zusammenschau mit dem Stammdatenblatt der Ambulanz XXXX (VA INT AS 117) sowie mit vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Bescheinigungsmitteln (OZ 5 [Auszug aus dem Zentralen Melderegister, Abfrage Grundversorgung, Auszug aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister, Auszug aus dem Strafregister, Abfrage SIS, Abfrage Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung]). Vgl. ferner die entsprechenden Feststellungen im Bescheid vom 05.06.2020, Zahl XXXX , (VA EAM AS 66 f), den der Beschwerdeführer nicht bekämpfte, und die entsprechenden Feststellungen im angefochtenen Bescheid (VA INT AS 133 f), denen der Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht entgegentrat (VA INT AS 197 ff, insbesondere AS 203). Auf einzelne Aspekte geht das Bundesverwaltungsgericht in der Folge noch näher ein:

Da keine (unbedenklichen) Identitätsdokumente vorliegen, konnte die Identität des Beschwerdeführers nicht endgültig festgestellt werden (VA INT AS 73, 154).

Dass der Beschwerdeführer, wie er in der behördlichen Einvernahme am 25.06.2020 und in der Beschwerde behauptete, im letzten Jahr vor seiner Ausreise am 25.01.2019 in XXXX gelebt habe (VA INT AS 73, 203), ist nicht glaubhaft. Zum einen steht diese Aussage in engem inhaltlichem Konnex zum unglaubhaften Flucht-/Ausreisevorbringen (VA INT AS 113; vgl. unten unter 2.3.2.2.). Zum anderen ist zunächst zu bedenken, dass der Beschwerdeführer sowohl in der Einvernahme am 04.06.2020 als auch in der Erstbefragung am 19.06.2020 als Wohnsitzadresse ein namentlich genanntes Dorf im Bezirk XXXX angab (VA EAM AS 37, VA INT AS 7). In der Erstbefragung sagte der Beschwerdeführer, dass er am 25.01.2019 von seinem Wohnort aus die Ausreise angetreten habe (VA INT AS 9). Hinzukommt, dass der Beschwerdeführer – in der Einvernahme am 25.06.2020 gefragt, wie seine letzte Wohnadresse im Herkunftsstaat laute und wie lange er sich dort aufgehalten habe – antwortete, dass er keine Angaben machen könne, er sei zu lange unterwegs. Hierbei handelt es sich angesichts der Angaben, die der Beschwerdeführer bei der Erstbefragung ca. eine Woche davor gemacht hatte, um eine Schutzbehauptung, wobei das Aussageverhalten des Beschwerdeführers Zweifel an seiner persönlichen Glaubwürdigkeit begründet. Auf seine Angaben in der Erstbefragung, er sei am 25.01.2019 aus seinem Wohnort ausgereist, angesprochen und befragt, wie lange er sich dort aufgehalten habe, erwiderte der Beschwerdeführer: „3 Monate“ (VA INT AS 73). Erst anschließend gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er sich ca. ein Jahr bis zum 25.01.2019 in XXXX aufgehalten habe, was sich in Anbetracht der davor vom Beschwerdeführer gemachten Aussagen als gedankliches Konstrukt im Zusammenhang mit der behaupteten Bedrohung durch Mitglieder der AL erweist.

Zur Feststellung zur gesundheitlichen Verfassung ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer am 25.06.2020 unmissverständlich erklärte, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten, sowie dass er an keinen Krankheiten leide und keine Medikamente benötige (VA INT AS 71). Am 29.07.2020 nach einer allfälligen Änderung des Gesundheitszustands befragt, behauptete der Beschwerdeführer, dass er Schmerzen in der Brust habe (VA INT AS 111 f). Im angefochtenen Bescheid stellte die Behörde fest, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen gesunden, arbeitsfähigen und voll handlungsfähigen Mann handle (VA INT AS 134); er leide an keinen schweren, lebensbedrohenden Krankheiten (VA INT AS 133). Diesen Feststellungen trat der Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht im Geringsten entgegen, er erstattete kein gegenteiliges Vorbringen und legte keine Bescheinigungsmittel vor, die auf Gegenteiliges schließen ließen. Daher besteht keine Veranlassung, daran zu zweifeln, dass der Beschwerdeführer gesund ist und (somit) nicht an nicht an schweren psychischen oder physischen Störungen und auch nicht an schweren Krankheiten leidet. In diesem Zusammenhang ist überdies zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer in der Schubhaft Zugang zu medizinischer Versorgung hat und sichtlich haftfähig ist; vgl. OZ 5: Abfrage Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung: letzte Arztkontrolle am 13.08.2020.

Dass der Beschwerdeführer illegal in das österreichische Bundesgebiet einreiste, ist angesichts dessen, dass er kein (gültiges) Reisedokument vorweisen konnte, unzweifelhaft; vgl. ferner den Inhalt der Niederschrift vom 04.06.2020 (VA EAM AS 31 ff, insbesondere 39 ff). Dieser Niederschrift ist auch zu entnehmen, dass Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Beschwerdeführer am 03.06.2020 betraten und festnahmen. Der Schubhaftbescheid vom 05.06.2020, Zahl XXXX , samt Zustellnachweis ist im von der Behörde vorgelegten Akt enthalten (VA EAM AS 5 ff, 15).

Der Bescheid vom 05.06.2020, Zahl XXXX , liegt dem Bundesverwaltungsgericht ebenfalls vor (VA EAM AS 61 ff); der Beschwerdeführer übernahm diesen Bescheid am 05.06.2020 (VA EAM AS 113). Dass er gegen diesen Bescheid ein Rechtsmittel erhoben hätte, brachte der Beschwerdeführer nicht vor (vgl. insbesondere die gegenständliche Beschwerde, VA INT AS 197 ff) und ist auch sonst nicht ersichtlich (die vierwöchige Rechtsmittelfrist (§ 7 VwGVG) ist ausgehend von der Zustellung des Bescheids am 05.06.2020 [VA EAM AS 113] abgelaufen und beim Bundesverwaltungsgericht ist kein Beschwerdeverfahren gegen den Bescheid vom 05.06.2020, Zahl XXXX , anhängig [OZ 5]). Dass im Hinblick auf (allfällige) private und familiäre Verhältnisse des Beschwerdeführers in Österreich seit der Erlassung des Bescheids vom 05.06.2020, Zahl XXXX , eine Änderung der Sachlage eingetreten wäre, ist den Angaben des Beschwerdeführers in den behördlichen Einvernahmen (vgl. insbesondere VA INT AS 83, 113) nicht zu entnehmen. Der Beschwerdeführer behauptete auch in der gegenständlichen Beschwerde insoweit keine Änderungen der Sachlage (vgl. VA INT AS 197 ff). Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang überdies, dass sich der Beschwerdeführer seit 03.06.2020 durchgehend in (Schub-)Haft befindet (vgl. OZ 5) und unter diesen Umständen von vornherein kaum die Möglichkeit bestehen wird, ein ausgeprägtes Privatleben in Gestalt etwa intensiver legaler wirtschaftlicher Beziehungen, von Mitgliedschaften in hiesigen Vereinen oder von über ein herkömmliches Freundschaftsverhältnis hinausgehenden persönlichen Beziehungen zu österreichischen Staatsangehörigen bzw. in Österreich dauerhaft aufenthaltsberechtigten Personen zu entfalten.

Wann der Beschwerdeführer den Antrag auf internationalen Schutz stellte, ist in einer unbedenklichen Urkunde dokumentiert und gänzlich unstrittig (VA INT AS 3 ff). Dass das Verfahren nicht zugelassen wurde, folgt aus der dem Beschwerdeführer ausgehändigten Mitteilung gemäß § 29 Abs 3 AsylG 2005 (VA INT AS 53 f) in Zusammenschau mit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung in Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheids und § 28 AsylG 2005.

2.3. Zu den Feststellungen zu den (behaupteten) Fluchtgründen und zur Situation des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat:

2.3.1. Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer am 04.06.2020 von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einvernommen wurde (VA EAM AS 31 ff). Nachdem er am 18.06.2020 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte, fand am 19.06.2020 die Erstbefragung statt (VA INT AS 3 ff). Am 25.06.2020 (VA INT AS 69 ff) sowie am 29.07.2020 (VA INT AS 111 ff) wurde der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde einvernommen. Die Einvernahme am 29.07.2020 erfolgte nach einer Rechtsberatung und im Beisein eines Rechtsberaters (VA INT AS 111).

Die Niederschriften über die Erstbefragung und die Einvernahmen liefern vollen Beweis über den Verlauf und den Gegenstand der jeweiligen Amtshandlung (§ 15 AVG) und konnten sowohl den Feststellungen als auch der Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden. Es gibt keine Hinweise auf allfällige Verständigungsschwierigkeiten, Unvollständigkeiten, Unregelmäßigkeiten oder sonstige Mängel oder darauf, dass der Beschwerdeführer nicht genug Zeit oder Gelegenheit gehabt haben könnte, sich ausführlich zu äußern (VA EAM AS 43; VA INT AS 15 ff, 69 ff, 77, 79 ff, 111, 115; vgl. insbesondere auch den Inhalt der Beschwerde VA INT AS 197 ff).

Ferner ist im Rahmen der Beweiswürdigung, insbesondere bei der Würdigung der Angaben des Beschwerdeführers, zu berücksichtigen, dass dieser eingehend über seine Rechte und Pflichten im Verfahren, unter anderem Wahrheitspflicht und Mitwirkungspflicht, belehrt wurde (VA INT AS 5 [Merkblatt Pflichten und Rechte von Asylwerbern], VA INT AS 71, 111).

2.3.2. Zu den Feststellungen zu den (behaupteten) Fluchtgründen:

2.3.2.1. Nachdem ihn Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes betreten und festgenommen hatten, wurde der Beschwerdeführer am 04.06.2020 einvernommen (VA EMA AS 31 ff). Dabei fragte das Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Beschwerdeführer, ob dieser in seinem Heimatland irgendwelche Probleme mit den Behörden zu befürchten habe. Der Beschwerdeführer verneinte ausdrücklich. Befragt nach dem Grund für seine Einreise und danach, wohin er wolle, gab der Beschwerdeführer an, er habe in Bangladesch keine gute Arbeit gehabt. Als Bauer habe er nicht genug verdienen können; deshalb habe er das Land verlassen. Eigentlich habe er nach Italien gewollt. Er möchte in Österreich bleiben und nicht nach Bangladesch zurück. Er habe keine Probleme mit Behörden im Heimatland zu befürchten. Anschließend gefragt, wann er wieder in seinen Heimatstaat zurückkehren wolle, sagte der Beschwerdeführer, dass er, wenn er in Österreich eine Karte bekomme, nach Bangladesch zu Besuchszwecken und anschließend wieder zurück nach Österreich reisen werde. Solange er die die Karte nicht bekomme, möchte er warten. (VA INT AS 37)

In der Erstbefragung am 19.06.2020 gab der Beschwerdeführer als Fluchtgrund an, dass er in Bangladesch bei der politischen Partei BNP tätig gewesen sei. Die Mitglieder der anderen Partei Awami League haben ihn im Juni 2017 in der Nacht auf der Straße mit dem Messer an Hand und Gesäß attackiert. Eine Person, die zufällig vorbeigegangen sei, habe mit einer Taschenlampe geleuchtet, somit seien die AL-Mitglieder geflüchtet. Der Beschwerdeführer sei dann für ca. einen Monat im Krankenhaus gewesen. Als er wieder gesund gewesen sei, haben „sie“ ihn telefonisch mit dem Umbringen bedroht. Deshalb sei er zuerst nach XXXX gefahren und dann nach Europa geflüchtet. Für den Fall der Rückkehr in seine Heimat befürchte der Beschwerdeführer, dass „sie“ ihn schlagen oder umbringen werden. Gefragt, ob es konkrete Hinweise gebe, dass ihm bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohe, sowie ob er im Falle der Rückkehr mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen hätte und mit welchen allenfalls, verneinte der Beschwerdeführer. (VA INT AS 13)

In der behördlichen Einvernahme am 25.06.2020 vom Leiter der Einvernahme unter Bezugnahme auf das bereits ausgehändigte Informations-/Belehrungsblatt auf die Rechte und Pflichten (unter anderem Wahrheits- und Mitwirkungspflicht) hingewiesen, erklärte der Beschwerdeführer, den Inhalt verstanden zu haben und sich seiner Rechte und Pflichten bewusst zu sein (VA INT AS 71). Der Beschwerdeführer bestätigte ferner, dass er bei der Erstbefragung die Wahrheit gesagt habe; er habe keine Ergänzungen und keine Korrekturen zu machen (VA INT AS 71). Danach gefragt, warum er seinen Herkunftsstaat verlassen habe und den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stelle, behauptete der Beschwerdeführer, dass er und sein Vater Angehörige der BNP seien. Die AL-Mitglieder haben ihn deswegen einige Male bedroht und ihm gesagt, dass er sein Dorf verlassen solle. Er habe dies nicht getan und sie haben ihn dann im Juni 2017 alleine verprügelt. Es sei geplant gewesen, dass sie ihn umbringen. Eine unbekannte Person sei mit einer Taschenlampe gekommen und sie seien weggelaufen. Deswegen habe der Beschwerdeführer beschlossen, sein Heimatland zu verlassen. Danach haben „sie“ ihn noch einige Male bedroht, dass er sein Dorf verlassen solle. (VA INT AS 75) Zu diesem Vorbringen stellte der Leiter der Einvernahme dem Beschwerdeführer in der Folge zahlreiche konkrete Fragen (VA INT AS 75 ff): Auf die Frage, ob es ein fluchtauslösendes Ereignis gegeben habe, erwiderte der Beschwerdeführer, dass dies gewesen sei, als sie ihn geschlagen haben. Daraufhin befragt, wann genau er verprügelt worden sei, behauptete er, dies sei im Juni 2017 gewesen. „Sie“ haben ihn dann auch mit dem Messer verletzt. Das genaue Datum wisse er nicht. (VA INT AS 75) Die Frage „Was taten Sie nach diesem Vorfall?“ beantwortete der Beschwerdeführer mit folgendem Satz: „Er holte meine Familie und andere Leute und sie brachten mich zu einem Arzt.“ (VA INT AS 75). Zur Behandlung durch den Arzt gab der Beschwerdeführer an, dass er den Abend im Krankenhaus habe verbringen müssen und danach habe er sich einen Monat lang behandeln lassen müssen. Unterlagen dazu habe er keine. Daraufhin wollte der Leiter der Amtshandlung wissen, ob der Beschwerdeführer bei der Polizei eine Anzeige erstattet habe. Der Beschwerdeführer verneinte. Die Mitglieder der AL seien sehr mächtig. Er habe aber eine Beschwerde gemacht, wonach er sie anzeigen werde, sollten sie ihn noch einmal attackieren. An eine Menschenrechtsorganisation habe er sich nicht gewandt. (VA INT AS 75). Die Frage, wann genau die letzte Drohung gewesen sei, quittierte der Beschwerdeführer mit folgender Aussage: „Das war [sic!] glaube ich [sic!] Mitte 2018.“ (VA INT AS 77). Daraufhin stellte der Leiter der Einvernahme dem Beschwerdeführer Fragen zur angeblichen Bedrohung im Jahr 2018. Der Beschwerdeführer bejahte, Mitte 2018 persönlich bedroht worden zu sein. Er sei, wie er auf eine weitere Frage äußerte, am Telefon bedroht worden. (VA INT AS 77) Der Beschwerdeführer bestätigte, dass seine Eltern nach wie vor in Bangladesch leben. (VA INT AS 77) Auf die Frage, warum er nicht umgehend nach dem Vorfall vom Juni 2017 ausgereist sei, entgegnete der Beschwerdeführer, dass er das nicht entschieden hätte. Sein Vater habe es für ihn entschieden, als sein Vater gesehen habe, dass Bangladesch nicht mehr sicher für den Beschwerdeführer sei. Nach allfälligen weiteren Gründen für den Antrag auf internationalen Schutz befragt, führte der Beschwerdeführer aus, dass seine wirtschaftliche Lage auch sehr schlecht sei. Er habe sich Geld ausborgen müssen, um nach Österreich zu kommen. Er würde gerne hier arbeiten, um das Geld zurückzuzahlen. (VA INT AS 77) Die Frage, ob er je in seinem Herkunftsstaat Probleme mit der Polizei, dem Militär oder den staatlichen Organen gehabt habe, verneinte der Beschwerdeführer. Ebenso wenig habe er wegen seiner Religion und seiner Volksgruppenzugehörigkeit Probleme gehabt; er habe auch keine Probleme aufgrund einer Verfolgung durch Dritte gehabt (VA INT AS 77) Auf die Frage, ob er jemals politisch tätig gewesen sei, sagte der Beschwerdeführer: „Ja, ich habe mit meinem Vater die Veranstaltungen besucht [sic!] war aber nicht aktiv beteiligt daran.“ (VA INT AS 77) Warum er nicht in einem anderen Teil seines Herkunftsstaats Schutz vor Verfolgung gesucht habe, erklärte der Beschwerdeführer damit, dass sein Leben „dort“ nicht sicher sei. Man wisse nicht, was alles passieren könne. (VA INT AS 77) Befragt, was mit ihm passieren würde, wenn er jetzt in seinen Herkunftsstaat zurückkehren müsste, antwortete der Beschwerdeführer: „Es kann sein, dass ich getötet werde.“ (VA INT AS 77) Anschließend bejahte der Beschwerdeführer, dass er sämtliche Gründe, die ihn dazu veranlasst haben, den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, vollständig geschildert habe, und ergänzte, dass seine wirtschaftliche Lage schlecht sei und dass ihn auch seine politischen Probleme verfolgen. (VA INT AS 77) Damit konfrontiert, dass beabsichtigt sei, unter anderem seinen Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen, und gefragt, ob er konkrete Gründe nennen wolle, die dem entgegenstehen, erwiderte der Beschwerdeführer, dass er auf keinen Fall zurückwolle. Abschließend bestätigte der Beschwerdeführer, dass ihm genug Zeit eingeräumt worden sei, seine Angaben vollständig und so ausführlich, wie er es gewollt habe, zu machen. Befragt, ob er noch etwas angeben wolle, was ihm besonders wichtig erscheine, bat der Beschwerdeführer um Erlaubnis, in Österreich zu bleiben und hier zu arbeiten. (VA INT AS 79)

In der behördlichen Einvernahme am 29.07.2020 erklärte der Beschwerdeführer, dass er in der Einvernahme am 25.06.2020 die Wahrheit gesagt habe (VA INT AS 111). In der Folge stellte der Leiter der Amtshandlung dem Beschwerdeführer Fragen zur behaupteten politischen Betätigung. Auf die Frage, ob er ein aktives Mitglied der BNP gewesen sei, antwortete der Beschwerdeführer mit „Ja.“ (VA INT AS 113). Nach seiner Funktion in der Partei befragt, gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er keine Funktion gehabt habe. Er sei nur zu Veranstaltungen und Versammlungen gegangen. Unter Bezugnahme auf diese Aussage gefragt „Wieso glauben Sie, wurden genau Sie mit dem Umbringen bedroht?“ entgegnete der Beschwerdeführer, dass er ja bei den Veranstaltungen gewesen sei und auch die anderen BNP-Mitglieder als Begleitung gehabt habe. Gefragt, von welchen Mitgliedern er spreche, sowie nach Namen nannte der Beschwerdeführer einen einzigen Namen; an die anderen könne er sich nicht erinnern. (VA INT AS 113) Die namentlich genannte Person habe, wie der Beschwerdeführer auf eine weitere Frage des Leiters der Einvernahme ausführte, keine „direkte“ Funktion in der Partei gehabt. Die Person habe genau wie der Beschwerdeführer auch die Personen gesammelt, um diese zu den Veranstaltungen zu bringen. Der Beschwerdeführer behauptete, dass seine Familienangehörigen ebenfalls Anhänger der BNP seien. Zum Zeitpunkt der letzten Drohung sei der Beschwerdeführer, wie er auf die entsprechende Frage aussagte, in XXXX gewesen. Dies sei, wie er über Nachfrage erklärte, Mitte 2018 gewesen. Gefragt, ob er dies konkretisieren könnte, sagte der Beschwerdeführer, dass er glaube, dass es im Juni gewesen sei. Genauer könne er es auch nicht angeben. Damals sei er, wie er auf eine weitere konkrete Frage äußerte, am Telefon mit dem Umbringen bedroht worden. Dass ihn seine Feinde nicht „einfach“ getötet haben, erklärte der Beschwerdeführer damit, dass sie ihn danach immer wieder nur bedroht haben, weil sie gedacht haben, dass er dadurch das Land verlassen und nicht mehr für die BNP arbeiten würde. (VA INT AS 113) Vom Leiter der Einvernahme damit konfrontiert, dass demnach keine reelle Gefahr bestanden habe, entgegnete der Beschwerdeführer: „Solange ich in meinem Dorf gelebt habe schon. Ich bin deswegen ja nach XXXX gegangen.“ (VA INT AS 113) Anschließend damit konfrontiert, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen, und gefragt, ob er konkrete Gründe nennen wolle, die dem entgegenstehen, erwiderte der Beschwerdeführer: „Ich will nicht zurück nach Bangladesch. Sie werden mich umbringen. Sie haben mich auch bedroht. Ich habe mein Land verlassen, um mein Leben zu retten [sic!] und bin nach Österreich gekommen.“ (VA INT AS 115) Nach einem abschließenden Vorbringen gefragt, sagte der Beschwerdeführer, dass er seine Familie versorgen möchte. Seine Eltern seien krank geworden und er möchte sie unterstützen. Seine Eltern haben sich viel Geld ausgeborgt, damit er nach Österreich könne. Die Personen verlangen inzwischen das Geld zurück. Er wolle hier arbeiten, um das Geld zurückzuzahlen. Er könne in einem Restaurant arbeiten, damit kenne er sich aus. Er wolle so das Geld zurückzahlen. (VA INT AS 115) Aus Sicht des bei der Einvernahme anwesenden Rechtsberaters war nach der Befragung des Beschwerdeführers durch den Leiter der Einvernahme nichts mehr „offen“ (VA INT AS 115).

2.3.2.2. Die belangte Behörde kam im angefochtenen Bescheid zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe. Eine Verfolgung in seinem Herkunftsstaat habe ebenso wenig festgestellt werden können wie eine Bedrohungssituation im Falle der Rückkehr. Es habe unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Bangladesch dort der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung im Sinne der GFK ausgesetzt wäre. (VA INT AS 134) Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe seinen Herkunftsstaat deswegen verlassen müssen, weil er von Mitgliedern der AL mehrfach bedroht und geschlagen worden sei, könne nicht gefolgt werden (VA INT AS 157). Diesen Ausführungen lagen vor allem folgende Erwägungen zugrunde (VA INT AS 155 ff):

Zutreffend erkannte die Behörde, dass die Schilderungen des Beschwerdeführers sehr vage und ungenau gewesen seien und dass er keine genauen Daten haben nennen können, die die behaupteten Drohungen/Vorfälle glaubhaft und nachvollziehbar erscheinen ließen (VA INT AS 157): In diesem Zusammenhang verweist das Bundesverwaltungsgericht auf seine Ausführungen oben unter 2.3.2.1., anhand welcher zweifelsfrei ersichtlich ist, dass die Erwägungen der Behörde nicht zu beanstanden sind. Zu betonen ist etwa, dass sich der Beschwerdeführer am 25.06.2020 in der freien Schilderung der Gründe, aus denen er seinen Herkunftsstaat verlassen habe und einen Antrag auf internationalen Schutz stelle, auf wenige Sätze beschränkte, die durchwegs nicht den Eindruck vermittelten, der Beschwerdeführer habe tatsächlich Erlebtes berichtet (VA INT AS 75, 154). Ein Asylwerber, der tatsächlich von politischen Gegnern tätlich angegriffen sowie mehrfach bedroht wird und deshalb seinen Herkunftsstaat verlässt, wird dazu bei der entsprechenden Gelegenheit im Verfahren zum Antrag auf internationalen Schutz fraglos nähere Angaben machen. Beim Beschwerdeführer war das gerade nicht der Fall. Obwohl er mehrfach bedroht worden sei, ging der Beschwerdeführer lediglich auf einen (angeblichen) Vorfall etwas näher ein. Freilich äußerte sich der Beschwerdeführer auch zu diesem angeblichen Vorfall nur relativ vage. So nannte er weder den Ort des angeblichen Angriffs noch die Anzahl der vermeintlichen Angreifer. Bemerkenswerterweise führte der Beschwerdeführer (anders als in der Erstbefragung) zunächst auch nicht an, dass er nicht nur verprügelt, sondern auch mit einem Messer verletzt worden sei. Auch machte er in der freien Schilderung keine Angaben zu den vermeintlich erlittenen Verletzungen und einer allfälligen medizinischen Behandlung. Derartige Informationen musste der Leiter der Einvernahme gesondert und explizit erfragen und selbst im Zuge dieser konkreten Befragung blieben die Angaben des Beschwerdeführers äußerst oberflächlich. So konnte er das angeblich fluchtauslösende Ereignis nicht genauer als mit „Juni 2017“ datieren (VA INT AS 75, 154). Ähnlich verhielt es sich mit der angeblichen letzten Bedrohung vor dem Verlassen des Herkunftsstaats, zu der sich der Beschwerdeführer geradezu nichtssagend äußerte, indem er lapidar angab, er sei am Telefon bedroht (VA INT AS 77) bzw. am Telefon mit dem Umbringen bedroht (VA INT AS 113) worden. Wann sich diese angebliche Bedrohung zugetragen habe, konnte der Beschwerdeführer nur mutmaßen (arg. „[…] glaube ich […]“ [VA INT AS 77]; „Ich glaube […]“ [VA INT AS 113]).

Das Bundesverwaltungsgericht stimmt mit der Behörde auch darin überein, dass die Angaben des Beschwerdeführers mitunter implausibel und deshalb unglaubhaft waren. Es leuchtet etwa nicht ein, dass der Beschwerdeführer wegen der angeblichen Macht der Mitglieder der AL keine Anzeige bei der Polizei erstattet, aber eine Beschwerde, wonach er sie im Falle einer weiteren Attacke anzeigen werde, erhoben haben sollte (VA INT AS 75, 157).

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer nach dem angeblichen letzten Vorfall, der sich Mitte 2018 zugetragen haben soll, noch bis ca. Ende Jänner 2019 in Bangladesch verweilte, spricht, wie die Behörde nachvollziehbar darlegte, nicht für die Glaubhaftigkeit des Vorbringens und insbesondere nicht dafür, dass das Leben des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat tatsächlich in Gefahr gewesen sein könnte (VA INT AS 157). Es ist auch, wie die Behörde schlüssig argumentierte (VA INT AS 158), nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer wegen seiner angeblichen Zugehörigkeit zur BNP und des Besuchs von Parteiveranstaltungen tätlich angegriffen und mit dem Umbringen bedroht werden sollte, während sein Vater, der ebenfalls Mitglied der BNP sei und mit dem Beschwerdeführer gemeinsam die Veranstaltungen besucht habe, nach wie vor unbehelligt im Herkunftsstaat leben kann (VA INT AS 75, 77, 113).

Dass sich der Beschwerdeführer wegen angeblicher Bedrohungen in XXXX aufgehalten habe, ist zwar, wie bereits erörtert, nicht glaubhaft. Dennoch ist – der belangten Behörde folgend – zu berücksichtigen, dass die Angaben des Beschwerdeführers in sich widersprüchlich sind: Denn zum einen sagte der Beschwerdeführer, dass eine reelle Gefahr nur bestanden habe, solange er in seinem Dorf gelebt habe. Zum anderen behauptete er, dass sein Leben auch in anderen Teilen Bangladeschs nicht sicher sei. (VA INT AS 77, 113, 157)

Der Behörde ist auch nicht im Geringsten entgegenzutreten, soweit sie die angebliche Bedrohung durch Mitglieder der AL auch deshalb für unglaubhaft befand, weil sich die angebliche politische Betätigung des Beschwerdeführers – gemäß seinen eigenen Angaben – lediglich auf den Besuch von Veranstaltungen beschränkt habe; aktiv sei er nicht beteiligt gewesen und eine Funktion in der BNP habe er auch nicht gehabt (VA INT AS 77, 113, 157). Ausgehend von diesen – angeblichen – Aktivitäten ist kein Grund ersichtlich, weshalb Mitglieder der AL ausgerechnet den Beschwerdeführer – und zwar mit dem Umbringen – hätten bedrohen sollen. Das Bundesverwaltungsgericht pflichtet der Behörde bei, dass der Beschwerdeführer nach entsprechendem Vorhalt auch keine schlüssige Erklärung geben konnte, indem er – bei dieser Gelegenheit erstmals – behauptete, deshalb bedroht worden zu sein, weil andere BNP-Mitglieder ihn begleitet hätten (VA INT AS 113). Nachvollziehbar stützte die Behörde ihre Argumentation darauf, dass der Beschwerdeführer den Namen lediglich eines dieser angeblichen BNP-Mitglieder nennen konnte und selbst einräumte, dass dieses (vermeintliche) BNP-Mitglied keine „direkte“ Funktion in der Partei gehabt habe. (VA INT AS 157 f)

Schließlich teilt das Bundesverwaltungsgericht auch den Standpunkt der Behörde, dass der Beschwerdeführer insgesamt – unter Bedachtnahme auf sein Verhalten und seine Aussagen – den Eindruck vermittelt habe, er habe seinen Herkunftsstaat nicht wegen der behaupteten Bedrohung durch Mitglieder der AL, sondern aus wirtschaftlichen Gründen verlassen (VA INT AS 157 f). Zutreffend wies die Behörde auf die Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme am 04.06.2020 (VA EAM AS 37), auf den Umstand, dass er den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz erst ca. zwei Wochen nach seiner Einreise in das Bundesgebiet stellte, wobei zu bedenken ist, dass eine Antragstellung etwa anlässlich der Einvernahme am 04.06.2020 und auch während der Schubhaft ohne Weiteres möglich gewesen wäre, und darauf, dass er selbst in der behördlichen Einvernahme am 25.06.2020, gefragt nach weiteren Gründen für die Antragstellung, seine wirtschaftliche Lage ins Treffen geführt hatte (VA INT AS 77), hin.

2.3.2.3. Der Beschwerdeführer macht in der Beschwerde (VA INT AS 197 ff) zwar die Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, mangelhafte Beweiswürdigung und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend (VA INT AS 201), er bestreitet die Beweiswürdigung jedoch keineswegs substantiiert und bringt auch keine relevante Neuerung vor.

Der Beschwerdeführer rügt zwar die Verletzung von Verfahrensvorschriften (§ 37, § 39 Abs 2 AVG; vgl. insbesondere VA INT AS 207), inwieweit (konkret) die belangte Behörde (die) Verfahrensvorschriften verletzt habe, zeigt er aber nicht auf. Indem der Beschwerdeführer die Angaben in der behördlichen Einvernahme ausdrücklich aufrechterhält und hinsichtlich seiner (angeblichen) Fluchtgründe erklärt, vollinhaltlich auf das bisher im Asylverfahren Vorgebrachte zu verweisen, da er hinsichtlich der (angeblichen) Gefahrenlage, der (angeblichen) Vorfälle in Bangladesch und seiner (angeblichen) Beweismittel alles detailliert, nachvollziehbar und glaubwürdig (wohl gemeint: glaubhaft) geschildert habe (VA INT AS 205), legt er gerade nicht (begründet und nachvollziehbar) dar, dass und inwieweit allenfalls die Behörde ihrer aus § 18 AsylG 2005 in Verbindung mit § 37 und § 39 Abs 2 AVG resultierenden Pflicht, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, nicht nachgekommen wäre; vgl. VwGH 18.10.2018, Ra 2018/19/0236. Dass dem Beschwerdevorbringen nicht zu folgen ist, zeigt sich nicht zuletzt darin, dass der Beschwerdeführer entgegen der Darstellung in der Beschwerde überhaupt keine Beweismittel vorgelegt hatte. Der Beschwerdeführer führt ferner in der Beschwerde nicht aus, welche Angaben er noch gemacht hätte, hätte die Behörde nicht – vermeintlich – die angeblich gebotene Sachverhaltsermittlung und –feststellung unterlassen (vgl. etwa VA INT AS 207). Vgl. in diesem Sinne auch die Begründung für den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, wonach er seine eigene Fluchtgeschichte ausführlich noch einmal vorbringen möchte. Dass der Beschwerdeführer im behördlichen Verfahren nicht ausreichend Gelegenheit gehabt haben könnte, sein Vorbringen ausführlich zu schildern, ist angesichts der Ausführungen oben unter 2.3.2.1. ausgeschlossen. Der Beschwerdeführer konnte am 25.06.2020 zunächst in freier Erzählung ausführen, weshalb er seinen Herkunftsstaat verlassen habe und den Antrag auf internationalen Schutz stelle (VA INT AS 75). In der Folge stellte ihm der Leiter der Amtshandlung zahlreiche konkrete Fragen zum Fluchtvorbringen (VA INT AS 75 ff), die zweifelsfrei dazu geeignet waren, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ordnungsgemäß und vollständig zu ermitteln. In der Einvernahme am 29.07.2020 stellte der Leiter der Amtshandlung dem Beschwerdeführer weitere konkrete Fragen zum Fluchtvorbringen. Sowohl in der Einvernahme am 25.06.2020 als auch in der Einvernahme am 29.07.2020 hatte der Beschwerdeführer die Möglichkeit, abschließend noch etwas anzugeben, was ihm besonders wichtig erscheine. Bei beiden Gelegenheiten machte der Beschwerdeführer zwar eine Aussage, er äußerte sich jedoch nicht zu seinen Fluchtgründen und brachte insofern keine Ergänzung vor (VA INT AS 79, 115). Ferner brachte die belangte Behörde aktuelle Länderinformationen in das Verfahren ein und räumte dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Stellungnahme ein (VA INT AS 65, 115). Dass die Behörde, wie der Beschwerdeführer – ohne dies zu konkretisieren – behauptet (VA INT AS 209), das Recht auf Parteiengehör verletzt habe, trifft somit nicht zu.

Somit ist die Behörde der Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung und –feststellung nachgekommen. Namentlich wirkte die belangte Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hin, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet (VA INT AS 75: Unterlagen zur angeblichen medizinischen Behandlung) oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Zu beachten ist überdies, dass aus § 18 AsylG 2005 keine Verpflichtung abgeleitet werden kann, Umstände ermitteln zu müssen, die ein Asylwerber gar nicht behauptet hat; VwGH 06.09.2018, Ra 2018/18/0202. Ferner zieht § 18 AsylG 2005 nicht die Pflicht nach sich, ohne entsprechendes Vorbringen des Asylwerbers oder ohne sich aus den Angaben konkret ergebende Anhaltspunkte jegliche nur denkbaren Lebenssachverhalte ergründen zu müssen; VwGH 15.10.2018, Ra 2018/14/0143. Insbesondere kann keine Verpflichtung der belangten Behörde erkannt werden, den Beschwerdeführer zu seinem Standpunkt dienlichen Angaben durch zielgerichtete Befragung gleichsam anzuleiten.

Angesichts der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid (siehe VA INT AS 155 ff und oben unter 2.3.2.2.) entbehrt das Beschwerdevorbringen, dass die Würdigung im gegenständlichen Fall nicht ausreichend erkannt werden könne, jeglicher Grundlage (VA INT AS 207). Dies muss gerade auch deshalb gelten, weil der Beschwerdeführer nicht (konkret und nachvollziehbar) darlegt, welche Elemente seines Vorbringens die Behörde nicht bzw. in unvertretbarer Weise gewürdigt hätte. Aus dem Verweis auf die Ausführungen zur politischen Lage im Herkunftsstaat, namentlich auch auf die Oppositionspartei BNP, (VA INT AS 207) ist für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen. Das Bundesverwaltungsgericht übersieht nicht, dass der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere AL und BNP, für den größten Teil an Gewalt im Land verantwortlich sei, die regierende AL ihre politische Macht durch die nachhaltige Einschüchterung der Opposition, wie auch jener mit ihr verbündet geltenden Kräfte, sowie der kritischen Medien und Stimmen in der Zivilgesellschaft ausgebaut habe und beide Parteien – gemeinsam mit nicht identifizierten bewaffneten Gruppen – in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt seien (VA INT AS 138). Der Beschwerdeführer lässt jedoch außer Acht, dass die belangte Behörde aus nachvollziehbaren und individuellen Erwägungen zu dem Ergebnis gelangte, dass sein Vorbringen nicht glaubhaft sei. Der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid ist zudem auch nicht zu entnehmen, dass es die belangte Behörde für glaubhaft befunden hätte, dass sich der Beschwerdeführer politisch betätigt habe und Mitglied oder Anhänger der BNP sei. Bei gesamtheitlicher Betrachtung folgt aus den Erwägungen der Behörde (siehe insbesondere auch AS 158 f: Beim vorgebrachten Angriff handle es sich um ein gedankliches Konstrukt. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat aus den von ihm vorgebrachten Gründen verlassen habe.), dass sich der Beschwerdeführer überhaupt nicht politisch betätigte; dieser Ansicht schließt sich das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich an.

Zum Aktenvermerk der Landespolizeidirektion XXXX , vom 21.07.2020, VA INT AS 103 ff, ist der Vollständigkeit halber festzuhalten: Es erübrigt sich, den im Aktenvermerk dokumentierten Vorgang, ein bangladeschischer Staatsangehöriger habe am 21.07.2020, also vor Erlassung des angefochtenen Bescheids, bekannt gegeben, dass unter anderem der Beschwerdeführer einen Asylantrag stellen wolle und der „kollektive Antrag“ sei nach Belehrung über den Verfahrensstand zurückgezogen worden, sowie die von der belangte Behörde dem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erteilte Auskunft (näher) zu beurteilen. Dem Zweck des § 25 Abs 2 AsylG 2005 ist gegenständlich nämlich jedenfalls deshalb entsprochen, weil der Beschwerdeführer nach dem Vorgang am 21.07.2020 am 29.07.2020 nach einer Rechtsberatung und im Beisein eines Rechtsberaters vor der Behörde einvernommen wurde und nach Erlassung des angefochtenen Bescheids die gegenständliche Beschwerde verfasste und erhob, wobei er von einer bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation vertreten war und ist (VA INT AS 197 ff, insbesondere AS 213). Angesichts dessen besteht kein Zweifel, dass ein allfälliges Vorbringen, das anlässlich eines allenfalls am 21.07.2020, somit vor der Einvernahme am 29.07.2020, gestellten weiteren Antrags auf internationalen Schutz hätte erstattet werden können oder sollen, in der Einvernahme am 29.07.2020 geäußert worden sein und/oder in die vorliegende Beschwerde Eingang gefunden haben muss. Durch das Vorgehen der Behörde erleidet der Beschwerdeführer daher keinerlei Rechtsnachteil und es begründet auch keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Vgl. auch ErlRV 952 BlgNR XXII. GP, 48: Dem vom Gesetzgeber verfolgten Ziel, das verhindert werden solle, dass aufgrund einer Zurückziehung die – dann ungeprüfte – Behauptung im Raum stünde, dass der Fremde Flüchtling sei und Österreich seinen Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention nicht nachkomme, wurde gegenständlich vollständig entsprochen. Der Beschwerdeführer beanstandete die Vorgehensweise der Behörde auch nicht (vgl. insbesondere VA INT AS 197 ff).

Dass die Behörde den gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich Sachverhaltsermittlung sowie -feststellung und Beweiswürdigung nicht entsprochen hätte, erweist sich in Anbetracht der bisherigen Ausführungen insgesamt als unzutreffende Behauptung. Außerdem zeigt der Beschwerdeführer die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel nicht konkret auf, indem er etwa vorbringt, es erscheine möglich, dass bei ordnungsgemäßer Durchführung des Ermittlungsverfahrens durch die belangte Behörde Umstände hervortreten hätten können, die eine solche Änderung des Sachverhalts bewirken könnten, dass nunmehr eine andere Beurteilung des Parteienbegehrens nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten könne (VA INT AS 207); vgl. zur Erforderlichkeit, die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler in konkreter Weise darzulegen, VwGH 23.02.2016, Ra 2016/01/0012. Auch hat der Beschwerdeführer von der Möglichkeit, nähere und präzisere Angaben zu machen und der Beweiswürdigung in allen wesentlichen Punkten substantiiert entgegenzutreten, gerade nicht Gebrauch gemacht. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass der Beschwerdeführer tatsächlich kein verfahrensrelevantes Vorbringen mehr zu erstatten hat, andernfalls ein solches wohl in der Beschwerde erstattet worden wäre. Das Bundesverwaltungsgericht geht ferner davon aus, dass sowohl das Ermittlungsverfahren von der belangten Behörde insofern ausreichend korrekt durchgeführt als auch der entscheidungsrelevante Sachverhalt vollständig erhoben wurde.

2.3.2.4. Aus diesen Erwägungen schließt sich das Bundesverwaltungsgericht den oben dargestellten und vom Beschwerdeführer nicht (substantiiert) bestrittenen Argumenten der belangten Behörde, dass sein Vorbringen, weshalb er seinen Herkunftsstaat verlassen habe und nicht dorthin zurückkehren könne, nicht glaubhaft sei, an.

Die Beweiswürdigung der Behörde erscheint dem Bundesverwaltungsgericht, wie insbesondere unter 2.3.2.2. bereits dargelegt, logisch konsistent, in sich schlüssig und nachvollziehbar. Die Behörde hat sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers individuell und konkret auseinandergesetzt. Daran anknüpfend traf sie aufgrund einleuchtender und überzeugender Erwägungen ihre Feststellungen. Die Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheids die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Dem Beschwerdeführer ist es nicht gelungen, den Feststellungen, der Beweiswürdigung sowie der rechtlichen Würdigung der belangten Behörde dermaßen konkret und substantiiert entgegenzutreten, dass Zweifel an deren Inhalt aufgekommen wären. Der Behörde ist daher nicht entgegenzutreten, wenn sie davon ausgeht, dass es sich beim Vorbringen des Beschwerdeführers um ein gedankliches Konstrukt handle, das er in Ermangelung eines tatsächlichen Abschiebehindernisses erstattet habe, um einer drohenden Abschiebung entgegenwirken zu können (VA INT AS 158). Der Standpunkt der Behörde, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe, ist, wie bereits ausgeführt, nicht zu beanstanden. Auch das Bundesverwaltungsgericht gelangt deshalb zur Überzeugung, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat Bangladesch keiner aktuellen unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt war und auch im Falle seiner Rückkehr dorthin nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt wäre.

2.3.3. Zu den Feststellungen zur Situation des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat:

2.3.3.1. Die Behörde legte diesen Feststellungen das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Bangladesch, Gesamtaktualisierung am 06.04.2020, (in der Folge: LIB) als Beweismittel zugrunde (vgl. VA INT AS 59, 65) und gab es auch auszugsweise im angefochtenen Bescheid wieder (VA INT AS 134 bis 154).

Demnach wird das politische Leben in Bangladesch seit 1991 durch die Awami League und die Bangladesh Nationalist Party bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. (LIB, S 7) Gewerkschaften, Studentenorganisationen und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen. Bei der bangladeschischen Parlamentswahl am 30.12.2018 erzielte die von der Awami League geprägte „Große Allianz“ einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen. (LIB, S 7) Im Vorfeld der Wahl war es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Anhängern und zu hartem Vorgehen der Regierung gekommen. Die Wahlen vom 30. Dezember 2018 waren durch Übergriffe auf Oppositionelle, willkürliche Verhaftungen und Einschüchterungen der Stimmberechtigten gekennzeichnet. (LIB, S 7) Generell ist der Hass zwischen der Awami League und der Bangladesh Nationalist Party und den jeweiligen Anhängern Ursache für den größten Teil der Gewalt in Bangladesch. Beide Parteien sind gemeinsam mit nicht identifizierten bewaffneten Gruppen in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an. Auch von nichtstaatlichen Akteuren (insbesondere Opposition, Islamisten und Studenten) geht Gewalt aus. (LIB, S 10) Auch wenn die öffentliche Sicherheit, insbesondere wegen der politischen Auseinandersetzungen, insgesamt fragil ist, gibt es in Bangladesch keine Bürgerkriegsgebiete (LIB, S 10 ff).

Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof. Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen Common Law. Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem High Court, der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem Appellate Court, dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt. Die Unabhängigkeit der Richter wird von der Verfassung garantiert. In der Praxis unterstellt allerdings eine schon lange geltende temporäre Bestimmung der Verfassung die erstinstanzlichen Richter der Exekutive. Korruption, Ineffizienz der Justiz, gezielte Gewalt gegen Richter und ein gewaltiger Rückstau an offenen Fällen stellen große Probleme dar. (LIB, S 13) Die Regierung unternahm Schritte, um in der Polizei Professionalität, Disziplin und Ausbildung zu verbessern und Korruption zu verringern. Dennoch und obwohl Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung rechtlich verboten sind (LIB, S 16 f), kommt es weiterhin zu Machtmissbrauch, unangemessener Gewaltanwendung, willkürlichen Festnahmen, erzwungenem Verschwindenlassen und außergerichtlichen Tötungen durch Sicherheitskräfte, insbesondere durch so genannte Rapid Action Battalions. (LIB, S 14 f) Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitskräfte bleiben faktisch in der Regel straflos (LIB, S 15, 17). Per Gesetz ist es Richtern möglich, über Verdächtige Untersuchungshaft zu verhängen, während der Befragungen ohne Beisein eines Anwalts erfolgen können. Laut Menschrechtsorganisationen fanden viele Fälle von Folter in dieser Phase statt. Sicherheitsbehörden wenden Drohungen, Schläge und verschiedenste Foltermethoden, manchmal Vergewaltigungen und andere sexuelle Übergriffe an, um Informationen von mutmaßlichen Aufständischen und Oppositionellen zu erlangen. Zahlreiche Fälle von Folter und unmenschlicher Behandlung erscheinen politisch motiviert und manchmal werden Familienmitglieder von politischen Gegnern zu Opfern. Doch auch vulnerable Gruppen und normale Bürger sind von Folter betroffen. (LIB, S 17) Für zahlreiche Straftatbestände (z. B. Mord, Vergewaltigung, Menschen- und Drogenhandel, terroristische Aktivitäten) ist die Todesstrafe vorgesehen, die in Bangladesch auch tatsächlich vollstreckt wird (LIB, S 29 f).

Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hat sich in den vergangenen Jahren wesentlich verbessert. Obwohl die Armutsquote in den letzten zwei Dekaden zurückging, leben weiterhin mindestens 11,3 % der Bevölkerung (circa 20 Millionen) unterhalb der extremen Armutsgrenze von 1,9 US-Dollar. Unter- sowie Fehlernährung bleiben weit verbreitete Phänomene. Das Bevölkerungswachstum liegt bei 1,042 %, die Geburtenziffer je Frau bei 2,2 %. Bangladeschs Wirtschaft ist seit 2005 jährlich um rund 6 % gewachsen, trotz politischer Instabilität, schlechter Infrastruktur, Korruption, unzureichender Stromversorgung und langsamer Umsetzung der Wirtschaftsreformen. Die offizielle Arbeitslosenrate liegt 2018 geschätzt bei 4-6 %, jedoch mit verdeckter weit verbreiteter massiver Unterbeschäftigung. (LIB, S 44 f) Bei regionaler Nahrungsmittelknappheit werden von der Regierung Bezugsscheine für staatliche Nothilferationen ausgegeben. Sonstige staatliche Hilfe für bedürftige Personen und ein staatliches Sozialversicherungssystem gibt es nicht. Nichtstaatliche Unterstützung durch religiös ausgerichtete Wohltätigkeitsvereine und andere NGOs kann in Anbetracht der hohen Bevölkerungszahl nur einem kleinen Teil der Bedürftigen geleistet werden. Eine flächendeckende soziale Absicherung besteht

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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