TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/28 L527 2183349-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.08.2020
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Entscheidungsdatum

28.08.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch


L527 2183349-1/39E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX alias XXXX , Staats angehörigkeit Iran, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.12.2017, Zahl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.12.2019 zu Recht:

A) Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheids zu lauten hat: „Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 10.07.2015 wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 in Verbindung mit § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005 abgewiesen.“

B) Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

C) Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 57, § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs 2 Z 2 und Abs 9, § 46 und § 55 FPG 2005 sowie § 13 Abs 2 AsylG 2005 mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt VII des angefochtenen Bescheids zu lauten hat: „Gemäß § 13 Absatz 2 Z 3 AsylG 2005 haben Sie Ihr Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem XXXX verloren."

D) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 10.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am der Antragstellung folgenden Tag fand die Erstbefragung statt.

In der Erstbefragung am 11.07.2015 gab der Beschwerdeführer an, vor etwa sechs bis sieben Monaten vom muslimischen zum christlichen Glauben übergetreten zu sein. Danach habe es Probleme mit seiner Familie gegeben. Seine Eltern hätten daraufhin die Polizei verständigt. Dies sei der Grund für seine Ausreise aus dem Iran und dafür, dass er seine Eltern verlassen habe, gewesen. Bei einer Rückkehr fürchte er den Staat, da er aufgrund seines Religionswechsels getötet werden würde.

Ein österreichisches Landesgericht verurteilte den Beschwerdeführer mit Urteil vom XXXX 2016 wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten (bedingt nachgesehen bei dreijähriger Probezeit).

Nach Zulassung des Verfahrens wurde der Beschwerdeführer am 18.07.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: [belangte] Behörde) einvernommen. Zu den Gründen seiner Ausreise aus dem Heimatland befragt, erwiderte der Beschwerdeführer, den Iran wegen der Konversion verlassen zu haben. Er und ein paar Freunde seien in einem bei einer Freundin und deren Ehegatten stattfindenden Hauskreis über Skype mit einer Kirche in Finnland in Verbindung gewesen. Zwei Tage nach dem Hauskreis sei die Schwiegermutter dieser Freundin aufmerksam geworden und habe die Polizei informiert. Genau an jenem Tag, an dem diese Freundin und deren Ehegatte nicht zu Hause gewesen seien, sei die Polizei erschienen und habe den Laptop, auf dem auch die Verbindung über Skype ersichtlich gewesen sei, mitgenommen. Nach etwa einer Woche habe sie die Polizei gesucht und sei zu jedem nach Hause gekommen. Er und zwei Freunde seien festgenommen worden. Bei der Untersuchungshaft sei sein Oberschenkel mit einem sauren Putzmittel verätzt worden. Er sei mit großem Bemühen, gegen Bezahlung und aufgrund seiner Verletzung für eine gewisse Zeit freigekommen. Die Polizei habe ihn mehrmals geholt und interviewt, um die Daten seiner Freundin und von deren Ehegatten zu erhalten. Er habe mit der Polizei nicht kooperieren wollen und es sei ihm gesagt worden, dass er die Strafe von der Familie seiner Freundin und der restlichen am Hauskreis teilnehmenden Personen austragen müsste. Erst nach Nachfrage durch die Leiterin der Einvernahme machte der Beschwerdeführer weitere Angaben, etwa zu seiner Tätowierung und daraus angeblich resultierenden Problemen, warum er sich für das Christentum zu interessieren begonnen habe, zu seinen religiösen Aktivitäten im Bundesgebiet und zu seinen Befürchtungen für den Fall einer Rückkehr in den Iran.

Die belangte Behörde beauftragte Primar Dr. XXXX , allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, Fachgebiet XXXX , mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens. Dieses Gutachten langte am 08.11.2017 bei der belangten Behörde ein.

Der Beschwerdeführer machte von der von der Behörde mit Schreiben vom 14.11.2017 eingeräumten Möglichkeit, zum Gutachten Stellung zu nehmen, nicht Gebrauch.

Die Behörde erachtete das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen für nicht glaubhaft. Er sei keine glaubwürdige Impression dahingehend erweckt worden, dass der Beschwerdeführer aus religiös/ethnischer Motivation konvertiert sei, sondern seine Motivation resultiere aus asyltaktischen Gründen. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die Behörde den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten daher ab (Spruchpunkte I und II). Sie erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV), sprach die Zulässigkeit der Abschiebung in den Iran aus (Spruchpunkt V), setzte für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VI) und sprach darüber ab, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 12.09.2017 verloren habe (Spruchpunkt VII).

Dagegen erhob der Beschwerdeführer in vollem Umfang die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Im Sommer 2018 kündigte die Bundesrepublik Deutschland die Überstellung des Beschwerdeführers zwecks Durchführung eines Asylverfahrens nach Österreich an. Am 04.07.2018 erfolgte die Überstellung.

Der Beschwerdeführer wurde in den Jahren 2017, 2018 und 2019 wegen mehrerer Verwaltungsübertretungen rechtskräftig bestraft.

Am 13.02.2019 urgierte der Beschwerdeführer per Telefax eine mündliche Verhandlung bzw. Entscheidung vor bzw. durch das Bundesverwaltungsgericht.

Mit Schreiben vom 06.06.2019 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer unter Einräumung einer zweiwöchigen Frist konkret um näher bezeichnete Mitwirkung im Verfahren: Der Beschwerdeführer sollte insbesondere aktuelle Unterlagen zu seinem Gesundheitszustand, insbesondere zu seiner psychischen Verfassung, vorlegen. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer ersucht, seine ausdrückliche Zustimmung zur Einholung von medizinischen Unterlagen bzw. Auskünften durch das Bundesverwaltungsgericht zu erteilen.

Der Beschwerdeführer gab mit Eingabe vom 18.06.2019 seine Zustimmung zur Einholung von medizinischen Unterlagen und Auskünften. Des Weiteren legte er hierbei - ebenso wie mit Eingabe vom XXXX 2019 - Unterlagen zu seinem Gesundheitszustand vor.

Am 17.10.2019 urgierte der Beschwerdeführer abermals per Telefax eine mündliche Verhandlung bzw. baldige Entscheidung vor bzw. durch das Bundesverwaltungsgericht.

Das Bundesverwaltungsgericht beraumte für 16.12.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung an, übermittelte dem Beschwerdeführer das aktuelle Länderinformationsblatt für den Iran sowie die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Thema „Tätowierungen im Iran“ (vom 23.03.2018) und ersuchte den Beschwerdeführer in der Ladung abermals um Mitwirkung am Verfahren.

Am 03.12.2019 langte eine Stellungnahme des Beschwerdeführers zu dem ihm zum Parteiengehör übermittelten Länderdokumentationsunterlagen beim Bundesverwaltungsgericht ein.

In der Verhandlung am 16.12.2019 vernahm das Bundesverwaltungsgericht im Beisein einer dem Beschwerdeführer beigegebenen und von ihm bevollmächtigten Vertreterin der Rechtsberatungsorganisation und eines Vertreters der belangten Behörde den Beschwerdeführer. In der mündlichen Verhandlung legte der Beschwerdeführer weitere Bescheinigungsmittel vor.

Mit Nachricht vom 08.06.2020 urgierte der Beschwerdeführer abermals eine baldige Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Bei der Bezeichnung von Aktenbestandteilen verwendet das Bundesverwaltungsgericht in der Folge Abkürzungen: AS: Aktenseite(n); S: Seite(n); OZ: Ordnungszahl(en); VA: (von der belangten Behörde mit der Beschwerde vorgelegter) Verwaltungsverfahrensakt; f: folgende [Aktenseite/Seite]; ff: folgende [Aktenseiten/Seiten].

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt in Österreich den im Kopf der Entscheidung genannten Namen und wurde am XXXX geboren; seine Identität steht fest. Er ist ein erwachsener, arbeitsfähiger männlicher Drittstaatsangehöriger, konkret: iranischer Staatsangehöriger. Der Beschwerdeführer beherrscht die Sprache Farsi (Muttersprache). Er hat außerdem einfache Deutschkenntnisse (siehe unten). Der Beschwerdeführer gehört der Volksgruppe der Perser oder der türkischen Volksgruppe an und wurde als Moslem (Schiit) geboren; mittlerweile bezeichnet sie sich als römisch-katholischer Christ. Er gehört weiterhin der islamischen Glaubensrichtung an.

Der Beschwerdeführer unternahm in den vergangenen Jahren mehrmals, zuletzt am 02.04.2019 durch Intoxikation, Suizidversuche und befand sich deshalb auch in stationärer Behandlung. Er leidet an einer Anpassungsstörung und einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ, wobei von einer länger andauernden Therapie der Persönlichkeitsstörung, welche eine Psychotherapie und eventuell auch eine phasenprophylaktische Therapie, beinhaltet, auszugehen ist. Im Fall einer Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran ist eine kurz- bis mittelfristige Verschlechterung des Krankheitsbildes möglich. Eine signifikante Verschlechterung des Gesundheitszustandes, insbesondere ein lebensbedrohlicher Zustand, im Fall einer Rückführung in den Iran, ist nicht anzunehmen. Es bedarf vor, während und nach einer Überstellung des Beschwerdeführers in den Iran keiner besonderen medizinischen Maßnahmen.

Der Beschwerdeführer befindet sich derzeit in regelmäßiger psychologischer Behandlung und nimmt an Medikamenten Depakine chrono retard (500 mg) [1-0-0-1], Sertralin 1A Pharma (100 mg) [1-0-0-0] und bei Bedarf Truxal (50 mg) [0-0-0-1] ein.

Im Übrigen leidet der Beschwerdeführer an keiner psychischen und auch keiner physischen Krankheit und bedarf keiner Therapie oder anderweitigen medizinischen Behandlung.

Die österreichischen Behörden würden eine Abschiebung in der Form gestalten, dass zur Vorbeugung gegen allfällige gesundheitliche Beeinträchtigungen darauf geachtet wird, in Hinblick auf ein allfälliges Suizidrisiko durch entsprechende medizinische Unterstützung besondere Sorge zu tragen.

Der Beschwerdeführer wurde in XXXX geboren und wuchs dort auf. Er besuchte in seinem Herkunftsstaat mehrere Jahre die Schule und arbeitete anschließend als Schuhmacher im Unternehmen seiner Mutter. Der Beschwerdeführer wohnte bis zu seiner Ausreise gemeinsam mit seinen Eltern im Haus der Familie. Es kann nicht festgestellt werden, dass sich der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise einige Monate in XXXX in der Provinz XXXX aufhielt. Der - finanzielle - Lebensstandard seiner Familie ist normal bis gut.

Der Beschwerdeführer hat in seinem Herkunftsstaat Familie/ Verwandte, namentlich seine Eltern und seine drei Geschwister. Seine Mutter besitzt eine Schuhfabrik und sein Vater ein Geschäft zum Verkauf von Markisen. Seine ältere Schwester betreibt ein Studium und seine jüngere Schwester maturierte vor Kurzem. Bei seinem Bruder handelt es sich um ein etwa fünfeinhalbjähriges Kind. Diese Personen leben weiterhin in seinem Elternhaus in XXXX . Der Beschwerdeführer steht gelegentlich mit seiner älteren Schwester, seiner Mutter und seinem - erst nach seiner Ausreise geborenen - Bruder telefonisch bzw. über WhatsApp in Kontakt. Sollte der Kontakt zu seinem Vater und seiner jüngeren Schwester tatsächlich abgebrochen sein, läge dem kein nachhaltiges Zerwürfnis zwischen dem Beschwerdeführer und diesen Personen zugrunde, welches eine neuerliche Kontaktaufnahme in jedem Fall ausschließen würde.

Der Beschwerdeführer reiste im Zeitraum von etwa Mitte 2014 bis Anfang 2015 - das genaue Datum kann nicht festgestellt werden - illegal vom Iran in die Türkei. Im Juli 2015 reiste der Beschwerdeführer illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte hier am 10.07.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer verfügt über Deutschkenntnisse, die es ihm erlaubten, die in der Verhandlung am 16.12.2019 in deutscher Sprache gestellten Fragen auf einfache Weise zu beantworten. Er hat weder Deutschkurse noch Integrationskurse besucht. Er legte eine Deutschprüfung „ÖSD Zertifikat A1“ am Prüfungszentrum BFI XXXX erfolgreich ab. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer auch eine Deutschprüfung auf dem Niveau A2 bestanden hat.

Der Beschwerdeführer bezog seit 11.07.2015 bis Anfang Mai 2020 regelmäßig - abgesehen von zwischenzeitlichen Unterbrechungen von XXXX 2016 bis XXXX 2016, von 30.05.2017 bis 05.07.2018 und von 27.03.2019 bis 01.04.2019 - Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber. Zeitweilig erhielt der Beschwerdeführer auch - finanzielle - Unterstützung durch eine Vertrauensperson und einen Freund. Seine Familie überwies ihm zudem Geld aus dem Iran. Dass er in Österreich je legal erwerbstätig gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Im Jahr 2017 arbeitete der Beschwerdeführer kurzzeitig in einem Lokal ohne die erforderliche Bewilligung nach dem AuslBG. Der Beschwerdeführer verfügt über eine formlose Einstellungszusage eines namentlich nicht genannten Freundes, wobei das Ausmaß der Beschäftigung und das Gehalt aus den Schilderungen des Beschwerdeführers nicht hervorgehen.

Der Beschwerdeführer übernahm während seiner Wohnsitznahme in der Gemeinde XXXX im August/ September 2016 nicht näher bezeichnete ehrenamtliche Tätigkeiten. Ebenso verrichtet(e) der Beschwerdeführer während seiner Wohnsitznahme in der Gemeinde XXXX ehrenamtliche Tätigkeiten, etwa bei der Renovierung des Quartiers oder bei der Übersetzung für Mitbewohner. Ferner unterstützte der Beschwerdeführer Mitbewohner bei Behördengängen. Im Übrigen war und ist der Beschwerdeführer weder ehrenamtlich noch gemeinnützig tätig. Abgesehen von der Teilnahme am Gemeinschaftsleben der römisch-katholischen Pfarre XXXX ist der Beschwerdeführer nicht in Vereinen oder Organisationen aktiv; er ist ansonsten auch nicht Mitglied von Vereinen oder Organisationen in Österreich.

Der Beschwerdeführer führt seit Juli 2019 eine Beziehung zu einer österreichischen Staatsangehörigen. Zwischen ihr und dem Beschwerdeführer besteht kein (wechselseitiges) Abhängigkeitsverhältnis, die beiden haben keine Kinder, die Freundin des Beschwerdeführers ist nicht schwanger und leben sie nicht in einem gemeinsamen Haushalt. Der Beschwerdeführer selbst qualifiziert die Beziehung nicht als Lebensgemeinschaft. Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten/Familienangehörigen in Österreich. In der Bundesrepublik Deutschland leben mehrere Cousins des Beschwerdeführers. Zu diesen besteht kein Kontakt. Er verfügt hier über einen Freundes- und Bekanntenkreis, dem auch österreichische Staatsangehörige beziehungsweise in Österreich dauerhaft aufenthaltsberechtigte Personen angehören. Der Beschwerdeführer trifft sich beispielsweise gerne mit seinen Freunden im Kaffeehaus. Zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Bekannten/ Freunden besteht kein ein- oder wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis und auch keine über ein herkömmliches Freundschaftsverhältnis hinausgehende Bindung.

Der Beschwerdeführer befand sich von XXXX 2016 bis XXXX 2016 in einer österreichischen Justizanstalt in Untersuchungshaft.

Am XXXX 2016 verurteilte ein österreichisches Landesgericht den Beschwerdeführer nach § 107 Abs 1 und 2, 1. und 5. Fall StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten. Der Beschwerdeführer bedrohte durch die gegenüber einem Flüchtlingsbetreuer getätigte Äußerung, er werde die weiteren Flüchtlingsbetreuerinnen XXXX und XXXX töten, die Leichen im Büro aufstellen und im Büro ein Feuer legen, sodass es brennen würde, XXXX und XXXX gefährlich mit dem Tod und mit einer Brandstiftung, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Ferner wurde der Beschwerdeführer in den Jahren 2017, 2018 und 2019 wegen mehrerer Verwaltungsübertretungen – etwa nach der StVO (z. B. § 99 Abs 1b iVm § 5 Abs 1 StVO), dem Oö. Polizeistrafgesetz und mehrmals wegen Fahrens ohne Lenkberechtigung (§ 1 Abs 3 FSG) – rechtskräftig bestraft, wobei die Verwaltungsstrafbehörde zuletzt wegen Verstoßes gegen § 1 Abs 3 FSG eine primäre Freiheitsstrafe von sieben Tagen gegen den Beschwerdeführer verhängte.

Dem Beschwerdeführer fehlt es an persönlicher Glaubwürdigkeit.

1.2. Der Beschwerdeführer war im Iran keiner aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt und wäre auch im Falle seiner Rückkehr dorthin mit nicht maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt. Dazu sei hervorgehoben:

1.2.1. Zu den (behaupteten) Fluchtgründen und den geäußerten Befürchtungen für den Fall der Rückkehr:

1.2.1.1. Der Beschwerdeführer ist aus seinem Herkunftsstaat nicht geflohen, er wurde dort nicht verfolgt und nicht bedroht. Namentlich wurde er nie von Behörden in seinem Herkunftsstaat verfolgt; es gab keine Übergriffe oder Misshandlungen durch Vertreter von Behörden.

Der Beschwerdeführer war im Iran nie in Haft, wurde nie strafrechtlich verurteilt und es besteht auch kein Haftbefehl gegen ihn. Die iranischen Behörden such(t)en nicht bzw. der iranische Staat sucht(e) nicht nach dem Beschwerdeführer.

Der Beschwerdeführer war in seinem Herkunftsstaat nicht aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung (einer aktuellen, unmittelbaren [persönlichen] und konkreten Gefahr von) intensiven staatlichen Übergriffen oder intensiven Übergriffen von Privatpersonen ausgesetzt. Der Beschwerdeführer hatte weder wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit noch wegen seiner politischen Gesinnung oder Religion Probleme.

Von etwaigen oberflächlichen Informationen, wie sie allenfalls beispielsweise durch Schulbildung oder allgemeinen, das heißt nicht spezifisch auf christliche Inhalte ausgerichteten, Medienkonsum, erlangt werden können, abgesehen, hatte der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise aus seinem Herkunftsstaat keine Kenntnisse über das Christentum. Er hat sich im Übrigen vor seiner Ausreise mit dem christlichen Glauben nicht auseinandergesetzt und auch nicht beschlossen, Christ zu werden. Der Beschwerdeführer hat auch nicht versucht, den christlichen Glauben im Iran jemandem näherzubringen. Im Iran hat er keine Hauskirche oder anderweitige christliche Treffen besucht. Dergleichen und ein Abfall vom Islam wurden und werden dem Beschwerdeführer auch nicht unterstellt.

1.2.1.2. Nach seiner Einreise in Österreich fand der Beschwerdeführer Zugang zur römisch-katholischen Kirche. Er absolvierte in der römisch-katholischen Pfarre XXXX ab dem 06.10.2015 das Katechumenat und ließ sich in dieser Pfarre am 23.10.2016 auch taufen, womit der Beschwerdeführer Mitglied in der römisch-katholischen Kirche wurde. Der Beschwerdeführer besuchte bis etwa ein Jahr nach seiner Taufe wöchentlich den Gottesdienst. Derzeit nimmt er noch etwa zwei- bis dreimal im Monat am Gottesdienst und gelegentlich bei den Tauffeierlichkeiten neuer Mitglieder teil. Des Weiteren unterstützt er bei Bedarf die Pfarrgemeinschaft mit seiner Hilfe. Im Übrigen engagiert(e) sich der Beschwerdeführer nicht in der christlichen Gemeinde.

Der Beschwerdeführer brachte keine Bescheinigung über den Austritt aus der Islamischen Religionsgemeinschaft in Vorlage.

Der Beschwerdeführer hat oberflächliche Kenntnisse vom Christentum und von den Grundlagen des römisch-katholischen Glaubens.

Der Beschwerdeführer hat sich nicht tatsächlich, und schon gar nicht aus Überzeugung, vom islamischen Glauben abgewandt. In den vergangenen Jahren hat er zwar ein gewisses Interesse am Christentum entwickelt und sich damit befasst, er ist aber nicht aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert und der christliche Glaube ist nicht wesentlicher Bestandteil der Identität des Beschwerdeführers. Seine Hinwendung zum Christentum erweist sich als eine Scheinkonversion, die der Erlangung des Status des Asylberechtigten dienen soll. Es ist daher auch nicht davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat weiterhin mit dem christlichen Glauben befassen oder nach dem christlichen Glauben leben oder sich privat oder öffentlich zum christlichen Glauben bekennen würde. Der Beschwerdeführer missioniert nicht und würde in seinem Herkunftsstaat auch nicht christlich missionieren.

Wenn von der christlichen Taufe und den christlichen Aktivitäten des Beschwerdeführers jemand, z. B. Familienangehörige, im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers Kenntnis hat, kann es sich nur um Personen handeln, die der Beschwerdeführer selbst informiert hat und von denen er nichts zu befürchten hat.

Die Behörden im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers haben von der - nicht aus innerer Überzeugung geschehenen - Konversion keine Kenntnis und es ist auch nicht davon auszugehen, dass sie vom christlichen Engagement und der Taufe des Beschwerdeführers im Falle der Rückkehr in den Iran Kenntnis erlangen würden.

Selbst für den Fall, dass weitere Angehörige, das übrige soziale Umfeld, sonstige Privatpersonen oder die Behörden im Herkunftsstaat von den religiösen Aktivitäten des Beschwerdeführers in Österreich Kenntnis haben oder erlangen sollten, liefe der Beschwerdeführer nicht ernstlich Gefahr, im Zusammenhang damit, im Zusammenhang mit der behaupteten Konversion zum Christentum oder wegen eines allenfalls unterstellten Glaubensabfalls bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat intensiven Übergriffen durch den Staat, andere Bevölkerungsteile oder sonstige Privatpersonen ausgesetzt zu sein. Dem Beschwerdeführer würde nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit physische oder psychische Gewalt oder Strafverfolgung oder eine andere aktuelle sowie unmittelbare persönliche und konkrete Verfolgung, Bedrohung oder sonstige Gefährdung drohen.

1.2.1.3. Der Beschwerdeführer ist am rechten Oberarm tätowiert. Die Tätowierung ist daher nicht von Vornherein sichtbar. Der Beschwerdeführer müsste sie erst vorzeigen. Es handelt sich bei der Tätowierung um ein Kreuz, welches teilweise von Stoffbinden umhüllt wird. Im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat liefe der Beschwerdeführer nicht ernstlich Gefahr, wegen seiner Tätowierung intensiven Übergriffen durch den Staat, andere Bevölkerungsteile oder sonstige Privatpersonen ausgesetzt zu sein. Dem Beschwerdeführer würde nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit physische oder psychische Gewalt oder Strafverfolgung oder eine andere aktuelle sowie unmittelbare persönliche und konkrete Verfolgung, Bedrohung oder sonstige Gefährdung drohen. Auch in Kombination mit seinen religiösen Aktivitäten in Österreich, seiner behaupteten Konversion zum Christentum oder wegen eines allenfalls unterstellten Glaubensabfalls würde sich keine persönliche und konkrete Verfolgung, Bedrohung oder sonstige Gefährdung des Beschwerdeführers ergeben.

1.2.2. Zur allgemeinen Lage im Iran und der allgemeinen Situation des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat:

1.2.2.1. Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und Beweismittel ist festzustellen, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran keine reale Gefahr einer Verletzung der Art 2, 3 EMRK oder des 6. und 13. ZPEMRK bedeuten würde und für den Beschwerdeführer als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich bringen würde. Der Beschwerdeführer hätte auch nicht um sein Leben zu fürchten, es würde ihm nicht jegliche Existenzgrundlage oder notwendige medizinische Versorgung fehlen. Vgl. die folgenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts.

Die vom Beschwerdeführer geäußerten Befürchtungen für den Fall der Rückkehr fußen in erster Linie auf der – nicht zutreffenden – Prämisse einer echten, inneren Konversion zum Christentum (AS 9, 87, 457, 463; OZ 21, S 29 f). Auch ansonsten hat der Beschwerdeführer kein substantiiertes Vorbringen erstattet und hat nicht mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachgewiesen, dass ihm im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 2 oder 3 EMRK oder dem 6. und dem 13. ZPEMRK widersprechende Behandlung drohen würde.

1.2.2.2. Die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers in den Iran bedeutet nicht allein wegen der dort vorherrschenden allgemeinen Situation eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art 2 und 3 EMRK geschützten Rechte.

Im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers bestehen zwar latente Spannungen und es kommt verschiedentlich zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten sowie (vor allem in Minderheitenregionen) zu terroristischen Zwischenfällen, im gesamten Iran herrscht aber nicht ein derart hohes Niveau an willkürlicher Gewalt, dass der Beschwerdeführer allein durch seine Anwesenheit einem realen Risiko für ihre körperliche Unversehrtheit oder ihr Leben ausgesetzt wäre. Der Beschwerdeführer stammt außerdem nicht aus einer Minderheitenregion, wie dem Nordwesten des Iran oder der Region um den Persischen Golf, sondern er lebte, wie bereits festgestellt, viele Jahre vor seiner Ausreise in XXXX , wo seine Eltern und Geschwister nach wie vor ohne Probleme leben.

1.2.2.3. Allein der Umstand, dass eine Person (im Ausland) einen Asylantrag gestellt hat, löst bei der Rückkehr in den Iran keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Im gegebenen Fall ist den iranischen Behörden nicht bekannt, dass und mit welcher Begründung der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Wenn Rückkehrer in einzelnen Fällen zu ihrem Auslandsaufenthalt befragt werden, geht damit keine psychische und auch keine physische Folter einher. Selbst Personen, die das Land illegal verlassen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und in den Iran zurückkehren, jedenfalls wenn sie sonst keine weiteren Straftaten begangen haben.

1.2.2.4. Ungeachtet der angespannten Wirtschaftslage und der ebenso angespannten Situation auf dem Arbeitsmarkt ist die Grundversorgung jedenfalls durch staatliche Hilfe und das islamische Spendensystem gesichert. Im Iran besteht ein differenziertes Sozialversicherungssystem; kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung sind als Teil des Sozialwesens für alle iranischen Bürger gewährleistet. Das Gesundheitssystem ist fast flächendeckend, in Städten haben 100 % der Bevölkerung Zugang zu ärztlicher Versorgung. Seit der islamischen Revolution hat sich das Gesundheitssystem konstant stark verbessert. Die medizinische Versorgung ist in XXXX und anderen großen Städten ausreichend bis gut. Freilich ist die spezialisierte, medizinische Versorgung in weiten Landesteilen medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch nicht auf der Höhe der Hauptstadt und nicht vergleichbar mit europäischem Standard.

Unter Bedachtnahme auf die festgestellte Lage im Herkunftsstaat und auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers (insbesondere Schulbildung, Arbeitsfähigkeit, Berufserfahrung, Gesundheitszustand, Sozialisation im Herkunftsstaat, familiäre Anknüpfungspunkte) ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr die wirtschaftliche Wiedereingliederung möglich sein wird. Er wird in der Lage sein, jedenfalls die notdürftigsten Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz, auch in medizinischer Hinsicht, zu decken. Außergewöhnliche Umstände, die dem entgegenstünden, sind weder in Bezug auf die allgemeine Lage im Iran noch auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers feststellbar.

1.2.2.5. Mord, Sexualdelikte, gemeinschaftlicher Raub, wiederholter schwerer Diebstahl, Drogenschmuggel, schwerwiegende Verbrechen gegen die Staatssicherheit, „Mohareb“, Abfall vom islamischen Glauben und homosexuelle Handlungen, Drogenkonsum und außerehelicher Geschlechtsverkehr sind im Iran mit Todesstrafe bedroht. Die Todesstrafe wird, vor allem bei Drogendelikten, auch tatsächlich verhängt und vollstreckt. Folter ist zwar offiziell verboten, Verhörmethoden und Haftbedingungen im Iran schließen in einzelnen Fällen seelische und körperliche Folter sowie unmenschliche Behandlung aber nicht aus. Außerdem verhängen und vollstrecken die Justizbehörden weiterhin grausame und unmenschliche Strafen, die Folter gleichkommen. Exemplarisch erwähnt sei, dass im Mai 2016 mehr als 30 Studenten wegen Teilnahme an einer Party mit Alkohol und Tanz zu je 99 Peitschenhieben verurteilt wurden.

Die Haftbedingungen im Iran sind auch abseits von Folter, Misshandlungen und Körperstrafen, wovon vor allem politische Häftlinge betroffen sind, problematisch: Überbelegung von Zellen, Unterbringungen von Häftlingen im Freien, gesundheitsschädigende Haftbedingungen, unzureichende Ernährung und medizinische Behandlung, mangelnde Hygiene.

Im Hinblick auf sein Vorleben im Iran und in Österreich besteht jedoch keine reale Gefahr, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat der Todesstrafe unterworfen, inhaftiert oder sonst einer dem Art 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt sein könnte.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Rechtliche Grundlagen für die Feststellung des Sachverhalts und die Beweiswürdigung:

2.1.1. Zur Begründung von Anträgen auf internationalen Schutz braucht die behauptete Verfolgung nicht bewiesen, sondern gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 lediglich glaubhaft gemacht zu werden.

Dies bedeutet zum einen eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Antragstellers bzw. Beschwerdeführers. Dieser hat nämlich initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der betreffenden Fakten spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für deren Vorliegen liefern; vgl. z. B. VwGH 15.09.2004, 2002/04/0201.

Zum anderen wird, wenn eine Tatsache (lediglich) glaubhaft gemacht werden muss, das Beweismaß herabgesetzt; vgl. Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 1 (Stand 1.8.2017, rdb.at); zur Relevanz dieser Bestimmung im Verwaltungsverfahren: Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6 (2018) Rz 206. Für die Glaubhaftmachung (im Unterschied zum vollen Beweis) genügt es, dass die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer bestimmten Tatsache überzeugt ist. Die Glaubhaftmachung hat also das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt; VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252. Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel am Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen. Ob die Glaubhaftmachung behaupteter Tatsachen gelungen ist oder nicht, ist das Ergebnis richterlicher Beweiswürdigung und keine Frage der rechtlichen Beurteilung; so mwN Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 5 (Stand 1.8.2017, rdb.at).

Diese Vorgaben stehen im Einklang mit der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs, wonach eine Person, die internationalen Schutz beantragt und zur Stützung ihres Antrags eine Gefahr der Verfolgung aus religiösen Gründen geltend macht, zur Stützung ihres Vorbringens zu ihren religiösen Überzeugungen keine Erklärungen abgeben oder Schriftstücke vorlegen muss, die sich auf alle Komponenten des Begriffs „Religion“ im Sinne der Statusrichtlinie (RL 2011/95/EU) beziehen. Jedoch obliegt es dem Antragsteller, dieses Vorbringen glaubhaft zu substantiieren, indem er Anhaltspunkte darlegt, die es der zuständigen Behörde ermöglichen, den Wahrheitsgehalt des Vorbringens zu überprüfen; vgl. EuGH 04.10.2018, C-56/17.

2.1.2. Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist; z. B. VwGH 26.03.2019, Ra 2018/19/0530. Eine Zeugeneinvernahme ist allerdings, wie der Verwaltungsgerichtshof mehrmals ausgesprochen hat, keineswegs in allen Fällen geboten; vgl. VwGH 25.02.2019, Ra 2019/19/0017, VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0453, und VwGH 21.06.2018, Ra 2017/01/0381.

Maßgebliche Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel sind beispielsweise das Wissen über die neue Religion, die Ernsthaftigkeit der Religionsausübung, welche sich etwa in regelmäßigen Gottesdienstbesuchen oder sonstigen religiösen Aktivitäten manifestiert, eine mit dem Religionswechsel einhergegangene Verhaltens- bzw. Einstellungsänderung des Konvertiten sowie eine schlüssige Darlegung der Motivation bzw. des auslösenden Moments für den Glaubenswechsel; vgl. mwN VwGH 22.06.2020, Ra 2020/19/0151.

In ihrer Entscheidung, namentlich auch in der Beweiswürdigung und bei der Feststellung des Sachverhalts, sind die belangte Behörde und das Bundesverwaltungsgericht nach dem geltenden Recht nicht an die Erwägungen Dritter gebunden – und zwar auch nicht an die Erwägungen von Pfarrern, Pastoren, Geistlichen und sonstigen kirchlichen oder religiösen Repräsentanten, die im Rahmen ihrer Funktion darüber befinden, ob jemand die Voraussetzungen dafür aufweise, das Sakrament der Taufe zu empfangen; vgl. VwGH 11.12.2019, Ra 2019/20/0538.

2.1.3. Von Bedeutung ist weiters, dass sich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs alleine mit der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens zum Ausreisegrund nicht schlüssig begründen lässt, dass alle im Zusammenhang mit dem neu erworbenen Glauben stehenden weiteren Aktivitäten eines Asylwerbers nur zum Schein mit dem (ausschließlichen) Ziel der Asylerlangung entfaltet worden seien; vgl. VwGH, 02.09.2015, Ra 2015/19/0091.

2.1.4. Im Hinblick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die (Un-)Zulässigkeit der Abschiebung ist zu beachten: Abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde, obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde; vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, und VwGH 10.08.2018, Ra 2018/20/0314. In seiner Entscheidung vom 10.08.2018, Ra 2018/20/0314, hat der Verwaltungsgerichtshof bekräftigt, dass grundsätzlich der Fremde das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 50 Abs 1 oder Abs 2 FPG glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist.

2.2. Der Beschwerdeführer wurde mehrfach eingehend über seine Pflicht bzw. Obliegenheit zur (initiativen) Mitwirkung im Verfahren belehrt (vgl. insbesondere AS 3 [Merkblatt Pflichten und Rechte von Asylwerbern], 79; OZ 17, OZ 21, S 4, 12). Vor diesem Hintergrund geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass in Bezug auf den entscheidungsrelevanten Sachverhalt seit Schluss der mündlichen Verhandlung (OZ 21, S 34) keine Änderung eingetreten ist, da sich der – durch eine Rechtsberatungsorganisation vertretene – Beschwerdeführer seither mit Ausnahme einer Urgenz einer baldigen Entscheidung (OZ 30) nicht mehr geäußert hat. Wäre eine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts zwischenzeitlich eingetreten, hätte sich der Beschwerdeführer am 08.06.2020 wohl nicht auf eine Urgenz einer baldigen Entscheidung beschränkt, sondern er hätte im Rahmen seiner Pflicht bzw. Obliegenheit und schon im eigenen Interesse diese Umstände dem Bundesverwaltungsgericht mitgeteilt. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf allfällige Sachverhaltsänderungen in Bezug auf die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie des subsidiär Schutzberechtigten, sondern insbesondere auch für die privaten, familiären, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Umstände des Beschwerdeführers, die dieser der Behörde bzw. dem Bundesverwaltungsgericht ebenfalls von sich aus mitzuteilen hat; vgl. § 15 AsylG 2005; VwGH 14.02.2002, 99/18/0199; sowie generell zur Mitwirkungsobliegenheit im Verwaltungsverfahren z. B. VwGH 15.11.1994, 94/07/0099, und Hengstschläger/Leeb, AVG § 39 Rz 16 (Stand 1.7.2005, rdb.at).

2.3. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

2.3.1. Wie das Bundesverwaltungsgericht noch näher ausführen wird, fehlt es dem Beschwerdeführer an persönlicher Glaubwürdigkeit und er hat vielfach unglaubhafte Angaben gemacht. In umfassender Würdigung waren dennoch einzelne Angaben des Beschwerdeführers den Feststellungen zugrunde zu legen.

2.3.2. Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben im Verfahren vor der belangten Behörde sowie dem Bundesverwaltungsgericht in Zusammenschau mit einer (der belangten Behörde, nicht aber dem Bundesverwaltungsgericht im Original) vorgelegten iranischen Geburtsurkunde (Kopie, AS 41, 53 ff [Übersetzung: AS 61]). Die Landespolizeidirektion XXXX unterzog die Geburtsurkunde einer kriminaltechnischen Untersuchung, bei der keine Anhaltspunkte einer Fälschung bzw. Verfälschung festgestellt werden konnten (AS 243). Die Behörde gelangte zu dem Schluss, dass die Identität des Beschwerdeführers feststehe (AS 355). Weitere Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, seinen Lebensverhältnissen in seinem Herkunftsstaat und in Österreich waren auf Grundlage von stringenten und insoweit glaubhaften Angaben im behördlichen (AS 1 ff, 77 ff) und gerichtlichen (OZ 21, S 9 ff) Verfahren, teils in Zusammenschau mit vom Bundesverwaltungsgericht beigeschafften Unterlagen (z. B. OZ 20, 38) zu treffen. Auf einzelne Aspekte ist noch näher einzugehen:

Zu den Sprachkenntnissen des Beschwerdeführers ist auf dessen Angaben in der Erstbefragung (AS 1) und in der Einvernahme vor der belangten Behörde (AS 77) zu verweisen. Von den Deutschkenntnissen konnte sich das Bundesverwaltungsgericht am 16.12.2019 selbst ein Bild machen (OZ 21, S 10); im Übrigen fußen diese Feststellungen auf den unbedenklichen im Akt enthaltenen Urkunden (AS 97). Dass der Beschwerdeführer keine Deutschkurse besucht hat, ergibt sich aus dessen eigenen Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht am 16.12.2019 (OZ 21, S 10) und der Tatsache, dass er keine gegenteiligen Bescheinigungsmittel vorgelegt hat. Dieselben Erwägungen gelten für die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keine Integrationskurse besucht habe.

Dass der Beschwerdeführer auch eine Deutschprüfung auf dem Niveau A2 bestanden habe, kann nicht festgestellt werden, zumal die Ausführungen des Beschwerdeführers in der Einvernahme vor der belangten Behörde, dass er die entsprechende Prüfung zwar abgelegt, aber die Bestätigung verloren habe und daher die Prüfung erneut ablegen müsse (AS 88), nicht einleuchtet. Wie von der Organwalterin der belangten Behörde in der Einvernahme angesprochen, wäre es in einer derartigen Situation naheliegend, eine neue Bestätigung ausstellen zu lassen, was der Beschwerdeführer jedoch bis zum heutigen Tage unterließ. In der Einvernahme vor der belangten Behörde erwiderte der Beschwerdeführer diesbezüglich lapidar: „Ich weiß es nicht. Ich habe nicht nachgefragt.“ (AS 88). Angesichts der vorliegenden Fakten erscheint im Verlustfall eine Beischaffung von einer Bestätigung über eine in Österreich abgelegte Deutschprüfung problemlos möglich. Bei tatsächlichem Zutreffen dieses Vorbringens könnte doch vorausgesetzt werden, dass der Beschwerdeführer entsprechende Unterlagen, welche diesen Integrationsschritt belegen können, in Vorlage gebracht hätte.

Es spricht gegen die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers, dass dieser im verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Verfahren keine gleichbleibenden Angaben zu seiner Volksgruppe machte; z. B.: Fars (= Perser) (AS 1, 80) versus Türke aufgrund der Abstammung von iranischen Türken (OZ 21, S 15). Weitere Ermittlungen waren insofern jedoch nicht erforderlich, da es inhaltlich nicht darauf ankommt, ob der Beschwerdeführer etwa der Volksgruppe der Perser oder der Türken angehört, zumal er ohnedies keine Probleme explizit wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit vorbrachte (vgl. AS 82; OZ 21, S 16).

Hinsichtlich des Religionsbekenntnisses legte der Beschwerdeführer dar, als Moslem (Schiit) geboren worden zu sein (OZ 21, S 15). Dass er sich mittlerweile als Christ, römisch-katholisch, bezeichne, trat bereits in der Einvernahme vor der belangten Behörde zu Tage (AS 80, vgl. auch OZ 21, S 15, 25 und 27).

Die Feststellungen den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers betreffend beruhen auf den vom Beschwerdeführer im behördlichen (AS 105 ff, 115 ff) und gerichtlichen (OZ 14, 15) Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen sowie auf dem von der belangten Behörde aufgrund der vom Beschwerdeführer vorgelegten Befunde in Auftrag gegebenen und als vollständig und schlüssig erachteten neurologisch-psychiatrischen Gutachten des Sachverständigen Primar Dr. XXXX , LL.M., vom 27.10.2017 (AS 271 – 301). Der Sachverständige dokumentierte den Krankheitsverlauf bis zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens vollständig, der Beschwerdeführer ließ die Möglichkeit zur Stellungnahme ungenützt verstreichen (AS 307 f) und zeigte (somit) keine Unvollständigkeit des Gutachtens auf. Der Beschwerdeführer trat dem Gutachten überhaupt nicht entgegen und damit schon gar nicht auf gleicher fachlicher Ebene; vgl. VwGH 24.09.2015, 2012/07/0167. Insoweit der Beschwerdeführer im Rechtsmittelverfahren weitere (aktuelle) ärztliche bzw. medizinische Befunde (OZ 14, 15; OZ 21, Beilage A) vorlegte und eine Stellungnahme zu seinem Gesundheitszustand abgab (OZ 18), so zeigen diese Ausführungen bzw. Unterlagen seit dem Zeitpunkt der Erstattung des Gutachtens keine nennenswerte Veränderung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers auf, was die dem Beschwerdeführer beigegebene und von ihm bevollmächtigte Vertreterin der Rechtsberatungsorganisation auf Befragung des Richters in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigte (OZ 21, S 3). Insoweit erübrigen sich weitere Ermittlungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers.

Die eingenommene bzw. einzunehmende Medikation sowie die regelmäßige psychologische Behandlung des Beschwerdeführers ergeben sich aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen (OZ 14, 15; OZ 21, Beilage A) und den Angaben des Beschwerdeführers in der Stellungnahme vom 02.12.2019 (OZ 18) sowie in der mündlichen Beschwerdeverhandlung (OZ 21, S 9 f).

Insoweit aufgrund der medikamentösen Behandlung des Beschwerdeführers Zweifel an dessen Orientiertheit und Einvernahmefähigkeit aufgeworfen werden könnten, ist zunächst festzuhalten, dass der Beschwerdeführer zu Beginn der Einvernahme vor der belangten Behörde am 18.07.2017 explizit bestätigte, damit einverstanden zu sein, in der am betreffenden Tag gegebenen Verfassung einvernommen zu werden (AS 78). Einem allfälligen Einwand, dass die Einvernahmefähigkeit im verwaltungsbehördlichen Verfahren aufgrund von Einschränkungen der Orientierungsleistungen durch die medikamentöse Therapie nicht gegeben wäre, ist zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer zum Einvernahmezeitpunkt zwar in medikamentöser Behandlung stand, er jedoch in der Lage war, die an ihn gestellten Fragen, etwa zum Lebenslauf und den Ausreisegründen, nachvollziehbar zu beantworten. Der Beschwerdeführer zeigte sich in der Einvernahme allseits orientiert und waren neurokognitive Defizite bei Betrachtung der Niederschrift nicht feststellbar. Des Weiteren ist auf das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Sachverständigen Primar Dr. XXXX , LL.M., vom 27.10.2017 zu verweisen, wonach die Orientiertheit des Beschwerdeführers in zeitlicher, örtlicher und situativer Hinsicht sowie zur Person beziehungsweise die Verhandlungsfähigkeit seitens des Sachverständigen bejaht wurde (AS 301). Der Beschwerdeführer ist dem Ergebnis dieses Gutachtens nicht auf fachlicher Ebene substantiiert entgegengetreten. Ferner ist zu beachten, dass der Beschwerdeführer eine mündliche Verhandlung beantragte (AS 453, 459: der Beschwerdeführer möchte seinen Fluchtgrund noch einmal persönlich und unmittelbar schildern), um ein „schnelleres Verfahren“ ersuchte (OZ 12) und sich im Oktober 2019 unter anderem danach erkundigte, wann mit einer Verhandlung zu rechnen sei (OZ 16). Ein derartiges Vorgehen wäre im Falle fehlender Einvernahmefähigkeit nicht anzunehmen und der Beschwerdeführer brachte in den genannten Eingaben dergleichen auch nicht vor. In diesem Sinne sagte der Beschwerdeführer, zu Beginn der Verhandlung am 16.12.2019 gefragt „Sind Sie physisch und psychisch in der Lage, der heute stattfindenden mündlichen Beschwerdeverhandlung zu folgen? Liegen irgendwelche Gründe vor, die dagegensprechen? Haben Sie (chronische) Krankheiten und/oder Leiden?“, „Ja, mir geht`s gut, ich bin einvernahmefähig.“ (OZ 21, S 3). Auch anlässlich der in der Folge erteilten Belehrungen (OZ 21, S 4), die u. a. beinhalteten, der Beschwerdeführer solle alle Angaben zum Asylvorbringen möglichst präzise machen und dass er, sollte er Ereignisse vergessen haben, wahrheitsgemäß sagen solle, er können die Frage nicht beantworten, brachte der Beschwerdeführer keinerlei Gedächtnis-, Erinnerungs- oder sonst in diesem Zusammenhang womöglich bedeutsame Probleme vor (OZ 21, S 4). Dass der Beschwerdeführer Schwierigkeiten in der Artikulation seiner Befindlichkeit oder von Sachvorbringen hätte, kann seitens des Bundesverwaltungsgerichts in Anbetracht des bei der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks ebenso wenig erkannt werden. Die Schilderung komplexer Sachverhalte wurde dem Beschwerdeführer im Übrigen auch nicht abverlangt.

Der Beschwerdeführer brachte seine angeblichen Gedächtnis-/ Erinnerungsprobleme vor dem Bundesverwaltungsgericht stets nur dann vor, wenn er mit konkreten Fragen/ Aufforderungen konfrontiert war; etwa zu allfälligen Ergänzungen zu seinen Gründen für seine Antragstellung (OZ 21, S 18), zur Erklärung, wie es zu seinem ersten Hauskirchenbesuch gekommen sei (OZ 21, S 21), wann er sich tätowieren lassen habe (OZ 21, S 21 f), was das Gleichnis vom Gläubiger und seinen zwei Schuldner besage (OZ 21, S 24), wann, wo und in welcher Konfession er sich taufen lassen habe (OZ 21, S 25), wie er persönlich zum religiösen Konzept „Ablass“ stehe (OZ 21, S 25) oder zur Aufforderung, fünf christliche Werte zu nennen und zu erklären, wie er sie lebe (OZ 21, S 29). Die behaupteten Gedächtnis-, Erinnerungs- und Konzentrationsschwierigkeiten erweisen sich damit eindeutig als Schutzbehauptungen bzw. Ausflüchte, mit denen der Beschwerdeführer versucht, eine Erklärung für Widersprüche, fehlende Zeitangaben oder fehlende Details in der Darstellung der angeblich ausreisekausalen Geschehnisse sowie für seine falschen oder fehlenden Antworten auf Glaubensfragen zu erbringen und seine Glaubwürdigkeit zu stärken. Dieser Argumentationslinie des Beschwerdeführers kann ohnehin kein Erfolg beschieden sein, hat der Beschwerdeführer, wie in der Folge aufzuzeigen sein wird, doch auch die Fragen zu seiner persönlichen Glaubensüberzeugung, für die das Erinnerungsvermögen keine Rolle spielt, nicht beantworten können. Ferner begründet die Tatsache, dass der Beschwerdeführer mit den behaupteten Gedächtnis- und Konzentrationsschwierigkeiten ein unzutreffendes Vorbringen erstattet hat, weitere Zweifel an seiner persönlichen Glaubwürdigkeit. Widersprüche, fehlende Zeitangaben oder fehlende Details in der Darstellung der angeblich ausreisekausalen Geschehnisse sowie falsche oder fehlende Antworten auf Glaubensfragen lassen sich also nicht mit Gedächtnisschwierigkeiten oder anderen gesundheitlichen Problemen (plausibel) begründen, sondern indizieren, dass die vom Beschwerdeführer behaupteten Ereignisse nicht tatsächlich passiert sind und dass er sich – infolge fehlenden Interesses am christlichen Glauben – mit diesem nicht näher befasst. In Bezug auf die angeblich ausreisekausalen Geschehnisse hatte sich der Beschwerdeführer zur Beantwortung der entsprechenden Fragen nicht an tatsächlich Erlebtes zu erinnern, sondern er musste sich eine konstruierte und einstudierte Fluchtgeschichte ins Gedächtnis rufen, was ihm offenbar nur schlecht gelang. Überdies darf bei der Bewertung der behaupteten Gedächtnisprobleme nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Beschwerdeführer auch sonst – bisweilen andere vermeintliche Erklärungen konstruierend – mitunter nach Ausflüchten suchte (z. B. OZ 21, S 8 f, 32). Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer Gedächtnis- und Konzentrationsschwierigkeiten ausschließlich bei vom Richter und vom Vertreter der belangten Behörde gestellten Fragen behauptete (OZ 21, z. B. S 25, 29, 32). Bei den – im weiteren Verlauf der Verhandlung – von seiner Rechtsvertreterin gestellten Fragen machte der Beschwerdeführer dergleichen nicht geltend. Auch diese Umstände belegen, dass es sich bei den artikulierten Gedächtnis- und Konzentrationsschwierigkeiten um Schutzbehauptungen handelt.

Demnach wurde keine in der Vergangenheit oder aktuell vorliegende Einschränkung der Einvernahmefähigkeit festgestellt.

Der Beschwerdeführer war bei den behördlichen und gerichtlichen Befragungen/ Einvernahmen einvernahmefähig und es ist bei ihm keine Erkrankung oder Beeinträchtigung seiner Gesundheit fassbar, welche ihn außer Lage setzen würde, gleichlautende und detaillierte Angaben zu Ereignissen aus der jüngeren Vergangenheit zu machen.

Daher kann auch davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer im jeweiligen Zeitpunkt der betreffenden Verfahrensabschnitte in der Lage war, Bedeutung und Tragweite des Verfahrens und der sich in ihm ereignenden prozessualen Vorgänge zu erkennen, zu verstehen und sich den Anforderungen eines derartigen Verfahrens entsprechend zu verhalten; VwGH 14.12.2012, 2011/02/0053; 16.04.1984, 83/10/0254-0255, VwSlg 11410 A/1984.

Die Verfügbarkeit der Medikamente beziehungsweise Wirkstoffe sowie einer psychotherapeutischen Behandlung im Iran ergibt sich wiederum aus dem Umstand, dass die Verfügbarkeit der Medikamente beziehungsweise Wirkstoffe im Iran auch seitens des Beschwerdeführers im Verfahren nicht angezweifelt wurde. Vgl. insbesondere die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid, die sich auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für den Iran sowie eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation stützen (AS 93 ff, 355, 357, 397, 404) und denen der Beschwerdeführer nicht entgegentrat (vgl. insbesondere die gegenständliche Beschwerde, AS 451 ff). Im Übrigen verweist das Bundesverwaltungsgericht auf die Feststellungen unter 1.2.2.1. sowie 1.2.2.4. und die dafür maßgeblichen detaillierten Ausführungen zur medizinischen Versorgung im Iran im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für den Iran, Gesamtaktualisierung am 14.06.2019, S 82 ff.

Von einem mittelmäßigen bzw. guten Lebensstandard des Beschwerdeführers bzw. dessen Familie geht das Bundesverwaltungsgericht angesichts der Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde aus (AS 81).

Den Feststellungen zum Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung liegen ein aktueller Auszug aus dem entsprechenden Register (OZ 38) und Aussagen des Beschwerdeführers (AS 86 f; OZ 21, S 11, 13) zugrunde. Dass der Beschwerdeführer zeitweilig auch eine – finanzielle - Unterstützung durch eine Vertrauensperson und einen Freund sowie durch Überweisungen seiner Familie aus dem Iran erhielt, ergibt sich ebenfalls aus den Aussagen des Beschwerdeführers (AS 86 f; OZ 21, S 13). Dass die kurzzeitige Erwerbstätigkeit im Jahr 2017 nicht legal war, ist aus den Aussagen des Beschwerdeführers (OZ 21, S 13) in Zusammenschau mit dem im Gerichtsakt befindlichen Strafantrag eines österreichischen Finanzamts vom 19.12.2017 (OZ 4) ersichtlich. Dass er die im Falle der Erlangung einer Arbeitserlaubnis bei einem Freund arbeiten könne, brachte der Beschwerdeführer in der behördlichen Einvernahme am 18.07.2017 vor (AS 88). Nähere Angaben zur allfälligen Beschäftigung machte der Beschwerdeführer ebenso wenig, wie er eine schriftliche Bestätigung vorlegte.

Die Feststellungen zur ehrenamtlichen Tätigkeit in Betreuungseinrichtungen fußen einerseits auf den Angaben des Beschwerdeführers (AS 88) und sind andererseits durch Nachweise belegt (OZ 21, Beilage A). Dass der Beschwerdeführer - abgesehen von der Teilnahme am Gemeinschaftsleben der römisch-katholischen Pfarre XXXX - in Österreich nicht Mitglied von Vereinen oder Organisationen und auch nicht in Vereinen oder Organisationen aktiv sei und dass er ansonsten weder ehrenamtlich/ gemeinnützig tätig sei, ist im Lichte der Aussagen des Beschwerdeführers und der Tatsache, dass er keine gegenteiligen Bescheinigungsmittel vorgelegt hat, nicht zweifelhaft.

Die Feststellungen zur Beziehung zu seiner Freundin folgen im Wesentlichen den Aussagen des Beschwerdeführers am 16.12.2019 (OZ 21, S 11 ff). Insoweit es der Beschwerdeführer trotz mehrmaliger Belehrung durch den Richter betreffend Aussagepflicht, Mitwirkungspflicht und Aussageverweigerungsgründe (OZ 21, S 11 f) ablehnte, den Namen seiner Freundin zu nennen, und der Beschwerdeführer bzw. die dem Beschwerdeführer beigegebene und von ihm bevollmächtigte Vertreterin der Rechtsberatungsorganisation dies damit begründeten, dass der Beschwerdeführer aufgrund der erst kurzen Dauer der Beziehung diesen Umstand bzw. die Freundin in Zusammenhang mit der Beurteilung der Rückkehrentscheidung nicht „ausnutzen“ wolle (OZ 21, S 11, 13), so erlaubt sich das Bundesverwaltungsgericht darauf hinzuweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht keinen Anlass hat, an der Glaubhaftigkeit dieses Vorbringens zu zweifeln. Es bestätigt jedenfalls nochmals die eigene Aussage des Beschwerdeführers, wonach er sich in keiner Lebensgemeinschaft befindet (OZ 21, S 11). Dass der Beschwerdeführer in der Bundesrepublik Deutschland über mehrere Cousins verfügt, zu denen kein Kontakt besteht, und er in Österreich ansonsten keine Verwandten hat, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (OZ 21, S 11). Den Feststellungen zum Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich liegen ebenfalls die Aussagen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (AS 88; OZ 21, S 14) zugrunde. Das Bundesverwaltungsgericht stellt insgesamt nicht in Abrede, dass der Beschwerdeführer verschiedene private Kontakte - auch zu österreichischen Staatsbürgern bzw. in Österreich dauerhaft aufenthaltsberechtigte Personen - unterhält. Hinweise auf eine einem Familienleben entsprechende Beziehung gibt es – angesichts der Darstellung der Kontakte – nicht (vgl. OZ 21, S 14). Somit kann insgesamt im Hinblick auf die festgestellten und im (gerichtlichen) Verfahren genannten Aktivitäten (vgl. auch z. B. OZ 21, S 14) kein Abhängigkeitsverhältnis und auch keine über ein herkömmliches Freundschaftsverhältnis hinausgehende Bindung festgestellt werden.

Dass sich der Beschwerdeführer von XXXX 2016 bis XXXX 2016 in einer österreichischen Justizanstalt in Untersuchungshaft befand, ist einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister (OZ 38) zu entnehmen und deckt sich mit den Ausführungen im Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX 2016, XXXX , bezüglich der anzurechnenden Vorhaft.

Zur festgestellten strafgerichtlichen Verurteilung verweist das Bundesverwaltungsgericht auf das von der Behörde mit der Beschwerde vorgelegte Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX 2016, XXXX , sowie auf den Eintrag im Strafregister der Republik Österreich (OZ 38). Anhand der im Gerichtsakt enthaltenen Auszüge aus dem von verschiedenen österreichischen Bezirksverwaltungsbehörden (jeweils) geführten Verwaltungsstrafregister bzw. schriftlichen Auskünfte von Bezirksverwaltungsbehörden waren schließlich die Feststellungen bezüglich der Verwaltungsübertretungen zu treffen (OZ 11, OZ 33 bis 37); vgl. auch die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung (OZ 21, S 14).

Insoweit der Beschwerdeführer in der schriftlichen Stellungnahme vom 02.12.2019 (OZ 18) behauptet, dass er die strafgerichtliche Verurteilung bedauere, die Probezeit bereits abgelaufen und er seither keine Straftat mehr begangen habe, so ist dem zu entgegnen, dass diese Ausführungen, wonach der Beschwerdeführer das Unrecht seiner Taten eingesehen hätte und er offenbar bestrebt sei, künftig ein rechtstreues Leben zu führen, im diametralen Widerspruch zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens stehen. So hat der Beschwerdeführer die Tat, derentwegen er rechtskräftig verurteilt worden ist, anlässlich der mündlichen Verhandlung geleugnet und relativiert. Demnach erklärte er auf Nachfrage des Richters unschuldig zu sein. Ihm sei gesagt worden, dass er jemanden mit dem Umbringen bedroht haben soll (OZ 21, S 14). Ähnlich argumentierte der Beschwerdeführer auch bereits vor der belangten Behörde (vgl. AS 85). Insoweit verbleibt der Beschwerdeführer bei der konsequenten Leugnung jeglichen Fehlverhaltens, wobei zur Frage der Führung eines rechtstreuen Lebens zudem auf die von ihm in den Jahren 2017, 2018 und 2019 begangenen Verwaltungsübertretungen zu verweisen ist. Die vom Beschwerdeführer gesetzten Handlungen während seines Aufenthalts im Bundesgebiet waren daher jedenfalls geeignet, das ordentliche und sichere Zusammenleben der Gemeinschaft zu gefährden und weckt dieses konsequente Leugnen seines Fehlverhaltens weitere Zweifel an seiner persönlichen Glaubwürdigkeit.

Wann der Beschwerdeführer den Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist in unbedenklichen Urkunden/ Unterlagen dokumentiert (AS 3, 25 ff). Es ist auch naheliegend, dass der Beschwerdeführer, kurz bevor er den Antrag auf internationalen Schutz stellte, in das Bundesgebiet eingereist ist. Dass er illegal in das Bundesgebiet eingereist ist, steht außer Frage, zumal er bei seiner Einreise kein (gültiges) Einreisedokument vorlegen konnte. Zu seiner Einreise in das Bundesgebiet im Juli 2015 und seiner illegalen Ausreise aus dem Iran hat der Beschwerdeführer des Weiteren im Verfahren im Wesentlichen gleichbleibende Angaben gemacht (AS 5 ff, 80 f; OZ 21, S 16), die dementsprechend den Feststellungen zugrunde gelegt werden konnten. Wann konkret der Beschwerdeführer den Iran verlassen hat, kann seinen Angaben nicht entnommen werden, wobei die Schilderungen des Beschwerdeführers darauf hindeuten, dass er den Iran etwa Mitte 2014 bis Anfang 2015 verlassen hat. In der Erstbefragung am 11.07.2015 legte der Beschwerdeführer dar, vor etwa drei bis vier Monaten - somit etwa Mitte März bis Mitte April 2015 - aus dem Iran zu Fuß über die Berge in die Türkei ausgereist zu sein (AS 5). Vor der belangten Behörde am 18.07.2017 sagte er hingegen, es zwar nicht genau zu wissen, den Iran aber vor etwa drei Jahren - somit etwa Mitte 2014 - verlassen zu haben (AS 80). In der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 16.12.2019 schilderte der Beschwerdeführer wiederum, den Iran vor etwa sechs oder sieben Jahren verlassen zu haben. Er könne dies nicht genau sagen, aber es sei entweder Anfang oder Mitte Winter 1393 (Umrechnung in gregorianischen Kalender: Dezember 2014 oder Jänner 2015) gewesen (OZ 21, S 16). Im Ergebnis kann das Bundesverwaltungsgericht das Datum der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Iran daher nicht zweifelsfrei feststellen; Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers erscheinen auch aufgrund dieser Schilder

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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