TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/29 L524 2225026-3

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Veröffentlicht am 29.10.2020
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Entscheidungsdatum

29.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
BFA-VG §18 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


L524 2225026-3/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.09.2020, Zl. 161382907/190884580, betreffend Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt befristetem Einreiseverbot, zu Recht:

A) Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, stellte am 29.08.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 03.10.2019, Zl. 161382907-190884580/BMI-BFA_WIEN_AST_04, abgewiesen und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie ein zehnjähriges Einreiseverbot verhängt.

Gegen die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz (Spruchpunkte I. und II.) erhob der Beschwerdeführer keine Beschwerde. Diesbezüglich erwuchs der Bescheid des BFA daher in Rechtskraft. Gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines befristeten Einreiseverbots (Spruchpunkte III. bis VIII.) erhob der Beschwerdeführer Beschwerde.

Mit „Erkenntnis“ des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.11.2019, L504 2225026-1/3E, wurde der Bescheid [hinsichtlich der Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines befristeten Einreiseverbots] behoben und an das BFA zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückverwiesen. Dem BFA wurde aufgetragen, nicht bloß die Daten der zehn Verurteilungen des Beschwerdeführers aneinanderzureihen, sondern die zehn Urteil beizuschaffen und im Bescheid nachvollziehbar das diesen Verurteilungen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild darzustellen. Außerdem wurde dem BFA eine ergänzende Einvernahme des Beschwerdeführers zu den privaten und familiären Anknüpfungspunkten, insbesondere in Bezug auf die Lebensgefährtin und die vier gemeinsamen Kinder sowie eine zeugenschaftliche Einvernahme der Lebensgefährtin bzw. Mutter der gemeinsamen vier Kinder aufgetragen.

Mit Bescheid des BFA vom 24.06.2020, Zl. 161382907/190884580, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.08.2020, L524 2225026-2/3E, stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen. Dem BFA wurde aufgetragen, auf Basis der strafgerichtlichen Urteile die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und dem sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbild festzustellen und nicht bloß die Verurteilungen aufzuzählen bzw. auf die im Akt befindlichen Urteil zu verweisen. Weiters wurde dem BFA aufgetragen, auf Basis ergänzender Ermittlungen nach Durchführung der schon im ersten Rechtsgang aufgetragenen Zeugeneinvernahme konkrete und vor allem widerspruchsfreie Feststellungen zum Privat- und Familienleben zu treffen.

Nach formloser Befragung der ehemaligen Lebensgefährtin des Beschwerdeführers vor einer Polizeiinspektion erließ das BFA den nun angefochtenen Bescheid vom 24.09.2020, Zl. 161382907/190884580, mit dem gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen wurde (Spruchpunkt I.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt III.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

II. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Bescheid des BFA vom 03.10.2019, dem „Erkenntnis“ des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.11.2019, L504 2225026-1/3E, der schriftlichen „Zeugeneinvernahme“, dem Bescheid vom 24.06.2020, Zl. 161382907/190884580, der Niederschrift über die formlose Befragung der Mutter der vier Kinder des Beschwerdeführers, dem nun angefochtenen Bescheid vom 24.09.2020, Zl. 161382907/190884580 sowie der Beschwerde.

III. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Aufhebung des angefochtenen Bescheides:

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, stellte am 29.08.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 03.10.2019, Zl. 161382907-190884580/BMI-BFA_WIEN_AST_04, abgewiesen und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie ein zehnjähriges Einreiseverbot verhängt.

Gegen die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz (Spruchpunkte I. und II. des Bescheides) erhob der Beschwerdeführer keine Beschwerde. Diesbezüglich erwuchs der Bescheid des BFA daher in Rechtskraft.

Gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines befristeten Einreiseverbots (Spruchpunkte III. bis VIII.) erhob der Beschwerdeführer Beschwerde. Diesbezüglich wurde der Beschwerde stattgegeben, der Bescheid behoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen. Nach Erlassung eines neuen Bescheides wurde der Beschwerde erneut stattgegeben, der Bescheid behoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen.

Der nunmehr angefochtene Bescheid des BFA enthält in seinem Spruch keinen Ausspruch über die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG. Es werden sogleich eine Rückkehrentscheidung und ein befristetes Einreiseverbot erlassen.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird.

Demnach ordnet das Gesetz dem Wortlaut nach ausnahmslos an, dass von Amts wegen eine Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG vorgenommen werden muss, worüber gemäß § 58 Abs. 3 AsylG im "verfahrensabschließenden Bescheid" abzusprechen ist. Primärer Hintergrund dafür ist, dass ein negatives Ergebnis der amtswegigen Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG als Bedingung für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung konstruiert wurde (vgl. § 10 Abs. 1 und 2 AsylG iVm § 52 Abs. 1 und 2 FPG).

Das BFA hat im angefochtenen Bescheid vor Erlassung einer Rückkehrentscheidung die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG nicht geprüft. Ein negatives Ergebnis einer solchen Prüfung ist aber Voraussetzung für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (vgl. VwGH 07.03.2019, Ro 2019/21/0002).

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mangels amtswegiger Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG als rechtswidrig und war somit zu beheben.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass das BFA im angefochtenen Bescheid erneut den vom Bundesverwaltungsgericht bereits in zwei Rechtsgängen angeordneten Aufträgen nicht nachgekommen ist. Das BFA hat die Mutter der vier Kinder des Beschwerdeführers bloß formlos bei einer Polizeiinspektion befragen lassen und nicht wie zweimal angeordnet, als Zeugin befragt. Auch hinsichtlich der Verurteilungen des Beschwerdeführers wurde zum zweiten Mal bloß der Strafregisterauszug im Bescheid wiedergegeben, nicht aber Feststellungen zur Art und Schwere der den strafrechtlichen Verurteilungen zu Grunde liegenden Straftaten getroffen und auch nicht auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abgestellt. Außerdem ist die Begründung des Bescheides nicht bloß dürftig, sondern erweist sich als weitgehend oberflächlich und dem zu beurteilenden Fall überhaupt nicht gerecht werdend. Der Bescheid besteht nämlich aus einer Aneinanderreihung von floskelhaften Textbausteinen, die jeglichen Bezug zum konkreten Fall vermissen lassen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimmt.

Schlagworte

Amtswegigkeit berücksichtigungswürdige Gründe Bescheidspruch Einreiseverbot aufgehoben ersatzlose Behebung Rückkehrentscheidung behoben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L524.2225026.3.00

Im RIS seit

10.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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