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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des V, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. Oktober 1996, Zl. 4.342.342/11-III/13/96, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Armeniens, der am 26. Dezember 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist, den Bescheid des Bundesasylamtes vom 30. Dezember 1992, mit dem sein Asylantrag abgewiesen worden war, mit Berufung bekämpft hat.
Nach der mit hg. Erkenntnis vom 24. April 1995, Zl. 94/19/1363, ausgesprochenen, auf die mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1994, G 92, 93/94, erfolgte Aufhebung des Wortes "offenkundig" in § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 gestützten Aufhebung ihres über diese Berufung ergangenen Bescheides vom 11. Februar 1994 wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 9. Oktober 1996 die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG neuerlich ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Nach der unbestritten gebliebenen Sachverhaltdarstellung in der Begründung des angefochtenen Bescheides hat der Beschwerdeführer bei seiner Ersteinvernahme durch das Bundesasylamt am 28. und 29. Dezember 1992 angegeben, er habe sein Heimatland wegen der Einberufung zum Militärdienst verlassen. In der gegen den erstinstanzlich Bescheid erhobenen Berufung hat er dieser Darstellung zufolge ergänzt, seine religiöse Überzeugung würde es ihm verbieten, an einem Krieg teilzunehmen und Menschen zu töten. Eine Rückkehr in seine Heimat hätte für ihn schlimme Folgen, bis hin zu einer Gefängnisstrafe wegen Desertion.
Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers insbesondere damit begründet, daß die Einberufung zum Militärdienst keine Verfolgung darstelle, weil die Verfolgungsmotivation fehle. Ebensowenig könne eine wegen Verweigerung des Militärdienstes oder wegen Desertion drohende auch strenge Bestrafung die Gewährung von Asyl nicht rechtfertigen. Die ins Treffen geführte drohende Teilnahme an dem im Heimatland des Beschwerdeführers herrschenden Bürgerkrieg könne nicht als gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgungshandlung gewertet werden, zumal er nicht dargetan habe, daß er ausschließlich wegen seiner Nationalität oder wegen seiner politischen Gesinnung einberufen worden sei.
Der belangten Behörde ist zunächst insoweit beizupflichten, als die Verweigerung der Ableistung des Militärdienstes - sei es durch Nichtbefolgung eines Einberufungsbefehls, sei es durch Desertion - nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich allein nicht die Anerkennung eines Asylwerbers als Flüchtling rechtfertigt. Der Verwaltungsgerichtshof geht allerdings von einer asylrechtlich relevanten Furcht vor Verfolgung in solchen Fällen aus, in denen die Einberufung aus einem der in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) angeführten Gründen erfolgt, in denen damit gerechnet werden müßte, daß ein Asylwerber hinsichtlich seiner Behandlung oder seines Einsatzes während des Militärdienstes aus diesen Gründen im Vergleich zu Angehörigen anderer Gruppierungen in erheblicher, die Intensität einer Verfolgung erreichender Weise benachteiligt würde, oder in denen davon auszugehen ist, daß eine dem Asylwerber wegen Wehrdienstverweigerung drohende Strafe aus diesen Gründen gegen diesen schwerer als gegenüber anderen Staatsangehörigen verhängt würde (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1994, Zl. 93/01/0377, Slg.Nr. 14.089/A). Anders als in dem Fall, der dem angeführten Erkenntnis des verstärkten Senates zugrunde lag, hat der Beschwerdeführer - wie sich aus den unwidersprochen gebliebenen Darlegungen der belangten Behörde ergibt - bei seiner Ersteinvernahme keine Ausführungen, die auf das Vorliegen von in der Aufforderung, sich zum Militärdienst zu melden, liegender Verfolgung im Sinne obiger Judikatur hindeuten würden, gemacht. Auch in der Beschwerde macht er lediglich geltend, daß er bereits 1955 geboren sei und es sich um eine "außerordentlliche" Einberufung zum Militärdienst gehandelt habe. Da in seiner Heimat bürgerkriegsähnliche Zustände und Krieg mit dem Nachbarstaat Aserbeidschan geherrscht hätten, sei er der Lebensgefahr ausgesetzt gewesen.
Mit diesen Argumenten gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, Rechtswidrigkeit des in Übereinstimmung mit der hg. Rechtsprechung ergangenen angefochtenen Bescheides darzutun. Weder das Alter eines Einberufenen noch der Anlaß der Einberufung können für sich allein als Gründe im Sinn des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) - deren Vorliegen stellt eine Voraussetzung für die Asylgewährung dar - gewertet werden. Auch der Umstand, daß im Zeitpunkt der Einberufung bürgerkriegsähnliche Zustände und Krieg mit einem Nachbarstaat herrschten, erfüllt nicht die Voraussetzung einer individuell gegen den Beschwerdeführer gerichteten, auf die in der angeführten Gesetzesstelle genannten Gründe zurückführbaren Verfolgung.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996011040.X00Im RIS seit
20.11.2000