TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/8 L502 2231685-1

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Veröffentlicht am 08.10.2020
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Entscheidungsdatum

08.10.2020

Norm

AVG §78
B-VG Art133 Abs4
FPG §60 Abs2

Spruch


L502 2231685-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.04.2020, FZ. 111883704-200365524, zu Recht erkannt:

A)       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Im Hinblick auf zahlreiche strafgerichtliche Verurteilungen des Beschwerdeführers (BF) erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gegen ihn mit Bescheid vom 21.05.2019 eine Rückkehrentscheidung gem. §§ 52 Abs. 5 FPG, verbunden mit einem zweijährigen Einreiseverbot gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG. Seine Abschiebung in die Türkei wurde gem. § 52 Abs. 9 FPG für zulässig erklärt und gem. § 18 Abs. 2 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die Entscheidung erwuchs am 26.06.2019 in Rechtskraft.

2. Mit Schriftsatz seines Vertreters vom 14.04.2020 an das BFA stellte der BF einen Antrag auf Aufhebung des Einreiseverbots.

3. Mit dem im Spruch bezeichneten Bescheid des BFA vom 28.04.2020 wurde dieser Antrag gem. § 60 Abs. 2 FPG abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gem. § 78 AVG die Entrichtung einer Bundesverwaltungsabgabe in Höhe von EUR 6,50 binnen 28 Tagen vorgeschrieben (Spruchpunkt II.).

4. Der Bescheid wurde dem Vertreter des BF am 04.05.2020 zugestellt, wogegen dieser mit 02.06.2020 fristgerecht Beschwerde in vollem Umfang erhob.

5. Die Beschwerdevorlage der belangten Behörde langte mit 08.06.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein (BVwG) und wurde das gg. Beschwerdeverfahren in der Folge der nun zur Entscheidung berufenen Gerichtsabteilung zur Entscheidung zugewiesen.

7. Das BVwG erstellte Auszüge aus den Datenbanken der Grundversorgungsinformation, des IZR, des Melde- und des Strafregisters.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der gg. Verfahrensgang steht fest.

1.2. Die genaue Identität des BF steht fest. Er wurde am XXXX in Österreich geboren und ist türkischer Staatsangehöriger.

Er verfügte zuletzt über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ vom 05.08.2013 mit Gültigkeit bis 04.08.2018. Ein Verlängerungsantrag wurde von ihm am 03.08.2018 gestellt.

In Österreich leben seine Eltern, zwei Schwestern und ein Bruder. Er besuchte den Kindergarten, die Volks- und Hauptschule und begann im Jänner 2018 eine Lehre als Tiefbauer und Maurer.

Er ist ledig und hat keine Sorgepflichten.

Er ist seit 2012 durchgehend im Bundesgebiet gemeldet und hat dieses seit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot im Mai 2019, in Rechtskraft erwachsen im Juni 2019, nicht verlassen.

1.2. Er wurde mit rechtskräftigem Urteil des XXXX vom XXXX wegen XXXX zu einer XXXX verurteilt. Mit rechtskräftigem Urteil des XXXX vom XXXX wurde er wegen XXXX zu einer XXXX verurteilt. Mit rechtskräftigem Urteil des XXXX vom XXXX wurde er wegen XXXX zu einer XXXX verurteilt. Mit rechtskräftigem Urteil des XXXX vom XXXX wurde er wegen XXXX zu einer XXXX mit einer Zusatzstrafe gem. XXXX verurteilt. Mit rechtskräftigem Urteil des XXXX vom XXXX wurde er wegen §§ XXXX zu einer XXXX verurteilt. Mit rechtskräftigem Urteil des XXXX vom XXXX wurde er wegen XXXX zu einer XXXX und einer XXXX verurteilt. Mit rechtskräftigem Urteil des XXXX vom XXXX wurde er wegen XXXX zu einer XXXX verurteilt. Mit rechtskräftigem Urteil des XXXX vom XXXX wurde er wegen XXXX zu einer XXXX verurteilt. Mit rechtskräftigem Urteil des XXXX vom XXXX wurde er wegen XXXX ohne Zusatzstrafe verurteilt. Mit rechtskräftigem Urteil des XXXX vom XXXX wurde er wegen XXXX zu einer XXXX verurteilt. Mit rechtskräftigem Urteil des XXXX vom XXXX wurde er wegen XXXX zu einer XXXX verurteilt. Mit rechtskräftigem Urteil des XXXX vom XXXX wurde er wegen XXXX zu einer XXXX verurteilt. Mit rechtskräftigem Urteil des XXXX vom XXXX wurde er wegen XXXX zu einer XXXX verurteilt. Mit rechtskräftigem Urteil des XXXX vom XXXX wurde er wegen XXXX zu einer XXXX verurteilt.

Er wurde sohin zwischen XXXX und XXXX insgesamt XXXX Mal rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt.

Seit 18.09.2019 ist er in der Justizanstalt XXXX inhaftiert.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den gg. Verfahrensakt des BFA und die vorliegende Beschwerde sowie durch die Einholung aktueller Auszüge aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister, dem Zentralen Melderegister und dem Strafregister den BF betreffend.

2.2. Die Feststellungen oben stellen sich im Lichte dessen als unstrittig dar.

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, 1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Mit Datum 1.1.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 53/2019.

Mit dem BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) als Rechtsnachfolger des vormaligen Bundesasylamtes eingerichtet. Gemäß § 3 Abs. 1 BFA-VG obliegt dem BFA u.a. die Vollziehung des BFA-VG, des FPG und des AsylG.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheides des Bundesamtes.

Zu A)

1. Der § 60 FPG lautet:

(1) Das Bundesamt kann ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 2 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände verkürzen oder aufheben, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

(2) Das Bundesamt kann ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände verkürzen, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat und seither einen Zeitraum von mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes im Ausland verbracht hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

(3) …

2.1. In seinem verfahrenseinleitenden Antrag trug der Vertreter des BF eingangs vor, dass sich „seit Erlassung des Aufenthaltsverbots“ (gemeint: des Einreiseverbots) gegen den BF mit Bescheid des BFA vom 21.05.2019 „die maßgebliche Sach- und Rechtslage zu Gunsten des BF geändert“ habe.

Im Weiteren führte er aus, weshalb aus europarechtlicher Sicht schon die Erlassung des Einreiseverbots per se rechtswidrig gewesen sei, weshalb dieses aufzuheben sei.

In der Folge legte er die privat- und familienrechtlichen Verhältnisse des BF im Bundesgebiet sowie seine aktuelle Situation in der Haftanstalt, wo er sich in verschiedener Hinsicht handwerklich etc. betätige, dar. Darüber hinaus strebe er im Rahmen des Haftausgangs verschiedene berufliche Qualifizierungen an. Mit der daraus abzuleitenden Perspektive einer positiven Integration in den heimischen Arbeitsmarkt nach der Entlassung sei daher ein Aufhebungsgrund gegeben. Auch eine Rückfallgefahr im Hinblick auf seine früheren strafrechtlichen Verfehlungen sei nicht gegeben, insbesondere liege keine Drogenabhängigkeit vor, was durch eine sachverständige Begutachtung festgestellt werden könne, die hiermit beantragt werde. Günstig wirke sich zudem der familiäre Hintergrund des BF in Österreich aus, wobei dieser schon im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung in Gegenüberstellung zu den Auswirkungen des Einreiseverbots zu seinen Gunsten berücksichtigt werden müsste.

Als Nachweise gelangten u.a. eine Beschäftigungszusage, Anerkennungsschreiben aufgrund guter Führung und Mitarbeit in der Haftanstalt und Teilnahmebestätigungen für berufliche Fortbildungsveranstaltungen zur Vorlage.

2.2. Im bekämpften Bescheid legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, dass weder in der Person des BF noch in seinen privaten und familiären Umständen maßgebliche Änderungen seit der Verhängung des Einreiseverbots eingetreten seien, zudem habe er seit dem Eintritt der Rechtskraft des betreffenden Bescheides weder das Bundesgebiet verlassen noch danach einen Zeitraum von mehr als der Hälfte des gegen ihn verhängten Einreiseverbots außerhalb der EU-Mitgliedstaaten verbracht. Auch sei im Hinblick auf die für die Erlassung des Einreiseverbots ursächlichen Gründe kein Anlass dafür eingetreten dieses aufzuheben oder zu verkürzen.

2.3. In der Beschwerde des BF wurden dem neuerlich europarechtliche Erwägungen zur Frage der Berechtigung des gegen ihn erlassenen Einreiseverbots als solches entgegengehalten. Im Weiteren wurde die Argumentation des verfahrenseinleitenden Antrags unter Zugrundelegung der privaten und familiären Verhältnisse des BF wiederholt.

3.1. In der Regierungsvorlage zum Fremdenrechtsanpassungsgesetz bzw. der Novellierung u.a. des FPG im Jahr 2013 findet sich folgende erklärende Anmerkung:

„Die vorgeschlagenen Abs. 1 und 2 (erg.: des § 60 FPG) ergehen in Reaktion auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes vom 03. Dezember 2012 zu G 74/12. Mit dieser Regelung soll nunmehr ein abgestuftes System der Aufhebung- und Verkürzungsmöglichkeit eines Einreiseverbotes geschaffen werden.

Einreiseverbote gemäß § 53 Abs. 2 können auf Antrag des Drittstaatsangehörigen, der vom Ausland aus zu stellen ist, verkürzt oder zur Gänze aufgehoben werden. Wie bereits in der geltenden Rechtslage steht die Möglichkeit der Aufhebung und der Verkürzung nur in jenen Fällen zur Verfügung, in denen der Drittstaatsangehörige fristgerecht und damit freiwillig ausgereist ist. Eine fristgerechte Ausreise ist durch den Drittstaatsangehörigen nachzuweisen.

Einreiseverbote gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 können auf Grund der Schwere der Straftaten, die dem Einreisverbot zugrunde liegen nur verkürzt werden. Durch diesen Verweis in Abs. 2 soll das abgestufte System verdeutlicht werden, da Einreisverbote, die sich auf in § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 genannten besonders schweren Straftaten gründen einer Aufhebungs- und Verkürzungsmöglichkeit nicht zugänglich sind, da in diesen Fällen jedenfalls die Gründe des Art. 8 Abs. 2 EMRK überwiegen.“

Mit Blick auf den § 60 FPG ist der belangten Behörde daher schon insoweit beizupflichten, als der BF seit der Verhängung des Einreiseverbots das Gebiet der Mitgliedstaaten nicht freiwillig verlassen hat, auch wenn dies angesichts seiner Anhaltung in der Haft per se nicht möglich war.

Diese Tatbestandsvoraussetzung für eine Aufhebung oder Verkürzung des Einreiseverbots war sohin von vorneherein nicht gegeben.

3.2. In der og. Entscheidung vom 03. Dezember 2012 zu G 74/12 legte der VfGH im Übrigen dar, welche Umstände eine Aufhebung oder Verkürzung eines Einreiseverbots nach § 53 FPG bedingen können, indem er auf eine sich „aus Art. 8 EMRK ergebende Verpflichtung (erg.: verweist), unter besonderen Umständen den Aufenthalt eines Fremden zu ermöglichen, und zwar insbesondere auch in jenen Fällen, in denen die Gründe, die zur Erlassung geführt haben, nachträglich weggefallen sind, sich die Familiensituation maßgeblich geändert hat oder einem gemeinsamen Familienleben im Heimatstaat des Fremden wesentliche Hindernisse entgegenstehen.“

Wie die belangte Behörde ebenso zutreffend erwogen hat, ist eine maßgebliche Veränderung in der familiären Situation des BF seit der Erlassung des Einreiseverbots nicht eingetreten bzw. wurde eine solche von ihm nicht dargelegt. Die zum Zeitpunkt der Erlassung des Einreiseverbots bestehende familiäre Situation war ohnehin in die damaligen Erwägungen der zuständigen Behörde eingeflossen.

Auch was eine Unmöglichkeit der Fortführung eines gemeinsamen Familienlebens im Heimatstaat angeht, hatte die damals zuständige Behörde diese Frage im Hinblick auf Art. 8 EMRK zu berücksichtigen. Eine wiederum seither eingetretene maßgebliche Änderung im Sachverhalt wurde aber im gg. Antrag des BF gemäß § 60 FPG schon nicht dargetan.

Ein allfälliger Gesinnungswandel eines Straftäters ist der ständigen Judikatur des VwGH zufolge grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug der Freiheitsstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. VwGH vom 25.01.2018, Ra. 2018/21/0004 sowie VwGH vom 19. April 2012, Zl. 2010/21/0507, und vom 25. April 2013, Zl. 2013/18/0056, jeweils mwN).

Das gilt auch im Fall einer (erfolgreich) absolvierten Therapie (VwGH vom 26.01.2017, Zl. Ra 2016/21/0233 - vgl. E 22. September 2011, 2009/18/0147; B 22. Mai 2014, Ro 2014/21/0007; B 15. September 2016, Ra 2016/21/0262).

Im Hinblick darauf war darauf zu verweisen, dass ein Wegfall der seinerzeitigen Gründe für die Erlassung des Einreiseverbots, nämlich die aus der fortgesetzten Straffälligkeit des BF resultierende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, schon angesichts des Umstands, dass die jüngste strafgerichtliche Verurteilung des BF vom März 2019 in zeitlicher Nähe zur Erlassung des Einreiseverbots im Mai 2019 und der gg. Antragstellung vom April 2020 erfolgt war, nicht eingetreten sein konnte.

Diese Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 8 Monaten wegen § 83 iVm § 15 sowie wegen § 107 StGB erfolgte zudem wegen strafbarer Handlungen gegen Leib und Leben bzw. die Freiheit, welcher wiederum Verurteilungen im Jahr 2018 wegen § 83 StGB und 2019 wegen § 115, § 117 und § 269 iVm § 15 StGB vorausgegangen waren. Auch in den Jahren 2017, 2015, 2014 usw. war es bereits jeweils zu strafgerichtlichen Verurteilungen des BF gekommen. Es wäre daher auch im Lichte dieser fortgesetzten und gravierenden Straffälligkeit nicht erkennbar geworden, dass die zur Verhängung des Einreiseverbots führenden Gründe seit dessen Erlassung, also in einem Zeitraum von nur wenigen Monaten weggefallen sein könnten. Dies auch unter Beachtung dessen, dass ihm eine gute Führung für den bisherigen Zeitraum der Inhaftierung bescheinigt wurde und er sich bemühte Maßnahmen zur beruflichen Fortbildung zu absolvieren.

4. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I war daher abzuweisen.

5.1. Gemäß § 78 Abs. 1 AVG können den Parteien in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung [...] für die Verleihung von Berechtigungen oder sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen der Behörden Bundesverwaltungsabgaben auferlegt werden, sofern die Freiheit von derlei Abgaben nicht ausdrücklich durch Gesetz festgesetzt ist.

Gemäß § 78 Abs. 2 AVG sind für das Ausmaß der Bundesverwaltungsabgaben, abgesehen von den durch Gesetz besonders geregelten Fällen, durch Verordnung der Bundesregierung zu erlassende Tarife maßgebend [...].

Gemäß § 1. Abs. 1 der Verordnung der Bundesregierung über die Verwaltungsabgaben in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung und über die Art ihrer Einhebung bei den Bundesbehörden (BVwAbgV) haben die Parteien für jede Verleihung einer Berechtigung oder für sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen, die von Behörden im Sinne des Art. VI Abs. 1 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen oder infolge Säumnis einer solchen Behörde vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommen wurden, in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung - abgesehen von den durch Gesetz besonders geregelten Fällen - die gemäß dem Abschnitt II festgesetzten Verwaltungsabgaben zu entrichten.

Gemäß Tarif A Z. 2 BVwAbgV beträgt das Ausmaß der Verwaltungsabgabe in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung für sonstige Bescheide oder Amtshandlungen, die wesentlich im Privatinteresse der Partei liegen, soweit nicht eine andere Tarifpost Anwendung findet, EUR 6,50.

Bei der Beurteilung der Frage, ob und allenfalls in wessen Privatinteresse eine Amtshandlung lag, ist die einzelne Amtshandlung nicht isoliert, sondern im Gesamtzusammenhang jenes Verfahrens zu sehen, dessen Teil sie bildet. Dabei ist auf das jeweilige Verfahrensziel abzustellen (VwGH 01.09.2017, Ra 2016/03/0055).

5.2. Für das gg. Verfahren bedeutet dies, dass die belangte Behörde auf Einschreiten des BF das nunmehrige Verfahren eingeleitet und geführt hat. In Ermangelung eines amtswegigen Behebungsgrundes des Einreiseverbotes ist sohin von einem wesentlichen privaten Interesse des BF auszugehen. Dass das BFA dabei auch öffentliche Interessen zu beachten hatte, schadet nicht, zumal das Verfahrensziel die Herabsetzung bzw. Aufhebung des Aufenthaltsverbotes aus privaten Interessen des BF war. Bei der Entscheidung der belangten Behörde handelte es sich um einen sonstigen Bescheid, der im Privatinteresse des BF liegt, weshalb gemäß § 78 AVG iVm. § 1 Abs. 1 iVm. Tarif A Z. 2 BVwAbgV die Vorschreibung einer Verwaltungsabgabe iHv EUR 6,50 rechtmäßig war.

5.3. Die Beschwerde war sohin auch zu Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

6. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF, kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gg. Fall gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung §von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ausreiseverpflichtung private Interessen Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Verkürzung des Einreiseverbotes Verwaltungsabgabe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L502.2231685.1.00

Im RIS seit

10.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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