Entscheidungsdatum
12.10.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L502 2231321-2/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.04.2020, FZ. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I, II, III, IV, V und VII wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I zu lauten hat:
„Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 12.07.2016 wird bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG idgF abgewiesen.“
sowie, dass Spruchpunkt VII zu lauten hat:
„Gemäß § 55 Abs. 1 iVm Abs. 2 erster Satz FPG beträgt die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung“.
II. In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheides aufgehoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte im Gefolge seiner unrechtmäßigen Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 12.07.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Am 13.07.2016 erfolgte seine Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes. In der Folge wurde das Verfahren zugelassen.
3. Er brachte mehrere Beweismittel in Vorlage, darunter amtliche Schriftstücke aus der Türkei in türkischer Sprache, deren vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) angeforderte Übersetzung am 06.08.2019 dort einlangte.
4. Am 20.03.2019 wurde er vor dem BFA zu seinem Antrag auf internationalen Schutz niederschriftlich einvernommen.
Dabei wurden ihm auch die Länderinformationen der Behörde zur Lage in der Türkei zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme dazu eingeräumt, worauf er verzichtete.
5. Am 23.01.2020 erfolgte seine weitere niederschriftliche Einvernahme vor dem BFA, an deren Ende ihm abermals Länderinformationen zum Herkunftsstaat zur Kenntnis gebracht wurden und ihm neuerlich Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme hierzu eingeräumt wurde, worauf er abermals verzichtete.
Im Zuge der Einvernahme legte er weitere Beweismittel vor, die in Kopie zum Akt genommen wurden.
6. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des BFA wurde der Antrag auf internationalen Schutz des BF vom 12.07.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 3 Z. 2 iVm § 6 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Türkei zulässig ist (Spruchpunkt V). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 9 FPG wurde gegen ihn ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde ihm keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VII). Gemäß § 18 Abs. 1 Z. 2 und 5 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VIII).
7. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 23.04.2020 wurde ihm von Amts wegen gemäß § 52 BFA-VG ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.
8. Gegen den am 27.04.2020 zugestellten Bescheid wurde mit E-Mail des zugleich bevollmächtigten rechtsanwaltlichen Vertreters des BF vom 11.05.2020 Beschwerde in vollem Umfang erhoben.
9. Mit 02.06.2020 langte die Beschwerdevorlage des BFA beim BVwG ein und wurde das gg. Beschwerdeverfahren der nunmehr zuständigen Abteilung des Gerichts zur Entscheidung zugewiesen. Unter einem erstattete ein Vertreter der belangten Behörde eine Beschwerdebeantwortung.
10. Mit Beschluss des BVwG vom 23.06.2020 wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
11. Das BVwG veranlasste mit 24.09.2020 die nochmalige Übersetzung des vom BF schon erst erstinstanzlich beigebrachten Auszug aus dem türkischen Strafregister seine Person betreffend.
12. Das BVwG erstellte Auszüge aus den Datenbanken der Grundversorgungsinformation, des Melde- sowie des Strafregisters.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die genaue Identität des BF steht fest. Er ist türkischer Staatsangehöriger, Angehöriger der kurdischen Volksgruppe sowie der alevitischen Glaubensgemeinschaft, ledig und kinderlos.
Er wurde in XXXX geboren und wuchs dort bei seinen Eltern auf. Danach lebte er von 2009 bis 2012 in XXXX , ehe er zu seinen Eltern zurückkehrte, wo er erneut bis 2015 lebte. Zuletzt lebte er bis zur Ausreise in XXXX . In XXXX leben noch seine Eltern. Sein Vater betreibt dort ein Teehaus, seine Mutter ist Hausfrau. Weiter lebt noch seine Schwester in XXXX und ist dort als Lehrerin erwerbstätig. Er steht mit seinen Verwandten in der Türkei in regelmäßigem Kontakt. Darüber hinaus hat er weitere Verwandte in der Türkei sowie mehrere Freunde, mit denen er ebenfalls in Kontakt steht.
Er besuchte in der Türkei für insgesamt zwölf Jahre die Schule und schloss zuletzt ein Gymnasium mit der Matura ab. Danach studierte er von 2009 bis 2012 Maschinenbau an der XXXX in XXXX . Vor seinem Abschluss wurde er jedoch vom Besuch der Universität ausgeschlossen. Von 2011 bis 2015 betrieb er ein Lehramtsstudium an einer Universität in XXXX , welches er vor seinem Abschluss abbrach und in der Folge von 2015 bis zur Ausreise an einer Universität in XXXX fortsetzte. Er verfügt bislang über keinen Studienabschluss. Von 2012 bis 2015 war er in mehreren Hotels in XXXX und XXXX als Kellner erwerbstätig.
Er hat die Türkei zusammen mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin am 30.06.2016 legal unter Verwendung eines türkischen Reisepasses auf dem Luftweg verlassen und reiste direkt in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 12.07.2016 den gg. Antrag auf internationalen Schutz stellte und sich seither aufhält.
In Österreich bestehen mit Ausnahme einiger entfernter Verwandter keine familiären Anknüpfungspunkte. Eine hierorts bestehende Lebensgemeinschaft konnte nicht festgestellt werden. Er ist Kassier und Sekretär in einem alevitischen Verein in XXXX . Im Übrigen unterhält er normale soziale Kontakte. Er war in Österreich bis 2019 als Studierender an der XXXX in XXXX inskribiert, betreibt aktuell jedoch kein Studium. Im Mai 2017 hat er eine Deutschprüfung auf dem Niveau A1 mit gutem Erfolg bestanden. Danach besuchte er zwei weitere Deutschkurse auf dem Niveau B1, legte jedoch keine Sprachprüfung mehr ab. Er verfügt über ausreichende Deutschkenntnisse für den Alltagsgebrauch. Er spricht Türkisch als Muttersprache und etwas Kurdisch und Englisch. Er war von 04.01.2017 bis 09.04.2017 als Koch erwerbstätig und brachte dabei zwischen EUR XXXX und EUR XXXX ins Verdienen. Danach war er von 21.12.2017 bis 22.12.2017 als geringfügig Beschäftigter und auf freier dienstvertraglicher Basis beschäftigt. Im Übrigen bestreitet er seinen hiesigen Lebensunterhalt seit der Antragstellung bis dato durch den Bezug von Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber und ging seit 22.12.2017 keiner sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit mehr nach, ist jedoch gesund und erwerbsfähig. Er ist in Österreich bislang strafgerichtlich unbescholten.
1.2.1. Der BF wurde im Jahr 2009 beim Versuch des unerlaubten Anbringens von Plakaten an seiner ehemaligen Universität von Sicherheitskräften betreten und nach staatsanwaltlicher Anordnung festgenommen. Von der in diesem Zusammenhang gegen ihn erhobenen Anklage wurde er mit Urteil des XXXX vom XXXX freigesprochen.
In einem gegen ihn wegen des Vorwurfs der „ XXXX “ sowie des Vorwurfs der XXXX geführten Strafverfahren wurde er mit Urteil des XXXX vom XXXX freigesprochen.
In einem gegen ihn geführten Strafverfahren wegen des Vorwurfs der „ XXXX “ erfolgte mit zweitinstanzlichem Urteil des XXXX vom XXXX ein Freispruch.
Mit Urteil des XXXX vom XXXX wurde er wegen des Vorwurfs des XXXX zu einer Freiheitsstrafe von XXXX verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde unter Setzung einer fünfjährigen „Führungsaufsicht“ ausgesetzt.
Im Zuge eines gegen ihn geführten Strafverfahrens wegen des Vorwurfs der XXXX wurde er mit Urteil des XXXX vom XXXX zu einer Freiheitsstrafe in nicht feststellbarer Höhe verurteilt. Das XXXX setzte mit Urteil vom XXXX seine Strafverfolgung aus. Unter einem wurde eine dreijährige Probezeit verhängt und im Falle der neuerlichen Straffälligkeit die Fortsetzung der Strafverfolgung angekündigt.
Im Zusammenhang mit diesem Strafverfahren wurde er am XXXX festgenommen und von XXXX bis XXXX in einer Haftanstalt des Typs E in XXXX in Haft angehalten. Nach mehreren Haftprüfungsverfahren wurde er schließlich mit Beschluss des XXXX vom XXXX unter Führungsaufsicht mit einer regelmäßigen Verpflichtung zur Unterschriftsleistung freigelassen.
Er erhob gegen das erstinstanzliche Urteil ein Rechtsmittel. Das in zweiter Instanz zuständige XXXX in XXXX legte mit Beschluss vom 23.03.2018 die Rechtssache dem Obersten Gerichtshof (Kassationsgericht) der Türkei vor. Das Rechtsmittelverfahren ist bis dato dort anhängig.
Dass er wegen dieses anhängigen Rechtsmittelverfahrens bei einer Rückkehr in die Türkei erneut inhaftiert würde, konnte nicht festgestellt werden.
1.2.2. Eine Mitgliedschaft des BF bei der Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front (DKHP-C) war nicht feststellbar. Ebenso wenig war feststellbar, dass er sich in Österreich an Aktivitäten dieser Organisation beteiligt oder mit deren Mitgliedern in Verbindung steht.
1.3. Er ist bei einer Rückkehr in die Türkei aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort keiner maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt und findet dort eine hinreichende Existenzgrundlage vor. Er leidet unter keinen gravierenden gesundheitlichen Einschränkungen.
1.4. Zur aktuellen Lage in der Türkei werden die länderkundlichen Feststellungen der belangten Behörde im bekämpften Bescheid auch der gegenständlichen Entscheidung des BVwG zugrunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den gg. Verfahrensakt unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF und der von ihm vorgelegten Beweismittel, des bekämpften Bescheides und des Beschwerdeschriftsatzes sowie durch die Einholung von Auskünften des Zentralen Melderegisters, des Strafregisters und des Grundversorgungsdatensystems.
2.2. Identität und Staatsangehörigkeit des BF waren anhand des vorgelegten nationalen Identitätsdokumentes feststellbar.
Die Feststellungen seiner Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe und zur alevitischen Religionsgemeinschaft, zu seinen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen im Herkunftsstaat vor der Ausreise bzw. seither sowie in Österreich im Gefolge derselben, zu seinen Sprachkenntnissen, zu seinem Gesundheitszustand, zu seinen Reisebewegungen und seinem Aufenthalt im Bundesgebiet und zu seiner strafgerichtlichen Unbescholtenheit in Österreich ergaben sich unstrittig aus einer Zusammenschau seiner eigenen Angaben vor dem BFA und der von ihm vorgelegten Beweismittel mit den vom BVwG eingeholten Informationen der genannten Datenbanken und dem sonstigen Akteninhalt.
Einem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 05.05.2020 über eine Mitteilung des Standesamts XXXX war zwar zu entnehmen, dass eine österreichische Staatsangehörige dort eine geplante Eheschließung mit dem BF bekanntgegeben habe, allerdings fand sich im sonstigen Akteninhalt kein Hinweis auf das Bestehen einer Lebensgemeinschaft in Österreich, weshalb eine solche nicht festgestellt werden konnte. Die Beziehung zu seiner mitgereisten ehemaligen Verlobten besteht demgegenüber seinen eigenen Angaben zufolge nicht mehr.
Dass er seit 22.12.2017 keiner legalen Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mehr nachging, war daraus zu schließen, dass er eine solche weder behauptete noch aus dem von der belangten Behörde am 03.01.2020 eingeholten AJ-Webauszug ersichtlich war. Im Übrigen wäre eine allfällige abermalige Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für ihn zur Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit vom zuständigen Arbeitsmarktservice im Wege des BFA mitgeteilt worden.
Die Feststellung seines ehrenamtlichen Engagements für einen alevitischen Verein in XXXX ergab sich aus seinen insoweit für das BVwG glaubhaften Angaben.
Dass er über Deutschkenntnisse für den Alltagsgebrauch verfügt, war angesichts seines bisherigen ca. vierjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet, seiner hiesigen Studien- und Erwerbstätigkeit und den von ihm ergriffenen Spracherwerbsmaßnahmen sowie seiner sozialen Kontakte anzunehmen.
Die Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand resultieren ebenso aus seinen insoweit für das BVwG glaubhaften Angaben.
2.3. Die zu 1.2.1. stützen sich auf Folgende Erwägungen:
2.3.1. Die belangte Behörde gelangte auf der Grundlage des Vorbringens des BF, der von ihm vorgelegten Beweismittel bzgl. der gegen ihn in der Türkei geführten Strafverfahren sowie eigener Ermittlungen – die sich im Wesentlichen auf „vertrauliche Informationen“ und eine formlose Korrespondenz mit dem Landesamt für Verfassungsschutz XXXX gründen – zur Feststellung, dass er an Demonstrationen teilgenommen habe, die das Gedankengut der Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C), die eine Terrororganisation darstelle, verbreite und verherrliche. Er selbst trage offen eine Gesinnung zur Schau, die über weite Strecken jener der DHKP-C entspreche, und es bestehe auch in Österreich ein Naheverhältnis von ihm zu dieser Organisation. Er stelle daher eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich dar.
Dem wurde in der Beschwerde entgegnet, dass konkrete Feststellungen der belangten Behörde dazu, auf welche Weise der BF in Österreich offen das Gedankengut der DHKP-C vertreten habe, fehlen würden. Auch sei nicht nachvollziehbar, wie das Landesamt Verfassungsschutz XXXX zum Schluss komme, dass er der DHKP-C nahestehe. Ein kriminalpolizeiliches Ermittlungsverfahren hierzu habe nicht stattgefunden. Im Übrigen rechtfertige der bloße Umstand, dass er lediglich manchem Gedankengut der DHKP-C anhänge und er sich nicht davon distanziere, nicht die Annahme einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Er stelle sowohl die Nähe zur DHKP-C als auch insbesondere jede Teilnahme an oder Förderung von gewalttätigen politischen Methoden in Abrede.
2.3.2. Wenngleich der BF in seiner zweiten Einvernahme vor dem BFA grundsätzlich eine gewisse Sympathie für die DHKP-C bekundete, distanzierte er sich ausdrücklich von Gewalthandlungen der Organisation und verneinte eine tatsächliche Verbindung zu dieser (vgl. AS 550). Aus seinen persönlichen Äußerungen war daher nichts für diese Feststellungen der belangten Behörde zu gewinnen.
Auch den vom BFA als „vertraulich“ bezeichneten Informationen waren keine konkreten Hinweise in diesem Sinne zu entnehmen (vgl. AS 51 bis 59).
In der Türkei wurde der BF zwar vor seiner Ausreise wegen des Verdachts der „Propaganda für die bewaffnete Terrororganisation DHKP/C“ angeklagt und kam es im Jahr 2012 zu einer Verurteilung durch das XXXX . Die endgültige Entscheidung in diesem Verfahren ist noch offen, nachdem die Sache vom zuständigen Berufungsgericht dem – obersten – Kassationsgericht vorgelegt worden war und dort weiterhin anhängig ist.
Mangels hinreichender Anhaltspunkte waren daher weder dessen Mitgliedschaft bei der DHKP-C noch konkrete Aktivitäten von ihm zugunsten dieser Organisation feststellbar.
Auf das schon deshalb zu Unrecht vom BFA angenommene Vorliegen eines Asylausschlussgrundes war im Rahmen der rechtlichen Schlussfolgerungen unten einzugehen.
2.4. Zur Feststellung fehlender individueller Verfolgung des BF vor der Ausreise bzw. der fehlenden Gefahr einer solchen pro futuro oben gelangte das erkennende Gericht aufgrund folgender Erwägungen:
2.4.1. Anlässlich seiner Erstbefragung am 13.07.2016 brachte der BF, zu seinen Antragsgründen befragt, im Wesentlichen vor, dass er während seines Studiums in XXXX im Jahr 2008 oder 2009 einen Studentenprotest organisiert habe. Danach sei es zu Befragungen gekommen und sei er von der Universität ausgeschlossen worden. Nach den sog. Gezi-Park- Protesten habe er zwischen 2012 und 2013 erneut an legalen Protestaktionen in XXXX teilgenommen. Nach der Rückkehr ins Heimatdorf sei er wegen der Teilnahme an diesen Protesten von der Polizei aufgesucht worden. Er sei wegen des Verdachts, ein Organisationsmitglied zu sein, inhaftiert gewesen, ohne dass man ihn einem Gericht vorgeführt hätte. Nach sechseinhalb Monaten sei es erst zu einer Gerichtsverhandlung gekommen, im Gefolge derer er aus der Haft entlassen worden sei. Danach habe er erneut die Universität in XXXX besucht, sei jedoch mehrmals in Gewahrsam genommen sowie bedroht und beleidigt worden, da er der Exekutive ein Dorn im Auge gewesen sei. Während des letzten Studienjahres habe er die Flucht ergreifen müssen, weil sein Leben nicht mehr in Sicherheit gewesen sei. Zudem sei er aufgrund seines alevitischen Glaubens diskriminiert worden.
Anlässlich seiner ersten Einvernahme vor dem BFA am 20.03.2019 gab er zunächst an, dass er wegen eines politischen Delikts in der Türkei vorbestraft sei. Er sei deswegen auch gesucht worden und gebe es aktuell einen Haftbefehl gegen ihn. Im Jahr 2013 sei er für etwa ein Jahr inhaftiert gewesen. Sodann führte er aus, dass er 2009 an Demonstrationen der Gewerkschaften teilgenommen hätte. Zu dieser Zeit habe er in einem Studentenheim in XXXX gelebt. Dieses Heim sei von einer faschistischen Gruppe gestürmt worden, die auf sie mit Messern bewaffnet losgegangen sei, weil sie Kurden und Aleviten seien. Es habe dabei mehrere Verletzte gegeben. Diese faschistische Gruppe sei von der Universität jedoch nicht angezeigt worden, weshalb es zu Protesten der Studenten gegen die Universität gekommen sei. Daraufhin habe die Universität Anzeige gegen die Demonstranten erstattet und nach den Untersuchungen sei er von der Universität ausgeschlossen worden. Aufgrund dessen habe er ein Lehramtsstudium an der Universität von XXXX begonnen. Er habe an den Gezi-Park- Protesten teilgenommen. In der Folge sei am 17.10.2013 ein Haftbefehl gegen ihn erlassen worden, weil man ihm vorgeworfen habe, dass er an der Vorbereitung dieser Proteste beteiligt gewesen sei. Am 20.06.2013 sei er verhaftet worden um zu verhindern, dass er diese Proteste weiter organisieren könne. Auch sein Wunsch der Teilnahme an einer zuvor geplanten Gedenkveranstaltung in XXXX sei ein Grund für seine Festnahme gewesen. Der dritte Grund für seine Festnahme sei seine Teilnahme an einem Protest in XXXX zur Verhinderung des Aushebens einer Grube für den Metallabbau wegen befürchteter gesundheitlicher Folgen gewesen. Viertens sei ihm unterstellt worden, dass er eine Demonstration gegen einen Nato-Stützpunkt in XXXX organisiert habe. Wegen all dieser Umstände sei man zum Schluss gekommen, dass er Mitglied diverser Vereinigungen sei, was auch zu seiner strafgerichtlichen Verfolgung geführt habe, weshalb er schließlich für ein Jahr im Gefängnis gewesen sei. Er habe auch nach seiner Freilassung an zahlreichen Demonstrationen teilgenommen. Er gehöre keiner terroristischen Gruppe an, er wollte lediglich seine Meinung frei äußern können, was in der Türkei jedoch nicht möglich sei, weshalb er sich letztlich zur Ausreise entschlossen habe.
In der zweiten Einvernahme am 23.01.2020 wurde er näher zu den in der Türkei geführten bzw. anhängigen Strafverfahren gegen ihn sowie zu seiner politischen Gesinnung befragt. Die von ihm vorgetragenen Fluchtgründe hielt er dabei im Wesentlichen aufrecht.
In der Beschwerde fanden sich keine weiteren Ausführungen zum Sachverhalt.
2.4.2. Auf der Grundlage dieses Vorbringens gelangte die belangte Behörde zum Ergebnis, dass gegen den BF in der Türkei ein Strafverfahren anhängig sei, jedoch nicht festgestellt werden könne, dass aktuell ein Haftbefehl gegen ihn vorliege und er im Rückkehrfall inhaftiert werde. Es stehe fest, dass er an zahlreichen Demonstrationen teilgenommen habe, bei denen es auch zu seinen Festnahmen gekommen sei. Es stehe zudem fest, dass er unter einem auf seinen Namen lautenden Pass unbehelligt aus der Türkei ausgereist sei. Es habe nicht festgestellt werden können, dass er als Kurde oder Alevit in der Türkei verfolgt worden sei.
2.4.3. Dieser Einschätzung der belangten Behörde vermochte sich das BVwG im Lichte der folgenden Erwägungen anzuschließen.
2.4.3.1. Die Feststellungen zu den gegen ihn in der Türkei geführten bzw. noch anhängigen Strafverfahren und Anhaltungen in Haft ergaben sich – wie schon für die belangte Behörde – aus den von ihm vorgelegten türkischen Anklageschriften, strafgerichtlichen Urteilen und sonstigen justiziellen und behördlichen Unterlagen (vgl. AS 67ff) bzw. dem von ihm übermittelten Auszug aus dem türkischen Verfahrensregister (AS 651ff), die aus Sicht des BVwG in der Zusammenschau mit seinen diesbezüglichen Angaben als nachvollziehbar und konsistent anzusehen waren.
Eine aus dieser festgestellten strafgerichtlichen Verfolgung des BF in der Türkei war jedoch keine individuelle Verfolgung abzuleiten (s. dazu auch unter rechtliche Beurteilung):
Die ihm im Zuge des noch anhängigen Verfahrens seitens der Oberstaatsanwaltschaft von XXXX zur Last gelegten Tathandlungen umfassten die fünfmalige Teilnahme an Presseerklärungen bzw. Demonstrationen, die von einer Unterstruktur der bewaffneten DHKP-C ausgingen und das Skandieren von der DHKP-C zuzurechnenden Parolen, wobei ihm in einem Fall zusätzlich angelastet wurde, mittels Tragen eines Plakats mit der Aufschrift „Volksfront“ für die DHKP-C propagiert zu haben. Weiter wurde ihm angelastet, sich durch mehrere Telefonate für mehrere der Mitgliedschaft zur DHKP-C verdächtigte und festgenommene Personen eingesetzt zu haben, und schließlich habe er an einer Gedenkveranstaltung zu Ehren der Gründer und Führer der THKP-C und der DHKP-C teilgenommen und auch dabei Plakate mit propagierenden Aufschriften getragen. Die insgesamt sieben Tathandlungen, die ihm seitens der Oberstaatsanwaltschaft angelastet werden, erstrecken sich über einen Zeitraum von 28.10.2011 und 30.03.2012. Der BF stellte weder die Teilnahme an diesen Veranstaltungen, noch den Umstand, dass er dabei Plakate mit den obgenannten Aufschriften trug (AS 331) in Abrede. Entgegen seiner Darstellung war die Einleitung des gegen ihn geführten Strafverfahrens daher nicht bloß von politischen Motiven getragen, sondern ist dieses auf ebendiese in der Türkei strafrechtlich relevanten Handlungen des BF zurückzuführen.
Den von ihm im Zusammenhang mit seiner strafgerichtlichen Verfolgung in der Türkei vorgelegten Schriftstücken war zu entnehmen, dass in seinen Verfahren jeweils mündliche Verhandlungen stattfanden, in denen sowohl eine Beschuldigteneinvernahme als auch die Einvernahme mehrerer Zeugen stattfand, dass er stets einen Rechtsbeistand zuziehen hat können und dass es in mehreren Strafverfahren zu Freisprüchen sowie in einem Fall zur Einstellung eines gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens kam (AS 463ff). Auch im noch anhängigen Verfahren wegen seiner Aktivitäten im Zusammenhang mit der DHKP-C, welches noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist und in dem es in erster Instanz zu einem Schuldspruch kam, fanden sich keine Anhaltspunkte für ein nicht rechtsstaatlich geführtes Verfahren. Insbesondere kam es nach seiner Inhaftierung zu mehreren Haftprüfungsverfahren und schließlich sogar zu seiner Freilassung trotz der erstinstanzlichen Verurteilung wegen terroristischer Propaganda und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Er konnte zudem mehrfach Rechtsmittel gegen die gerichtlichen Entscheidungen einbringen. Im ersten gegen ihn geführten Strafverfahren wegen terroristischer Propaganda wurde seinem Rechtsmittel sogar stattgegeben und die Vollstreckung der erstinstanzlichen Verurteilung ausgesetzt. Es fanden sich sohin keinerlei Anhaltspunkte für etwaige Verfahrensmängel in den gegen ihn geführten Strafverfahren.
Die Höhe der gegen den BF im ersten Strafverfahren wegen Propaganda für die DHKP-C verhängten Freiheitsstrafe war mangels Lesbarkeit auf dem vorgelegten Beweismittel (AS 478) nicht genau feststellbar, konnte aufgrund des Umstandes, dass deren Vollstreckung ausgesetzt wurde, jedoch dahingestellt bleiben.
Auch die Strafhöhe des erstinstanzlichen Urteils im aktuell noch anhängigen Strafverfahren wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Propaganda für diese Vereinigung war mangels Vorlage des entsprechenden Urteils durch den BF nicht feststellbar.
Dass der BF wegen des noch anhängigen Rechtsmittelverfahrens nicht in der Lage wäre, gerade dieses Urteil in Vorlage zu bringen, stellte sich schon für das BFA zurecht als nicht nachvollziehbar dar. Seinen eigenen Angaben zufolge sei er zu einer Freiheitsstrafe von achteinhalb Jahren verurteilt worden (AS 551). In der ersten Einvernahme vermeinte er zudem, dass eine Strafdrohung von bis zu fünfzehn Jahren im Raum stehen würde (AS 334). Wenngleich dies mangels Beweismittelvorlage nicht festgestellt werden konnte, wurde im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu seinen Gunsten von dieser Strafdrohung ausgegangen und diese im Hinblick auf ihre Verhältnismäßigkeit geprüft (s. dazu unten).
Mangels Vorlage eines entsprechenden Nachweises war ein aktuell gegen den BF bestehender Haftbefehl nicht feststellbar. Gegen die Annahme, dass er im Rückkehrfall erneut inhaftiert werden würde, sprach einerseits der Umstand, dass der BF trotz seiner erstinstanzlichen Verurteilung bereits nach wenigen Monaten während des noch anhängigen Verfahrens aus der Anhaltung in Strafhaft entlassen wurde, sowie andererseits, dass er trotz des noch anhängigen Strafverfahrens unter Verwendung eines auf seinen Namen lautenden Reisedokumentes den Herkunftsstaat über den Luftweg auf legale Weise verlassen hat können, was im Falle eines bestehenden Haftbefehls gerade vor dem Hintergrund, dass gegen ihn ein Strafverfahren wegen angenommener Verbindungen zu einer terroristischen Verbindungen anhängig ist, nicht möglich gewesen wäre. Letzteres wurde auch vom BFA zutreffend hervorgehoben.
2.4.3.2. Wie schon für das BFA stellte sich die behauptete Teilnahme des BF an zahlreichen Demonstrationen, wegen des sich aus der zweiten Einvernahme abzuleitenden Eindrucks eines ausgeprägten politischen Interesses und Verständnisses des BF, sowie aufgrund der vorgelegten Beweismittel, die ebendies nahelegen, als glaubhaft dar. Auch der Umstand, dass es bei diesen Demonstrationen regelmäßig zu Festnahmen kommt, lässt sein Vorbringen, demzufolge er im Zusammenhang mit diesen Demonstrationen auch mehrmals festgenommen wurde, grundsätzlich nachvollziehbar und daher glaubhaft erscheinen.
Den behaupteten körperlichen Übergriffen im Gefolge dieser Festnahmen bzw. während seiner Anhaltung in Strafhaft sprach das BFA hingegen zutreffend jegliche Glaubhaftigkeit ab. Wenngleich sich die Aussage eines Antragstellers zu seinen Fluchtgründen in einer Erstbefragung in Entsprechung der gesetzlichen Vorgaben auf die bloßen Eckpunkte des „Wer, wann, wie und wo“ der die Flucht auslösenden Ereignisse zu beschränken hat, wies die belangte Behörde dennoch zutreffend daraufhin, dass der BF trotz mehr als einstündiger Dauer seiner Erstbefragung keinerlei körperliche Übergriffe durch türkische Sicherheitskräfte vorbrachte, was als Indiz gegen deren tatsächliches Stattfinden nicht außer Betracht bleiben konnte. Weiter ist darauf hinzuwiesen, dass er Übergriffe durch die Sicherheitskräfte auch während der freien Schilderung seiner Fluchtgründe in seiner ersten Einvernahme vor dem BFA nicht vorbrachte und bekräftigte all seine Gründe vorgebracht zu haben (AS 329f). Erst über konkrete Nachfrage durch den Einvernahmeleiter gab er plötzlich an, dass er im Vorfeld einer Gedenkveranstaltung in XXXX angehalten und geschlagen worden sei, sowie, dass er 2016 festgenommen worden sei und auch dabei Gewalt angewandt worden sei, er gewaltsam entkleidet und geschlagen worden sei (AS 330). Für das erkennende Gericht erhellte jedoch nicht, weshalb der BF derart gravierende Vorkommnisse nicht sogleich, sondern erst über Nachfrage vorbrachte, weshalb sein insoweit gesteigertes Vorbringen schon mit Skepsis zu bewerten war. Auffallend war in diesem Zusammenhang zudem, dass sich seine diesbezüglichen Angaben sehr vage hielten und er insbesondere keine konkreten Umstände, wie etwa Art der Schläge oder etwaige Verletzungen vorbrachte, weshalb seinem Vorbringen insgesamt keine Glaubhaftigkeit zukam.
Hinsichtlich der behaupteten Übergriffe im Zuge seiner Anhaltung für eine Gedenkveranstaltung hielt er fest, dass diese Veranstaltung zwei Monate vor den Gezi-Park Protesten stattgefunden habe, weshalb die Übergriffe sohin im März 2013 erfolgt wären. Auch die angeblichen gewaltsamen Übergriffe während seiner Anhaltung in Haft hätten sich im Jahr 2013 ereignet. Selbst im Falle der Wahrunterstellung dieser Übergriffe mangelt es diesen aufgrund des fehlenden zeitlichen und kausalen Zusammenhangs zur Ausreise im Jahr 2016 daher an Relevanz (s. dazu unter rechtliche Beurteilung).
Hinsichtlich behaupteter Diskriminierungen als Alevit und als Kurde ist festzuhalten, dass solchen Vorkommnissen und Umständen jedenfalls die für eine Qualifizierung als individuelle Verfolgung notwendige Eingriffsintensität fehlt. Bezüglich der behaupteten Stürmung seines ehemaligen Studentenheims in XXXX durch eine nicht näher bezeichnete faschistische Gruppe und der seitens der Universität unterlassenen Anzeige des Vorfalls (AS 329) ist darauf hinzuweisen, dass sich dieser Vorfall – vor dem Hintergrund, dass der BF mit 11.02.2010 von der Universität ausgeschlossen wurde – spätestens im Jahr 2010 ereignet haben könnte, weshalb ein Bezug zu seiner Ausreise im Jahr 2016 nicht erkennbar war.
Außerdem wies das BFA im Hinblick auf seine kurdische Abstammung und seine alevitische Religionszugehörigkeit zu Recht darauf hin, dass keine stichhaltigen Anhaltspunkte für eine Verfolgung in der Türkei allein aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder seiner Religionszugehörigkeit vorlagen, sondern er lediglich aufgrund seiner Teilnahme an Demonstrationen, Protesten und dergleichen sowie der ihm zur Last gelegten Delikte seitens der türkischen Sicherheitskräfte (kriminal- bzw. sicherheitspolizeilich) verfolgt wurde.
In Übereinstimmung mit der Einschätzung des BFA sprach auch der bereits oben dargelegte Umstand, dass er problemlos unter Verwendung eines türkischen Reisepasses durch die Personenkontrolle der türkischen Behörden am Flughafen legal ausreisen konnte, gegen eine staatliche Verfolgung.
Insgesamt betrachtet fehlte sohin dem Vorbringen des BF zu den von ihm geäußerten Antragsgründen und Rückkehrbefürchtungen eine substantiierte Tatsachengrundlage. Eine individuelle Verfolgung vor der Ausreise oder die Gefahr einer solchen bei einer Rückkehr konnte er damit nicht glaubhaft darlegen.
2.3.4. In der Beschwerde des BF fanden sich keine dieser Einschätzung entgegenstehenden substantiierten Einwendungen.
Darin wurde lediglich hervorgehoben, dass gegen den BF in der Türkei ein „politischer Prozess“ geführt werde, indem ihm „nicht rechtskräftig“ die Nähe zur DHKP-C im gerichtlich strafbaren Sinne vorgeworfen werde. Dass es sich beim gegen den BF geführten Verfahren nicht um einen „politischen Prozess“, sondern ein strafgerichtliches Verfahren, bei dem keine Anhaltspunkte für eine fehlende Rechtsstaatlichkeit erkennbar sind, handelt, wurde bereits oben ausführlich dargelegt, weshalb auch dieses Vorbringen nicht substantiiert und ohne Relevanz war.
2.4. Dass es aktuell in der Türkei keinen landesweiten bewaffneten Konflikt gibt, unter dem die Zivilbevölkerung in einer Weise zu leiden hätte, dass ein Aufenthalt ebendort jeden, sohin auch den BF, in eine maßgebliche Gefahrenlage bringen würde, war ebenso als notorisch anzusehen, wie dies aus den länderkundlichen Informationen zu gewinnen war.
2.5. Die Annahme, dass der BF bei einer Rückkehr auch insoweit keiner maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt wäre, als er etwa in wirtschaftlicher Hinsicht in eine existenzbedrohende Notlage geraten würden, stützte schon die belangte Behörde zu Recht darauf, dass er im Herkunftsstaat über Angehörige und Verwandte verfügt, deren Unterstützung er nötigenfalls in Anspruch nehmen kann. Abgesehen davon handelt es sich bei ihm um einen arbeitsfähigen Mann mit einem hohen Bildungsniveau und Berufserfahrung als Kellner, der daher mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit im Herkunftsstaat neuerlich für seinen Unterhalt sorgen wird können. Dass er unter allfälligen gravierenden Erkrankungen leiden würde, wurde von ihm nicht ins Treffen geführt und ist auch sonst nicht hervorgekommen. Dass er in seiner Heimat bei einer Rückkehr eine neue Lebensgrundlage findet, war im Lichte dessen als maßgeblich wahrscheinlich anzusehen.
2.6. Die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage in der Türkei stellten sich in den für die Entscheidung wesentlichen Aspekten als ausreichend und tragfähig dar und stehen mit dem Amtswissen des Gerichts hierzu im Einklang. Der BF ist diesen trotz eingeräumter Stellungnahmemöglichkeit nicht entgegengetreten und auch in der Beschwerde fand sich kein entgegenstehendes substantielles Vorbringen. Eine mündliche Erörterung der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat im Rahmen einer mündlichen Verhandlung konnte daher unterbleiben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.
Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, 1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Mit Datum 1.1.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 53/2019.
Mit dem BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) als Rechtsnachfolger des vormaligen Bundesasylamtes eingerichtet. Gemäß § 3 Abs. 1 BFA-VG obliegt dem BFA u.a. die Vollziehung des BFA-VG und des AsylG 2005 idgF.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheides des Bundesamtes.
Zu A)
1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht. Darüber hinaus darf keiner der in § 6 Abs. 1 AsylG genannten Ausschlussgründe vorliegen, andernfalls der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden kann.
Nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).
Im Hinblick auf die Neufassung des § 3 AsylG 2005 im Vergleich zu § 7 AsylG 1997 wird festgehalten, dass die bisherige höchstgerichtliche Judikatur zu den Kriterien für die Asylgewährung in Anbetracht der identen Festlegung, dass als Maßstab die Feststellung einer Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK gilt, nunmehr grundsätzlich auch auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 anzuwenden ist.
Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.04.2001, Zl. 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).
1.2. Im Allgemeinen ist in der staatlichen Strafverfolgung keine Verfolgung im asylrechtlichen Sinn zu erblicken. Allerdings kann auch die Anwendung einer durch Gesetz für den Fall der Zuwiderhandlung angeordneten, jeden Bürger des Herkunftsstaates gleich treffenden Sanktion unter bestimmten Umständen "Verfolgung" im Sinne der GFK aus einem dort genannten Grund sein; etwa dann, wenn das den nationalen Normen zuwiderlaufende Verhalten des Betroffenen im Einzelfall auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht und den Sanktionen jede Verhältnismäßigkeit fehlt. Um feststellen zu können, ob die strafrechtliche Verfolgung wegen eines auf politischer Überzeugung beruhenden Verhaltens des Asylwerbers einer Verfolgung im Sinne der GFK gleichkommt, kommt es somit entscheidend auf die angewendeten Rechtsvorschriften, aber auch auf die tatsächlichen Umstände ihrer Anwendung und die Verhältnismäßigkeit der verhängten Strafe an (vgl. VwGH 20.12.2016, Ra 2016/01/0126, mwN).
Eine derartige Konstellation war im gg. Fall jedoch nicht erkennbar. Zwar wurde der BF unter anderem erstinstanzlich wegen einer ihm vorgeworfenen Mitgliedschaft zur DKHP-C bzw. der Propaganda für ebendiese Organisation strafgerichtlich verurteilt, allerdings erwuchs diese Verurteilung bislang nicht in Rechtskraft. Darüber hinaus knüpft das inkriminierte Verhalten des BF nicht lediglich an dessen oppositionelle politische Überzeugung an, sondern handelt es sich bei der in Rede stehenden Organisation sowohl in der Türkei als auch nach europäischem Verständnis um eine bewaffnete terroristische Vereinigung. Sowohl die Mitgliedschaft (vgl. § 278b Abs. 2 StGB) in einer solchen als auch die Gutheißung terroristischer Straftaten (vgl. § 282a Abs. 2 StGB) als jeweils vergleichbare Delikte stellen auch hierorts gerichtlich strafbare Handlungen mit erheblicher Strafdrohung (bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe) dar. Mangels Vorlage entsprechender Unterlagen war die konkret gegen ihn verhängte Strafe zwar nicht feststellbar, allerdings gab er selbst an, dass er zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt worden sei und der Strafrahmen des noch anhängigen Verfahrens maximal fünfzehn Jahre Gefängnisstrafe umfasse, wobei es zu bedenken galt, dass der BF trotz seiner erstinstanzlichen Verurteilung bereits nach etwa einem Jahr wieder aus der Haft entlassen wurde, weshalb eine fehlende Verhältnismäßigkeit der verhängten bzw. noch ausstehenden Sanktion nicht anzunehmen war.
Aus seinem Vorbringen, dass er aufgrund der Teilnahme an Demonstrationen von der türkischen Polizei verfolgt worden sei, sowie dass sein Studentenheim von einer faschistischen Gruppe überfallen worden sei, war keine asylrelevante Verfolgung abzuleiten, zumal diese Vorfälle schon keine Intensität erreicht hätten, dass deshalb ein weiterer Aufenthalt in der Türkei als unerträglich anzusehen wäre (vgl. VwGH 23.05.1995, 94/20/0808), und weil es den Ereignissen am erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zur Ausreise im Jahr 2016 fehlte (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0430; 30.08.2007, 2006/19/0400; 17.03.2009, 2007/19/0459).
Im Übrigen stellen Maßnahmen des Staates, die nur der Ausforschung von gesuchten Personen dienen (Befragungen, Hausdurchsuchungen, kurzfristige Haft) – wie die von ihm behaupteten Ermittlungsschritte der türkischen Polizei infolge seiner Teilnahme an Demonstrationen – ohne dass die Maßnahmen in Wahrheit auf die Verfolgung des Betroffenen aus asylrechtlich relevanten Gründen abzielen, keinen Asylgrund dar (vgl. VwGH 29.04.2015, Ra 2014/20/0077).
Die behaupteten Übergriffe seitens der türkischen Sicherheitskräfte im Gefolge dieser Anhaltungen stellten sich als nicht glaubhaft dar. Im Übrigen fehlt auch diesen Ereignissen am erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zur Ausreise im Jahr 2016.
Auch aus den behaupteten Diskriminierungen aufgrund der kurdischen Volksgruppenzugehörigkeit und der alevitischen Religionszugehörigkeit war keine asylrelevante Verfolgung abzuleiten, da Diskriminierungen ebenso nicht jene Intensität erreichen, dass deshalb ein weiterer Aufenthalt in der Türkei als unzumutbar anzusehen war (vgl. VwGH 23.05.1995, 94/20/0808).
Die belangte Behörde kam daher zu Recht zum Ergebnis, dass der BF mit seinem Vorbringen nicht glaubhaft darlegen konnte, dass er bis zur Ausreise einer individuellen Verfolgung durch staatliche Organe oder Dritte im Herkunftsstaat ausgesetzt war oder der Gefahr einer solchen für den Fall der Rückkehr ausgesetzt wäre.
1.3. Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung in Spruchpunkt I des bekämpften Bescheides über die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten auf die Bestimmung des § 3 Abs. 3 Z. 2 iVm § 6 Abs. 1 AsylG und führte hierzu in rechtlicher Hinsicht aus, dass beim BF wegen der Umstände, dass er Gedankengut der DHKP-C unterstütze, er an Demonstrationen, die deren Gedankengut verherrlichten bzw. rechtfertigten, teilgenommen habe, sowie dass auch aktuell ein Naheverhältnis zur DHKP-C bestehe, aus stichhaltigen Gründen angenommen werden könne, dass er eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstelle, wodurch der Asylausschlussgrund des § 6 Abs. 1 Z. 3 AsylG erfüllt wäre.
Zur in Rede stehenden Bestimmung hielt der VwGH fest, dass die Beurteilung, ob der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt, im jeweiligen Einzelfall eine Gefährdungsprognose erfordert, wie sie in ähnlicher Weise auch in anderen asyl- und fremdenrechtlichen Vorschriften zugrunde gelegt ist (vgl. §§ 9 Abs. 2 Z 2 und 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005; §§ 53 und 66 Abs. 1 FrPolG 2005). Bei dieser Einzelfallprüfung ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und in Hinblick auf welche Umstände die Annahme gerechtfertigt ist, der Fremde stelle eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich dar (vgl. VwGH 04.04.2019, Ro 2018/01/0014, mwN.).
Wie oben bereits ausführlich dargelegt wurde, bestehen aus Sicht des BVwG keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine iSd § 6 Abs. 1 Z. 3 AsylG anzunehmende Gefährdung durch den Aufenthalt des BF in Österreich. Insbesondere boten die vor dem BFA getätigten Aussagen des BF – auf die sich die belangte Behörde in erster Linie bezog – keine stichhaltigen Gründe für die Annahme einer derartigen Gefahr, zumal er sich darin von gewalttätigen politischen Akten distanzierte. Alleine die geäußerte Sympathie für einige Ideen von der DHKP-C angehörenden Personen reicht nicht zur Annahme einer von ihm ausgehenden Gefährdung iSd § 6 Abs. 1 Z. 3 AsylG. Das BFA ging sohin unzutreffend vom Vorliegen eines Asylausschlussgrundes und der Anwendung dieser Bestimmung aus.
1.4. Die Beschwerde zu Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides war nichtsdestotrotz als unbegründet abzuweisen, zumal das BFA auch eine inhaltliche Prüfung zur Abweisung seines Asylbegehrens vornahm – der im Ergebnis beizupflichten war – und der BF daher durch die Heranziehung von § 3 Abs. 3 Z. 2 iVm § 6 Abs. 1 Z. 3 AsylG im Ergebnis nicht beschwert war, zugleich aber die entsprechende Maßgabeentscheidung zu treffen war.
2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.
Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.
Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; 26.06.1997, ZI. 95/18/1291; 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).
Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Unter „realer Gefahr“ ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen („a sufficiently real risk“) im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).
Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird – auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören –, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; 08.06.2000, Zl. 99/20/0203; 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (vgl. VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).
Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).
Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände („exceptional circumstances“) vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Unter „außergewöhnlichen Umständen“ können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar