TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/9 L512 2172237-2

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Veröffentlicht am 09.10.2020
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Entscheidungsdatum

09.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
AVG §71
B-VG Art133 Abs4

Spruch


L512 2172237-2/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Pakistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, Außenstelle Wr. Neustadt, vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 71 AVG stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (nachfolgend: BFA) vom. XXXX Zl: XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers (nachfolgend BF) auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Pakistan zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

I.2. Der Bescheid des BFA vom XXXX wurde dem BF durch Hinterlegung am 22.02.2017 zugestellt.

I.3. Gegen den Bescheid des BFA vom XXXX erhob der BF am 30.08.2017 Beschwerde durch seine Vertretung und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde damit begründet, dass der BF ohne sein Verschulden von der Zustellung des Bescheides nichts erfahren habe. Am 09.08.2017 habe der BF von der Caritas Grundversorgung (nach einer Abfrage des Portals Austria) erfahren, dass sein Antrag auf internationalen Schutz rechtskräftig negativ entschieden worden sei. Deshalb habe der BF keinen Anspruch auf Grundversorgung mehr. Laut einer telefonischen Auskunft des BFA sei der BF seit 09.03.2017 rechtskräftig „negativ“. Nach Auskunft des BFA, Niederösterreich sei dem BF der Bescheid beim „zweiten Mal“ zugestellt worden. Das Nachsenden zweier Kopien beweise, dass auch dem BFA bewusst gewesen sei, dass es ein Problem mit der Zustellung gegeben habe. Der Bescheid wurde dem BF am 16.08.2017 postalisch hinterlegt, weshalb die Erhebung der Beschwerde binnen offener Frist erfolgt sei.

I.4. Mit Bescheid des BFA vom XXXX , Zl: XXXX , wies das BFA den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 30.08.2017 zurück (Spruchpunkt I.) und erkannte dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die aufschiebende Wirkung zu (Spruchpunkt II.). Zusammenfassend begründete das BFA diese Entscheidung damit, dass der BF am 09.08.2017 (Telefonat mit der Caritas Grundversorgung) Kenntnis über den rechtskräftigen negativen Asylbescheid erlangt habe, weshalb der BF bis zum Ablauf des 22.08.2017 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einbringen hätten müssen. Der Wiedereisetzungsantrag vom 30.08.2017 sei sohin verspätet eingebracht worden und als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

I.5. Gegen diesen Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF bis 05.09.2017 in einem Hotel gewohnt habe und dort kein Briefkasten vorhanden sei. Diese Tatsache und die Aussage des BF, wonach er sich nicht erklären könne, weshalb die Zustellung nicht erfolgt sei, hätte das BFA an der Zustellung zweifeln lassen müssen. Verwiesen wurde auf Stummvoll in Fasching/Konecny3 II/2 § 17 ZustG, Rz 28, wonach ein für mehrere Wohnungen (allgemein: für mehrere Abgabestellen) bestimmter Briefkasten nicht die Voraussetzungen eines Briefkastens iSd §§ 17, 21 und wohl auch § 26 ZustG erfülle. Es sei nicht auszuschließen, dass die Abgabe an der Rezeption des Hotels ebenfalls für mehrere Wohnungen eingerichtet sei. Das BFA habe dahingehend keine Ermittlungen vor Ort bzw. eine Befragung des BF vorgenommen, weshalb es mangelhaft ermittelt habe.

Zur Annahme des BFA, wonach der BF am 10.08.2017 durch einen Mitarbeiter der GVS von der Zustellung des Asylbescheides erfahren habe und somit das Hindernis zur rechtzeitigen Erhebung der Beschwerde weggefallen sei, wurde ausgeführt, dass der BF am 10.08.2017 schwer entscheiden hätte können, ob er Beschwerde erheben will, weil ihm die Begründung des Bescheides nicht bekannt gewesen sei. Dem BF sei es erst ab 17.08.2017 möglich gewesen, sich mit der Begründung auseinanderzusetzen. Auch der Diakonie sei im Rahmen seines Telefonates am 21.08.2017 keine Auskunft über das Asylverfahren erteilt worden.

I.6. Die Beschwerde wurde samt maßgeblichen Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Verständigung über die Hinterlegung des Bescheides des BFA vom XXXX , Zl. XXXX , wurde am 21.02.2017 in die Abgabeeinrichtung eingelegt und ab 22.02.2017 zur Abholung bereitgehalten.

Der Bescheid des BFA vom XXXX wurde vom BF nicht behoben, weshalb dieser nach Ablauf der Abholfrist an die belangte Behörde retourniert wurde und dort am 15.03.2017 einlangte.

Am 17.08.2017 wurde dem BF eine Kopie des Bescheides des BFA vom XXXX zugestellt.

Am 09.08.2017 erlangte der BF Kenntnis von der Existenz und am 17.08.2017 von der Begründung des Bescheides des BFA vom XXXX .

Die Beschwerde samt Wiedereinsetzungsantrag wurden der belangten Behörde am 30.08.2017 übermittelt.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellung, dass der Bescheid vom XXXX innerhalb der Abholfrist nicht behoben wurde, beruht auf der Tatsache, dass der Bescheid dem BFA mit dem Hinweis "nicht behoben" am 15.03.2017 retourniert wurde (AS 249).

Die Feststellung zur ordnungsgemäßen Zustellung des Bescheides vom XXXX durch Hinterlegung und dazu, dass die Verständigung über die Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung eingelegt wurde, ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Rückschein (AS 229), an dessen Richtigkeit keine Zweifel hervorgekommen sind. Der Rückschein und die Verständigung über die Hinterlegung des Dokuments stellen öffentliche Urkunden nach dem Zustellgesetz dar. Öffentliche Urkunden begründen den vollen Beweis dessen, was darin von der Behörde amtlich verfügt oder erklärt oder von der Behörde oder der Urkundsperson bezeugt wird. Für öffentliche Urkunden wird also die inhaltliche Richtigkeit im Sinne des § 45 Abs. 1 AVG gesetzlich vermutet (vgl. VwGH 17.11.1999, Zl. 99/12/0199).

Dass der BF am 09.08.2017 von der Existenz des Bescheides des BFA vom XXXX erfahren hat, beruht auf den Angaben des BF, wonach er an diesem Tag mit der Caritas Grundversorgung telefoniert habe und im mitgeteilt worden sei, dass ein „negativer“ Bescheid ergangen sei. Dass der BF erst am 17.08.2017 Kenntnis über die Begründung des Bescheides des BFA erlangte, beruht darauf, dass ihm an diesem Tag die Kopie des Bescheides zugestellt wurde. Die Zustellung der Kopie des Bescheides vom XXXX am 17.08.2017 wurde weder vom BFA noch vom BF bestritten.

2. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

II.2.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

II.2.2. Das BFA stützte die Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf § 71 Abs. 1 AVG. Dazu ist allerdings festzuhalten, dass bei Versäumen der Beschwerdefrist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand § 33 VwGVG die maßgebliche Bestimmung ist und nicht § 71 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt (vgl. VwGH, 28.09.2016, Ro 2016/16/0013 oder auch zuletzt VwGH, 05.12.2018, Ra 2018/20/0441). Dies bedingt allerdings keine inhaltliche Änderung, zumal § 33 VwGVG dem § 71 AVG nachgebildet ist.

II.2.3. Mit dem bekämpften Bescheid des BFA wurde der Wiedereinsetzungsantrag des BF vom 30.08.2017 gemäß § 71 Abs. 2 AVG zurückgewiesen.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH darf ein Verwaltungsgericht auf Grund einer gegen eine Zurückweisung erhobenen Beschwerde nur über die Rechtmäßigkeit des Zurückweisungsbescheides, nicht hingegen über den Antrag selbst entscheiden (vgl. dazu etwa VwGH 12.10.2015, Ra 2015/22/0115, mit Verweis auf VwGH 29.04.2015, 2013/08/0136).

"Sache" im Sinne des § 28 Abs. 2 VwGVG und demnach Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG ist im vorliegenden Fall die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 16.01.2016 durch das BFA (vgl. VwGH 12.10.2015, Ra 2015/22/0115, mit Verweis auf VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002, 0003; VwGH 23.06.2015, Ra 2015/22/0040; VwGH 16.09.2015, Zl. Ra 2015/22/0082 bis 0084).

II.2.4. Zur Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages:

§ 71 AVG lautet auszugsweise:

„(1) [..]

(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

(3) bis (7) […]“

§ 33 VwGVG lautet auszugsweise:

„§ 33. (1) bis (2) […]

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen
1.         nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.
2.         nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,

bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) bis (6) […]“

II.2.4.1. Das BFA begründete die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages im Wesentlichen damit, dass am 09.08.2017 im Zuge eines Telefonates des BF mit der Caritas Grundversorgung – spätestens aber mit dem am 10.18.2017 erfolgten Telefonat eines Mitarbeiters der Caritas Grundversorgung mit dem BFA - das etwaige Hindernis zur rechtzeitigen Einbringung einer Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom XXXX weggefallen sei, zumal er damit Kenntnis von der Existenz des Bescheides erlangt habe. Er sei ab diesem Zeitpunkt nicht mehr auf sich alleine gestellt gewesen und hätte die nötigen Maßnahmen treffen können. Die Frist habe somit am 23.08.2017 geendet, weshalb sich der Wiedereinsetzungsantrag vom 30.08.2017 als nicht rechtzeitig erweise.

Die bloße Kenntnis von der "Existenz" eines abweisenden Bescheides ist dem Wegfall des Hindernisses iSd § 71 Abs 2 AVG aber dann nicht gleichzusetzen, wenn dem Wiedereinsetzungswerber dadurch die maßgebenden Umstände (die sich beispielsweise aus der Begründung des Bescheides ergeben) nicht zur Kenntnis gebracht worden sind, welche ihn erst in die Lage versetzt hätten, eine Berufung mit einem iSd § 63 Abs 3 AVG ausreichenden Inhalt zu erheben (VwGH 15. 9. 1994, 94/19/0393).

Hat die Partei vom Inhalt des abweisenden Bescheides (einschließlich seiner Begründung) keine Kenntnis, ist sie idR gehindert, die versäumte Verfahrenshandlung durch Vornahme der dafür notwendigen rechtlichen Schritte nachzuholen, weshalb die Frist zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrags nicht zu laufen begonnen hat [VwGH 15. 9. 1994, 94/19/0393; vgl auch VwGH 21. 5. 1992, 92/09/0009; 16. 3. 1994, 94/01/0121; Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 (Stand 1.4.2009, rdb.at)].

Fallgegenständlich ergibt sich, dass der BF am 09.08.2017 aufgrund eines Telefonates mit der Caritas Grundversorgung von der Existenz eines „negativen“ Bescheides erfuhr und ihm mitgeteilt wurde, dass er keinen Anspruch auf Grundversorgung mehr habe. Aus einem Aktenvermerk des BFA ergibt sich zudem, dass ein Mitarbeiter der Caritas Grundversorgung am 10.08.2017 beim BFA angerufen hat und sich über den Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides vom XXXX erkundigte sowie um die Übermittlung einer Kopie des Bescheides ersuchte. Es gibt aber – entgegen der Annahme des BFA - keinen Hinweis darauf, dass der BF am 09.08.2017 oder 10.08.2017 schon vom konkreten Inhalt des Bescheides in Kenntnis gesetzt wurde.

Die bloße Kenntnis von der „Existenz“ eines abweisenden Bescheides ist dem Wegfall des Hindernisses iSd § 71 Abs 2 AVG jedoch nicht gleichzusetzen, wenn dem Wiedereinsetzungswerber dadurch die maßgebenden Umstände (die sich bspw. aus der Begründung des Bescheides ergeben) nicht zur Kenntnis gebracht worden sind, welche ihn erst in die Lage versetzt hätten, eine Berufung mit einem iSd § 63 Abs 3 AVG ausreichenden Inhalt zu erheben (VwGH 15.09.1994, 94/19/0393). Hat die Partei vom Inhalt des abweisenden Bescheides (einschließlich der Begründung) keine Kenntnis, ist sie idR gehindert, die versäumte Verfahrenshandlung durch Vornahme der dafür notwendigen rechtlichen Schritte nachzuholen, weshalb die Frist zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages nicht zu laufen begonnen hat (VwGH 15.09.1994, 94/19/0393; vgl auch VwGH 21.05.1992/09/009; 16.03.1994, 94/01/0121).

Der Beschwerdeführer war sohin vor der Zustellung der Kopie des Bescheides des BFA vom XXXX gehindert, die versäumte Verfahrenshandlung durch Vornahme der dafür notwendigen rechtlichen Schritte nachzuholen, weshalb die Frist zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrags zu diesem Zeitpunkt nicht zu laufen begonnen hat.

Erst durch die Zustellung einer Kopie des Bescheides des BFA am 17.08.2017 erlangte der BF Kenntnis von der Begründung des Bescheides, sodass die verfahrensrechtliche Frist von zwei Wochen durch die Einbringung des Wiedereinsetzungsantrages am 30.08.2017 gewahrt wurde.

Aus diesem Grund ist die Zurückweisung des Wiederaufnahmeantrages unrechtmäßig erfolgt, weshalb der Bescheid ersatzlos zu beheben war.

Das BFA wird im fortgesetzten Verfahren den Wiedereinsetzungsantrag einer meritorischen Prüfung zu unterziehen haben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II.2.5. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war, Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen und eine initiative Darlegung für die Entscheidungsfindung relevanten Umstände, die durch die weitere Hinterfragung zu klären gewesen wären, nicht erforderlich war. Insbesondere ist zu betonen, dass auf der Sachverhaltsebene keine Fragen offengeblieben sind, sondern diese vielmehr aus den Verwaltungsakten beantwortet werden konnten.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Erkenntnis hält sich an die zitierte Judikatur des VwGH zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellte sich nicht.

Schlagworte

Fristenlauf Wiedereinsetzung Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L512.2172237.2.00

Im RIS seit

10.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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